Asset-Herausgeber

Kapitalerträge aus börsennotierten Aktien: Systematik und Besteuerung

Zusammenfassung der Dissertation

Asset-Herausgeber

Moritz Mertz

Rechtswissenschaften

Universität Hamburg

Die Besteuerung von Kapitalerträgen aus börsennotierten Aktien bewegt sich aus juristischer Sicht im Spannungsfeld von Verfassungsrecht, Gesellschaftsrecht und Bilanzrecht. Für ein richtiges Verständnis spielt zudem die Kapitalmarkttheorie eine wichtige Rolle. Die rechtlichen und finanziellen Beziehungen zwischen Aktionär und Aktiengesellschaft machen die richtige Erfassung von Wertsteigerungen beim Aktionär grundsätzlich sehr komplex. Hinzu tritt die Frage, ob und ggf. inwieweit Veräußerungsgewinne in die Besteuerung einbezogen werden sollten.

Die Dissertation analysiert die rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Aktionär auf der einen Seite und der Aktiengesellschaft bzw. außenstehenden Aktionären auf der anderen Seite. Sie zeigt dabei auf, dass systematisch Kapitalerträge eines Aktionärs in substantielle und spekulative Elemente aufgeteilt werden können. Während die von der Aktiengesellschaft erzielten Gewinne eine nachhaltige Wertsteigerung bedeuten (substantiell), handelt es sich bei Kursveränderungen in erster Linie um spekulative Gewinne und Verluste. Es zeigt sich zudem, dass sich Kursgewinne und Kursverluste langfristig zwischen den verschiedenen Aktionären saldiert weitgehend annulieren. Für den Staat ist dies insofern von Bedeutung, als die Besteuerung dieser spekulativen Elemente für ihn langfristig – und über alle Steuerpflichtigen hinweg betrachtet – keinen Steuerertrag abwirft. Die steuerliche Erfassung solcher Spekulationsgewinne und -verluste ist lediglich mit Kosten verbunden. Gleichzeitig können diese Gewinne bzw. Verluste aber für den einzelnen Aktionär eine erhebliche Steigerung bzw. Minderung seiner (für die Besteuerung entscheidenden) finanziellen Leistungsfähigkeit bedeuten.

Eine verfassungskonforme Besteuerung sieht sich vor das Problem gestellt, dass sich die Besteuerung der spekulativen Elemente für den Staat nicht lohnt, gleichzeitig aber jeder Aktionär nach seiner individuellen Leistungsfähigkeit besteuert werden sollte, die auch von spekulativen Gewinnen bestimmt wird. Der Gesetzgeber steht daher bei der Besteuerung von Kapitalerträgen aus börsennotierten Aktien vor einem Zielkonflikt.

Vor dem Hintergrund dieser entwickelten Dogmatik bzw. Systematik unterzieht die Dissertation die momentan geltende Abgeltungsteuer einer Analyse und Kritik. Es zeigt sich, dass die Abgeltungsteuer die Kapitalerträge eines Aktionärs nicht angemessen steuerlich zu erfassen vermag. Sie führt zu erheblichen steuerlichen Ungerechtigkeiten zwischen den Aktionären und wird ihrem Anspruch, eine gleichmäßige und effiziente Besteuerung zu gewährleisten, nicht gerecht. In einzelnen Aspekten ist sie wohl zudem verfassungswidrig.

Als Reformvorschlag wird empfohlen, für die Besteuerung ausschließlich die Gewinne der Aktiengesellschaften, d.h. die Jahresüberschüsse, ins Auge fassen. Diese lassen sich am gleichmäßigsten und effizientesten durch eine proportionale Körperschaftsteuer auf Ebene der Aktiengesellschaft erfassen. Eine Besteuerung beim Aktionär würde nicht mehr erfolgen. Ein solcher Besteuerungsansatz hätte nicht nur den Vorteil, die schwierige Abstimmung des Steuerrechts auf das Gesellschaftsrecht umfassend zu lösen, sondern auch jegliche Probleme bei der Besteuerung von Auslandseinkünften zu beseitigen. Die von börsennotierten Unternehmen erzielten Jahresüberschüsse bilden auch gerade die für den Aktionär relevante Wertsteigerung, d.h. seinen steuerwürdigen Kapitalertrag ab. Dies gilt unabhängig davon, ob die Gewinne der Aktiengesellschaft ausgeschüttet oder thesauriert werden. Lediglich eine Korrektur in Höhe einer bestimmten Bilanzposition, der gesetzlichen Rücklage nach § 150 AktG, ist in Betracht zu ziehen.

Die Dissertation beschäftigt sich zudem mit der in der Steuerrechtswissenschaft nach wie vor nicht geklärten Frage, inwiefern sogenannte „Scheingewinne“, die beim Aktionär infolge von Inflation auftreten können, im Rahmen der Besteuerung berücksichtigt werden sollten. Für dieses Problem wirft die Arbeit neue Aspekte auf, indem sie in die Betrachtung auch die Folgen einer Deflation auf die Besteuerung einbezieht. Es wird gezeigt, dass sich die Besteuerung aus wirtschaftspolitischer und juristisch-systematischer Sicht an Nominalwerten und nicht an Realwerten orientieren sollte.

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