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Europa und die Ökumene

z S.E. Jean-Marie Kardinal Lustiger
Aus Anlass der Veranstaltung der KAS "Europa und die Ökumene" hielt S.E. Kardinal Lustiger, Erzbischof von Paris, eine Rede über das Selbstverständnis der Europäer und ihrem Bezug zur Kirche in Geschichte und Gegenwart. Er lädt dabei ein und führt durch eine "Introspektion" Europas.

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Die Gemeinschaft der Kirchen und die Einheit Europas sind untrennbar miteinander verbunden. Hier liegt eines der wichtigsten Probleme vor, das in der Sicht der Politiker, ja selbst der Historiker, als nebensächliches oder zufälliges Problem erscheinen mag, das aber in Wirklichkeit die Haltung der Völker zutiefst bestimmt. Diese sind an ihr historisches Gedächtnis gebunden, an die Einstufung der Werte, die ihre gesamte Existenz ausrichtet und die das Verhalten der Politiker bestimmt: Dabei ziehen letztere diese Werte häufig nur in Betracht, wenn es die Kräfteverhältnisse erfordern oder die Umstände als nützlich erscheinen lassen.

Wir befinden uns vor einem durchaus grundlegenden Problem der Geschichte der Kulturen und der Völker, das zu identifizieren uns, den Europäern, sehr schwer fällt; denn es stellt jeden von uns allzu tief in Frage. Wie jedermann weiß, ist es viel schwieriger, den Balken im eigenen Auge zu erkennen, als den Splitter im Auge des Nächsten auszumachen. So möchte ich Sie also einladen zu einer schwierigen Arbeit europäischer Introspektion.

Der christliche Glaube ist das genetische Prinzip der Einheit Europas

An dieser Stelle möchte ich nicht die Analysen und Folgerungen eines bemerkenswerten Werkes von Professor Brague in seinem kleinen Band: Europa, die römische Straße fortsetzen. Rémi Brague unterrichtet an der Sorbonne und ist Inhaber des Romano-Guardini-Lehrstuhls an der Universität München.

Als Bürgschaft für meine Äußerungen möchte ich hier lediglich seine Schlussfolgerung zitieren:

„Es wäre möglich, dass das Christentum behilflich sein könnte, dem europäischen Aufbau etwas nicht Augenscheinliches beizugeben, was aus diesem Grund auch kaum untersucht wird. Dabei geht es um nicht weniger, als um das Objekt selbst dieser Konstruktion. Denn sind wir uns wirklich sicher, dass das, was aufgebaut wird, tatsächlich Europa ist? Nicht einfach nur eine Freihandelszone, oder ein Machtzentrum; das sich lediglich aufgrund seiner geographischen Lage definiert, sowie wegen seines Namens, den „ein kleines Vorgebirge Asiens“ (Valéry) zufälligerweise empfangen hat? Damit Europa wirklich Europa bleibt, ist es nicht notwendig, dass all jene die es bevölkern, sich ausdrücklich als Christen erkennen ...“.

Die sprachlichen, kulturellen, ethnographischen Verschiedenheiten Europas sind beachtlich und sie haben im Laufe der Jahrhunderte unter diesen verschiedenen Menschengruppen Anlass gegeben zu Wettstreit, zu Differenzierungen, linguistische mit eingeschlossen, zu Koalitionen und Allianzen, zu Reichserrichtungen und zu Kriegen, die man im Gedächtnis behalten sollte.

Der einzig wirkliche gemeinsame Punkt war die christliche Evangelisierung, die diesen verschiedenartigen Gruppen gegeben hat, was man eine gemeinsame Seele nennen kann, eine gemeinsame Sprache, wobei sie die Mannigfaltigkeit der Sprachen und der autochthonen Kulturen in sich vereinigte.

