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Brasilien: Wirtschaftlich über-, politisch unterbewertet?

ของ Felix Dane, Simone Schotte

Als eine der größten Volkswirtschaften weltweit und mit einem Binnenmarkt von rund 200 Mio Einwohnern verfügt Brasilien über hohe globale Relevanz.

International gerühmt für das Wachstum der letzten Jahre, bleiben die Herausforderungen, denen die brasilianische Wirtschaft heute gegenüber steht, vielfach unbeachtet. Gleichzeitig wird Brasiliens Einflussrahmen als politischer Kooperationspartner in bilateralen und multilateralen Beziehungen oft unterschätzt. Als Mitglied der BRICS, der UNASUR, der G-20 und der G-77 bildet Brasilien ein bedeutendes Bindeglied in internationalen Verhandlungen.

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Aufgrund herausragender Erfolge im Kampf gegen extreme Armut und Hunger und Dank des starken wirtschaftlichen Aufschwungs der letzten Jahre, steht Brasilien heute weltweit als Musterland dar. In diesem Sinne bezeichnet Die Welt Brasilien als „Wirtschaftsmacht der Zukunft“, exponiert das Land als global zweitgrößten Eisenerzproduzent und achtwichtigsten Stahlhersteller, den drittgrößten Hersteller von Flugzeugen und den viertgrößten von Automobilen und verweist auf Brasiliens Reichtum an Öl- und Gasvorkommen, die größten Offshore-Vorkommen weltweit. Andere internationale Medien sprechen ebenso vom Boomland und Wirtschaftswunderland Brasilien.

Diesen überschwänglich positiven Bewertungen stehen jedoch signifikante Defizite in Effizienz, Infrastrukturentwicklung und Unternehmensklima entgegen. So produziert, laut der führenden brasilianischen Wirtschaftszeitschrift Exame, aktuell ein einziger Arbeiter in den USA genauso viel wie fünf Brasilianer. Über die Hälfte der brasilia-nischen Mittelständler verfügen über keine abgeschlossene Grundschulausbildung und über 70% der Firmen haben Probleme, freie Stellen adäquat zu besetzen. Zudem ist Brasilien das Schwellenland mit der teuersten Kostenstruktur für unternehmerische Aktivitäten. Im Doing-Business-Ranking der Weltbank liegen selbst Swasiland, Uganda und Bangladesch vor Brasilien. Auch im globalen Investitionsranking platziert sich Brasilien weit hinter anderen Schwellenländern. Ebenso schlecht steht es um die Infrastrukturentwicklung des Landes. Nach Schätzungen der Landwirtschaftsorganisation Famato fallen jährlich allein im Bundesstaat Mato Grosso 51.000 Tonnen Soja im Wert von rund 19 Mio. US-Dollar aufgrund schlechter Straßen beim Transport vom Lastwagen.

Während Brasiliens Wirtschaftswachstum im Zentrum globaler Medienberichte steht, bleibt das Potenzial des Landes für eine Kooperationsdiplomatie mit Deutschland und der Europäischen Union (EU) in entwicklungs-, umwelt- und sicherheitspolitischen Fragen oft unbeleuchtet und unterschätzt. Ein entscheidender Grund hierfür ist die forcierte Süd-Süd-Rhetorik des Landes, die jedoch mitunter in markantem Gegensatz zum realen, am nationalen Eigeninteresse orientierten, politischen Handeln Brasiliens steht und nicht über die mit der westlichen Hemisphäre geteilten Werte hinwegtäuschen sollte. Mit der erfolgreichen Führung von zwei UN-Friedenssicherungsmissionen und dem pro-aktiven Engagement in globalen Klimaverhandlungen hat sich Brasilien als verantwortungsbewusster Partner bewiesen. Zudem tritt Brasilien heute, teilweise in Dreieckskooperationen mit Deutschland, in Lateinamerika und Afrika als Entwicklungshelfer auf und konnte hier ein positives Image etablieren.

Wirtschaftlich überbewertet?

