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Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei

ของ Dr. Daniel Schmücking, Dulguun Batmunkh

Parlamentswahlen in der Mongolei

Am 29. Juni 2016 haben die Mongolen ihr neues Parlament gewählt. Zum siebten Mal seit 1992 fanden die Wahlen zum Großen Staatskhural nach demokratischen Spielregeln statt. Die Wahlen endeten überraschend mit einem Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, der ehemaligen kommunistischen Staatspartei.

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In diesem Länderbericht wir zuerst die Ausgangslage vor den Wahlen beschrieben, ehe der Fokus auf den Wahlkampf gelegt wird. Abschließend werden die Ergebnisse dargestellt und die Frage beantwortet, was die Wahlen für die zukünftige politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der demokratischen Mongolei bedeuten.

Ausgangslage

Neue Spielregeln

Die vorherigen Parlamentswahlen im Jahr 2012 fanden zum ersten Mal mit einem gemischten System aus Verhältniswahl und Mehrheitswahl statt. Damals wurden 28 Abgeordnete über Parteilisten sowie 48 Abgeordnete in Wahlkreisen gewählt. Kurz vor den diesjährigen Wahlen gab das Mongolische Verfassungsgericht am 21. April 2016 bekannt, dass die Listenwahl gegen die Verfassung verstößt. Argumentiert wurde, dass die Verhältniswahl das Recht der Bürger verletzt, ihre Repräsentanten direkt zu wählen. Weniger als zwei Monate vor den Wahlen, am 5. Mai 2016 folgte das finale Urteil. Das Wahlgesetz musste geändert werden. Erstaunlich ist das vor allem deshalb, da das Verfassungsgericht vor den Wahlen 2012 das alte Wahlsystem noch als verfassungskonform anerkannt hatte. Diese Entscheidung führte letztlich dazu, dass das Parlament mit der Mehrheit der beiden großen Parteien, der Demokratischen Partei (DP) und der Mongolischen Volkspartei (MVP) ein neues Wahlgesetz verabschiedete. Es wurde komplett auf ein Mehrheitswahlsystem mit Einerwahlkreisen umgestellt, die zudem neu zugeschnitten wurden: 48 Mandate wurden in den 21 Provinzen vergeben und 28 in der Hauptstadt Ulaanbaatar. Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. Die Situation verschärfte sich noch dadurch, dass das Parlament weitere Aspekte im Wahlgesetz änderte, die das Verfassungsgericht nicht moniert hatte. So wurde die Wahlkampfzeit auf max. 17 Tage begrenzt und die Frauenquote von 30 Prozent auf 20 Prozent abgesenkt. Eine weitere Besonderheit war, dass aus Kostengründen die Kommunalwahlen parallel zur Parlamentswahl stattfanden. Allerdings standen die Kommunalwahlen in den Medien und in der Öffentlichkeit eher im Hintergrund. Eine Ausnahme bildete der Kommunalwahlkampf in der Hauptstadt Ulaanbaatar.

Parteien

Im Vorfeld der Wahlen drehten sich die Diskussionen in Gesellschaft und Politik um die Bilanz der regierenden DP, um die Frage, ob die MVP ihre verlorene Macht zurückgewinnen kann, ob die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) ihren Erfolg von 2012, als sie drittstärkste Fraktion im Parlament wurde, wiederholen kann und welche Chancen die neu gegründete Nationale Arbeitspartei (NAP) hat. Im März 2016 sah das Stimmungsbild wie folgt aus:

Mongolische Volkspartei (MVP): 38,3 %; Demokratische Partei (DP): 31,7 %; Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP): 19,3 %; Bürgerwillen-Grüne-Partei (BWGP): 2,6 %; Nationale Arbeiter Partei (NAP): 6,2 %; Sonstige: 1,9 % (Quelle: Umfrage Sant Maral Stiftung vom März 2016, Angaben in gültigen Prozent)

Dem Stimmungsbild nach deutete also einiges daraufhin, dass die DP nicht mehr die stärkste Partei im Parlament sein würde. Im Folgenden sind die Parteien im Einzelnen dargestellt.

