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REUTERS/Joel Kouam

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Eskalation der Nahrungsmittelkrise in Ostafrika: Eine mehrfach verschärfte Tragödie

de Mathias Kamp, Julia Sandner
Im Schatten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine findet eine andere Tragödie nur wenig Beachtung: Millionen von Menschen in Ostafrika sind akut von einer eskalierenden Hungersnot bedroht. Dürre und weitere verschärfende Faktoren haben zu einer katastrophalen Lage beigetragen. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges werden die Lage in der Region noch verschärfen.

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Wie schlimm ist die Lage?

Bereits im Februar warnte das Welternährungsprogramm der UN, dass allein in den Ländern Äthiopien, Kenia und Somalia ca. 13 Millionen Menschen akut von einer Hungersnot bedroht seien. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) macht noch düsterere Prognosen: Im Laufe des Jahres 2022 könnten 15 bis 20 Millionen Menschen in den drei Ländern von Nahrungsmittelknappheit betroffen sein. Nimmt man den Nachbarstaat Südsudan hinzu und sollten die Regenfälle in diesem Frühjahr ausbleiben, so rechnet die Hilfsorganisation OXFAM mit bis zu 28 Millionen Betroffenen.

 

Wie konnte es zu dieser Krise kommen?

Multiple Faktoren haben die Krise eskalieren lassen. Extremwetterphänomene haben sich durch den Klimawandel verstärkt und die Verlässlichkeit der Regenzeiten nimmt stetig ab. Nun hat die Region bereits drei Dürrejahre hinter sich und erneut lässt der Regen auf sich warten. Es herrschen die trockensten Bedingungen seit 40 Jahren. Dies und die extremen Heuschreckenplagen in den Jahren 2020 und 2021 haben zu massiven Ernteausfällen, Verödung von Acker- und Weideland sowie Viehsterben geführt. Durch die Disruption von Lieferketten sowie die Lockdown-Maßnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie ist die Lage zusätzlich angespannt. Die Lebensmittelpreise sind gestiegen, Einkommensquellen durch wirtschaftlichen Stillstand eingebrochen, Rücklagen für Notfälle längst aufgebraucht. Zusätzlich tragen zahlreiche lokale Konflikte zur Krise bei.

 

Welche Auswirkungen hat der Krieg in der Ukraine?

Experten warnen, dass der Krieg in der Ukraine spürbare Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit in Afrika haben wird. Viele afrikanische Länder sind von Importen von Weizen und Pflanzenöl aus Russland und der Ukraine abhängig. Nun brechen diese Importe ein. In Kenia sind die Weizenpreise seit Beginn des russischen Angriffskrieges bereits um ein Drittel gestiegen. Auch die Preise für weitere wichtige Nahrungsmittelprodukte und Substitute wie Soja und Mais schnellen in die Höhe. Zudem wird sich der Wegfall von Düngemittelimporten aus Russland auf die landwirtschaftliche Produktivität vor Ort auswirken.

 

Was tun?

Angesichts der Krise sind die politisch Verantwortlichen vor Ort aber auch die internationale Gemeinschaft zum Handeln aufgefordert. Die wirtschaftliche Existenz und das Überleben von Millionen von Menschen sind gefährdet. Einer ganzen Generation droht, ihre Zukunftsperspektive zu verlieren. Die Geschichte lehrt, dass Nahrungsmittelkrisen konfliktverschärfend wirken und steigende Lebensmittelpreise oft einen zentralen Faktor für politische Instabilität darstellen. Proteste, Unruhen und Flüchtlingsbewegungen könnten die ohnehin von Turbulenzen geprägte Region weiter destabilisieren. Was gilt es also nun zu tun?

 

1. Hinschauen. Auch wenn die Kriegshandlungen Russlands in der Ukraine die Schlagzeilen und das internationale Krisenmanagement dominieren, darf die große Tragödie im Osten und am Horn von Afrika nicht ignoriert werden. Entsprechend sind Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft aufgefordert, die humanitäre Katastrophe und ihre Folgen auf die internationale Agenda zu setzen.

 

2. Schnelle Soforthilfe. Um die Folgen der Hungerkrise zu mildern, ist schnelle und umfangreiche humanitäre Hilfe nötig. Doch den Hilfswerken fehlt es an ausreichender finanzieller Ausstattung. Allein das Welternährungsprogramm benötigt zusätzliche Mittel in Höhe von acht Milliarden Euro. Neben bilateraler Soforthilfe sind die westlichen Geber (inkl. Deutschland) hier mit entsprechenden finanziellen Beiträgen zu multilateralen Programmen gefordert.

 

3. Ursachenbekämpfung und langfristige Anpassungen. Das Augenmerk muss sich auf eine langfristige Bekämpfung der zugrundeliegenden Faktoren richten. Zentraler Punkt ist hierbei die Unterstützung gefährdeter Regionen bei der Anpassung an den Klimawandel. Dazu zählt die Stärkung der Resilienz der betroffenen Gemeinden, die nachhaltige Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität durch innovative Methoden sowie der Ausbau von Frühwarnmechanismen. Auch die Auswirkungen der europäischen Agrar- und Handelspolitik auf die Region sind kritisch zu beleuchten. Gleichzeitig müssen die Rahmenbedingungen in Politik und Verwaltung vor Ort verbessert werden. Neben Kapazitäten zur Krisenbewältigung geht es um die Überwindung regionaler Disparitäten, die Reformierung von Landrechten und die Stärkung sozialer Sicherungssysteme. Nur durch ein Ineinandergreifen verschiedener Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft gemeinsam mit den betroffenen Ländern kann die Bewältigung der Krise und ihrer Ursachen gelingen.

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