Zahlreiche Analysen der letzten Jahre betonen Brasiliens Position als aufstrebende Weltwirtschaftsmacht, die global zunehmend an Gewicht gewinnt, während Europa und Nordamerika vermehrt ins Hintertreffen geraten. Mit einem Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) um 7,5%, verzeichnete das Land 2010 nach China und Indien das drittgrößte Wirtschaftswachstum weltweit. Nach dieser Rekordentwicklung im Anschluss an die globale Finanz- und Wirtschaftskrise geriet der Aufschwung des Landes im Dezember desselben Jahres jedoch ins Stocken. Das BIP-Wachstum halbierte sich 2011 auf 2,7% und lag somit unter dem Deutschlands. Wie die Tageszeitung O Globo berichtet, musste die Schätzung für 2012 aktuell von 1,35% auf 0,9% nach unten korrigiert werden. Damit blieb die reale Entwicklung deutlich hinter der Prognose des Finanzministers Guido Mantega, der zu Beginn der Periode eine Wachstumserwartung von bis zu 5% angekündigt hatte.

Das geringe Wirtschaftswachstum des letzten Jahres ist, unter anderem, auf eine unzureichende Investitionstätigkeit zurückzuführen. Laut Angaben der amerikanischen Central Intelligence Agency (CIA) erreichte Brasilien 2012 als siebtgrößte Volkswirtschaft im internationalen Investitionsranking mit einer Investitionsrate von 18.9% lediglich Rang 112. Damit platziert sich das Land nicht nur deutlich hinter den anderen BRICS Staaten – eine Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften zu welcher neben Brasilien Russland, Indien, China und Südafrika zählen – sondern bleibt auch im interlateinamerikanischen Vergleich weit zurück. Nur Paraguays Investitionsrate ist noch geringer; Länder wie Chile, Mexiko, Argentinien oder Ecuador reinvestieren hingegen rund 25% ihres BIP.

Aufgrund mangelnder Investitionen leidet Brasiliens internationale Wettbewerbsfähigkeit. Während der Anteil des Landes am Welthandel in den 1950er Jahren bei 2,2% lag, beträgt dieser heute nur noch etwa 1%. Allein in 2001 verzeichneten 65% der brasilianischen Firmen, die auf dem Weltmarkt in direkter Konkurrenz zu chinesischen Anbietern stehen, Einbußen internationaler Marktanteile. Zudem verloren nach Angaben des nationalen Industrieverbandes CNI (Confederação Nacional da Indústria) 45% der Firmen heimische Marktanteile an chinesische Konkurrenten.

Die gegenwärtigen Entwicklungen wirken sich entsprechend negativ auf Brasiliens Handelsbilanz aus. Nach Angaben der Zentralbank belief sich der Gesamthandelsüberschuss des Landes in 2012 auf 19,4 Mrd. US-Dollar, eine deutliche Reduktion im Vergleich zum Vorjahr, in dem ein Überschuss von 29,8 Mrd. US-Dollar erwirtschaftet wurde. Die Exporte sanken um 5,3%, die Importe um 1,4%. Rückgänge waren vorrangig bei den Exporten von Halbfertigfabrikaten und Endprodukten der Industrie zu verzeichnen, während der Export einiger Agrargüter wie Körnermais, Rohbaumwolle und Sojaschrot gestiegen ist. Absolut betrachtet erzielte allein Nordrhein-Westfahlen (ca. 182 Mrd. €) in 2012 eine vergleichbaren Exportwert wie ganz Brasilien (ca. 188 Mrd. €). Die deutschen Ausfuhren insgesamt beliefen sich mit 1.097 Mrd. € auf fast das Sechsfache des brasilianischen Wertes.

