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Trumps Protektionismus und seine Folgen für afrikanische Märkte

von Anja Berretta, Chantelle Moyo, Jule Steinmann

Vom Freihandel zu Zöllen

Das Ende von AGOA und neue US-Zölle stellen afrikanische Märkte vor einen Wendepunkt: Zwischen Risiken, neuen Abhängigkeiten und Chancen für Partnerschaften mit der EU und China müssen afrikanische Staaten ihre Handelsstrategien neu ausrichten. Wie reagieren die betroffenen Länder auf die veränderten Spielregeln? Welche Perspektiven eröffnen sich für Afrikas Wirtschaft nach dem Auslaufen von AGOA?

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Auf einen Blick
  • Mit dem Auslaufen des African Growth and Opportunity Act (AGOA) im September 2025 gehen jahrzehntelange präferenzielle Handelsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und afrikanischen Ländern zu Ende. Gleichzeitig hat die US-Regierung ihre protektionistische Handelspolitik durch die Einführung von allgemeinen Zöllen von mindestens 10 Prozent verschärft, wobei einige afrikanische Länder mit Zöllen von bis zu 30 Prozent konfrontiert sind. Dies markiert einen bedeutenden Wendepunkt für die Handelsbeziehungen zwischen Afrika und den USA.
  • Seit 2000 hatte AGOA afrikanischen Staaten zollfreien Zugang zum US-Markt gewährt und damit die Diversifizierung der Exporte und die Beschäftigung gefördert. Die Initiative erzielte jedoch gemischte Ergebnisse mit begrenzten Auswirkungen auf das Handelsvolumen. Dies wirft die Frage auf, ob Zollbefreiungen allein ausreichen, um die Handelsbeziehungen Afrikas mit dem Rest der Welt so zu verbessern, dass der Kontinent wirklich davon profitiert.
  • Afrikanische Regierungen streben eine Diversifizierung ihrer Märkte und eine Stärkung der innerafrikanischen Zusammenarbeit durch die Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) an. Langfristig ergeben sich Chancen für engere Partnerschaften mit der EU und China, wobei jedoch weiterhin Risiken neuer Abhängigkeiten bestehen. Das Engagement Europas könnte für die Gewährleistung fairer und nachhaltiger Handelsbeziehungen von entscheidender Bedeutung sein.
 

Mit der zweiten Amtseinführung von Präsident Donald Trump hat sich die Handelspolitik der Vereinigten Staaten deutlich verändert. Die Regierung hat protektionistische Maßnahmen eingeführt, darunter einen universellen Mindestzollsatz von 10 Prozent, der seit dem 2. April 2025 für alle Handelspartner der USA gilt.1 Mehrere Länder im südlichen Afrika, aber auch Libyen und Algerien sind sogar mit noch höheren Zöllen von bis zu 30 Prozent konfrontiert. Seit dem Jahr 2000 hatten die USA mehreren Ländern südlich der Sahara im Rahmen von AGOA zollfreien Zugang zu bestimmten Produkten auf dem US-amerikanischen Markt gewährt. Im Laufe der Jahre wurden Länder je nach Regierungsführung suspendiert oder wieder aufgenommen, sodass sich der Kreis der Nutznießer änderte und 2024 noch 32 Länder teilnahmen.2 AGOA lief am 30. September 2025 aus und die Zukunft der bevorzugten Handelsbeziehungen zwischen den USA und den afrikanischen Staaten bleibt ungewiss. Das Ende der AGOA-Handelsära hat erhebliche Auswirkungen auf Afrikas exportorientierte Industrien.3

 

