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Ülkelerden haberler

Das Ende von „Françafrique“?

arasında Dr. Thomas Volk

Eine afrikanische Reaktion auf die französische Präsidentschaftswahl

Am 7. Mai 2017 gewann Emmanuel Macron mit 66,1 Prozent der abgegebenen Stimmen die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahl gegen die Spitzenkandidatin des « Front National », Marine Le Pen (33,9 Prozent). Wie das Wahlergebnis im traditionell engsten Partnerland Frankreichs in Afrika, dem Senegal, aufgegriffen wird und welche Erwartungen an die französische Afrikapolitik gerichtet sind, beleuchtet dieser Artikel.

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Schöne, rebellische und grausame Geschichte

« L’histoire que nous avons en commun, elle est belle, elle est rebelle et elle est cruelle. » Mit diesen deutlichen Worten beschrieb der scheidende französische Staatspräsident, François Hollande, am 12. Oktober 2012 die mehr als 300-jährige Geschichte der französisch-senegalesischen Beziehung. „Unsere gemeinsame Geschichte ist schön, rebellisch und grausam“, so also Hollande vor der senegalesischen Nationalversammlung anlässlich seines ersten Afrikabesuchs als damals neu gewählter Präsident der Französischen Republik. Hollande betonte in seiner Rede vor den 150 senegalesischen Abgeordneten 2012 auch, dass die Epoche der sogenannten „Françafrique“ (Französisches Afrika) abgelaufen sei und es nunmehr Frankreich und Afrika als gleichberechtigte Partner gebe, deren Zusammenarbeit auf gegenseitigem Respekt, Klarheit und Solidarität beruhe. Dennoch ist ein tatsächliches Ende von „Françafrique“ auch unter Präsident Hollande nicht eingetreten.

Sarkozy und Hollande besuchten in Afrika zuerst den Senegal

Nachdem noch Nicolas Sarkozy (Präsident 2007-2012) 2007 in einer Rede als französischer Staatspräsident in Dakar – auch er besuchte als französischer Präsident als erstes Land in Afrika den Senegal – davon sprach, dass „Afrikaner noch nicht in ausreichendem Maße in die Geschichte eingetreten“ seien und für diese Aussage international harsche Kritik erntete, versuchte Hollande die Beziehungen zwischen den beiden Ländern diplomatisch zu normalisieren. Hollande unterstrich während seines Aufenthalts im Senegal, dass „Afrika ein großer aufstrebender Kontinent werde“ und der Senegal ein Beispiel für eine erfolgreiche Entwicklung sei. Im Zuge seiner Präsidentschaft besuchte Hollande schließlich mehr als 20-mal den afrikanischen Kontinent und unterstrich somit seine tatsächliche Verbundenheit zum europäischen Nachbarkontinent. Auch wenn die Eigenständigkeit Afrikas immer wieder betont wird, bleibt die französische Diplomatie auf vielfache Arbeit in westafrikanischen Ländern sichtbar.

Die senegalesische Öffentlichkeit, die traditionell jede politische Entwicklung in Frankreich, aufmerksam verfolgt, ist daher gespannt, wie sich der neu gewählte Präsident im Hinblick auf Afrika – und konkret den Senegal – verhalten wird. Was sind Macrons afrikapolitische Schwerpunkte? Wird er den ehemaligen französischen Kolonien auf Augenhöhe begegnen oder verfolgt er neben einer europa- gar auch über eine neue af-rikapolitische Vision?

Senegal: Der privilegierte Partner Frankreichs in Afrika

Senegal und Frankreich haben traditionell ein sehr enges Verhältnis. Die ehemalige französische Kolonie Senegal ist seit ihrer Unabhängigkeit 1960 politisch, wirtschaftlich und kulturell eng mit Frankreich verbunden. In Europa ist Frankreich der wichtigste und weltweit nach Mali und Indien der drittwichtigste Handelspartner Senegals. Mehr als 250 französische Unternehmen sind im Senegal angesiedelt, die mehr als ein Viertel der Gehälter im senegalesischen Privatsektor bezahlen. Der größte Geber an Entwicklungsgeldern im Senegal ist mit mehr als 131 Mio. Euro jährlich Frankreich, das zudem eine erhebliche militärische und kulturelle Präsenz im Land pflegt. Senegal und Frankreich halten zudem traditionell jährlich stattfindende bilaterale Kabinettssitzungen der jeweiligen Regierungen ab.