Diese Zahlen sind Ausdruck einer generell rückläufigen Tendenz in Brasiliens Indus-triesektor. Laut Angaben der nationalen Zentralbank erfuhr die industrielle Produktion 2012 einen markanten Rückfall auf das zuletzt in 2007 realisierte Niveau. Damit stellen Industrieprodukte heute noch knapp 61% der Gesamtexporte des Landes, ein deutlich niedrigerer Anteil als noch vor einigen Jahren. Dieser Einbruch wurde von einer Verringerung der Effizienz in der Produktion begleitet. Gemäß des brasilia-nischen Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (Instituto de Pesquisa Econômica Aplicada, IPEA) sank über die letzten 30 Jahre die Produktivität der Arbeitskräfte in der verarbeitenden Industrie um 15%. Über den gleichen Zeitraum verzeichnete China einen Effizienzgewinn von 808%. Auch Brasiliens Nachbarländer zeigten eine deutlich bessere Performance: über die letzten drei Jahrzehnte stieg die Arbeitsproduktivität in Chile um 82,11%, in Argentinien um 16,98%. Obwohl die brasilianischen Beschäftigten mehr Stunden arbeiten als in den meisten hochentwickelten Staaten, ist beispielsweise ein deutscher Arbeiter mit weniger Arbeitsstunden viermal produktiver als der Brasilianische, so eine Studie der Fachzeitschrift Exame.

Die mangelnde Arbeitseffizienz ist vorrangig auf Defizite im nationalen Bildungssystem zurückzuführen. Laut einer 2012 durchgeführten Analyse des Personaldienstleisters Manpower gaben 71% der befragten Arbeitgeber in Brasilien an, Schwierigkeiten zu haben, freie Stellen adäquat zu besetzen. Hauptproblem sei die geringe Qualifikation der Bewerber. Diese Einschätzung bestätigt sich in den offiziellen Angaben des brasilianischen Sekretariats für strategische Angelegenheiten (Secretaria de Assuntos Estratégicos, SAE), nach welchen 68% der brasilianischen Unterschicht und 51% der Mittelschicht über keine abgeschlossene Primärschulbildung verfügen. Die Vereinten Nationen stellten zudem fest, dass selbst eine große Zahl der Kinder, die die vierte Klasse in Brasilen abschließen, dennoch nicht über hinreichende Lese- und Schreibfähigkeiten verfügen. Gemäß des Magazins Exame sind lediglich 35% der Kinder in Sekundarschulbildung tatsächlich alphabetisiert, sind also unter anderem fähig, eine Gebrauchsanweisung komplett zu verstehen. In diesem Zusammenhang weist vor allem die Ausbildung an öffentlichen Schulen markante Defizite auf.

Motor der brasilianischen Wirtschaft und Hauptanziehungspunkt für internationale Unternehmen ist der immense Binnenmarkt. Zuletzt war allerdings ein Rückgang in der heimischen Nachfrage zu verzeichnen, welcher in Zusammenhang mit der steigenden Verschuldung der privaten Haushalte stehen könnte. Wie eine Studie der nationalen Vereinigung CNC (Confederação Nacional do Comércio de Bens, Serviços e Turismo) ergab, waren im Februar 2013 61,5% der Haushalte verschuldet. Im Laufe des Jahres stieg der Anteil der Familien, die nicht in der Lage waren aktuelle Rechnungen und Kreditrückzahlungen zu begleichen, weiter an. Laut der Zentralbank erreichte die Verschuldung der privaten Haushalte somit im Oktober 2012 die höchste Quote seit Beginn der Messungen im Jahr 2005.

Neben dieser negativen Trendentwicklung der Binnennachfrage zeichnen sich weitere Tendenzen ab, die die Attraktivität Brasiliens als Standort für internationale Unternehmen schmälern. Im Doing-Business-Ranking der Weltbank fiel Brasilien 2012 auf Rang 126 zurück und verschlechterte sich damit gegenüber dem Vorjahr um sechs Plätze. Im Vergleich verbesserten andere Staaten des Kontinents wie Argentinien (Platz 113) und Chile (Platz 39) dagegen ihre Position. Gemäß der Consulting-Firma KPMG ist Brasilien das Schwellenland mit der teuersten Kostenstruktur für unternehmerische Aktivitäten und lediglich 7% kostengünstiger als die USA. In Bezug auf Steuern und Abgaben sei Brasilien sogar 43% teurer, so die KPMG.