Handelsbeziehungen zwischen Afrika und den USA: Ein Überblick

Im Jahr 2024 beliefen sich die afrikanischen Exporte im Rahmen von AGOA in die USA auf insgesamt 9,7 Milliarden US-Dollar. In den vergangenen 25 Jahren machte Rohöl den größten Teil der AGOA-Exporte aus, ging jedoch stetig von mehr als 80 Prozent im Jahr 2008 auf rund 45 Prozent im Jahr 2024 zurück. Im gleichen Zeitraum stiegen die Exporte von Bekleidung und Agrarprodukten stetig von 3 auf 13 Prozent beziehungsweise von 2 auf 11 Prozent.4 Mit den von den USA im Jahr 2025 eingeführten Zöllen entfiel jedoch der bislang durch AGOA garantierte zoll- und quotenfreie Zugang zum US-Markt für die Länder Subsahara-Afrikas. Exporteure sind nun gezwungen, entweder US-Zölle zu entrichten oder alternative Absatzmärkte für ihre Produkte zu suchen. Ein Teil der Exporte der AGOA-begünstigten Länder kann in die Europäische Union umgeleitet werden; insgesamt wird jedoch ein Rückgang der Exporte um bis zu 1,1 Prozent prognostiziert. Auch wenn dieser Rückgang auf regionaler Ebene moderat erscheint, zeigt eine Analyse auf Länderebene ein differenzierteres Bild: So sinken beispielsweise Nigerias Exporte in die USA um 17 Prozent und die des Tschad um 11 Prozent.5 Besonders gefährdet sind junge Branchen, die aufgrund mangelnder Wettbewerbsfähigkeit unter dem neuen Zollregime mit Entlassungen oder gar dem Zusammenbruch rechnen müssen.6

 

Vom zollfreien AGOA hin zu übereilten Zollverhandlungen

Für die Entwicklungsperspektiven der afrikanischen Volkswirtschaften hat das AGOA-Programm den Exporteuren einen erleichterten Marktzugang eröffnet und schätzungsweise zwischen 300.000 und 400.000 Arbeitsplätze in Subsahara-Afrika geschaffen.

In den für AGOA berechtigten Ländern führte das Abkommen sowohl zu einem höheren Handelsvolumen als auch zu einer stärkeren Exportdiversifizierung zwischen Subsahara-Afrika und den Vereinigten Staaten.

Die Exportdiversifizierung ist ein zentrales Ziel für Länder mit niedrigem Einkommen in Subsahara-Afrika, da sie hilft, wirtschaftliche Risiken zu verringern, das Wachstum zu stabilisieren und die Widerstandsfähigkeit zu stärken, indem mehrere Exportsektoren erschlossen werden, statt sich auf wenige zu verlassen.

AGOA war auch als Instrument gedacht, um gute Regierungsführung und Menschenrechte in Subsahara-Afrika zu fördern.

Bemerkenswerterweise exportierten die für AGOA berechtigten Länder mehr Bekleidungsprodukte in die USA als ihre nicht berechtigten Länder, was den positiven Einfluss des erweiterten Marktzugangs auf die Exportdiversifizierung unterstreicht.7

Über die wirtschaftlichen Vorteile hinaus war AGOA auch als Instrument gedacht, um gute Regierungsführung und Menschenrechte in Subsahara-Afrika zu fördern. Durch die Verknüpfung bevorzugter Handelsbedingungen mit Fortschritten in diesen Bereichen schuf das Programm Anreize für politische Freiheit und Maßnahmen gegen Korruption und trug so zur Entwicklung robusterer und nachhaltigerer Wirtschaftssysteme bei.8 Andere Akteure, wie die Europäische Union, haben ebenfalls Strategien wie Global Gateway eingeführt, um durch gezielte Investitionen die Erreichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu fördern. Ähnlich wie bei AGOA liegt ihr Schwerpunkt auf der Förderung besserer Regierungsführung, der Achtung der Menschenrechte sowie höherer Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards, etwa in den Bereichen Energieeffizienz, Arbeitspraktiken oder Korruptionsbekämpfung.9

Das Vermächtnis von AGOA besteht darin, zu zeigen, dass bevorzugter Marktzugang und eine gezielte Industriepolitik zu einer tragfähigen industriellen Entwicklung und Exportsteigerung in Afrika führen können. Das Programm führte zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Diversifizierung der Exporte, zur Anziehung von Investitionen und zur Stärkung der Handelsgovernance und legte damit den Grundstein für strategische globale Partnerschaften.10 Während der gesamten Laufzeit von AGOA haben die Vereinigten Staaten konsequent die Anspruchsvoraussetzungen in Bezug auf Regierungsführung und Menschenrechte durchgesetzt. Länder wie Uganda, Äthiopien, Kamerun und Mauretanien wurden aufgrund von Verstößen in diesen Bereichen aus dem Programm suspendiert. Dieser strenge Ansatz unterstreicht das Engagement der USA, bevorzugten Handelszugang mit Fortschritten in Regierungsführung und Menschenrechten zu verknüpfen, und hebt AGOA von anderen Handelsabkommen ab.