Demokratische Partei

Die Regierungszeit der DP war geprägt durch Instabilität, ausgelöst durch innerparteiliche Grabenkämpfe. In der Öffentlichkeit entstand schnell das Bild, dass sich die Parteigruppierungen mehr Sorgen um Macht und private Wirtschaftsinteressen machten, als über die Zukunft des Landes nachzudenken. Hinzu kamen gegenseitige Korruptionsvorwürfe, Machtmissbrauch sowie verheimlichte Auslandskonten, die durch die Panama Papers publik wurden. Die Situation führte letztlich dazu, dass es in der vierjährigen Legislaturperiode zwei Premierminister mit drei unterschiedlichen Koalitionen gab.

Besonders problematisch für die DP war die schlechte wirtschaftliche Situation des Landes. Während ihrer Legislaturperiode war das reale BIP-Wachstum von 12,3 Prozent (2012) auf 2,3 Prozent (2015) gesunken. Der Außenhandel war von 11,12 Milliarden USD (2012) auf 8,46 Milliarden USD (2015) gesunken und die Auslandschulden waren von 15,39 Milliarden USD (2012) auf 21,6 Milliarden USD (2015) gestiegen. Weiterhin waren die Auslandsdirektinvestition zurückgegangen (in 2012 4,45 Milliarden USD, in 2015 232 Millionen USD). Dieser Rückgang ist direkt mit der Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen für ausländische Investoren in der Mongolei verbunden. Darüber hinaus verlor der Tugrik Jahr für Jahr an Wert (in 2012: 1 USD=1.393 Tugrik, in 2016: 1 USD=1.930 Tugrik). Die DP trägt zwar nicht die Alleinschuld an der schlechten wirtschaftlichen Situation des Landes, die niedrigen Rohstoffpreise und die Wirtschaftskrise in China haben ebenso dazu beigetragen, aber sie hat durch die von ihr ausgelöste politische Instabilität Investoren abgeschreckt und damit die Situation verschlimmert. Außerdem scheiterte letztlich an den innerparteilichen Auseinandersetzungen auch die Weiterentwicklung des Großprojekts Tawan Tolgoi (Kohlelagerstätte).

Die Partei konnte aber auch einige Erfolge aufweisen. Dazu zählen der Ausbau der Infrastruktur vor allem von Straßen und das Vorankommen beim anderen Großprojekt Oyu Tolgoi (Gold- und Kupfermine). In den vergangenen vier Jahren wurden fast so viele Straßen gebaut wie in den 91 Jahren davor (1921-2012=2.964km Straßen, 2012-2016=2.720km Straßen). Zusätzlich wurden viele fortschrittliche Gesetze in den Bereichen Kinderrecht, häusliche Gewalt, staatliche Budgettransparenz und kommunale Selbstverwaltung verabschiedet. Problematisch für die DP ist, dass sich die Erfolge dieser Maßnahmen erst langfristig einstellen werden und nicht unmittelbar von der Wählerschaft wahrgenommen wurden.

Mongolische Volkspartei

Für die größte Oppositionspartei MVP war dies natürlich ein Vorteil. Sie inszenierte sich als großen, erfahrenen „Bruder“, der alles hätte besser machen können. Ihre Hauptaussage war, dass die mongolische Wirtschaft zu ihren Regierungszeiten noch nie in einer vergleichbar schlechten Verfassung war. Ein Knackpunkt in den Vorwahldiskussionen war die gemeinsame Wahlkoalition von MRVP und MVP. Der Wahlerfolg der DP bei den Parlamentswahlen 2012 war auch dadurch bedingt, dass die beiden linken Volksparteien gegeneinander antraten.

Es gab einige Anzeichen dafür, dass es zu einer Zusammenarbeit kommen würde. Die beiden Parteien feierten das 95. Jubiläum zur Gründung der MRVP bzw. der heutigen MVP gemeinsam. Es folgten Verhandlungen über die Bildung einer Koalition für die Wahlen 2016. Einige Medien verkündeten bereits die Zusammenarbeit. Doch es kam anders. Gerüchten zufolge lautete das Angebot der MVP, selbst 51 Kandidaten und 25 Kandidaten von der MRVP aufzustellen. Dies reichte allerdings der MRVP um den ehemaligen Präsidenten Enkhbayar nicht, so dass der wegen Korruption verurteilte Ex-Präsident in der letzten Minute die geplante Koalition platzen ließ. Hätten die beiden Parteien zusammengearbeitet, wären die Chancen für die anderen Parteien noch geringer gewesen, denn bei den Umfragen im März 2016 kamen die beiden Volksparteien zusammen auf 57,6 Prozent (siehe Umfrage Sant Maral Stiftung).