Ein weiterer limitierender Faktor für Brasiliens internationale Wettbewerbsfähigkeit liegt in der mangelhaften Infrastrukturentwicklung des Landes, aufgrund welcher die nationalen Transportkosten aktuell 425% über denen Argentiniens und 370% über denen der USA liegen. Ein Beispiel für die logistischen Probleme des Landes ist die Verbindungsstraße BR-163, die von Cuiabá in Mato Grosso nach Santarém im Bundesstaat Pará führt. Obwohl die Straße bereits vor 30 Jahren für den Verkehr freigegeben wurde, sind nach wie vor fast 600km nicht asphaltiert. Hierdurch sind die Häfen im Norden vor allem zur Regenzeit fast unerreichbar. Die resultierende Überlastung der südlichen und zentralen Häfen spitzt sich zurzeit derart zu, dass chinesische Ankäufer aufgrund immenser Wartezeiten ihre Schiffe zurückriefen und den geplanten Ankauf von 600.000 Tonnen Soja annullierten. Nach Berechnungen des CNI könnte eine Fertigstellung der Straße zu Kosteneinsparungen im Transportsektor von bis zu 1,4 Mrd. Reais (ca. 537,5 Mio. Euro) führen.

Politisch unterbewertet?

Umgekehrt ist Brasilien auf politischer Ebene über die letzten zehn Jahre zu einem ‚Global Player‘ herangereift. Das außenpolitische Handeln Brasiliens ist in thematischer, geographischer, institutioneller und instrumenteller Hinsicht umfassender und komplexer geworden. In diesem Sinne weitete das Land über die letzten Jahre seinen Einflussbereich in den Institutionen der internationalen Staatengemeinschaft strategisch aus, positionierte sich als bedeutender Kritiker der G8 und wichtiger Unterstützer der G20 und G77. Brasilien wandelte sich vom ehemaligen Schuldner zum heutigen Geberland des IMF und stärkte so seine Verhandlungsposition nachhaltig. Zudem verfügte das Land 2011 über internationale Währungsreserven von fast 300 Mrd. US-Dollar und beteiligte sich kürzlich an der finanziellen Rettung Griechenlands.

Neben dieser gestärkten Präsenz auf internationaler Ebene, nimmt Brasilien weiterhin insbesondere in Südamerika eine Schlüsselrolle ein und ist an einer weiten Bandbreite regionaler Integrationsprojekte aktiv beteiligt. Das Land propagiert in diesem Zusammenhang eine distanzierte, aber nicht destruktive Haltung gegenüber den USA, die den Aufbau regionaler Strukturen ohne Beteiligung Washingtons bei gleichzeitiger Zusammenarbeit in spezifischen Themenfeldern vorsieht. In diesem Sinne leistete Brasilien einen wesentlichen Beitrag zur Gründung der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR), die sich selbst als Alternative zur 1948 etablierten Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) versteht und insbesondere eine verstärkte Eigenständigkeit Südamerikas gegenüber den USA anstrebt. Mit der Zielsetzung einer Stärkung der re-gionalen Sicherheit und Vertrauensbildung, vermittelte die UNASUR seit ihrer Gründung erfolgreich in zwei bilateralen Konflikten, wobei Brasilien eine wesentliche Mediatorfunktion übernahm. Die artikulierte regionale Entität Brasiliens ist entscheidend, um Ängsten vor einer Hegemonie des südamerikanischen Giganten vorzubeugen und einer Isolation Brasiliens aufgrund signifikanter Größenungleichgewichte und linguistischer Barrieren (als einziges portugiesischsprachiges Land des Kontinents) vorzubeugen. Der so generierte regionale Rückhalt stärkt Brasiliens internationale Verhandlungsmacht und erlaubt dem Land auf globaler Ebene mit gemeinsamer Stimme Südamerikas aufzutreten.

