In der aktuellen Diskussion um die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands wird Industriepolitik häufig als Allheilmittel präsentiert. Die Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung warnt jedoch vor einer überdehnten Verwendung des Begriffs und plädiert für eine klare begriffliche und inhaltliche Abgrenzung. Industriepolitik sollte demnach ausschließlich Maßnahmen bezeichnen, die gezielt einzelne Unternehmen oder Branchen fördern – etwa durch Subventionen, Zölle oder regulatorische Vorgaben. Allgemeine Maßnahmen wie Infrastrukturinvestitionen oder steuerliche Rahmenbedingungen gehören hingegen zur Struktur- oder Ordnungspolitik.
Daneben wird unterstrichen, dass industriepolitische Eingriffe regelmäßig mit erheblichen Wohlstandsverlusten verbunden sind. Sie führen zur Fehlallokation von Ressourcen, hemmen Innovationen und schwächen langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtwirtschaft. Besonders kritisch sieht die Analyse die Entstehung von Pfadabhängigkeiten und politischen Rückkopplungseffekten, die eine spätere Rücknahme der Maßnahmen erschweren. Unternehmen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, entwickeln zudem eine stärkere Abhängigkeit von Lobbyarbeit, was die politische Entscheidungsfindung verzerren kann.
Trotz dieser Risiken erkennt die Analyse legitime Gründe für Industriepolitik an – etwa den Schutz junger, innovativer Unternehmen vor internationaler Abwanderung, die Sicherung strategischer Unabhängigkeit bei kritischen Rohstoffen oder Technologien sowie die Unterstützung bei der Erreichung übergeordneter Ziele wie dem Klimaschutz. In solchen Fällen sollten industriepolitische Maßnahmen jedoch stets marktwirtschaftlich ausgestaltet, zeitlich begrenzt und transparent begründet sein.
Ein zentrales Argument der Analyse ist die Bedeutung des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren: Nur durch offenen Wettbewerb können sich die besten Ideen, Produkte und Geschäftsmodelle durchsetzen. Strukturwandel ist dabei kein Risiko, sondern eine Voraussetzung für langfristigen Wohlstand. Staatliche Eingriffe, die nicht wettbewerbsfähige Strukturen künstlich erhalten, verhindern diesen Wandel und führen zu sogenannten „Zombie-Unternehmen“.
Abschließend fordert die Analyse eine eng gefasste Definition von Industriepolitik, nachvollziehbare Kriterien für wirtschaftliche Bedrohungen und eine institutionalisierte Kontrolle industriepolitischer Maßnahmen. Industriepolitik dürfe kein Ersatz für eine funktionierende Wettbewerbsordnung sein, sondern müsse die Ausnahme bleiben. Eine zukunftsfähige Wirtschaftsstruktur entsteht nicht durch staatliche Dauerförderung, sondern durch gute Rahmenbedingungen, die Innovation und Wettbewerb ermöglichen.
Lesen Sie das gesamte Analysen & Argumente: „Industriepolitik klare Grentzen setzen – Wohlstand entsteht im Wettbewerb“ hier als PDF.
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