Bedeutende Unterschiede treten zutage, wenn man dieses Entstehen des mehr als tausendjährigen Europa mit der Geburt der Vereinigten Staaten vergleicht. Wiewohl die europäischen Kolonisatoren des nordamerikanischen Kontinents vor allem vom Entdeckergeist und von der Faszination der zu erobernden Schätze gedrängt wurden, war doch der entscheidende Punkt in der Geschichte das Vorhaben der Dissidenten der Anglikanischen Kirche, jener die man „die Pilgerväter“ nennt; eine Minderheit, die davon träumte, ein „verheißenes Land“ entsprechend ihrer Vorstellung zu gestalten. Dergestalt ist die konstitutive Blaupause dessen, was zu den Vereinigten Staaten werden sollte, wohin in drei Jahrhunderten neue Minderheiten aus allen Ländern Europas zusammengeströmt sind. Jede einzelne davon bewahrt über mehrere Generationen das Gedächtnis seiner Identität, darin bestärkt von der religiösen Zugehörigkeit, die an das Ursprungsland gebunden ist. Dennoch, wenn auch der melting-pot nur ein Traum ist, neigt die individualisierte und angelsächsische Blaupause dazu, die besonderen Identitäten (die wir in Europa als „nationale Identitäten“ bezeichnen würden), in ein größeres Ganzes aufzulösen.

Europa hat sich wie eine große Familie gebildet, deren Kinder dasselbe, durch ihre Taufe empfangene, genetische Erbe tragen. Im Laufe von zwei Jahrtausenden hat die Vielfalt der Sprachen und der Kulturen allerdings die Wesensarten, die Überzeugungen und die Schicksale der europäischen Völker so sehr in ihrer Verschiedenheit geprägt, dass diese sich in unablässigen Kriegen untereinander zerfleischten. Dies lässt uns verstehen, wieso die politische Einheit Europas lediglich am Anfang steht. Trotzdem, dieses Europa, reich an zweitausend Jahren Geschichte, geht der gegenwärtigen europäischen Konstruktion, deren ermöglichende Bedingung es ist, voraus.

Was ich hier zu erwähnen versuchen werde, ist die Entstehungsgeschichte Europas, vor dem Hintergrund zweier wesentlicher Einbrüche:

  • jener, der 1054 den Rest des byzantinischen Reiches endgültig von der lateinischen Welt trennte;
  • und der Bruch der Reformation, innerhalb des Okzident; dessen erster Akt 1517 stattfand, mit Luther in Wittenberg.
Es erscheint mir notwendig, diesen zwei großen Einbrüchen zwei weitere Einbrüche hinzuzufügen, die ich in Analogie als „Schismen“ bezeichnen würde:

  • das „Protoschisma“, der Bruch zwischen dem Christentum und dem Judentum, dessen tausendjährige tragische Folgen bekannt sind.
  • das „Schisma“ der Vernunft mit dem Glauben, das in der Aufklärung vollzogen wurde und das sich heute über die Gesamtheit der Philosophien und Ideologien legt, die aus dem Nährboden des christlichen Denkens hervorgegangen sind. Wir werden noch darauf zurückkommen.
Ich gehe hier nicht ein auf die Brüche, die Byzanz gegenüber den nichthellenistischen, semitischen Patriarchaten des Ostens, Alexandrien und Antiochien, durchgeführt hat. Ab dem siebten Jahrhundert nach Christus traf der Islam auf einen günstigen Boden unter einer Bevölkerung, die Byzanz zur Hellenisierung zwingen wollte. Der Islam kann nicht, auch nicht in analoger Weise, als ein Schisma betrachtet werden, denn er stellt sich als eine Reinterpretation der jüdischen und christlichen Schriften dar, an deren Platz sich der Koran stellt. Von einer semitischen Sprache getragen, dem Arabischen, hat er eine andere Kultur hervorgebracht.

Die zwei wichtigsten Aufgaben der Ökumene angesichts des Willens zur europäischen Errichtung

Auf die zuvor genannten zwei großen Brüche, jenen zwischen Byzanz und Rom, sodann jenen der Reformation, werde ich nacheinander eingehen.

Die politische Krise des Christentums

Der Bruch war bereits im Kern seit der Teilung des Reiches im Jahre 395 angelegt, als die beiden Söhne Theodosius I. dessen Nachfolge antraten: Honorius für den Westen, Arkadius für den Osten. Es bedurfte nicht besonders viel, dass die Unterschiede zum Argwohn führten, vor allem, wenn dieser von Machtkämpfen genährt wurde.

