Asset-Herausgeber

Compliance with International (Environmental) Agreements

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Sarah Al Doyaili-Wangler
Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Motivation

Für die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter, wie Klimaschutz, Frieden, Sicherheit oder internationale Finanzmarktstabilität, bedarf es der internationalen Kooperation von Nationalstaaten. Die Probleme bei der Bereitstellung globaler öffentlicher Güter sind zahlreich, eine wesentliche Schwierigkeit besteht jedoch im sog. Trittbrettfahrerproblem. Aufgrund von Nicht-Ausschließbarkeit und Nicht-Rivalität bei öffentlichen Gütern können Akteure von der Existenz des öffentlichen Gutes profitieren, ohne sich an dessen Bereitstellung beteiligen zu müssen. In der Folge gibt es für einzelne Akteure keine Anreize, das Gut bereitzustellen. Dementsprechend müsste ein externer Dritter die Bereitstellung übernehmen. Während dies auf nationaler Ebene der Staat übernimmt, fehlt dieser Dritte auf internationaler Ebene. Ein Ansatz zur Lösung des Problems ist die Schaffung internationaler Abkommen. Diese sind jedoch weiterhin mit umfassenden Trittbrettfahrerproblemen konfrontiert und selbst im Fall des Vertragsschlusses bestehen aufgrund mangelnder internationaler Sanktionsmechanismen Anreize zum Vertragsbruch.

Vorgehen und Erste Ergebnisse

Die Dissertation beschäftigt sich am Beispiel des Kyoto-Protokolls zur Senkung der globalen CO2-Emissionen mit der Frage, wie internationale Kooperation und v.a. die Einhaltung von internationalen Abkommen (sog. compliance) erzielt werden können. Dafür wird sich der Fragestellung aus zwei Perspektiven genähert: 1) Welche Merkmale sollten Abkommen aufweisen, um erfolgreich zu sein? 2) Was sind die Charakteristika der kooperierenden Länder?

  1. Design internationaler Abkommen: Wie müssen internationale Abkommen ausgestaltet werden, um Kooperation und Vertragserfüllung zu erreichen?

    Das Design eines Abkommens ist maßgeblich für dessen Prozess (i.d.R. Verhandlung, Signatur, Ratifizierung, Inkrafttreten, Umsetzung, Nachverhandlung), Vertragserfüllung und Effektivität. Hierbei ist eine entscheidende Stellschraube die Auswahl von sogenannten Soft-Law- (Absichtserklärungen oder Leitlinien) bzw. Hard-Law-Elementen (Setzen verbindlicher Ziele). Es ist zu erwarten, das erstgenannte zu einer hohen Beteiligung, aber geringen Compliance führen, während letztere zu einer geringeren Beteiligung, aber höherer Compliance unter den Ländern führen. Grundsätzlich gilt außerdem, dass, je höher der Grad der Zugeständnisse, zu denen sich Länder durch das Abkommen verpflichten, die Anreize für Vertragsbruch umso größer sind und umfassende Sanktionsmechanismen benötigt werden. Starke Sanktionsmechanismen können allerdings von der Beteiligung am Abkommen abschrecken. Im Kyoto-Protokoll finden beide Instrumente Anwendung: Es gibt Länder mit konkreten Emissionsreduktionszielen (Annex-I-Länder) und Länder ohne Zielvorgaben, die jedoch mit ihrer Unterschrift zusichern, das übergeordnete Ziel zu unterstützen (Nicht-Annex I). Die Dissertation betrachtet die einzelnen Prozessphasen (Signatur, Ratifizierung und Inkrafttreten) des Kyoto-Protokolls sowie die Hard- und Soft-Law-Elemente des Abkommens und deren Einfluss auf das Emissionsreduktionsverhalten der beteiligten Länder. Die bisherige Analyse kommt zu den folgenden Zwischenergebnissen:

    a) Bereits die Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll hatten einen positiven Einfluss auf das CO2-Emissionsreduktionsverhalten beteiligter Länder. Internationale Abkommen sind ein erster wichtiger Schritt zur Bereitstellung des öffentlichen Guts Klimaschutz.
    b) Sowohl Annex-I- als auch Nicht-Annex-I-Länder haben CO2-Emissionnen reduziert.

    Bei der Interpretation dieser zunächst positiven Ergebnisse ist jedoch Zurückhaltung geboten. Der gemessene Effekt lässt keine Aussage über das Erreichen der konkreten Emissionsreduktionsziele zu, da der zugesagte Umfang der Emissionsreduktion nicht betrachtet wird. Auch ist zu hinterfragen, ob das Abkommen tatsächlich Verhaltensänderungen der jeweiligen Länder hervorruft. Zum einen ist davon auszugehen, dass v.a. diejenigen Länder kooperieren, die ohnehin entsprechende Maßnahmen implementiert haben. Andere Länder, die tatsächlich ihr Verhalten ändern müssten (z.B. die USA oder China) kooperieren hingegen nicht. Zum anderen ist zu hinterfragen, ob die ex-ante definierten Ziele über das Ausmaß hinaus gehen, das die Länder freiwillig reduziert hätten und damit das Abkommen tatsächlich für den Effekt verantwortlich ist, den es im Nachgang für sich reklamiert.

  2. Welche Länder kooperieren und erfüllen ihre Vertragsbestandsteile? Durch welche Merkmale (politisches System, formelle und informelle Institutionen, Charakteristika der Gesellschaft) sind sie gekennzeichnet?
    Eine in der Literatur weit verbreitete These geht davon aus, dass demokratische Länder mehr und konsequenter kooperieren als autokratische. Die dahinter liegende Theorie besagt, dass demokratische Institutionen (v.a. regelmäßige und wettbewerbliche Wahlen) als Rechenschaftsinstrument dienen und Wählern durch die Möglichkeit der Abwahl der Regierung eine Bestrafungsmöglichkeit bei Nichteinhaltung internationaler Abkommen bieten. Die empirischen Ergebnisse zu dieser Theorie sind allerdings ambivalent. Mögliche Gründe dafür sind der Einfluss von Interessengruppen, das Ausmaß des politischen Wettbewerbs, Unterschiede in der Ausgestaltung der Wahlsysteme und anderer Institutionen. Aufbauend darauf beschäftigt sich ein Teilabschnitt der Dissertation mit folgender These: Die Entscheidung für oder gegen Compliance mit dem Kyoto-Protokoll ist maßgeblich vom Einfluss relevanter Interessensgruppen abhängig. Diese These wird empirisch untersucht. Dabei wird analysiert, inwieweit „grüne“ NGOs (Interessengruppen pro Emissionsreduktion) bzw. Produzenten konventioneller Energien (contra Emissionsreduktion) Einfluss auf das Emissionsverhalten und damit auf die Zielerreichung der jeweiligen Annex-I-Länder nehmen.
  3. Die Dissertation leistet einen Beitrag zum Verständnis über das Funktionieren internationaler Abkommen. Hierbei ist die Frage nach den Determinanten für Compliance zentral. Ziel ist es, aus den Ergebnissen konkrete Vorschläge zur Optimierung internationaler Abkommen abzuleiten und damit die Erarbeitung von Prinzipien für die Funktionsweise einer globalen Wirtschaftsordnung zu unterstützen.

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