Neben dieser Rolle als führende Ordnungsmacht in Lateinamerika, promoviert Brasilien auch interkontinental aktiv Allianzen mit anderen aufstrebenden Volkswirtschaften. Trotz geographischer, kultureller, ideologischer und systemischer Differenzen wurde der BRICS-Zusammenschluss (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) in Form kontinuierlicher Gipfeltreffen institutionalisiert. Im Rahmen der Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen hat sich zudem die kooperative Konstellation BASIC (Brasilien, Südafrika, Indien, China) herausgebildet. Im Format des 2003 etablierten IBSA Dialogue Forums (Indien, Brasilien, Südafrika) nehmen die drei demokratisch organisierten aufstrebenden Schwellenländer eine bedeutende Position in den globalen Governance-Institutionen ein. In diesem Rahmen sowie innerhalb der G-20 beeinflusst Brasilien seit Jahren entscheidend die Verhandlungen der WTO. Die Verhandlungsmacht dieser Gruppe, die unter anderem den Abbau von Agrarsubventionen und eine Verringerung von Importzöllen auf Agrarprodukte in Industrieländern fordert, führte aufgrund mangelnder Zugeständnisse der USA und der EU in 2003 zum Scheitern der Doha-Runde.

Zu beachten ist, dass sich Brasilien zwar geschickt diskursiver Instrumente bedient, um sich im Rahmen regionaler und interkontinentaler Allianzen als Anwalt des globalen Südens zu profilieren, dabei jedoch keineswegs seine nationalen Interessen aus dem Blick verliert. In diesem Sinne sind beispielsweise die Zustimmung zur Aufnahme Venezuelas in den MERCOSUR und die ausgeprägte Anteilnahme am Tod des ehemaligen Präsidenten Hugo Chávez vor dem Hintergrund bestehender Handelsinteressen zu betrachten. Brasilien tolerierte eine Schwächung des MERCOSUR durch Venezuelas Nicht-Erfüllung demokratischer Prinzipien, um noch am

Tag der Aufnahme Verträge über den Kauf von 20 Flugzeugen der Marke Embraer im Wert von rund 900 Mio. US-Dollar zu unterzeichnen. Ebenso wird trotz der Verstaatlichung des Ölkonzerns Petrobras in Bolivien Evo Morales weiterhin rhetorisch gestärkt und eine Auseinandersetzung, die Brasiliens gutes Image in Südamerika gefährden könnte, vermieden.

Nicht nur regional, sondern besonders auf internationaler Ebene erscheint Brasiliens außenpolitisches Verhalten in einigen Aspekten inkonsistent und konträr. In diesem Sinne versteht sich Brasilien einerseits als Advokat der Palästinenser, andererseits wurden 2009 jedoch Verträge zum Kauf von 14 Drohnen des israelischen Waffenherstellers „Israel Aircraft Industries“ (IAI) unterzeichnet. Diese sollen unter anderem in der Verbrechensbekämpfung und im Kampf gegen den Waffenschmuggel, sowie für interne Sicherheitszwecke bei der Fußballweltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen 2016 eingesetzt werden. Des Weiteren werden trotz traditionell starker Kritik Brasiliens an der Nato derzeit Tests einer deutschen und einer französischen Fregatte an der brasilianischen Küste durchgeführt. Demnach besteht eine markante Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und tatsächlichem politischem Handeln, die nicht übersehen werde sollte.