Es besteht jedoch weitgehender Konsens darüber, dass die Nutzung von AGOA begrenzt blieb. AGOA bot zollfreien Zugang für über 6.500 Produkte, doch viele Länder haben diese Vorteile nicht vollständig ausgeschöpft. Im Jahr 2019 nutzten nur 13 von 39 berechtigten Ländern die AGOA-Vorteile vollständig, wobei der Großteil der Exporte auf wenige Länder wie Nigeria und Angola entfiel, hauptsächlich im Ölsektor.11 Dies zeigt, dass Marktzugang allein nicht ausreicht und von gezielter Unterstützung der Exportländer begleitet werden muss. Bemerkenswert ist, dass ausländische Eigentümer von AGOA-bezogenen Unternehmen häufig auf niedrige Produktionskosten fokussiert waren und weniger auf langfristige Entwicklung. Daher ist es wichtig, dass zukünftige Initiativen zur Förderung der Handelsbeziehungen den Schwerpunkt auf lokale Unternehmensgründungen und inklusives Wachstum legen, um den Transfer von Fähigkeiten und Technologien zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Beschäftigungsmöglichkeiten auf Niedriglohnsektoren mit geringem Wertzuwachs pro Einheit beschränkt bleiben. Die erhoffte strukturelle Transformation der afrikanischen Volkswirtschaften trat somit nicht in dem erwarteten Umfang ein.12

So sehr das Ergebnis des AGOA-Programms schwer zusammenzufassen ist und im Ländervergleich sowie im sektoralen Kontext betrachtet werden muss, so schwer lässt sich auch die Perspektive für die betroffenen Länder nach dem Ende von AGOA einschätzen. Die WTO deutet sogar darauf hin, dass das Auslaufen des Programms keinen maßgeblichen Einfluss auf den afrikanischen Handel haben wird.13 Einige Analysten gehen zudem davon aus, dass Länder, die zuvor nicht Teil von AGOA waren – wie Gambia oder Mauretanien –, nun einen Wettbewerbsvorteil erlangen könnten, da sie nicht dem gleichen Anpassungsdruck ausgesetzt sind wie ehemalige AGOA-Nutzungsländer.14

Es ist ebenfalls bemerkenswert, dass das Auslaufen von AGOA nicht unmittelbar auf die Politik der Trump-Administration zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu den Europäischen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) war AGOA von Anfang an als zeitlich begrenzte Maßnahme konzipiert. Ursprünglich auf 15 Jahre angelegt, wurde es 2015 um ein weiteres Jahrzehnt verlängert, wobei davon ausgegangen wurde, dass eine weitere Verlängerung unwahrscheinlich sei.15 Die unzureichende Nutzung von AGOA war bereits 2015 bekannt, verbunden mit dem Aufruf an die afrikanischen Staats- und Regierungschefs, Handelsstrategien für die Zeit nach AGOA ab 2025 zu entwickeln.16 Diese Aufforderungen blieben jedoch weitgehend unbeachtet und die Bemühungen, die drohende Lücke zu schließen, beschränkten sich größtenteils auf diplomatische Initiativen in Washington, die auf die Sicherung einer bilateralen Verlängerung abzielten.

 

Handelspolitik und Zölle jenseits von AGOA

Am 2. April 2025 setzte US-Präsident Donald Trump den International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) in Kraft, was zu der stärksten Erhöhung der US-Zölle seit 1930 führte. Laut Angaben der US-Regierung verfolgte die Maßnahme vorrangig die Ziele, US-amerikanische Verbraucher zum Kauf inländisch produzierter Güter zu bewegen, die Steuereinnahmen aus Importen zu steigern und Investitionen im Inland anzuregen.17 Durch die Ersetzung der Bundesertragssteuern durch Einfuhrzölle gelten die sogenannten reziproken Zölle nun für bis zu 86 Prozent der US-Importe. Sie betreffen alle Handelspartner ohne Ausnahme, einschließlich der subsaharischen Länder, die zuvor vom Freihandelsabkommen AGOA profitiert hatten.

