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KAS / Sabine Widmaier

Nachruf

Nachruf auf Karl F. Lamers

de Dr. Michael Borchard, Dr. Stefan Marx
Die Konrad-Adenauer-Stiftung trauert um einen eng verbundenen und geschätzten Wegbegleiter.

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Dass der Tod von Michail Gorbatschow und Karl Lamers beinahe gleichzeitig bekannt gegeben worden ist, hat ein Stück weit dazu geführt, dass die Würdigung dieses außerordentlichen christlich demokratischen Politikers fast ein wenig in den Hintergrund geraten ist. Tatsächlich aber war er einer der konzeptionellen außen- und vor allem auch europapolitischen Schwergewichte nicht nur in seiner Zeit im Parlament, sondern auch weit darüber hinaus und seine Spuren in diesem Bereich weisen weit in die Zukunft.

Wer ihm begegnen durfte, dem ist die so ausgeprägte Kombination von hoher Kompetenz, analytischer Klarheit und profunder Lebensklugheit einerseits und persönlicher Bescheidenheit und heiterer humorvoller Gelassenheit andererseits aufgefallen. Man spricht ja immer etwas banal von „geistiger Frische“, aber die war bei ihm auch mit wachsendem Alter sehr viel ausgeprägter als bei anderen, die Jahrzehnte jünger waren. In der Sache war er ebenso klar, leidenschaftlich und begeisterungsfähig wie auch umsichtig und integrierend.

Diese Eigenschaften haben viel mit der rheinischen Heimat und dem Katholizismus zu tun, die Karl Lamers so geprägt haben. Er war mit seinem ganzen Wesen in der katholischen Weltanschauung verwurzelt, ohne deshalb klerikal zu wirken und zu sein. Im Gegenteil, in seiner Person verbanden sich Rheinland und Katholizismus und ließen ihn zu einem beispielhaften Vertreter des toleranten rheinischen Katholizismus werden.

Tief und bleibend sind freilich die Spuren, die Karl Lamers in der bundesrepublikanischen Außenpolitik hinterlassen hat. Er hat sie mehr als zwei Jahrzehnte als Mitglied des Bundestages mitgestaltet, nicht zuletzt von 1990 bis 2002 als Außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Als leidenschaftlicher Europäer, dessen gemeinsam mit Wolfgang Schäuble 1994 verfasstes Papier zur europäischen Politik drei Jahrzehnte später aktueller denn je zu sein scheint, hat er sich einen Namen gemacht. Zugleich ist Karl Lamers aber auch ein überzeugter Atlantiker gewesen, der um die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen und der Freundschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika für die Sicherheit und die wirtschaftliche Prosperität Deutschlands und Europas wusste. Gerade in schwierigen Phasen dieser Beziehungen blieb er bis zuletzt einer der Treiber dafür, den Zusammenhang zwischen der europäischen Integration und der transatlantischen Zusammenarbeit als Wertegemeinschaft nicht zu übersehen.

In Erinnerung bleibt Karl Lamers aber auch als Parteireformer, der Ende der 1960er-Jahre als Landesvorsitzender der Jungen Union Rheinland mit Wulf Schönbohm, Gerd Langguth und Peter Hintze zu einem Kreis jüngerer Politiker gehörte, die nach dem Verlust der Regierungsmacht in Bonn 1969 die CDU zu einer modernen Volkspartei entwickeln wollten und deshalb Helmut Kohl unterstützten, der für diese Reformpolitik stand.

Um der Sache willen konnte Karl Lamers harte Auseinandersetzungen mit den politischen Mitbewerbern führen, ohne dabei die Regeln des Anstands und der Fairness zu verletzen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk im Jahre 2016 hat er so formuliert: „Parteien sind Rivalen in der politischen Auseinandersetzung, sie wetteifern um die besseren Konzepte, für die Lösung der existenziellen Probleme unserer Gesellschaft, aber es sind doch keine Feinde, und dieses Lagerdenken, das ist nicht meine Vorstellung von Demokratie.“ Mit seinem Verständnis politischer Auseinandersetzung in der Demokratie hat Karl Lamers einen Beitrag zur politischen Kultur in Deutschland geleistet, der alles andere als selbstverständlich ist und der ebenfalls heute vielleicht mehr Beachtung verdient, denn je.

Nicht nur die deutsche Außenpolitik und die CDU verlieren mit Karl Lamers einen wichtigen Wegbegleiter. Auch für uns als Konrad-Adenauer-Stiftung ist sein Tod ein großer Verlust. Der Stiftung blieb er in der ganzen Breite in allen Bereichen und über seine gesamte Wirkenszeit eng verbunden. Er hat die Arbeit der Stiftung im In- und Ausland mit vielen inhaltlichen Impulsen und einem großen Grad an Präsenz in zahlreichen Veranstaltungen bereichert. Seine Verbundenheit mit uns hat er auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er uns einen großen Teil seiner Dokumente für das Archiv für Christlich-Demokratische Politik hinterlassen hat. Wir nehmen das als Auftrag, seine Leistungen im historischen Gedächtnis präsent zu halten und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

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