Mongolische Revolutionäre Volkspartei

Für die MRVP war die Vorwahlsituation voller Spannungen. Ein großer Korruptionsskandal des Generalsekretärs und Gesundheits- und Sportministers, Shiilegdamba Gankhuyag wurde aufgedeckt. Er wurde in seinem Arbeitszimmer von der Antikorruptionsbehörde auf frischer Tat bei einer Geldübergabe ertappt und verhaftet. Das Geld kam vom Gewinner einer staatlichen Ausschreibung. Shiilegdamba rechtfertigte sich, indem er erklärte, dass er im Auftrag seines Parteichefs Enkhbayar gehandelt habe, um Geld für die Wahlkampagne der Partei zu sammeln. Dies blieb aber nicht die einzige große Schlagzeile über die MRVP, denn Parteichef Enkhbayar ging später in den Hungerstreik. Er demonstrierte so gegen seinen Ausschluss von den Wahlen, der erfolgte, weil der Ex-Präsident 2012 aufgrund von Korruption für mehrere Monate im Gefängnis saß. Enkhbayar ist eine polarisierende Figur in der mongolischen Politik, dessen Name aber oft an der Spitze der Meinungsumfragen zu den beliebtesten Politikern steht. Ihm wurde von der Antikorruptionsbehörde vorgeworfen, während seiner Amtszeit als Premierminister und später als Präsident staatliches Eigentum für seinen privaten Vorteil genutzt zu haben. Enkhbayar wurde 2013 von seinem Nachfolger im Präsidentenamt Elbegdorj begnadigt. Nach Interpretation Enkhbayars ist die Begnadigung mit dem Recht verbunden, wieder bei Wahlen zu kandidieren. Dies wurde aber von der Zentralen Wahlkommission anders gesehen. Trotz Hungerstreik wurde ihm schließlich verboten, zu kandidieren. Dafür trat nun aber seine Frau, die ehemalige First Lady Tsolmon, an, die jedoch nicht ins Parlament einzog.

Sonstige Kleinparteien

In der Umfrage der Sant Maral Stiftung vom Frühjahr 2016 gaben 84 Prozent an, dass die Regierung immer oder oft daran scheitere die wichtigen Probleme des Landes zu lösen. Es war deshalb davon auszugehen, dass es eine generelle Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den politischen Eliten gab. Aus diesem Grund wurden vor den Wahlen den kleineren Parteien und unabhängigen Kandidaten gute Chancen eingeräumt. Allen voran wurde die NAP hoch gehandelt, die sich selbst als sozialdemokratische Partei einordnet und geprägt ist durch gut ausgebildete Mongolei-Rückkehrer. Allerdings minderte die Partei selbst ihre Chancen durch interne Querelen. Der bisher parteilose Abgeordnete Ganbaatar Sainkhuu wurde medial inszeniert erst zum Mitglied und später sogar zum Parteichef gekürt. Kurz darauf meldete sich der Generalausschuss der NAP zu Wort, der Ganbaatar nicht als Vorsitzenden akzeptierte. Nach einem monatelangen Streit sollte schließlich der Oberste Gerichtshof entscheiden. Dieser erkannte Ganbaatar nicht als Parteichef an. Anschließend verkündete Ganbaatar, dass er freiwillig den Posten abgebe. Dieser innerparteiliche Streit sorgte für einen großen Imageverlust der Partei. Die neue Leitung der NAP kündigte dann an, bei den Wahlen 2016 die DP zu unterstützen und keine eigenen Kandidaten aufzustellen. Ganbaatar trat schließlich als unabhängiger Kandidat an.