Die Ankündigung des neuen US-Zollregimes löste sofortige Reaktionen auf den globalen Finanzmärkten aus und führte zur Einrichtung einer 90-tägigen Neuverhandlungsfrist, während der die betroffenen Länder versuchen konnten, niedrigere Zolltarife zu vereinbaren.18 Jeder US-Handelspartner unterliegt nun einem individuell festgelegten Zollsatz, wobei der Basissatz bei zehn Prozent liegt. Mehrere afrikanische Länder sehen sich mit deutlich höheren Zöllen konfrontiert, was die ungleiche Wirkung der neuen US-Handelspolitik verdeutlicht.

Fertigprodukte unterliegen deutlich höheren Zöllen, während Rohstoffe und kritische Mineralien häufig ausgenommen sind.
 

Strategische Ausnahmen: Fertigprodukte versus Rohstoffe

Die Struktur der neuen US-Zölle unterscheidet klar zwischen Fertigprodukten und Rohstoffen. Fertigprodukte unterliegen deutlich höheren Zöllen, während Rohstoffe und kritische Mineralien häufig ausgenommen sind. Dieser Ansatz soll den fortgesetzten Zugang der USA zu Afrikas natürlichen Ressourcen sichern, schränkt jedoch gleichzeitig die Möglichkeiten afrikanischer Länder ein, durch den Export höherwertiger, verarbeiteter Produkte in der Wertschöpfungskette aufzusteigen. Infolgedessen sind Chancen für Vermögensbildung und Beschäftigungswachstum durch wertschöpfende Exporte stark begrenzt.

Ein Beispiel hierfür ist Lesotho, ein Land, das stark auf den Export von Fertigprodukten in die USA angewiesen ist. In der Vergangenheit profitierte das Land weitgehend von AGOA und erzielte durch den Export überwiegend fertiger Produkte in die USA bis zu 237 Millionen US-Dollar. Während der 90-tägigen Neuverhandlungsfrist sah sich Lesotho einem Zollsatz von 50 Prozent ausgesetzt. Obwohl die Verhandlungen den hohen Zollsatz auf 15 Prozent senken konnten, treten dennoch Konsequenzen ein. Viele Hersteller überlegen nun, ihre Belegschaft zu reduzieren oder die Produktion in ein anderes Land zu verlagern.19 Da die Zölle auf fertige Bekleidungsprodukte abzielen, bremst dies den Aufbau der Textil- und Bekleidungsindustrie, den Lesotho wie mehrere andere afrikanische Länder in den vergangenen Jahren vorangetrieben hat. Gleichzeitig wurden niedrigere Zollsätze für Garne und Stoffe beibehalten, was einen zusätzlichen Anreiz für die Bekleidungsproduzenten in Lesotho darstellt, wieder vermehrt unverarbeitete Produkte zu exportieren.20

Abgesehen von der Bekleidungsindustrie in Lesotho sind auf gesamtafrikanischer Ebene bestimmte kritische Mineralien sowie Rohstoffe wie Öl vollständig von den Zöllen ausgenommen. Dies verdeutlicht das fortbestehende Ungleichgewicht und zeigt, dass der Kontinent weiterhin eher als Quelle für günstige Rohstoffe denn als Standort für Wachstumspotenziale und innovative Strategien betrachtet wird.21 Obwohl der Rohstoffexport für afrikanische Länder aus den genannten Gründen nachteilig ist, haben afrikanische Regierungen in den vergangenen Monaten bereitwillig weitere zollfreie Rohstoffabkommen mit den USA abgeschlossen und dies als diplomatischen Erfolg gefeiert. Dies verdeutlicht die beschränkte Kapazität, innovative Industrie- und Handelsstrategien zu implementieren, wie auch die Schwierigkeiten beim Versuch, die Nachfrage der USA nach Rohstoffen strategischer zu nutzen.

