Länderberichte
In seiner Grundsatzrede während der Parlamentssitzung, Ende Mai hatte Präsident Karimow gefordert, Überlegungen zur Schaffung eines Zweikammerparlaments anzustellen. Damit sind eine Fülle verfassungsrechtlicher und organisatorischer Aspekte verbunden.
So muss das Wahlrecht geändert werden. Auch müssen die Parteien Kandidaten wählen, die während einer ganzen Legislaturperiode als Berufspolitiker zur Verfügung stehen können. Im jetzigen nationalen Parlament (OLEY MASHLIS) mit seinen 250 Abgeordneten sind nur 20 Prozent ständig anwesend. Sie erarbeiten Gesetze und politische Entschließungen, die dann in den vierteljährlich stattfindenden Plenarsitzungen beraten und beschlossen werden.
Von den 200 nicht ständig anwesenden Abgeordneten gehören ca. 100 der Exekutive als Bürgermeister, Provinzgouverneure (Hakime) oder sonstigen staatlichen Behörden an. Dies soll im Zuge der Parlamentsreform geändert werden, so daß nur noch Kandidaten der Parteien im OLEY MASHLIS als Berufspolitiker sitzen werden.
Das dem deutschen Bundesrat entsprechende Regionalparlament (OLEY KENGESH) wird sich aus Kandidaten der Provinzparlamente zusammensetzen. Macht und Einfluß der örtlichen Verwaltungsbeamten auf die politischen Parteien und ihre Kandidaten sollen damit eingeschränkt werden. Dies entspräche dem vom Präsidenten geprägten politischen Leitsatz: Von einem starken Staat zu einer starken Bürgergesellschaft.
Die Zusammenarbeit zwischen OLEY MASHLIS und OLEY KENGESH muß organisatorisch neu geordnet und verfassungsrechtlich abgesichert werden und vieles mehr. Für diese langfristig angelegte Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit der Parlamentsreform konnte Dr. Rudolf Kabel, der ehemalige Direktor beim Deutschen Bundestag, gewonnen werden.
Die vier derzeit existierenden Parteien Usbekistans wollen sich im Zuge dieser tiefgehend politischen Reform mehr Profil geben und für das Wahlvolk im ganzen Lande attraktiver werden. Bislang verfügt lediglich die aus der kommunistischen Partei hervorgegangenen Partei der Volksdemokraten über eine Mitgliederzahl von ca. 500.000. Sie hat sich von ihrer kommunistischen Vergangenheit abgewandt und ein national-konservativ ausgerichtetes Programm gegeben. Die junge wirtschaftsliberale Partei Fidokorlar ist mit ca. 40.000 Mitgliedern zweitstärkste Partei. Diese beiden Parteien haben auch den Wunsch geäußert, eigene, politische Stiftungen zu gründen und wollen sich dabei von der Konrad-Adenauer-Stiftung beraten lassen.
Die Menschenrechtsbeauftragte (ombudsman), Frau Prof. Dr. Raschidowa, die, zusammen mit dem Vorsitzenden des Verfassungsgerichts, Prof. Eschonow, Gast der Konrad-Adenauer-Stiftung war und viele Anregungen aus den Gesprächen mit dem deutschen Petitionsausschuss, im Bundesrat und mit der Wehrbeauftragten mitgenommen hat, möchte von der KAS beraten werden, welche strukturellen, konzeptionellen und organisatorischen Veränderungen sie mit der Einführung eines Zweikammerparlaments zu berücksichtigen hat.