Influencer Relations gehören inzwischen zur digitalen Kommunikation und zur Marketing-Kommunikation fest dazu. Doch wie steht es um die Nutzung von Influencer-Kooperationen im Politischen? Eine Annäherung.
Dem Wortlaut nach beschreibt der Terminus Influencer Relations das Eingehen und die Pflege von Beziehungen zwischen Unternehmen, Marken oder sonstigen Akteuren auf der einen, und Influencern, auf der anderen Seite.
Influencer, das sind in der Regel reichweitenstarke oder inhaltlich relevante Social Media Accounts, die durch Themenfokussierung und/oder ein ausgeprägtes Maß an Personalisierung eine eigene Community an Followern aufgebaut haben. Influencer erreichen damit sowohl bestimmte Zielgruppen oder Altersgruppen gezielter, als z.B. Presse- und Nachrichten-Accounts, die keine inhaltliche Fokussierung vornehmen oder über die Strahlkraft einzelner Persönlichkeiten Sichtbarkeit generieren.
Die Größe der Community kann dabei genauso variieren, wie die inhaltliche Fokussierung. Allen Influencern gemein ist der Umstand, dass sie sich innerhalb ihrer Community einer großen Themenkompetenz erfreuen. Sie sind Multiplikatoren, Meinungsführer, Gatekeeper. Und genau diese Trias macht sie zu relevanten Akteuren in digitalen Medien.
Der Vorteil in der Zusammenarbeit mit einem Influencer liegt aus Kommunikationsperspektive klar auf der Hand. Influencer sind für ihre Communities sinnbildliche Leuchttürme, die darüber entscheiden, welches Thema, Produkt oder Marke Aufmerksamkeit erhält. Sie sind Botschafter, die sich einer hohen emotionalen oder fachlichen Kompetenzzuschreibung und Glaubwürdigkeit seitens ihrer Community erfreuen.
Im Falle einer Kooperation mit einem solchen Account verschafft sich der Kooperationspartner also Zugang zu einer sehr spezifischen Community, um für das eigene Anliegen zu werben bzw. wahrgenommen zu werden. Dadurch, dass die so erzeugte Sichtbarkeit in einem für die Community glaubwürdigen Umfeld erzeugt wird, erhöht sich der return on invest für die Kommunikationsmaßnahme. Das bedeutet, dass die Kommunikationsmaßnahme eine größere Reichweite oder höheren Mehrwert erzielt, als vergleichbare Maßnahmen. Die Investition (Zeit, Aufwand, Geld) lohnt sich mehr, als andere. Für Marketing im klassischen Sinne bietet die Zusammenarbeit mit Influencern also eine Reihe von Vorteilen.
Ob und inwiefern diese Kommunikations- und Vermarktungsform in der Politik jedoch Bestand hat bzw. zur Anwendung kommt, ist eine andere Frage. Einerseits gelten die genannten Vorzüge für glaubwürdiges Messaging zunächst themenunabhängig und damit auch für politische Anliegen. Andererseits lässt sich die Vermarktung von Politik nicht 1:1 vergleichen mit der Vermarktung von Produkten oder Dienstleistungen.
Im Gegensatz zu Produkten oder Services kann Politik nie neutral sein. Das zu vermarktende Gut hat immer einen latenten Eigenwert. Das gilt zuvorderst für Parteienkommunikation aber auch für Regierungskommunikation. Die Prädisposition auf Seiten der Rezipienten folgt einer inhärenten, politischen Präferenz. Diese kann durch politisches Marketing zwar abgeschwächt, in der Regel aber nicht kurzfristig überschrieben werden.
Und was für die Rezipienten von Kommunikation gilt, gilt natürlich auch für Influencer. Geht es also um eine konkrete Kooperation zwischen z.B. einer Partei und einem Influencer, so dürfte in der Regel weniger das konkrete Kommunikationsziel, sondern die Partei als solche ausschlaggebend dafür sein, ob eine Kooperation zu Stande kommt.
Während Marken und Produkte ohne große Wechselkosten ausgetauscht werden können, zahlt die öffentlichkeitswirksame Vermarktung einer politischen Position automatisch auf das Image von Influencern ein. Salopp formuliert ist nach einmaliger Kooperation mit Partei X dann beim jeweiligen Influencer der Partei-Stempel drauf.
