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Notas de acontecimientos

Die Breschnew-Doktrin

Vom Prager Frühling 1968 bis zu ihrer Aufgabe 1989

Am 16. März 2018 richtete die Abteilung Zeitgeschichte im Forum der Akademie in Berlin eine Abendveranstaltung in Kooperation mit dem Verein von Mitgliedern der ehemaligen CDU/DA-Fraktion der Volkskammer aus. Damit wurde eine Reihe wiederaufgenommen, bei der in der Vergangenheit u.a. die Volkskammerwahl am 18. März 1990 und das Paneuropäische Picknick thematisiert worden waren.

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Cordula Schubert, Vorsitzende des Vereins der Volkskammerabgeordneten, und Dr. Michael Borchard, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Wissenschaftliche Dienste/Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP), begrüßten die rund 90 Gäste. Cordula Schubert erklärte, dass mit dem jährlichen Treffen der Abgeordneten daran erinnert werden sollte, dass die Bürgerrechtsbewegung und die frei gewählte Volkskammer einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Diktatur geleistet haben. Dr. Michael Borchard ergänzte, dass die Reihe deshalb auch dazu diene, den Bürgerrechtlern „ein Denkmal zu setzen“, da die Volkskammerwahl nicht zuletzt ein Votum für eine rasche Wiedervereinigung war. Im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltung stehe die Breschnew-Doktrin, weil sie kurz nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 verkündet wurde und ihre Aufgabe 1989 eine Kehrtwende in der sowjetischen Außenpolitik markiere. Diese sei eine der Voraussetzungen für die Friedliche Revolution und die Wiedervereinigung gewesen.

Anschließend gab Dr. Angela Keller-Kühne, Leiterin der Abteilung Schriftgutarchiv, einen kurzen Überblick über die Bestände des ACDP. Dabei machte sie darauf aufmerksam, dass wissenschaftliche Forschung zu diesem wichtigen Abschnitt deutsch-deutscher Geschichte nur möglich sei, wenn dazu auch entsprechendes Archivmaterial aus der Tätigkeit der Volkskammerabgeordneten vorhanden sei.

Im ersten Teil der Veranstaltung analysierten zwei Vorträge die Entstehung, Anwendung und Aufgabe der Breschnew-Doktrin. Mit der Doktrin behielt sich die Sowjetunion ein Interventionsrecht vor, sobald sie den Sozialismus in einem ihrer Satellitenstaaten bedroht sah. Dr. Oldřich Tůma, emeritierter Direktor des Instituts für Zeitgeschichte der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag, erläuterte in seinem Beitrag die Umstände und Vorgeschichte ihrer Entstehung. Die sowjetische Politik habe sich bereits viel früher nach der Doktrin gerichtet, lange bevor sie von Leonid Breschnew im Herbst 1968 öffentlich verkündet wurde. Sogar die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KPTsch) habe sie geteilt, jedoch den Sozialismus 1968 in ihrem Land nicht in Gefahr gesehen. Lediglich ein kleiner Kreis von Funktionären in der KPTsch habe bei Breschnew auf eine Intervention gedrungen.

Dr. Peter Ruggenthaler, stellvertretender Leiter des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung in Graz, analysierte auf der Basis ausführlicher Recherchen in russischen Archiven die Entscheidungen, die zur Abkehr von der Breschnew-Doktrin führten. Zweifellos habe Gorbatschow hier die entscheidende Rolle gespielt. Er habe das Politbüro der KPdSU und den Militärrat bereits in den ersten Monaten des Jahres 1989 davon überzeugt, gemeinsam die präventive Entscheidung zu treffen, dass die Sowjetunion keine Militäraktion in Osteuropa durchführen werde, selbst wenn die kommunistischen Regierungen dort scheitern sollten. Die frühzeitige Einbindung seiner Gegenspieler im Politbüro in diese Entscheidung sei der große Unterschied zu vorherigen Zeiten gewesen und habe die Voraussetzungen für den (weitgehend) friedlichen Umbruch in Osteuropa und der DDR geschaffen.

Im anschließenden Podiumsgespräch schilderte der 1931 geborene ehemalige Tschechische Botschafter in Berlin, Dr. František Černý, die Ereignisse aus der Perspektive des Zeitzeugen. Er war während des Prager Frühlings als Journalist tätig und erhielt in der Folge Berufsverbot. Auf die Frage, warum überhaupt so viele Menschen die Hoffnung auf Reformen, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ geteilt hätten, wenn doch alle Aufstände im sowjetischen Machtbereich zuvor blutig unterdrückt worden waren, antwortete Černý, dass es Anzeichen für eine Liberalisierung gegeben habe. So hätten Journalisten durchaus gewisse Freiheiten in ihrer Arbeit genossen. Es sei immerhin möglich gewesen, Probleme offen anzusprechen. Eindrucksvoll beschrieb Černý die problematische Rolle des DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, der zu den „Hardlinern“ im sozialistischen Lager und damit zu den treibenden Kräften einer Intervention in der Tschechoslowakei gehört habe. Unter anderem gab er schmunzelnd die Anekdote zum Besten, dass die tschechoslowakische Führung Ulbricht absichtlich nach Karlsbad eingeladen habe, das vor allem von deutschen Touristen bevölkert gewesen sei, sowohl aus der DDR als auch aus der Bundesrepublik. Beim öffentlichen Zusammentreffen Dubčeks mit Ulbricht hätten die versammelten Deutschen lauthals den Namen des tschechoslowakischen Politikers skandiert.

Dr. Jörg Morré, Direktor des deutsch-russischen Museums Karlshorst, wies mit Blick auf die sowjetische Entscheidung zur Intervention in Prag darauf hin, dass sie ein kollektives Zusammenspiel mehrerer Länder und der Spitzenfunktionäre in den Warschauer Vertragsstaaten war. Im Ergebnis seien nun auch auf Gebiet der CSSR sowjetische Truppen stationiert worden. Ihr Abzug sei erst 1991 vertraglich geregelt worden. Das unterscheide den tschechischen Fall von der Situation in der DDR, wo infolge des Kriegsverlaufs seit 1945 sowjetische Truppen stationiert waren, ihr Abzug aber bereits im Zwei-plus-vier-Vertrag 1990 beschlossen wurde.

Auf Verbindungslinien zwischen dem Prager Frühling und der Samtenen Revolution im November 1989 hin angesprochen, resümierte Dr. Tůma abschließend, dass letztere eine Art „Revanche für 1968“ gewesen sei. Im Ergebnis hätten die Ereignisse des Prager Frühlings die Glaubwürdigkeit des kommunistischen Systems massiv unterminiert und somit indirekt zu seiner Überwindung rund 20 Jahre später beigetragen.

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