Inmitten des größten Stadtviertels Frankfurts, Sachsenhausen, welches besonders für
seine Vielzahl an historischen Gebäuden und vor allem seinen Traditionellen Restaurants
bekannt ist, liegt zwischen gründerzeitlichen Häusern das ur-traditionelle Lokal "Zum
Gemalten Haus". Weit über die Grenzen Frankfurts und sogar Deutschlands hinaus ist
das "Gemalte" wie es die Frankfurter liebevoll nennen, als das beste und traditionellste
Lokal Frankfurts bekannt. Dies mag nicht nur an den vielen Fresken, die dem "Gemalten
Haus" seinen Namen geben liegen, sondern auch an dem selbst gekelterten Äppelwoi und
der deftigen original-Frankfurter Küche. Für mich Grund genug, dem "Gemalten" selbst
einen Besuch abzustatten.
Schon beim Betreten des Innenhofs fallen einem die zahlreichen Fresken mit typisch
Frankfurter Motiven ins Auge. Je nach Wetter und Laune kann man im großen Innenhof
oder im Inneren des Restaurants Platz nehmen - auch wie es unter den Frankfurter
Stammgästen üblich ist, "einfach dazu setzen". Besonders zur Mittagszeit trifft man die
alteingesessenen Stammgäste wie Dietrich Sommer, hier bekannt als Diddi, die sich bei
"gespritztem" (Apfelwein mit Wasser) und oftmals mit Pfeife in Hessischer Mundart
unterhalten. Dazu isst man typischerweise Rippchen oder andere Fleischgerichte mit
Kraut und Senf, der in den typischen grau-blauen Tongefäßen auf jedem Tisch steht.
Seit über 100 Jahren existiert das "Gemalte Haus" nun, wobei es seit 1936 und in dritter
Generation von der Familie Ullmer/Hanauske betrieben wird.
Damals wie heute wird der Äppelwoi im Keller, der sich unter dem gesamten Restaurant
erstreckt, gekeltert. Dazu werden im Herbst täglich Äpfel aus der Region angeliefert, die
gepresst und dann in Fässern vergoren werden. Im Herbst bekommt man auch den
"Süßen" angeboten - die Vorstufe des Apfelweins, die wie Apfelsaft schmeckt, jedoch
schon eine sehr geringe Menge Alkohol enthält. Im Laufe der Gärung verliert der
Apfelwein weiter seine Süße, da die Hefe den Fruchtzucker der Äpfel in Alkohol
umwandelt. Auf den "Süßen" folgt der "Rauscher", der auf Grund der Gärung
Kohlensäure enthält. Zum Ende der Gärung stirbt die Hefe ab und die Schwebstoffe
sammeln sich am Boden der Fässer. Der fertige Apfelwein wird dann aus den Fässern
entnommen und umgefüllt. Um Weihnachten ist der gesamte Herstellungsprozess
abgeschlossen und der fertige Apfelwein wird als "Neuer Heller" verkauft. Der
Alkoholgehalt variiert dabei von Fass zu Fass, da der Zuckergehalt aller Äpfel
unterschiedlich ist, liegt jedoch immer zwischen 6 und 7 Prozent. Zusätzlich kann dem
fertigen Apfelwein noch Speierling zugesetzt werden, dessen Gerbstoffe einen klareren
Wein erzeugen und die Gärung noch einmal anregen.
Genau wie die Malereien und der Äppelwoi gehören auch die Stammkunden zum
"Gemalten Haus". Trotz der großen Beliebtheit, die das "Gemalte" von Touristen aus aller
Welt erfährt, besteht die Hauptkundschaft weiterhin aus alteingesessenen Stammkunden,
die wie Diddi einen großen Teil ihres Lebens im "Gemalten Haus" verbracht haben. Man
kennt sich untereinander und teilt die "Liebe zum Lokal". Im Jahre 1953 kam er zum
ersten Mal in das "Gemalte Haus", worauf viele weitere Male folgen sollten. In den 30
Jahren, in denen er das Lokal so gut wie täglich besuchte, wurde es zu einem Teil seines
Lebens. Er schätzt dabei besonders die gute Atmosphäre und das Festhalten an
Traditionen, das seit 78 Jahren im "Gemalten Haus" praktiziert wird. Mit einigen anderen
Stammkunden gründete er die "Apfelweinbrüder Sachsenhausen", mit denen er gerne
und häufig dort Zeit verbrachte. Für die Zukunft wünscht er sich, dass das "Gemalte
Haus" weiterhin an Traditionen festhält und keinesfalls modernisiert, damit es noch lange
das Traditionsreichste Lokal Frankfurts genannt werden kann.
Die Traditionen, die das "Gemalte Haus" für sowohl Gäste, als auch Stammgäste so
reizvoll machen, werden auch darin deutlich, dass man bis vor kurzem ausschließlich
warme Speisen bekommen konnte und die Bestellung von "süß gespritztem" (Apfelwein
mit Limonade) einfach ignoriert wurde. Die Kultursünde des Vermischens von Limonade
und Apfelwein musste der Gast selbst praktizieren. Mittlerweile gibt es zwar kleinere
kalte Gerichte und auch die Bestellung von "süß gespritztem" wird aufgenommen, jedoch
nicht immer ohne Widerwille.
Zu guter Letzt gibt es jedoch noch eine Empfehlung von Diddi für die, die traditionelle
Frankfurter Küche in einmaliger Atmosphäre genießen wollen. Man solle am besten
einfach die traditionellen Gerichte wie Rippchen mit Kraut oder Handkäse mit Musik
bestellen und dazu einen normalen Äppelwoi oder einen "gespritzten", jedoch keinen
"süß-gespritzten" bestellen. Dieser Empfehlung folgte ich gerne und kann es nur
weiterempfehlen.
Von Lukas Klasen