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Für ein Deutschland einstehen, das auch Jüdinnen und Juden ein sicheres Zuhause bietet

Die Stipendiatin Nurja Graf über ihr Zeitzeugengespräch mit Charlotte Knobloch

Das Erinnern an den Holocaust und die Pogromnacht vor 85 Jahren ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gemeinsam mit über 100 Stipendiatinnen und Stipendiaten traf Nurja Graf im Sommer die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, zum Zeitzeugengespräch. Hier erklärt sie, was die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden ihnen mit auf den Weg gab.

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Liebe Frau Graf, im Sommer haben Sie, gemeinsam mit ihren Konstipendiatinnen und -stipendiaten, Frau Charlotte Knobloch getroffen. Warum haben Sie das Gespräch mit ihr gesucht?

Richtig. Wir hatten die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Dr. h. c Charlotte Knobloch, zu einem Zeitzeugengespräch eingeladen und über 100 Stipendiatinnen und Stipendiaten aus ganz München waren online und in Präsenz in den Räumlichkeiten der LMU zusammengekommen. Frau Knobloch konnte als Zeitzeugin des Holocausts und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden besonders eindrücklich persönliche Erfahrungen schildern und aktuelle Entwicklungen hinsichtlich jüdischen Lebens in Deutschland im Gespräch mit uns reflektieren.

Warum glauben Sie, ist das gerade heute so wichtig?

Wie wichtig es ist, die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten, wird angesichts der aktuellen Eskalation des Nahostkonflikts und den dadurch wachsenden Antisemitismus auch auf unseren Straßen umso deutlicher. Zeitzeugenberichte ermöglichen uns, aus der Geschichte zu lernen und unseren kritischen Blick zu schärfen. Frau Knobloch hat Verfolgung am eigenen Leib erfahren. Sie versteckte sich bis Kriegsende auf einem Bauernhof im mittelfränkischen Arberg, lebte in ständiger Angst. „Wenn meine wahre Identität bekannt geworden wäre, hätte das den Tod nicht nur für mich, sondern auch für meine Retter bedeutet“, so Knobloch.

Auch heute sorgen sich viele Jüdinnen und Juden angesichts von Brandanschlägen auf jüdische Gemeinden, antisemitischer Parolen und zunehmender Gewalttaten wieder um ihre Sicherheit. Dass die Bedrohung so offensichtlich in Erscheinung tritt, hätte ich im Sommer nicht für möglich gehalten. Es besorgt mich, dass unser erinnerungspolitischer Auftrag zunehmend angezweifelt wird. Ich denke, es ist nun wichtiger denn je, sich seiner individuellen, gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu werden. Die Reichspogromnacht, die sich heute zum 85. Mal jährt sollte uns vor Augen führen, wohin Judenhass führen kann, wenn wir nicht aktiv entgegensteuern.

Was hat Ihnen Frau Knobloch mitgegeben?

In der Fragerunde rief sie schon im Sommer zu erhöhter Wachsamkeit auf. Der Kampf gegen Antisemitismus sei eine große, gemeinsame Verantwortung: „Nur, wenn wir sie auch annehmen, können wir unser Land so erhalten, wie wir es heute kennen“, mahnte Knobloch. Mehr denn je sei es nun an der heutigen jungen Generation, im Rahmen ehrenamtlichen oder politischen Engagements Verantwortung zu übernehmen und eine Zukunft frei von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu gestalten.

Wie wollen Sie als Stipendiatin der KAS diesen Aufruf konkret mit Leben füllen?

Der Auftrag von Frau Knobloch war schon ziemlich konkret, finden ich. Sie sagte: „Wachsam sein, hinsehen, den eigenen Verstand benutzen und sich ein Herz bewahren, das sich anrühren lässt. Halten Sie die Erinnerung an die Vergangenheit wach und bauen Sie unserer Gegenwart eine Zukunft. Seien Sie stolz auf Ihr Land – und tun Sie, was Sie können, damit auch andere stolz darauf sein können.“ 

Ich denke, gerade wir als Stipendiatinnen und Stipendiaten der KAS sollten uns diesen Aufruf zu Herzen nehmen und versuchen, emotionsgeladene Debatten wieder sachlicher zu gestalten. Ein klarer Wertekompass ist unerlässlich. Wir sollten uns in den Debatten aber nicht vorrangig auf das konzentrieren, das uns trennt, sondern auf das besinnen, was uns vereint. Wir sollten für ein Deutschland einstehen, das Menschen aller Religionen ein sicheres Zuhause bietet, insbesondere unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern.

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Kontakt

Marcus Schoft

Referent Kommunikation Begabtenförderung und Kultur

marcus.schoft@kas.de

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