Die Demokratische Republik Kongo verdeutlicht die strategische Bedeutung der afrikanischen Mineralressourcen im aktuellen Handelskontext. Anfang 2025 tauchten Diskussionen über ein Mineralabkommen zwischen den USA und der DR Kongo auf. Im Gegenzug für militärische Unterstützung im Kampf gegen die Rebellen, die auch viele Minen kontrollieren, erhalten die USA Zugang zu kritischen Mineralien im Wert von bis zu 24 Billionen US-Dollar. Viele Experten argumentieren, dass diese Partnerschaft ausschließlich den Vereinigten Staaten im Rahmen der neuen „America-First“-Agenda22 zugutekommt, indem sie den USA eine verlässliche Versorgung mit essenziellen Ressourcen sichert, während die Demokratische Republik Kongo nur begrenzte langfristige Vorteile erzielt.

Durch den Zugang zu diesen kritischen Mineralien können die Vereinigten Staaten weiterhin Einfluss auf afrikanische Länder und deren Rohstoffe ausüben, um ihre strategischen Interessen zu sichern. Das Abkommen steht zudem im Einklang mit der geopolitischen Strategie der USA, Chinas wachsenden Einfluss auf dem Kontinent entgegenzuwirken.23 Die Bedeutung dieses Ansatzes wird durch ein bilaterales Abkommen zwischen den USA und Ruanda Ende September noch unterstrichen, das Exporte von Rohstoffen wie Gold, Wolfram, Uran und Graphit von Zöllen ausnimmt. Mit diesem Schritt soll die US-Abhängigkeit von China bei diesen wichtigen Mineralien verringert werden, wodurch das Muster verstärkt wird, Rohstoffimporte gegenüber Fertigwaren aus afrikanischen Ländern zu bevorzugen.

 

Abb. 1: Durchschnittliche Zölle für AGOA-Begünstigte auf dem US-Markt

Quelle: Darstellung nach ITC Trade Briefs (tradebriefs.intracen.org), mit Daten der ITC Trade Map (trademap.org) und der Market Access Map (macmap.org) 2025.
 

Zölle als Instrument politischer Einflussnahme

Man könnte argumentieren, dass die Höhe des Zollsatzes auch von der Beziehung abhängt, die die USA auf Regierungsebene mit dem jeweiligen Land unterhalten. Dies wird am Beispiel Südafrikas deutlich: Die 30-prozentigen Zölle auf alle Exporte Südafrikas in den US-Markt scheinen mehr zu reflektieren als nur ein angeblich untragbares Handelsungleichgewicht und angeblich ungerechte Handelsbarrieren für US-Waren, wie von der US-Regierung angegeben. Vielmehr deuten die Zölle auch auf eine außenpolitische Vergeltungsmaßnahme der USA hin, insbesondere im Zusammenhang mit Südafrikas Klage beim Internationalen Gerichtshof, wonach das Verhalten Israels im Gazastreifen angeblich gegen Verpflichtungen aus der Genozid-Konvention verstoßen habe. Da Israel ein wichtiger Verbündeter der USA ist, bezeichneten die Vereinigten Staaten dies als inakzeptable, unbegründete Aggression gegen Israel und warnten, dass die südafrikanische Außenpolitik nicht mit den nationalen Sicherheitsinteressen der USA übereinstimme. In der Folge kürzten die USA mehrere Entwicklungshilfeprogramme in Südafrika.24 Bezüglich der Innenpolitik Südafrikas, einschließlich der kürzlichen Verabschiedung eines Gesetzes, das Enteignungen ohne Entschädigung ermöglicht, behaupten die USA, dass die nationalen Maßnahmen „unbegründete Hindernisse“ für US-Unternehmen schaffen.25

Südafrika setzt auf Exportvielfalt und neue Märkte.

Laut einer Erklärung des südafrikanischen Ministeriums für Handel, Industrie und Wettbewerb basiert die Reaktion der Regierung auf die Verschlechterung der Handelsbeziehungen zu den USA auf mehreren Elementen. Dazu gehören fortgesetzte Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten zur Senkung der Zölle. Unabhängig von den Beziehungen zu den USA strebt die südafrikanische Regierung zudem eine Diversifizierung ihrer Exporte und die Erschließung alternativer Märkte an. Alle Maßnahmen der Regierung sind im Wirtschaftspaket für exportierende Unternehmen zusammengefasst.26 Bisher hat das Exportförderungsbüro 23 Unternehmen unterstützt und steht mit 54 Exporteuren in Kontakt, die von den einseitig von den Vereinigten Staaten verhängten Zöllen betroffen sind.27

 

Wie geht es weiter?