Eine weitere kleine Partei, die bisher mit zwei Sitzen im Parlament vertreten war, ist die Bürgerwillen-Grüne Partei (BWGP). Aufgrund von Dokumentationsfehlern wurde ihr Antrag bei den Wahlen 2016 zu kandidieren, zuerst von der Zentralen Wahlkommission nicht akzeptiert. Daraufhin legte die Partei Beschwerde beim Obersten Gerichtshof ein. Unterdessen teilte die Parlamentsabgeordnete Oyun Sanjaasuren (eine der drei Vorsitzenden der Partei) mit, dass die BWGP bei den Wahlen 2016 die DP unterstützen werde. Daraufhin wechselten einige Mitglieder, darunter der Parlamentsabgeordnete Demberel Sambuu ihre Parteimitgliedschaft zur DP. Es entstand so erhebliche Unruhe in der Partei. Viele Mitglieder protestierten gegen die Entscheidung, weil sie ohne deren Zustimmung getroffen wurde. Kurz vor Ende der Frist zur Kandidatenaufstellung entschied der Gerichtshof den Fall für die BGWP. Parteichef Gankhuyag und weitere Mitglieder kandidierten deshalb bei der Wahl. Aber viele der gesellschaftlich anerkannten Mitglieder, wie Parteichefin Oyun verzichteten letztendlich auf die Kandidatur oder kandidierten für die DP.

Vor den Wahlen tauschten einige weitere Parlamentarier ihr Parteibuch. Parlamentsmitglied Uyanga wechselte von der Mongolischen National Demokratischen Partei (MNDP) zur Unabhängigkeits- und Einigkeitspartei (UEP). Ihr folgte der Parlamentarier Tsog (vormals MRVP).

Kandidaten der Wahlen 2016

Die Zentrale Wahlkommission gab bekannt, dass insgesamt 498 Kandidaten (429 Kandidaten aus 12 Parteien und 3 Koalitionen sowie 69 unabhängige Kandidaten) zu den Wahlen antraten. Die DP und MVP stellten somit in allen 76 Wahlkreisen Kandidaten. Die MRVP hatte in 71 Wahlkreisen Kandidaten. Die zwei großen Parteien hielten sich formell an die Frauenquote von 20 Prozent. Allerdings traten die 17 Kandidatinnen der DP und die 16 Kandidatinnen der MVP in Wahlkreisen an, die schwierig zu gewinnen waren. Sehr unterschiedlich war auch die Anzahl der Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen. In einigen gab es nur zwei Bewerber und in anderen bis zu 14. Ein Rekordhoch erreichte die Zahl der unabhängigen Kandidaten. Dies lässt sich zum größten Teil durch den Vertrauensverlust der Bürger in die Parteien erklären. Die unabhängigen Kandidaten spiegelten die bunte Vielfalt der mongolischen Gesellschaft wider. Unter ihnen waren gesellschaftlich populäre Figuren wie Sänger, Schauspieler, Ringer und Akademiker.

Wahlkampf

Da der Wahlkampf nach dem neuen Wahlgesetz auf 17 Tage begrenzt wurde, starteten am 11.Juni 2016 die Kampagnen. Insgesamt haben die mongolischen Parteien und Politiker die gesamte Wahlkampfklaviatur gespielt: von Fernsehspots, über Social-Media bis hin zu persönlichen Kontakten durch Hausbesuche. In diesem Bereich stehen die mongolischen Parteien ihren westlichen Partnern in Europa oder den USA in nichts nach. Allerdings war der Wahlkampf weniger auf Botschaften und Inhalte für die Zukunft gestützt. Dies ist insofern bemerkenswert, da die Probleme in der Mongolei groß sind. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise und es ist unklar, welchen Kurs der Staat vor allem in der Rohstoffpolitik verfolgt. Die Parteien ließen sich deshalb auch im Wahlkampf nur schwer inhaltlich voneinander unterscheiden. Bedingt ist dies sicher auch durch das Mehrheitswahlsystem, weil alle Kandidaten letztendlich Einzelkämpfer sind, die eher einen Bilanzwahlkampf als einen Zukunftswahlkampf führten.