Brasilien konnte sich über die letzten Jahre erfolgreich als Repräsentant der Interessen der Schwellen- und Entwicklungsländer des globalen Südens etablieren, jedoch ohne sich von den westlichen Industriemächten abzuwenden. Dementsprechend sollte die starke Süd-Süd-Rhetorik des Landes nicht über die mit der westlichen Hemisphäre geteilten Werte hinwegtäuschen und vielmehr als bedeutende Chance für eine strategische Partnerschaft verstanden werden. Brasilien ist das Land der BRICS mit der am markantesten ausgeprägten kulturellen Nähe zu Europa im Allgemeinen und Deutschland im Speziellen. In diesem Sinne beschränken sich Brasiliens diplomatische Allianzen keinesfalls ausschließlich auf die Länder des globalen Südens, wie die mit den G-4-Partnern Deutschland Japan und Indien gegründete Lobby für eine Reform der Vereinten Nationen zeigt. Durch seine zweischneidige Politik gelingt Brasilien der Balanceakt, die Unterstützung der Länder des Südens zu wahren und diese an einen Tisch zu bringen, ohne die diplomatischen Beziehungen zu den Industriestaaten des Westens oder seine eigene Souveränität und Entscheidungsautonomie zu gefährden. Bislang fehlt jedoch ein konstruktiver Dialog über Strategien, wie Brasilien besser in den Lösungsprozess globaler Herausforderungen einbezogen werden kann.

Brasilien kann Interessen mobilisieren, als Vermittler agieren und gestaltet sich insbesondere in der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika als interessanter Partner für Deutschland und die EU in sogenannten Dreieckskooperationen. Über die letzten Jahre hat Brasilien hier bedeutend an Einfluss gewonnen. Das brasilianische Engagement kann sich quantitativ in Bezug auf Handels-, Investitions- und Finanzierungsvolumens zwar nicht mit dem Chinas messen, ist jedoch bedeutend seltener mit Vorwürfen der Ressourcenausbeutung und Korruptionsförderung konfrontiert. Die Schaffung von lokalen Arbeitsplätzen und der Technologietransfer vor allem im landwirtschaftlichen Bereich begründen das überwiegend gute Image Brasiliens in der Re-gion. Aufgrund historischer Parallelen einer kolonialen Vergangenheit und als Schwellenland zeigt Brasilien Verständnis für die Lage vieler afrikanischer Staaten, kann anders auftreten und wird anders wahrgenommen, als die Entwicklungszusammenarbeit vieler Industriestaaten. In einer Zeit, in der Chinas ökonomischer Aufstieg zunehmend in den Mittelpunkt rückt und Regierungschefs anderer Länder inspiriert, ist diese positive Wahrnehmung Brasiliens besonders wichtig, um zu zeigen, dass Demokratie, Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung keinen Widerspruch bilden.

Über eine Kooperation in der Entwicklungszusammenarbeit hinaus bietet Brasilien herausragendes Potential für eine nachhaltige, strategische und auf gemeinsamen Werten beruhende Partnerschaft mit Deutschland und der EU im Bereich der Umweltpolitik. Das Land zählt mit Kanada, China, den USA und Russland zu den weltweit größten Erzeugern von Elektrizität aus Wasserkraft und der Hauptteil des Energieverbrauchs des Landes wird aus erneuerbaren Quellen gespeist. Zudem ist Brasilien das Land mit der größten Biodiversität und dem wasserreichsten Fluss weltweit. Als Hüter des größten CO2-Reservoirs der Erde, dem Amazonasregenwald, und größter Bio-Ethanol-Exporteur spielt Brasilien eine entscheidende Rolle in globalen Umweltfragen, wie dem Klima- und Ressoucenschutz und nachhaltiger Energieversorgung. Mit steigenden Einkommen und einer Verbesserung der Lebensbedingungen, rücken zudem aktuell globale Umweltthemen stärker in den Fokus des öffentlichen Interesses und erfahrene zunehmende Präsenz im politischen Dialog der Regierung. Spätestens mit der UN-Umweltkonferenz Rio+20, welche im Juni 2012 in Brasilien stattfand, konnte sich das Land international als bedeutender umweltpolitischer Akteur auf globaler Ebene etablieren. Diese erworbene Position manifestierte sich weitergehend im Auftreten Brasiliens bei dem UN-Klimagipfel 2012 in Doha. Im Rahmen der BASIC-Koalition setzte sich das Land in Kooperation mit der EU signifikant für die Implementierung einer zweiten Phase des Kyoto-Protokolls von 2013 bis 2020 ein. Aus internen Kreisen ließ man verlauten, dass ein Abschluss dessen ohne das pro-aktive Engagement Brasiliens kaum zustande gekommen wäre.

