Wie vielfältig jüdischer Widerstand gegen die nationalsozialistische Verfolgung war und welche Bedeutung ihm bis heute zukommt, stand im Mittelpunkt der gemeinsamen Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Freundeskreises Yad Vashem e.V. am 21. Oktober 2025 in Berlin.
Nach der Begrüßung durch Dr. Sandra Busch-Janser, stellvertretende Leiterin der Politischen Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung, sowie Wenzel Michalski, Geschäftsführer des Freundeskreises Yad Vashem e.V., begann die Veranstaltung mit einem einführenden Vortrag von Dr. Cornelia Shati-Geißler, der den thematischen Rahmen des Abends eröffnete.
Jüdischer Widerstand in Sachsenhausen
Dr. Cornelia Shati-Geißler, Leiterin des Forschungsprojekts „Deportationen“ am Internationalen Institut für Holocaust-Forschung, Yad Vashem Jerusalem, rekonstruierte in ihrem Vortrag „Der jüdische Widerstand im Konzentrationslager Sachsenhausen am 22. Oktober 1942“ den Aufstand jüdischer Häftlinge mithilfe historischer Dokumente, Fotografien und Lagepläne.
Sie zeigte auf, dass die Gegenwehr der achtzehn beteiligten Häftlinge aus den erlittenen Gewalterfahrungen heraus motiviert gewesen sei und teils auch politische Beweggründe gehabt habe. Persönliche Schicksale, etwa das des Häftlings Freddy Diament, der sich spontan am Aufstand beteiligte, verdeutlichten die individuelle Dimension hinter den historischen Ereignissen. Shati-Geißler machte zugleich deutlich, dass der jüdische Widerstand lange Zeit kaum Beachtung gefunden habe – ein Vergessen, dem Forschung und Erinnerungskultur entgegenwirken müssten.
Breitere Perspektive auf Widerstand
Die anschließende, von Dr. Michael Borchard, Leiter der Wissenschaftlichen Dienste und des Archivs für Christlich-Demokratische Politik, moderierte Diskussion bot einen tiefen Einblick in verschiedene Forschungsansätze und Perspektiven. Im Gespräch mit Prof. Dr. Andrea Löw (wissenschaftliche Leiterin des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte München) und Prof. Dr. Stephan Lehnstaedt (Professor für Holocaust-Studien und Jüdische Studien an der Touro University Berlin) wurde zunächst deutlich, wie notwendig ein weiter gefasster Begriff des Widerstands ist.
Prof. Löw betonte, dass jüdischer Widerstand nicht allein auf bewaffnete Aktionen reduziert werden dürfe. Auch Akte der Selbstbehauptung, kulturelle Aktivitäten und insbesondere die Dokumentation des Erlebten seien Ausdruck von Widerstand. Diese Form der Erinnerung habe den Nationalsozialisten das endgültige Auslöschen der Identität ihrer Opfer verwehrt.
Zugleich rückte sie auch die Rolle von Frauen in den Fokus, die durch Informations- und Waffenschmuggel oder durch ihre Tätigkeit in Ghettos und Untergrundnetzwerken zum Widerstand beigetragen hätten.
Prof. Lehnstaedt wies darauf hin, dass sich die deutsche Erinnerungskultur erst seit den 1960er Jahren allmählich auch mit nichtdeutschen und jüdischen Widerstandsformen auseinandersetze. Definitionen von Widerstand müssten dabei stets mit der Selbstwahrnehmung der Handelnden übereinstimmen.
Dr. Shati-Geißler ergänzte, dass es Aufgabe der historischen Forschung bleibe, die individuellen Biographien aus der anonymisierenden Gewaltgeschichte herauszulösen und ihnen ihre Würde zurückzugeben.
Erinnerung als Auftrag
Die Veranstaltung machte deutlich, dass jüdischer Widerstand viele Gesichter hatte – vom bewaffneten Aufbegehren über kulturelle Selbstbehauptung bis hin zur Bewahrung von Erinnerung. Alle Beiträge unterstrichen, dass die Erforschung und Vermittlung dieser Dimensionen unverzichtbar sind, um die Geschichte des Holocaust umfassend zu verstehen und dem Vergessen entgegenzuwirken.
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