Das Ende von AGOA und der Beginn einer stärker protektionistischen US-Handelspolitik stellen die afrikanischen Länder vor große Herausforderungen. Sie müssen ihre Exportstrategien neu bewerten und nach neuen Wegen für wirtschaftliches Wachstum suchen. Mögliche Optionen liegen in der Nutzung der African Continental Free Trade Area (AfCFTA) sowie in der Vertiefung von Handelsbeziehungen mit Drittstaaten wie der Europäischen Union oder China.

Obwohl die AfCFTA sich noch in einem frühen Implementierungsstadium befindet, bietet das intrakontinentale Abkommen eine Chance, die afrikanischen Volkswirtschaften vor externen Verwundbarkeiten zu schützen.28 Im Rahmen der AfCFTA besteht die Möglichkeit, kurzfristig alternative Abnehmer (EU, Großbritannien, Naher Osten, regionale Märkte) zu identifizieren und mit Exportförderungsagenturen zusammenzuarbeiten, um Verkaufschancen zu eröffnen, Genehmigungen zu beschleunigen und E-Commerce-Kanäle zu nutzen. Solche Kanäle könnten die Nutzung von Exportfinanzierungen über nationale Exportkreditagenturen (ECAs) in Afrika, die Afrikanische Entwicklungsbank oder die African Export–Import Bank umfassen, um Käuferkredite oder Garantien anzubieten, die afrikanischen Lieferanten Preiskonkurrenzfähigkeit verschaffen, während Zölle umgesetzt werden. Bislang haben 47 von 54 Ländern das Freihandelsabkommen ratifiziert, um 90 Prozent der innerafrikanischen Zölle abzuschaffen. Dies bietet eine große Chance für wachstumsorientierte, nach innen gerichtete Strategien, bei denen jedes Land seine Produktion nutzen kann, um die wachsende Nachfrage auf dem Kontinent zu bedienen und gleichzeitig die hohen Importmengen zu reduzieren. Dennoch bleiben weiterhin Hindernisse bei den Verhandlungen, die langwierig sind und oftmals stagnieren. Hinzu kommen Barrieren im Bereich logistischer Kapazitäten und infrastruktureller Schwächen, die den Fortschritt weiterhin bremsen. Sobald diese adressiert sind, können regionale Wertschöpfungsketten robustere Volkswirtschaften schaffen.29

Eine weitere mögliche Option liegt in der Vertiefung der Handelsbeziehungen mit China. Stand Juni 2025 hat China angekündigt, alle Zölle für die 53 afrikanischen Länder, mit denen es diplomatische Beziehungen unterhält, zu streichen. Dies eröffnet afrikanischen Volkswirtschaften die Möglichkeit, ihre Exporte verstärkt auf den chinesischen Markt zu lenken statt in die USA. Tatsächlich haben die Handelsvolumina in den vergangenen Jahren stark zugenommen: Im Jahr 2024 stieg der Handel zwischen China und Afrika im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent. Allerdings konzentriert sich der bislang geförderte Handel auf eine begrenzte Zahl afrikanischer Länder.30 Zudem umfassen die Exporte nach China hauptsächlich Rohstoffe und geringwertige Güter, während die Importe aus verarbeiteten und gefertigten Produkten bestehen. Dieses Ungleichgewicht führt zu einem wachsenden Handelsdefizit der Länder Subsahara-Afrikas mit China und wirft Fragen zur Nachhaltigkeit dieser Handelsbeziehung auf.31 Darüber hinaus sind die Länder Subsahara-Afrikas gleichzeitig verpflichtet, einen größeren Zugang zu ihren Märkten zu gewähren, was lokale Industrien, insbesondere in den Bereichen Textilien, Elektronik und Konsumgüter, untergraben kann. Die starke Abhängigkeit von China im Handel und bei Investitionen könnte zudem Afrikas Verhandlungsmacht und internationale Autonomie verringern.

Das aktuelle Handelsumfeld eröffnet schließlich der Europäischen Union eine strategische Chance, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Subsahara-Afrika zu vertiefen. Die EU hat mehrere Initiativen gestartet – darunter das Sustainable Investment Facilitation Agreement sowie die Clean Trade and Investment Partnerships –, die afrikanischen Exporteuren sinnvolle Alternativen bieten können, um ihre Abhängigkeit vom US-Markt zu verringern. Diese Initiativen zielen nicht nur darauf ab, den Handel zu erleichtern, sondern auch nachhaltige Entwicklung, gute Regierungsführung sowie höhere Umwelt- und Sozialstandards zu fördern.