Erster Afrikaner in Frankreichs Parlament war Senegalese

In der Vergangenheit reisten französische Staatspräsidenten bei ihren Afrikareisen zuerst in den Senegal, das mit Blaise Diagne 1914 den ersten Afrikaner in die französische Nationalversammlung entsandte. Im Senegal gab es seit 1848 vier Städte (Dakar, Goree, Saint Louis, Rufisque), deren Bürger französisches Wahlrecht erhielten. Diagne gilt bis heute als einer der einflussreichsten Politiker des Landes – der demnächst zu eröffnende internationale Flughafen im Senegal wird seinen Namen tragen.

Was versteht man unter „Françafrique“?

Das französische Interesse an seinen ehemaligen Kolonien und das Engagement Frankreichs innerhalb der Länder der afrikanischen Frankophonie werden allerdings sehr kritisch gesehen. Zahlreiche Intellektuelle sprechen von „neo-kolonialistischen“ Verhältnissen und beklagen die starke Einmischung Frankreichs in innere Angelegenheiten des Senegals. Seit den 1960er Jahren widmet sich Frankreich stark seinen ehemaligen französischen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent, darunter u.a. Äquatorial-Guinea, Benin, Burkina Faso, Burundi, Dschibuti, Togo, Tschad, Gabun, Zentralafrika, Elfenbeinküste, Kamerun, Kongo, Mali und Senegal. Doch unter „Françafrique“ wird nicht nur die enge politische und wirtschaftliche Verflechtung Frankreichs mit seinen ehemaligen afrikanischen Kolonien verstanden, sondern „häufig ist damit die Beteiligung an Wahlfälschungen, an Putsch(versuchen) zur Unterstützung befreundeter politischer Regime oder gar an militärischen Geheimoperationen gegen missliebige Regierungen afrikanischer Staaten gemeint.“

Inzwischen hat sich eine misstrauische Stimmung in weiten Teilen der afrikanischen (intellektuellen) Bevölkerung gegenüber dem französischen Engagement auf dem Kontinent etabliert. Es wird bezweifelt, ob Frankreich tat-sächlich rein entwicklungspolitischen Zielen auf dem afrikanischen Kontinent folgt. Es wird dauern, das 1962 unter Präsident Charles de Gaulle etablierte Konzept einer „Françafrique“ zu entmystifizieren. Neuerdings wird ohnehin das chinesische Auftreten auf dem afrikanischen Kontinent kritisch(er) beäugt und in manchen Kreisen bereits von „Chine-Afrique“ gesprochen. Es bleibt daher abzuwarten, ob Macron neue Prioritäten in seiner Afrikapolitik setzen und das Konzept der „Françafrique“ beseitigen kann.

Die Bindung der westafrikanischen Währung FCFA BCEAO an den Euro – vormals an den französischen Franc – sowie die Dominanz französischer Unternehmen über die senegalesische Wirtschaft erregen immer wieder Unmut in der Bevölkerung. Selbst die Amtssprache Französisch gerät ins Visier einiger Kritiker, die eine stärkere Rückbesinnung auf die afrikanischen Lokalsprachen, z.B. das Wolof, einfordern. Im Bildungsbürgertum wird das koloniale Erbe und die selbstbewusste Einmischung Frankreichs auf dem afrikanischen Kontinent mit dem Begriff „Françafrique“ jedenfalls kritisch bezeichnet. Die französische Afrikapolitik sieht sich daher traditionell einem diplomatischen Balanceakt ausgesetzt – auch da französische Entwicklungsgelder gern gesehen sind, zuweilen sogar aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit forsch eingefordert werden.