Dem Schisma von 1054 gesellten sich auf beiden Seiten Unterstellungen hinzu, die allzu voreilig als Häresien identifiziert wurden. Es kamen ebenfalls die Unbilden der Geschichte hinzu, wie die Invasion des Islam und die Plünderung Konstantinopels, dieser tragische Raubüberfall des vierten Kreuzzuges im Jahre 1204, wie auch der Verlust des griechischen und lateinischen Sprachgebrauchs für die Eliten auf beiden Seiten. Am Rande eines griechischen Manuskriptes, im Okzident aufbewahrt, konnte man lesen: „Graecum est, non legitur“!

Bewahren wir allerdings auch einen Glücksfall der Geschichte im Gedächtnis: die Heiligen Kyrill und Methodius, Verkünder des Evangeliums für die Slaven, wurden sowohl vom Patriarchen von Konstantinopel als auch vom Papst, dem Bischof von Rom, ausgesandt. Man kann sagen, dass die slavischen Kirchen, in ihrer Mehrheit byzantinischen Ritus‘, in der ungeteilten Kirche geboren wurden; die Tausendjahrfeier der Taufe der Rus‘ hat dies auf mehr oder weniger glückliche Weise in Erinnerung gebracht.

Heben wir auch eine verschiedenartige Entwicklung der Byzantinischen und der Römischen Kirche hervor, in ihrem Verhältnis zur imperialen Herrschaftsgewalt und, weiter gefasst, zur Herrschaftsgewalt des Fürsten im allgemeinen. Man kann sagen, dass alle aus Byzanz hervorgegangenen autokephalen Kirchen, in Erinnerung an den Archetypus Constantin, dieselbe Unterwerfung unter Caesar, sei er auch ein Zar, beibehalten haben. Im lateinischen Westen war die Geschichte von der beharrlichen und im Laufe der Jahrhunderte langsam auch eroberten Einforderung nach Unabhängigkeit der Kirche von den Herrschern geprägt – auch dann, wenn Caesar zum Kaiser wird. Man entsinne sich unter anderem des langwierigen Kampfes zwischen Sacerdotium und Reich (1154-1250).

Diesbezüglich artikulieren sich – wie um beides zu rechtfertigen – zwei ecclesiologische Formulierungen, die man für inkompatibel erachten mag. Daher stellt sich auch eine Frage bezüglich der politischen Zusammensetzung Europas: Wie kommt es, dass allein Griechenland und einige orthodoxe slavische Staaten der europäischen Errichtung beigetreten sind bzw. in näherer Zukunft beitreten sollen? Wohingegen Russland, das durch seine Taufe vor einem Jahrtausend europäisch geworden ist, nicht für einen Augenblick in Betracht gezogen wird (mit wenigen Ausnahmen) in Hinsicht auf eine Zukunftsperspektive Europas, mag sie noch so entfernt sein!

Hat die großartige Formulierung von General de Gaulle, der vom „Europa vom Atlantik bis zum Ural“ sprach - ein Ausdruck übrigens, den Papst Johannes Paul II. in einer seiner ersten Ansprachen aufgenommen hat - hat diese Forderung heute noch Sinn? Es ist wahr, dass die gegenwärtigen politischen Verhältnisse es nicht erlauben, diese Hypothese für die nähere Zukunft ins Auge zu fassen.

Was wäre jedoch geschehen, oder, ja was würde denn in Zukunft geschehen, wenn, durch wunderbare Fügung, die volle Gemeinschaft zwischen den orthodoxen Kirchen, im besonderen dem Patriarchat von Moskau – dem „dritten Rom“ – und dem römischen Stuhl wiederhergestellt wäre? Man kann sich vorstellen, wie sehr dieser Gemeinschaftsfaktor, der der ungeteilte Glaube der Kirche ist, die rein geopolitischen Gedankengänge der Großmächte bezüglich der einstmaligen Blöcke des Kalten Krieges durcheinanderbringen würde; auch bezüglich der Probleme, die der Islam seit seiner Erstehung sowohl für Europa wie auch für Asien aufwirft.