Wahlprogramme

Die DP hatte für die Wahlen 2016 ihr Wahlprogramm von 2012 „der mongolische Mensch 2020“ aktualisiert und wiederverwendet. Sie wollte nun den restlichen Teil abarbeiten, denn nur so könne der erfolgreiche Weg fortgesetzt und positive Resultate erzielt werden. Deshalb lautete ihre Hauptaussage „Es liegt viel Arbeit vor uns“ sowie „Von Reformen zu Lösungen kommen“. Die Grundsteine im Wahlprogramm der DP waren Dezentralisierungspolitik (mehr Budget für Kommunale Selbstverwaltungen, jede Wohnsiedlung mit über 15.000 Einwohnern wird zur eigenständigen Stadt), Infrastruktur (neues Transportgesetz, Entwicklung der Eisenbahnlinien innerhalb des Landes) sowie die Wirtschaftsdiversifikation (Projekte für die Unterstützung von Landwirten und Förderung von jungen Nomaden). Allerdings erscheint nicht alles realistisch, wie zum Beispiel das Versprechen, dass Ulaanbaatar bis 2020 smogfrei wird.

Die Mongolische Volkspartei hingegen trat diesmal mit dem Hauptslogan an: „Wir werden unser Bestes geben. Gemeinsam werden wir uns entwickeln“. In ihrem Wahlprogramm „Wir können es gemeinsam schaffen“ standen Soziale Hilfe (monatliches Gehalt für neue Mütter, neue Sozialpolitik für Senioren und ein fin anzielles Unterstützungsprogramm für Studenten) sowie Gute Regierungsführung (mehr Arbeitsplatzstabilität sowie mehr Gehalt und eine bessere Sozialversicherung für Beamte, Parlamentarier können keine Ministerposten mehr bekommen, Budgettransparenz der Parteien) im Vordergrund. Obwohl das Wahlprogramm der MVP im Vergleich zu der DP klare Meilensteine beinhaltet, wirkt es sozialromantisch. Kritik daran lautet, dass das Volk so stärker abhängig vom Staat gemacht werde und sich die großen sozialen Probleme mit der Zeit noch vergrößern.

Machtspiele vor den Wahlen

Das mongolische Wahlgesetz verbietet inzwischen, dass Parteien im Wahlkampf Bargeld versprechen oder verteilen – ein Problem bei vergangen Wahlen. Es kam aber trotzdem zu einer Situation, die zwar rechtlich nicht gegen das Verbot verstößt, aber dennoch nicht in dessen Sinne ist. Relativ überraschend verkündete die Regierung, dass es den Bürgern möglich sei, 30 Prozent ihrer Tawan Tolgoi Aktien zu verkaufen. Jeder mongolische Bürger hatte in der Vergangenheit Aktien an der Kohlemine erhalten, die aber nicht verkauft werden durften. Mit der Entscheidung durften nun die Bürger ihre Aktien in Höhe von ca. 150 € an den mongolischen Staat verkaufen. Tagelang bildeten sich deshalb Schlangen vor den Banken. Von Wirtschaftswissenschaftlern wurde dies sehr kritisch gesehen, denn der Verkauf hat für die Weiterentwicklung der Mine – das Projekt steht derzeit still – keinen ökonomischen Vorteil. Darüber hinaus ist unklar, wie der mongolische Staat das Geld dafür aufbrachte. Mit Stand vom 24. Juni haben 960.000 Tausend Bürger 30 Prozent ihrer Aktien an den Staat verkauft. Die Rechnung beträgt für den mongolischen Staat somit mindesten 144 Mio. Euro. Die Aktion wurde als Versuch interpretiert, die ärmere Bevölkerung vor der Wahl zu beeinflussen.

Ein weiteres Hauptthema vor den Wahlen war die Umsiedlung großer Wählergruppen. Obwohl 60 Tage vor den Wahlen die Ummeldung der Bürger offiziell nicht mehr möglich ist, tauschten 18.063 Bürger 14 bis 28 Tage vor den Wahlen ihren Wahlkreis. Hier wurde eine Lücke im Wahlgesetz ausgenutzt, die besagt, dass sich die Bürger 14 Tage vor der Wahl in ihrem Wahlkreis anmelden müssen. Besonders in 10 Provinzen (Arkhangai, Bayankhongor, Darkhan-Uul, Dundgovi, Zavkhan, Selenge, Tuv, Uvs, Khovd, Khuvsgul und Uvurkhangai) sollen sich mehr als 600 Wähler in einer kurzen Zeit neu angemeldet haben. Dies ist bei den kleinen Wahlkreisen in der Mongolei eine durchaus erhebliche Summe. Die beiden großen Parteien verdächtigten sich gegenseitig, dahinter zu stecken. Zum Teil gab es in der Öffentlichkeit Gerüchte, dass die Chefs von Großkonzernen ihre Mitarbeiter in die Wahlkreise versetzt hatten, in denen sie selbst kandidierten. Es ist aber letztlich schwer zu beurteilen, wer diese Großumsiedlungen erwirkt hat. Fakt ist aber, dass hier eine gezielte Aktion stattgefunden hat.