Senegalesische Reaktion auf französisches Wahlergebnis

Die senegalesischen Medien äußern sich unisono erleichtert über den Ausgang der französischen Präsidentschaftswahl. Emmanuel Macron wird in allen Tageszeitungen des Landes ausführlich porträtiert, sein junges Alter wird dabei stets besonders thematisiert. Es wird als eine Chance für die französisch-afrikanischen Beziehungen angesehen, dass der achte Präsident der fünften Republik bei Amtsantritt erst 39 Jahre alt und somit ein Generationenwechsel in der französischen Politik eingeläutet sei. Die Wahl Macrons sei als ein Zeichen der Er-neuerung der politischen Klasse Frankreich zu bewerten und zugleich ein Zeichen der Hoffnung.

Senegalesische Öffentlichkeit erleichtert über Wahlausgang

Die senegalesischen Kommentatoren zeigen sich zufrieden mit der Abwendung eines „Frexit“, des möglichen Austritts Frankreichs aus der Europäischen Union, und begrüßen die mit der Wahl Macrons zum Ausdruck gebrachte weltoffene und EU-freundliche Stimmung innerhalb der französischen Wählerschaft. Die regierungsnahe Zeitung „Le Soleil“ stellt allerdings auch die Frage nach der Stabilität bzw. politischen Durchsetzungskraft des neuen Präsidenten. Dieser habe nun bei der anstehenden Parlamentswahl im Juni zu beweisen, ob er auch eine parlamentarische Mehrheit zur Durchsetzung seiner Vorhaben erhalten könne. Gleichzeitig wird besorgt festge-stellt, dass sich die Partei der rechtsnationalen Marine Le Pen, der „Front National“ (FN), mit einem Ergebnis von 33,9 Prozent offensichtlich als politische Kraft in Frankreich etabliert habe.

Senegalesische Erwartungen an Emmanuel Macron

Nach dem Wahlsieg Macrons halten sich senegalesische Medien mit der vorschnellen Formulierung von Erwartungen bzw. Forderungen an Frankreich auffällig zurück. Macron wird lediglich an seine Wahlversprechen erinnert, wonach er afrikanischen Wissenschaftlern und Unternehmern Erleichterungen bei der Erlangung von Reisevisa für den Schengen-Raum zugesagt habe. Senegalesische Kommentatoren erwarten allerdings, dass durch Macrons eine neue Dynamik in den französisch-senegalesischen Beziehungen eintrete, die das Konzept „Françafrique“ endgültig begrabe. Der Kolumnist Ibrahima Mbodj betont in der Zeitung „Le Soleil“, dass der afrikanische Kontinent inzwischen seine Reife erreicht habe und man entsprechend einer Partnerschaft des gegenseitigen Respekts, eine „win-win“-Situation für beide Partner herbeiführen müsse. Macron könne durch seine neue Vision mit dazu beitragen, dass das Konzept „Françafrique“ ein für alle Mal der Vergan-genheit angehöre.

Macron wie Sall: Vergleich zweier Präsidenten

Die Zeitung „Le Quotidien“ vergleicht Emmanuel Macron mit dem 2012 gewählten senegalesischen Staatspräsi-denten Macky Sall. Beide erhielten ein ähnliches Wahlergebnis von 65.8 (Sall) und 66,1 Prozent (Macron) der abgege-benen Wählerstimmen in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen. Ferner hätten beide das erste Mal um das Amt des Präsidenten kandidiert und seien auf Anhieb mit einer jeweils neu gegründeten Bewegung in das Amt gewählt worden. Macron mit seiner Bewegung „En Marche!“ und Macky Sall mit seiner Koalition unterschiedlicher Parteien „Benno Bokk Yakaar“. Beide seien verhältnismäßig jung und könnten auch inhaltlich auf etliche ähnliche Themen setzen. Sie hätten sich außerdem bereits mehrfach getroffen, u.a. während Macrons Amtszeit als französischer Wirtschaftsminister 2014-2016. Dies, so Mamadou T. Diatta, von „Le Quotidien“ seien ausreichende Voraussetzungen, um von einer positiven Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen der beiden Länder auszugehen.

„En Marche!“ Vorbild für afrikanische Bewegungen?