Im März 2025 startete die Europäische Union eine Partnerschaft mit Südafrika (Clean Trade and Investment Partnership; CTIP) die sich auf die Energiewende, digitale und physische Infrastruktur, die Herstellung von Pharmazeutika sowie die Entwicklung von Fähigkeiten und Technologien konzentriert. Sie wird durch Investitionen in Höhe von 4,7 Milliarden Euro im Rahmen der EU-Initiative Global Gateway unterstützt.32 Dies ist ein gutes Beispiel für ein gezieltes bilaterales Handelsabkommen.

Die Zollstruktur der EU, die afrikanischen Gütern über Programme wie „Everything But Arms“ (EBA) und EPAs in der Regel bevorzugten Zugang gewährt, kann eine bedeutende Rolle bei der Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung afrikanischer Staaten spielen. Durch die Senkung oder Abschaffung von Zöllen auf eine breite Palette von Produkten trägt die EU dazu bei, dass afrikanische Länder in globale Wertschöpfungsketten integriert werden, und fördert den Export höherwertiger Güter. Um diese Vorteile jedoch vollständig zu realisieren, müssen afrikanische Volkswirtschaften auch nichttarifäre Hindernisse abbauen und in den Ausbau ihrer inländischen Kapazitäten investieren.

 

 

– übersetzt aus dem Englischen –

 

 

Anja Berretta ist Leiterin des Regionalprogramms Wirtschaft Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Nairobi.

 

Dr. Chantelle Moyo war als Programmmanagerin beim Regionalprogramm Wirtschaft Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Nairobi tätig.

 

Jule Steinmann hat als Praktikantin beim Regionalprogramm Wirtschaft Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nairobi gearbeitet.

 