Kurz vor Ende der Wahlkampagne wurde ein Video veröffentlicht, das der MVP schaden sollte. Das Video zeigt ein Gespräch von Parteichef Enkhbold Miyegombo und weiteren zwei Parteiangehörigen, indem sie besprechen, wie sie nach den Wahlen durch den Verkauf von wichtigen Positionen in der Hauptstadt 60 Milliarden Tugrug (2,8 Mio. €) einnehmen können. Die Empörung in der Gesellschaft war groß. Die MVP reagierte mit der Aussage, dass das Video gefälscht sei. Dies wurde aber von vielen bezweifelt. MRVP-Chef Enkhbayar sagte beispielsweise, dass es sich eindeutig um die Stimme von Enkhbold Miyegombos handele, weil er diese selbst im Schlaf erkennen würde.

Genau einen Tag vor den Wahlen, gab es eine völlig überraschende Ankündigung der Regierung. Premierminister Saikhanbileg gab öffentlich bekannt, dass die Erdenet Mining Cooperation zu 100 Prozent ein mongolischer Konzern geworden sei. Erdenet ist das viertgrößte Kupferbergwerk der Welt. Es wurde 1975 als ein russisch-mongolisches Joint-Venture gegründet. Bis zur Ankündigung gehörten 51 Prozent des Konzerns dem Mongolischen Staat und 49 Prozent der Rostec Corporation aus Russland. Laut Aussagen des Premierministers soll Rostec die 49 Prozent an das mongolische Unternehmen Mongol Zes verkauft haben, das eine Tochterfirma der Trade and Development Bank Mongolia ist. Obwohl dies nach einer positiven Meldung klingt, stellen sich zahlreiche Fragen, die vor den Wahlen nicht mehr beantwortet wurden. Unklar ist beispielsweise, warum dieser Zeitpunkt für die Ankündigung gewählt wurde und warum Rostec bereit war die Anteile zu verkaufen.

Ergebnis

Die Wahl endete mit einem überraschenden, erdrutschartigen Sieg der Mongolischen Volkspartei. Experten waren im Vorfeld der Wahl nicht von solch einem Ergebnis ausgegangen. Zur Deutlichkeit trug vor allem die Umstellung des Wahlsystems auf ein reines Mehrheitswahlsystem bei. Dies führte dazu, dass die MVP mit 65 Mandaten eine 2/3-Mehrheit im Mongolischen Parlament erreichte. Sie konnte bei den Mandaten im Vergleich zu 2012 deutlich zulegen. Starke Verluste erlitten die DP (9 Mandate), die MRVP (1 Mandat) sowie die kleinen Parteien und die unabhängigen Kandidaten (1 Mandat).

Zu den großen Verlierern innerhalb der DP gehören viele bekannte und etablierte Politiker, die ihren Wahlkreis nicht gewinnen konnten. So verloren u.a. Parlamentspräsident Enkhbold, Premierminister Saikhanbileg, der ehemalige Premierminister Altankhuyag, die ehemalige Kulturministerin Oyungerel, Landwirtschaftsministerin Burmaa und der Unternehmer Battulga ihr Mandat.

Die im Vorfeld hoch gehandelten unabhängigen Kandidaten waren nicht erfolgreich. Lediglich der Schlagersänger Javkhlan gewann ein Mandat. Der bereits erwähnte, beliebte, unabhängige Kandidat Ganbaatar verlor seinen Wahlkreis. Ebenso schwach schnitten die kleinen Parteien ab. Die BWGP ist nicht mehr im Parlament vertreten. Die MRVP rettete noch ein Mandat. Wie die landesweite prozentuale Stimmenverteilung zeigt, wäre nach altem Wahlsystem der Vorsprung der MVP deutlich geringer ausgefallen. Die DP erreichte landesweit nur ein geringfügig schlechteres Ergebnis als 2012. Die MVP konnte zu Lasten der MRVP stark zulegen. Die Sonstigen (kleine Parteien und unabhängige Kandidaten) konnten das Ergebnis leicht verbessern.