Die islamisch geprägte Zeitung „Walf Quotidien“ hingegen setzt keine großen Hoffnungen auf Macron, zeigt sich aber zufrieden mit dem Wahlausgang, da Frankreich sich gegen eine „rassistische“ Orientierung entschieden habe. Macrons Bewegung „En Marche!“ sei allerdings ein mögliches Beispiel auch für afrikanische Staaten, so Baba Mballo, in seinem Kommentar in der Zeitung „Walf Quotidien“. Afrika habe ebenfalls Bedarf an neuen Politikern, die einer Vision folgend, gerade jungen Afrikanern Perspektiven aufzeigen könnten. Es gäbe auch in Afrika junge Bewegungen, die „En Marche!“ vergleichbar seien – so wie etwa „Y en a marre“ im Senegal, „Filimbi“ in der Demokratischen Republik Kongo oder „Le Balai Citoyen“ in Burkina Faso. Diese Bewegungen junger Afrikaner würden allerdings durch vorherrschenden Nepotismus in den jeweiligen Ländern ausgebremst und seien bei weitem nicht so erfolgreich geworden wie Macrons Bewegung. Afrikanische Machthaber würden solch junge Bewegungen als direkte Gefahr für ihre jeweiligen Regierungen ansehen und deren Aufstieg massiv behindern. Afrika sei eben nicht Frankreich und der Aufstieg von Persönlichkeiten wie Macron bleibe im afrikanischen Kontext daher derzeit eher unwahrscheinlich.

Was ist Macrons Afrikapolitik?

Viel ist über Macrons Vorhaben in der französischen Afrikapolitik bisher nicht bekannt. Der proeuropäische Kurs des neuen Präsidenten lässt jedoch auch viele Afrikaner auf eine offenere Politik gegenüber afrikanischen Staaten hoffen. Macron selbst betont seine Afrikaerfahrungen, die er im Rahmen eines Praktikums in Nigeria gesammelt habe. Im Wahlkampf um die Präsidentschaft wurde außerdem deutlich, dass die Staaten in Subsahara-Afrika eine entscheidende Bedeutung beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus einnehmen werden. Macron wolle außerdem die Afrikanische Union (AU) sowie die G5-Sahel (Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad) stärken. Das Ziel, 0,7 Prozent des französischen Brutto-inlandsproduktes (BIP) für Entwicklungszu-sammenarbeit auszugeben, wurde von Macron während des Wahlkampfs nicht in Frage gestellt.

Einschätzung und Ausblick

Die senegalesische Bevölkerung zeigt sich über den Wahlausgang in Frankreich erleichtert. Frankreich wählte nicht Marine Le Pen und den „Front National“ und ent-schied sich somit nach senegalesischer Lesart für ein offenes Frankreich, das auch gewillt sei, aus Afrika stammende Migranten im Land zu integrieren. Die Senegalesen freuen sich nicht zuletzt darüber, dass mit Sibeth Ndiaye eine aus dem Senegal stammende Französin Pressechefin Macrons während der Kampagne von „EnMarche!“ war. Man hofft, dass sie einen pro-senegalesischen/pro-afrikanischen Einfluss auf den neuen Präsidenten ausüben werde.

Die Wahl Macrons wird als Hoffnungszeichen für einen Generationenwechsel interpretiert, von dem der afrikanische Kontinent in Gänze profitieren könne. Es wird erwartet, dass Macron auf Augenhöhe mit afrikanischen Ländern verhandelt und das ungeliebte Konzept einer „Françafrique“ und somit die als überholt angesehene Einmischung Frankreichs in afrikanische Angelegenheiten ablöst.

Während der senegalesische Staatspräsident Macky Sall seinem französischen Amtskollegen noch am Abend des 7. Mai zur Wahl gratulierte und sich auf eine Fortsetzung der vertrauensvollen, multidimensionalen Zusammenarbeit freue, bleibt abzuwarten, welche Schwerpunkte der proeuropäische Macron in seiner Afrikapolitik tatsächlich legen wird. Ein erstes sichtbares Zeichen seiner Afrikapolitik wird erkennbar, sollte er der Tradition seiner Amtsvorgänger treu bleiben und als erstes Land seines Staatsbesuchs in Afrika in das Land der „Teranga“, der Gastfreundschaft, aufbrechen: in den Senegal.

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