Der besondere Fall Russlands, das sowohl politisch wie auch zwangsläufig bei der europäischen Errichtung beiseite gelassen wird, ließe Russland wie einen lebendigen Teil Europas erscheinen, dank seiner Kultur und Zivilisation, wie auch wegen seiner Geschichte. Was hätte die europäische Elite des 18. Jahrhunderts von diesem Bruch einer gemeinsamen Kultur gehalten, die damals prägend war für die Gesamtheit der Eliten in all diesen Nationen? Was hätten Tolstoi oder Dostojewski und wie viel andere davon gehalten? Was hätten selbst alle Theoretiker der kommunistischen Revolution davon gehalten, die geprägt waren von der westlichen deutschen Kultur und vom Nachsinnen über die französischen Revolution? Das Paradox ist noch provozierender, wenn man einerseits das postsowjetische Russland sieht, das in der Orthodoxen Kirche den Ursprung seiner historischen Identität sucht, und auf der anderen Seite das politische Europa sieht, das sich weigert, die ausdrückliche Bezugnahme auf das Christentum in seine zukünftige Verfassung einzuschreiben, wiewohl dieses seine Kultur und sein Bewusstsein hervorgebracht hat.

Ist es möglich die Mitgliedschaft der Türkei in der EU gelassen anzugehen, ohne ausdrücklich zur gemeinsamen Geschichte Europas zu stehen?

Diese Widersprüche zeigen uns auf, wie wichtig die grundlegende religiöse Dimension für das spätere Schicksal der Völker ist. Die Ökumene berührt das, was das Politische nicht in Bewegung bringen kann: die historische Verwurzelung der Werte, der wesentlichen Ideen, die sowohl die persönlichen, wie auch die kollektiven Verhaltensweisen der Völker bestimmen, Ideen, die geprägt sind vom Erbe der biblischen Offenbarung und vom christlichen Glauben.

Die Krise des christlichen Westens

Historiker der Reformation habe die entscheidenden Gründe für die Reformation in den ökonomischen und sozialen Gegebenheiten, in den Strukturen der politischen Macht gesucht. Die Erscheinung und die Entwicklung neuer Technologien wurden mit ihr in Wechselbeziehung gebracht – man denke zum Beispiel an die Erfindung des Buchdrucks.

Ohne den Wert einer derartigen Analyse zu verwerfen, bin ich der Meinung, dass die schwerwiegenden und grundlegenden Probleme, die sich dem christlichen Gewissen stellten, sehr ernst genommen werden müssen; aus diesem Gewissen entstand, was zur Reformation wurde, in Deutschland eher die „evangelische“ genannt, die „protestantische“ in Frankreich, was nicht ohne religiöse und politische Bedeutung ist.

Am Ende des 15. Jahrhundert bewirkte die moralische, geistige, intellektuelle Krise in den Christentümern des Okzident einen universellen Aufruf zur Reform, die einhergeht mit den Ideen der Renaissancebewegung. In diese Zeit können wir auch den Beginn dessen ansetzen, was ich das „Schisma der Vernunft“ genannt habe. Es handelt sich also um eine der großen Prüfungen des christlichen Westens, eine Prüfung, aus der wir noch immer nicht herausgekommen sind. Und darin liegt ein weiterer Aspekt des geistigen Schicksals Europas sowie seiner politischen Zukunft.

Denn die protestantische Reformation war in ihrer Entfaltung bedingt von der Gewalt der Fürsten: „Cujus regio, ejus religio“. Die katholische Kirche hat dieses Vorgehen, das den Okzident in katholische und in protestantische Königreiche spaltete, angenommen. In den dann folgenden Jahrhunderten hat die katholische Kirche, unter dem Antrieb der Päpste, den Kampf um ihre Unabhängigkeit wieder aufgenommen, wohingegen Länder der Reformation bis heute noch Staatsreligionen kennen, ein Begriff, den die katholische Kirche eindeutig ablehnt.

Das Schisma der Vernunft im 18. Jahrhundert in Frankreich, einem katholischen Land, wurde von einem zunächst deistischen, bald aber atheistischen Rationalismus vollzogen: Sein gewaltsamer Höhepunkt war dann die revolutionäre Krise, von allen späteren Revolutionen nachempfundenes Vorbild. Zur selben Zeit erwachte im Inneren des deutschen Luthertums eine vom Pietismus erfüllte philosophische Strömung, die eine Theologie entsprechend der Vernunft erarbeitete, von Kant zu Hegel, woraus der Marxismus hervorging.

