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Aufruhr im Paradies

von Dr. Marlies Salazar

Die politische und wirtschafliche Krise in Sri Lanka

Die schöne Insel Sri Lanka, die von ihren Einwohnern gerne als "Paradies" bezeichnet wurde, befindet sich in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Diese Krise wurde durch die verfehlte Politik der Präsidentin ausgelöst.

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Schließung des Parlaments

Die Regierungskoalition der Präsidentin hatte ihre ohnehin sehr knappe Mehrheit im Parlament verloren, als am 20. Juni 2001 Rauff Hakim, der Minister für inneren und internationalen Handel, Schifffahrtsentwicklung und muslimische religiöse Angelegenheiten , die Regierung verließ und sich mit einigen Mitgliedern seiner Partei, dem Sri Lanka Muslim Congress (SLMC) der Opposition anschloss. Daraufhin bereitete die Opposition unter Führung der United National Party (UNP) ein Misstrauensvotum gegen die People's Alliance (PA) Koalition der Präsidentin Kumaratunga vor, das am 18. Juli im Parlament diskutiert werden sollte.

Doch, um der für sie doch sehr unangenehmen Diskussion zu entgehen, vertagte die Präsidentin am 10. Juli um Mitternacht das Parlament für die Dauer von zwei Monaten. Diese Möglichkeit steht ihr laut Verfassung zwar zu, wurde aber allgemein als sehr undemokratische Lösung angesehen. Die Präsidentin hätte eigentlich zugeben müssen, das sie ihre Mehrheit im Parlament verloren hat (die vereinigte Opposition hat 116 Abgeordnete und die Regierungskoalition nur noch 109 in einem Parlament mit 225 Abgeordneten) und sie hätte die UNP auffordern müssen, eine Regierung zu bilden. Die Verfassung Sri Lankas aus dem Jahre 1978 ist der französischen Verfassung ähnlich und erlaubt die "cohabitation"., d.h. eine Situation, in der Präsidenten und Regierungschef/Kabinett nicht demselben politischen Lager angehören. Nur muss der Präsident auch Demokrat genug sein, um das zu akzeptieren und durchzuhalten. In Frankreich funktioniert es ja seit Jahren.

Referendum über eine neue Verfassung

Gleichzeitig mit der Vertagung des Parlaments auf den September kündigte die Präsidentin ein Referendum für den 21. August an, bei dem nur eine Frage gestellt werden sollte, nämlich "Würden Sie dem Vorschlag zustimmen, dass das Land eine Verfassung braucht, die eine nationale Notwendigkeit und eine nationale Voraussetzung ist?" Da diese Frage absolut vage und verwirrend ist und auch überhaupt nicht spezifiziert wurde, um was für eine Verfassung es sich handeln würde, erhob sich sofort ein Sturm des Protests. Die Präsidentin hatte dieses Referendum verkündet, ohne ihr Kabinett oder ihre Fraktion zu konsultieren.

Sogar der Minister für Verfassungsfragen, G.L.Peiris, protestierte gegen diese Frage und sagte der Präsidentin, das sie juristisch nicht zu rechtfertigen sei, weil sie so unklar formuliert ist. Aus diesem Grunde würde das Resultat des geplanten Referendums keine Rechtsgültigkeit haben. Außerdem müsste eine neue Verfassung erst eine 2/3-Mehrheit im Parlament bekommen und dann dem Volk in einem zweiten Referendum vorgelegt werden. Angesichts der Kritik am Inhalt und den horrenden Kosten ist das Referendum inzwischen auf den 18. Oktober verschoben worden und wird vielleicht gar nicht stattfinden. Man spekuliert, dass die Präsidentin ihren alten Verfassungsentwurf, der im letzten Jahr im Parlament keine Zustimmung fand, auf diesem Wege durchsetzen will.