Auch in Sicherheitsfragen biete eine Partnerschaft mit Brasilien Potential für mögliche Überschneidungen und Synergien von Interessen, auch wenn sich die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet bislang als schwierig erweist. In diesem Zusammenhang sollte die bislang mangelnde Kooperationsbereitschaft im Bereich der nuklearen Nichtverbreitung vorrangig als strategischer Zug verstanden werden, im internationalen sicherheitspolitischen Dialog stärkere Beachtung zu finden. Trotz der bisherigen Weigerung, das Zusatzprotokoll für verbesserte Kontrollmöglichkeiten der internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu unterzeichnen, hat Brasilien mit Argentinien ein IAEA-ähnliches bilaterales Verifikationsregime für zivile Nuklearprogramme entwickelt.

Brasiliens wachsendes Gewicht in Fragen der globalen Sicherheitsordnung kommt auch in der erfolgreichen Führung der UN-Friedensmission auf Haiti seit Juni 2004 zum Ausdruck. Gemäß nationaler Medienberichte werden ab Mai 2013 erneut 1.250 brasilianische Soldaten für sechs bis acht Monate entsandt, um die Wahlen auf Haiti zu begleiten. Insgesamt waren seit 2004 rund 20.000 brasilianische Friedenssoldaten an der Mission beteiligt und Brasilien hat gezeigt, über die notwendigen Kapazitäten zur Leitung einer solchen Intervention zu verfügen. Neuerdings unterliegt Brasilien zudem das Kommando der maritimen Dimension der Friedenssicherungsmission im Südlibanon. Auf Basis des so gestärkten Selbstbewusstseins hält Brasilien, ebenso wie Deutschland, an seiner Forderung eines ständigen Sitzes im UN Sicherheitsrat fest.

Fazit

Vielfach in der internationalen Presse diskutiert, scheint Brasiliens wirtschaftlicher Aufstieg in aller Munde. Trotz oft übersehener Defizite in diversen Bereichen wird Brasilien auch in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Weltwirtschaft spielen. Unterschätzt und missverstanden wirkt hingegen der außenpolitische Aufstieg des Landes. Auf Basis des starken Wachstums der letzten Jahre, gelang es Brasilien eine betont eigenständige und selbstbewusste Außenpolitik zu entwickeln, die den wachsenden globalen Geltungsanspruch des Landes widerspiegelt. Neben zahlreichen, im lateinamerikanischen Kontext lancierten Integrationsinitiativen, konnte das Land eine bedeutende Vermittlerrolle in nahen und fernen Konflikten etablieren und seine Position in internationalen Organisationen und Wahrnehmung in globalen Debatten markant stärken. Brasilien schwamm kalkuliert gegen den Strom, übernahm Verantwortung und erntete so global Aufmerksamkeit und Respektanz.

Wirkt Brasiliens außenpolitisches Verhalten auf den ersten Blick mitunter inkohärent, ist es doch klar interessengeleitet und steht bedeutend weniger in Gegensatz zu den Werten der westlichen Hemisphäre, als die markant artikulierte Süd-Süd-Rhetorik Brasiliens mitunter vermuten lässt. Mögliche Überschneidungen und Synergien von Interessen sowie die vorhandene kulturelle Nähe bieten ein nicht zu unterschätzendes Potenzial für eine nachhaltige, strategische Partnerschaft. Aufgrund seiner mitunter als konträr wahrgenommene engen Beziehung zu den Ländern des globalen Südens kann Brasilien als Bindeglied zwischen den Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern fungieren und so eine Brücke zwischen diesen schlagen. In diesem Sinne besteht vor allem in entwicklungs-, umwelt- und sicherheitspolitischen Fragen besonderes Kooperationspotenzial.

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