Dies ist ein Grund, weshalb die Anbahnung einer entsprechenden Kooperation mit größeren informellen Hürden einhergeht als dies bei herkömmlichen Produkten der Fall wäre. Auch stellen sich Fragen nach Budget und Form der Vergütung.
Gleichwohl ist es so, dass natürlich auch unter Influencern Parteipräferenzen vorherrschen, die dann wiederum im Zuge von Wahlkämpfen sichtbar werden. Dies ist strenggenommen nicht neues.
Bei vergangenen Bundestagswahlen nutzte die CDU Deutschlands beispielsweise eine größere Anzahl traditioneller Testimonials, welche qua ihrer breiten Bekanntheit öffentlich Werbung machten für die Wiederwahl der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Der Unterschied zwischen einer Testimonial-Kampagne und einer Influencer-Kampagne liegt nun darin, dass das Testimonial seine öffentliche Persona verleiht, damit dann ein anderer Akteur in seinem medialen Spielfeld Werbung und Kommunikation betreiben kann.
Bei einer Influencer-Kampagne hingegen ist das gewissermaßen anders herum. Hier spricht der Influencer oder das Testimonial auf den eigenen Kanälen über die Vorzüge des Produktes oder der Partei und spannt sich sozusagen selbst vor den Karren einer entsprechenden Botschaft.
So verwundert es dann auch nicht, dass der politische Influencer inzwischen fest zum Kommunikationsumfeld von Parteien gehört. Hierzu im nächsten Beitrag mehr.
Angesichts der hohen Glaubwürdigkeit des Influencers innerhalb der eigenen Community steigt die theoretische Wirksamkeit der Kommunikationsmaßnahme. Die Botschaft wird durch einen glaubwürdigen Sprecher direkt in eine Audience getragen, auf welche der Absender der Botschaft sonst keinen Zugriff hätte.
Dieser Mehrwert von Influencer Kooperationen ist auch im politischen immer klarer zu sehen, weil sich die Anwendungsbeispiele häufen. Ein jüngeres Beispiel ist ein gemeinsamer Post von Agrar-Influencerin Marie Hoffmann mit CDU-Ministerpräsident Henrik Wüst im NRW-Landtagswahlkampf 2022.
Betrachtet man die täglichen Wachstumsraten des Instagram-Accounts von Hendrik Wüst, so zeigt sich um den gemeinsamen Auftritt mit Marie Hoffmann ein klarer Anstieg im Follower-Wachstum.
Dies legt die Vermutung nahe, dass dann, wenn Herr Wüst in der Community von Frau Frau Hoffmann auftritt und damit die Möglichkeit besteht, sich mit dem Profil von Herrn Wüst zu beschäftigen, eine nicht unerhebliche Anzahl von Followern von Frau Hoffmann Richtung Hendrik Wüsts Profil wandert, um dort entsprechend auch zum Follower werden.
Vor dem Hintergrund der Reichweitenmaximierung in Kampagnenphasen hat diese Form der Kooperation einen hohen Mehrwert. Nicht nur, dass absolute Follower-Zahlen steigen und damit der Anteil direkt erreichbarer potentieller Wähler. Ferner erscheint der inhaltliche Austausch im Rahmen einer Influencer Kooperation wie das digitale Pendant des analogen Bürgerdialogs in Wahlkämpfen.
Im Interesse der fortlaufenden Akkumulation politischen Kapitals sollte diese Kommunikationsform sukzessive ausgebaut werden.
Über den Autor
Dr. Bendix Hügelmann ist Gründer und Geschäftsführer der Politik- und Kommunikationsberatung People on the Hill. Das in Hamburg ansässige Unternehmen berät Parteien, Politiker, Ministerien, Think Tanks und Unternehmen zu Fragen der strategischen Kommunikation. Hügelmann studierte Internationale Politik und Internationales Recht und wurde 2021 zum Einfluss von Social Media Kommunikation auf individuelles Verhalten promoviert.
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Rund um die Themen Kommunikation, Kampagnenmanagement und Digitale Strategie gibt der Blog Einblicke in aktuelle Trends der Politischen Kommunikation. Kommunikationsexpertinnen und -experten geben innovative, praktische Tipps für die politische Kampagne und für die Umsetzung.