Politische Unruhen

Am 19. Juli fand in Colombo eine Protestdemonstration der Opposition gegen die Vertagung des Parlaments statt, bei der die Polizei erst Tränengas und Gummigeschosse einsetzte, dann aber auch scharfe Munition benutzte. Achtzig Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer, und zwei erschossen. Der Oppositionsführer, Ranil Wickremasinghe behauptete sogar, dass die präsidentiellen Sicherheitsdienste ihm gefolgt seien und gezielt auf ihn geschossen hätten. Er sei nur dadurch gerettet worden, dass seine Leibwächter ihn zu Boden geworfen hätten. Nach diesen gewalttätigen Auseinandersetzungen, kann sich der Ton zwischen den politischen Gegnern nur noch mehr verschärfen. Die Opposition hat eine weitere Grossdemonstration gegen die Schließung des Parlaments und das Referendum am 23. August durchgeführt. An ihr nahmen ca. 10 000 Leute teil.

Der Angriff auf den Flughafen und die Folgen

Am 24. Juli gegen vier Uhr morgens Uhr griff eine Gruppe von Tamil Tiger Rebellen den einzigen internationalen Flughafen von Sri Lanka und den angrenzenden Luftwaffenstützpunkt an. Dabei kamen zwölf LTTE Kämpfer und acht Regierungssoldaten ums Leben und acht Militärmaschinen sowie sechs Flugzeuge der Sri Lankan Airlines wurden zerstört. Der Angriff fand am Jahrestag der Pogrome gegen die Tamilen im Jahre 1983 statt. Das war aber nur der Anlass. Man geht davon aus, dass der eigentliche Grund für diesen Angriff die Enttäuschung der LTTE über den Stillstand bei den Friedensverhandlungen ist. Seit Monaten finden keine Verhandlungen mehr statt, weil die srilankische Regierung den norwegischen Chefvermittler Solheim als zu LTTE- freundlich empfand und stattdessen den stellvertretenden norwegischen Außenminister Johansen zum Chefvermittler machte. Gleichzeitig verschärfte die Luftwaffe ihre Angriffe auf die Stellungen der Rebellen.

Der Angriff auf den Flughafen hat Sri Lanka grossen wirtschaftlichen und politischen Schaden zugefügt. Sri Lankan Airlines hat die Hälfte seiner Flugzeuge verloren, zusammen mit den zerstörten Militärmaschinen ein Verlust von ca. 330 Millionen US Dollar. Dazu kommen die erhöhten Versicherungsprämien für alle Flüge von und nach Colombo, die in höheren Flugpreisen resultieren, ganz abgesehen davon, dass viele internationale Fluglinien Colombo nicht mehr anfliegen wollen, solange die Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Dem Tourismus, einer wichtigen Einnahmequelle des Landes, ist dadurch unabsehbarer Schaden zugefügt worden.

Auch der Hafen von Colombo ist schwer getroffen, denn die internationalen Versicherungsgesellschaften haben das ganze Land zur Kriegsrisikozone erklärt und den Schiffen bis zu

400% erhöhte Versicherungsprämien auferlegt. Das Resultat ist, dass die großen internationalen Linien Colombo nicht mehr anlaufen. Das hat fatale Folgen für die Exportindustrie, deren Container im Hafen liegenbleiben. Die Industrie leidet sowieso schon unter den seit zwei Monaten anhaltenden täglichen Stromausfällen.

Es hat in diesem Jahr zu wenig geregnet und die Talsperren sind nicht voll genug, um genügend Strom zu produzieren. Es liegt aber nicht nur daran, sondern die staatliche Elektrizitätsgesellschaft hat aber nicht genug alternative Lösungen geplant und kann es sich nicht leisten, die teuren Thermokraftwerke dauernd zu betreiben. Das Wirtschaftswachstum ist um 33% gefallen. Kein Wunder, dass der ganze Wirtschaftssektor der Regierung inzwischen äußerst kritisch gegenüber steht.

Hinzu kommt, das im Süden des Landes die größte Dürreperiode seit 50 Jahren herrscht und 300 000 Menschen unter Mangel an Trinkwasser und Nahrungsmitteln leiden. Das Internationale Rote Kreuz hat schon einen Hilfeappell an die Weltöffentlichkeit gerichtet, weil inzwischen 30% der Kinder unter 5 Jahren unterernährt sind. Diese menschliche Katastrophe geht aber in den allgemeinen politischen Unruhen unter und findet selbst im Lande relativ wenig Beachtung.

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