In zwei Aspekten ist das Ergebnis positiver als erwartet. Trotz aller pessimistischen Vorhersagen im Vorfeld und der Senkung der Frauenquote, hat sich der Frauenanteil leicht erhöht. Es sitzen nun zwei Frauen mehr im Parlament als in der vergangenen Legislaturperiode. Die Anzahl hat sich auf 13 (12 von der MVP, 1 von der DP) erhöht. Allerdings ist die Quote von 17 Prozent im internationalen Vergleich weiterhin niedrig. Außerdem stieg die Wahlbeteiligung leicht an. Die im Vorfeld konstatierte Politikverdrossenheit ließ sich hier nicht ablesen. Der seit 1992 anhaltende Abwärtstrend ist somit erst einmal gestoppt.

Das sehr gute Ergebnis der MVP bei den Parlamentswahlen spiegelt sich auch im Ergebnis der Kommunalwahlen wider. Obwohl die landesweiten Ergebnisse noch nicht veröffentlicht sind, lassen sich am Ergebnis der Hauptstadt Ulaanbaatar erste Trends ablesen. In der Stadt, die als DP-Hochburg gilt, konnte die MVP 34 Mandate erringen. Die DP kam lediglich auf 11 Mandate. Der neue Bürgermeister der Stadt wird somit von der MVP kommen.

Analyse

Wurde im Vorfeld noch von einer großen Politik- und Parteienverdrossenheit ausgegangen und deshalb den kleinen Parteien und unabhängigen Kandidaten gute Chancen zugerechnet, zeigt das Ergebnis eher, dass es eine Verdrossenheit mit der regierenden DP gab. Das Regieren für die Mongolische Volkspartei dürfte nun einfach sein. Mit übergroßer Mehrheit hat sie kaum eine Opposition zu fürchten. Der einzig verbliebende Gegenspieler ist Präsident Elbegdorj von der DP. Doch mit der Mehrheit im Parlament kann die MVP sogar präsidiale Vetos überstimmen. Ohnehin wird Elbegdorj nur noch gut ein Jahr im Amt sein. Laut Verfassung darf er bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr nicht wieder antreten. Es ist für die mongolische Demokratie nur zu hoffen, dass die MVP diese exponierte Stellung nicht ausnutzt und den Kampf gegen Korruption und für Medien- und Meinungsfreiheit weiter führt.

Die Verlierer der Wahl sind genauso schnell zu finden wie die Gewinner: DP, MRVP, die kleinen Parteien und die unabhängigen Kandidaten. Einige Akteure haben sich bereits im Vorfeld um ein besseres Ergebnis gebracht: Die DP, weil sie die Änderung des Wahlsystems durchgesetzt hat. Nach dem alten System hätte sie durch den Verhältniswahlanteil einige Mandate mehr erhalten. Die MRVP, weil sie das Abkommen mit der MVP hat platzen lassen und deshalb erhebliche Verluste einfuhr. Der sehr beliebte unabhängige Kandidat Ganbaatar, weil ihm die Episode als Parteimitglied bei der NAP geschadet hat. Das Ergebnis hat auch Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr. Von Seiten der DP drängt sich durch den Wahlausgang kein Kandidat auf. Ganbaatar kann nicht von einer Partei im Parlament nominiert werden und auch Enhkbayar ist stark geschwächt für ein mögliches Comeback im nächsten Jahr.

Wie wird es nun weitergehen in der mongolischen Politik? Durch die große Mehrheit und durch die bei der MVP stärker vorhandene Parteidisziplin könnte das Land in den nächsten vier Jahren stabiler regiert werden. Dies könnte sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. In der letzten Legislaturperiode war einer der Hauptgründe für die Wirtschaftskrise der Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen. Bedingt war dies durch die politische Instabilität des Landes. Die neue Regierung könnte auch neuen Schwung in die Verhandlungen zu Tawan Tolgoi bringen. Für die mongolische Wirtschaft ist das Projekt von herausragender Bedeutung. Die neue Regierung wird aber zuerst einen Kassensturz machen müssen. Bereits vor den Wahlen war die finanzielle Situation des mongolischen Staates besorgniserregend. Es stellt sich die Frage, wie sich der Ankauf des Staates der Tawan Tolgoi Aktien auf den Staatshaushalt auswirkt und welche Effekte der Verkauf des russischen Anteils der Erdenet-Kupfermine hat. Darüber hinaus müssen ab 2017 die ersten Anteile der Dschingis-Bonds zurückgezahlt werden. Es ist unklar wie das Geld dafür aufgebracht werden soll.

