Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Pfarrer Prigge vom Evangelischen Augustinerkloster Erfurt die Gäste und ging kurz auf seine persönlichen Erfahrungen von der friedlichen Revolution ein und ein Treffen, welches 1989 in der Augustinerkirche in Erfurt stattfand. Die Einheit habe beide Seiten verändert resümierte Prigge abschließend.
Im Anschluss begrüßte Maja Eib im Namen der Konrad-Adenauer-Stiftung und ging dabei auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen ein, wonach Spaltung, Polarisierung und Ausgrenzung zunehmen und die Demokratie an sich vor Herausforderung steht. Als Ziel des Abends betonte sie, dass man die Vergangenheit bewerten solle, um ebenso den Blick mit Gestaltungswillen für die großen gesellschaftspolitischen Aufgaben in die Zukunft zu richten.
Moderator des Abends, Dr. Thomas A. Seidel stellte in seiner Einleitung in den Abend die Gesprächspartner vor, welche daraufhin jeweils ein kurzes Eingangsstatement hielten.
Christian Hirte begann mit einer Rückschau auf die Bundestagswahl und dem was daraus für die CDU folgen kann und muss. Anschließend stellte er den Umstand dar, dass die DDR direkt auf eine vorangegangene Diktatur (NS-Zeit) folgte und auch die 1990er Jahre mit massiven sozialen, politischen und ökonomischen Umbrüchen für die Menschen verbunden waren. Der Beitritt der DDR-Länder zur Bundesrepublik sei richtig gewesen, jedoch müsse man die Sorge der Menschen vor Veränderungen verstehen. Generell werde die Politik aus einer zu westdeutschen Brille betrachtet.
Den zweiten Impuls für die Debatte hielt Hans-Ulrich Jörges. Er konstatierte, dass die ostdeutschen Länder in der deutschen Politik generell zu wenig Aufmerksamkeit bekämen und dass eine Restspaltung zwischen Ost und West auch nach hundert Jahren noch bleiben wird, vergleichbar mit den Nord- und Südstaaten der USA. Im Anschluss betrachtete er die Tätigkeiten der Treuhandanstalt in den 1990er Jahren kritisch, dass Ostdeutsche auch heute noch zu wenig in Führungspositionen vertreten seien und resümiert, dass die Politik in Ostdeutschland koordinierter vorgehen und mehr ihre Interessen gegenüber dem Westen vertreten, ja eigene Akzente setzen müsse. Als mögliches Beispiel hierfür nannte er einen ostdeutschen „Corona-Freedom Day“ und eine „MPK-Ost“. Auch sollte der Tag der Deutschen Einheit von den Menschen in (Ost)Deutschland selbstbewusster und weniger betont auf die bundesrepublikanischen Institutionen gefeiert werden.
Im dritten Eingangsstatement zeigte Prof. Dr. Best beispielhaft in der deutschen Geschichte auf, dass eine Heterogenität schon immer bestanden hat. Rückblickend betrachtet sei die deutsche Einheit auf breite Zustimmung gestoßen und hat die Lebensbedingungen der Menschen in Ostdeutschland massiv verbessert, jedoch läge weiterhin eine Teilung im Hinblick auf die Wahlergebnisse vor. Es bestünde eine gefühlte Ohnmacht der Ostdeutschen gegenüber dem Westen, auch im Hinblick auf immer noch deutlich geringere Löhne. Diese Ohnmacht sei eine Basis für Rechtsextremismus und eine Gefährdung der Demokratie insgesamt, so der Soziologe.
Es folgte eine offene Diskussion unter den Vertretern des Podiums. Hierbei betonte Christian Hirte, dass viele Ostdeutsche gesellschaftliche Fragen anders bewerten würden als in Westdeutschland, dies läge auch an den Erfahrungen mit der DDR. Jedoch seien die Unterschiede zwischen einem Ostfriesen und einem Bayern ebenfalls groß, obwohl beide Westdeutsche sind. Die deutsche Geschichte muss daher langfristiger betrachtet werden, um Unterschiede zwischen Regionen zu verstehen. Ein Erstarken der AfD hinge auch damit zusammen, dass viele Meinungen inzwischen gesellschaftlich als Tabu gelten, die vor ein paar Jahren noch vertretbar gewesen seien.
Hans-Ulrich Jörges kritisierte hierbei auch die öffentlich-rechtlichen Medien, die im Zusammenhang mit Ostdeutschland meist nur von der AfD berichten. Prof. Dr. Best betonte, dass man die Wähler der AfD nicht abschreiben solle und kritisierte Hans-Ulrich Jörges Plädoyer für ein selbstbewussteres Auftreten der ostdeutschen Länder. Vielmehr bräuchte man überzeugende und glaubwürdige Politiker in Ostdeutschland in anderen Parteien, um Wähler von der AfD zurückzugewinnen.
Anschließend erfolgten zahlreiche Wortbeiträge und Kommentare durch das Publikum.
Hierbei wurde die These Hans-Ulrich Jörges diskutiert, man benötige einen stärkeren ostdeutschen politischen Zusammenschluss. Dies wurde eher als spaltend als einend aufgenommen, da die DDR seit 31 Jahren Vergangenheit sei und sich die Menschen in Ost- und Westdeutschland bereits stark vermischt hätten und ein breiter Austausch stattfände, besonders bei jungen Menschen. Generell wird die Deutsche Einheit durch das anwesende Publikum gelungener gesehen als von Hans-Ulrich Jörges skizziert und dadurch auch kritisiert. Im Hinblick auf die Zukunft müsse man auf die Jugend setzen und die innerdeutsche Zusammenarbeit etwa durch weiteren Austausch und z.B. Partnerstädte fördern.
In der Schlussfrage an die drei Gesprächspartner, was sie sich für die Zukunft im Hinblick auf die Deutsche Einheit wünschen, betonten diese, dass der Föderalismus an Bedeutung gewinnen solle, dass es mehr dezentrale kleinere Gedenkveranstaltung zum 03.Oktober geben soll, dass man sich die AfD künftig wieder schwächer wünsche und dass die Menschen lernen sollten Unterschiede zu akzeptieren.
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