 
  1. Britz, Wolfgang / Olekseyuk, Zoryana / Vogel, Tim 2025: Killing AGOA softly? The impact of Trump’s tariffs for Sub-Saharan Africa, IDOS Policy Brief 9/2025, German Institute of Development and Sustainability, in: https://ogy.de/rsho [10.10.2025]. ↩︎
  2. International Trade Center (ITC) 2025: The End of AGOA? Africa’s trade at a crossroads, ITC’s Monthly Briefs on The Global State of Trade, 09/2025, in: https://ogy.de/63nn [10.10.2025]. ↩︎
  3. Britz / Olekseyuk / Vogel 2025, n. 1. ↩︎
  4. Office of the United States Trade Representative 2024: 2024 biennial report on the implementation of the African Growth and Opportunity Act, 06/2024, in: https://ogy.de/kv8t [02.12.2025]. ↩︎
  5. Britz / Olekseyuk / Vogel 2025, n. 1. ↩︎
  6. Peyton, Nellie 2025: Lesotho textiles to struggle even with lower 15% Trump tariff, minister says, Reuters, 1 Aug 2025, in: https://ogy.de/x6u1 [10.10.2025]. ↩︎
  7. Cook, Nathaniel P. S. / Jones, Jason Cannon 2015: The African Growth and Opportunity Act (AGOA) and export diversification, The Journal of International Trade & Economic Development 24: 7, pp. 947–967, here: p. 961, in: https://ogy.de/ih0l [04.11.2025]. ↩︎
  8. AFL-CIO Solidarity Center 2014: Building a Strategy for Workers’ Rights and Inclusive Growth. A New Vision for the African Growth and Opportunity Act (AGOA), 1 Jul 2014, p. 2, in: https://ogy.de/un5q [10.10.2025]. ↩︎
  9. European Commission: What is the Global Gateway?, in: https://ogy.de/jl48 [10.10.2025]. ↩︎
  10. Kassa, Woubet / Coulibaly, Souleymane 2019: Revisiting the Trade Impact of the African Growth and Opportunity Act: A Synthetic Control Approach, Policy Research Working Paper, World Bank Group, 22 Aug 2019, in: https://ogy.de/gdev [10.10.2025]. ↩︎
  11. Pan African Chamber of Commerce and Industry 2024: Making AfCFTA Effective: What We Can Learn from AGOA, Policy Pointer, 10/2024, in: https://ogy.de/ax3h [10.10.2025]. ↩︎
  12. AFL-CIO Solidarity Center 2014, n. 8. ↩︎
  13. Amboko, Julians 2025: WTO downplays impact of Agoa expiry on Africa trade, Business Daily, 22 Sep 2025, in: https://ogy.de/poiu [10.10.2025]. ↩︎
  14. ITC 2025, n. 2. ↩︎
  15. Boateng, George 2016: Looking Beyond AGOA: How Can African Countries Position Themselves for Global Competitiveness After 2025?, Wilson Center, 15 Jul 2016, in: https://ogy.de/4w5j [10.10.2025]. ↩︎
  16. Ibid. ↩︎
  17. McKibbin, Warwick J. / Noland, Marcus / Shuetrim, Geoffrey 2025: The global economic effects of Trump’s 2025 tariffs, Working Paper 25: 13, Peterson Institute for International Economics, pp. 1–2, in: https://ogy.de/de9f [10.10.2025]. ↩︎
  18. Ibid. ↩︎
  19. Yun, He 2025: US pursues 3 objectives by imposing differentiated tariffs on African countries, AGOA.info, 19 Aug 2025, in: https://ogy.de/q21z [10.10.2025]. ↩︎
  20. Ibid. ↩︎
  21. Ongera, Peter 2025: U.S. Tariffs: We Want Your Raw Materials, Not Your Finished Goods, The Kenya Times, 7 Apr 2025, in: https://ogy.de/x3h5 [10.10.2025]. ↩︎
  22. Asadu, Chinedu / Lee, Matthew / Knickmeyer, Ellen 2025: Congo and Rwanda sign a US-mediated peace deal aimed at ending decades of bloody conflict, Associated Press, 28 Jun 2025, in: https://ogy.de/ne8p [10.10.2025]. ↩︎
  23. Baskaran, Gracelin 2025: Building Critical Minerals Cooperation Between the United States and the Democratic Republic of the Congo, CSIS Briefs, Center for Strategic and International Studies, 25 Mar 2025, in: https://ogy.de/ckz4 [10.10.2025]. ↩︎
  24. Singh, Kanishka / Holland, Steve 2025: Trump signs order to cut funding for South Africa, Reuters, 8 Feb 2025, in: https://ogy.de/56yg [10.10.2025]. ↩︎
  25. Mathekga, Ralph 2025: Trump’s tariff hits South Africa, ANC coalition falters in response, Geopolitical Intelligence Services, 9 Sep 2025, in: https://ogy.de/pmmz [10.10.2025]. ↩︎
  26. Ibid. ↩︎
  27. Ibid. ↩︎
  28. Wapmuk, Sharkdam / Muhammed Ali, Jamaludden 2022: The African Continental Free Trade Area (AfCFTA) and Regional Economic Integration: Prospects and Challenges, Zamfara Journal of Politics and Development 3: 1, 6 Apr 2022, pp. 12–13, in: https://ogy.de/htjp [04.11.2025]. ↩︎
  29. Kangoye, Thierry 2025: Trump’s new trade war could accelerate the AfCFTA, The London School of Economics and Political Science, 2 May 2025, in: https://ogy.de/auqg [10.10.2025]. ↩︎
  30. The Africa Report 2025: Infographic: Who Are China’s Top Trading Partners in Africa?, China Global South Project, 7 Feb 2025, in: https://ogy.de/nmeh [10.10.2025]. ↩︎
  31. Ademola, Oyejide Titiloye / Bankole, Abiodun S. / Adewuyi, Adeolu 2009: China–Africa Trade Relations: Insights from AERC Scoping Studies, European Journal of Development Research 21: 4, Sep 2009, pp. 485–505, here: pp. 491–495, in: https://ogy.de/ljea [04.11.2025]. ↩︎
  32. Mkhize, Lethabo 2025: Strengthening Partnerships Amid Tariff Tensions: SA–EU Summit Investment and Trade Strategies, Brand South Africa, 16 Apr 2025, in: https://ogy.de/84so [01.11.2025]. ↩︎

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