Eine weitere offene Frage ist, wie stark die Retourkutschen der MVP gegen die DP aussehen werden. Nach den Wahlen 2012 wurden bis in die untersten Ebenen Beamte aufgrund der Parteimitgliedschaft ausgetauscht. Dass dies nun von der MVP ähnlich gehandhabt wird, zeigt der bereits angesprochene Videomitschnitt von Parteichef Enkhbold. Unklar ist eher, wie stark dieser Austausch stattfinden wird. Ein weiteres Problem für die DP ist, dass sie in ihrer Regierungszeit das Rechtssystem und vor allem die Antikorruptionsbehörde politisiert hat. Wenn die MVP dies ähnlich handhabt, wird es in nächster Zeit zu spektakulären aufgedeckten Korruptionsfällen gegen Mitglieder der DP und der MRVP kommen.

Für die DP ist dieses Ergebnis ähnlich ernüchternd wie 2000, als sie nach ihrer ersten Regierungszeit mit nur noch drei Mandaten aus den Wahlen ging. Es wird sich nun zeigen, ob sie die richtigen Schlüsse ziehen kann. Sie kann die Oppositionszeit nutzen, um sich selbst neu aufzustellen. Dazu würde die die Förderung von Nachwuchs, die Einführung der innerparteilichen Demokratie und die Arbeit an einer langfristigen Vision für die Mongolei gehören.

Der Wahlprozess an sich verlief fair. Die Stimmauszählung mithilfe von Wahlmaschinen gestaltete sich problemloser und zügiger als erwartet. So kam es auch in der Wahlnacht nicht zu den befürchteten Ausschreitungen. Dies lag auch an der guten Arbeit der Zentralen Wahlkommission in den Bereichen Wählerregistrierung und Kontrolle der Wahlprogramme, deren Arbeit durch die kurzfristige Wahlgesetzänderung erschwert wurde. Dieses Mal tauchten keine Bargeldversprechungen in den Wahlprogrammen auf. Die Kommission konnte aber nicht verhindern, dass Bargeld an die Bevölkerung floss (siehe Wahlkampf Verkauf der Tawan Tolgoi Aktien). Die OSZE teilt die Einschätzung, dass es sich um faire und freie Wahlen handelte. Deren Hauptkritikpunkte richteten sich gegen die kurzfristige Wahlgesetzänderung sowie die Absenkung der Frauenquote und das der Prozess zur Änderung des Wahlgesetzes nicht transparent war und das so nicht auszuschließen ist, dass politische Motive hinter dieser Entscheidung standen.

Fazit

Trotz der im Vorfeld vermuteten Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit den etablierten Parteien, dominierte die MVP die Wahlen. Dies liegt zum einen daran, dass das Wahlsystem so geändert wurde, dass die kleinen Parteien kaum eine Chance hatten. Zum anderen haben die chancenreichen Kleinparteien durch interne Querelen, ihre Chancen nicht genutzt. Die Wahlen liefen insgesamt frei und fair ab. Zu bedenken gibt aber die Tatsache, dass kurz vor den Wahlen die Spielregeln zu Gunsten der etablierten Parteien geändert wurden. Die Frage, die sich hier stellt, ist: War das Ändern der Spielregeln zu Gunsten der großen Parteien der Anfang einer Unterwanderung der Demokratie des Landes oder eine negativer Ausreißer im weiterhin erfolgreichen Demokratisierungsprozess. Insgesamt problematisch sind die weiterhin hohe Korruption im Land und die zu starke Verquickung zwischen Politik, Wirtschaft und Medien. Im nächsten Jahr finden Präsidentschaftswahlen statt. Es kann für die Entwicklung der mongolischen Demokratie nur gehofft werden, dass bis dahin nicht erneut Wahlgesetz und gar Verfassung so geändert werden, um den etablierten Akteuren die Macht zu sichern.

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