Unter der kühlen Herbstsonne flanieren die in dicke Mäntel eingepackten Personen durch die knapp 210 Hektar große Parkanlage. Die hohen Bäume mit ihren gelbgefärbten Blättern werfen wilde Muster, die das Licht über die Wege des Tiergartens tanzen lässt. Fast schon könnte man sich in einem Waldgebiet weit weg von der Stadt ahnen. Doch der leise ans Ohr dringende Verkehrslärm ruft wieder ins Gedächtnis, dass man sich in der größten Stadt Deutschlands befindet. Mit nur wenigen Schritten lässt man die grüne Idylle hinter sich und befindet sich mitten in den sich tummelnden Menschenmassen an der wahrscheinlich bekanntesten Sehenswürdigkeit Berlins.
Am Brandenburger Tor ist die Hauptstadt wieder allgegenwärtig. Die Aufbauarbeiten für das Lichterfest sind im vollen Gange, Helfer in gelben Warnwesten laufen geschäftig über den Platz und Schaulustige bleiben immer wieder stehen und betrachten gespannt wie die große Bühne direkt vorm Brandenburger Tor für die große Veranstaltung vorbereitet wird. Ein Mann der mitten auf der Bühne steht, spricht in zwei Mikrofone, erfüllt den gesamten Platz mit seiner Stimme. Doch es handelt sich dabei nicht um eine verfrühte Rede zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls, sondern um einen Soundcheck, der einem laut in die Ohren fährt und es schwer macht ein Gespräch zu führen. Die in der Mittagssonne silberschimmernden Gerüste und die vielen Touristen wirken jetzt schon beeindruckend und die Lust am Abend zu dem knapp 225 Jahren alten Bauwerk zurückzukommen, wird größer, je mehr man versucht sich die Gebilde im Dunkeln, voll erleuchtet und mit Menschen regelrecht überfüllt vorzustellen.
Auch die seltsam schwankenden Laternen, die die Straßen soweit das Auge reicht und noch um einiges weiter säumen, lassen viele Passanten den Entschluss fassen, zurückzukehren, wenn die Lampen der Lichtmauer erst einmal ihre Arbeit aufgenommen haben. Die bei Tage noch unauffällig wirkende Licht-Installation folgt dem früheren Verlauf der Berliner Mauer vom 7. bis zum 9. November ganze 12 Kilometer lang. Kaum ein Vergleich zu den 160 Kilometern, die die Trennung von Osten und Westen damals umfasste. Doch wie man so am Brandenburger Tor steht und den Blick nach rechts und links schweifen lässt, scheint die Lichtmauer niemals ein Ende zu nehmen. Genau das lässt die unfassbaren Maße der Mauer erahnen, die knapp 28 Jahre lang Familien und Freunde voneinander trennte und viele unglaubliche Geschichten hervorbrachte.
Hier am Brandenburger Tor ist all das bereits jetzt gegenwärtig, obwohl das allgemeine Bild noch nicht so ganz stimmt und die Vorbereitungen noch nicht ganz abgeschlossen sind. Ein riesiger Bildschirm über den immer wieder alte Fotos vom Bau der Mauer und auch von ihrem Fall flackern, lässt die Passanten staunend stoppen und auf die Bilder starren. Bilder, die so mit Emotionen beladen sind, dass so manchem Passanten eine Gänsehaut über den Rücken läuft.
Man sollte meinen, dass der gesamten Konstellation aus Beleuchtung und Stahlgerüsten am helllichten Tage der romantische Schein fehle, doch die Erwartungen sind geweckt und das Hereinfallen der Dunkelheit wird wohl von vielen schon freudig erwartet.
Von Thea Meyer und Sophie Krieger