Die Erörterung der Reformation steht durchaus im Zentrum der westlichen Geistesentwicklung, die heute der westlichen Weltzivilisation ihren Stempel aufdrüc kt.

Man kann durchaus verstehen, dass die Kirchen byzantinischer Tradition in dieser dem Okzident internen Krise einen Grund mehr sahen, Abstand zu wahren in der ökumenischen Annäherung; wobei sie den „Lateinern“, Katholiken wie Reformierten, antrugen, doch zunächst ihr eigenes Problem zu lösen.

Das Schisma der Vernunft konnte für einige Zeit als der Triumph der Vernunft erscheinen, ein tragischer Triumph jedoch, denn schließlich endete er in den totalitären Formen des Nazismus und Stalinismus sowie im Entschluss zum „Protoschisma“ durch die Auslöschung der Juden. Die tiefgreifende Veränderung in den Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem jüdischen Volk, die dank des Zweiten Vatikanischen Konzils und dem Wirken von Papst Johannes Paul II. vollzogen wurde, ist von beachtlicher Wichtigkeit für die Zukunft des europäischen Bewusstseins und für die Konstituierung Europas.

Mehr noch. Man kann heute ein neues Moment im westlichen Denken vorausahnen, das sowohl die katholische wie auch die protestantische Intelligenzija in zwei wiederstreitenden Richtungen erfasst:

  • die erste, die angesichts der massiven Kritik am Christentum schließlich die Waffen streckt, die nur noch einen Humanismus beibehält, der sich, in Anbetracht der überwältigenden technischen Fortschritte und der rein ökonomischen Logik der Ambitionen seiner Überzeugungen nicht ganz sicher ist, diese Richtung macht ein säkularisiertes Europa zu ihrem Ideal.
  • Die zweite Richtung ist ein Zusammentreffen der evangelistischen Erneuerungsbewegung der angelsächsischen Protestanten mit dem Aggiornamento der katholischen Kirche, deren maßgebendes Zeichen im 20. Jahrhundert das Zweite Vatikanische Konzil war. Zu dieser erneuerten Inbrunst des Glaubens, die sowohl Katholiken und Protestanten berührt, gesellt sich eine wichtige Erneuerung des philosophischen und theologischen Denkens hinzu, das noch lange nicht alle seine Früchte getragen hat. Die Enzyklika „Fides et Ratio“ von Johannes Paul II. stellt einen wichtigen Schritt in der neuen Annäherung an dieses „Schisma“ dar. Beachten wir diesbezüglich im Vorbeigehen die Wichtigkeit der Phänomenologie, die in Deutschland aufgekommen ist, der ihre französische Schule heute die Ehre erweist und deren große Figuren zum Protestantismus, zum Katholizismus und zum Judentum gehören.
Man spürt hierbei sehr wohl, dass sich die Krise des Okzidents nur dann auflösen kann, wenn in der Diskussion innerhalb des Glaubens aller Gläubigen der ökumenische Wille auf der einen wie der anderen Seite die tiefen Quellen einer konzessionslosen Treue zum Worte Gottes wieder findet, dieser Wille, der mit mehr oder weniger Erfolg die Reformatoren des 16. Jahrhunderts inspiriert hat und der gleichfalls die Quelle war, aus der die katholische Reform schöpfte.

Dies bedeutet, ein Wunder zu verlangen, das viel schwieriger sich vorzustellen fällt, als es das Wunder der vollständig wiederhergestellten Gemeinschaft zwischen Orthodoxie und der Kirche von Rom wäre. Denn dieses Wunder würde bedeuten, der Okzident könne die Fragen tatsächlich lösen, die er seit fast vier Jahrhunderten mit sich trägt. Diese Fragen sind nicht nur die des 16. Jahrhunderts, sondern auch alle die, die daraus entstanden sind und unsere Zivilisation zerreißen.

Sind diese Perspektiven für Europa utopisch?

Wir haben den Beweis der wunderbaren Wirksamkeit, die solch eine tiefgreifende Bekehrung, die die Rückkehr zur Treue gegenüber der ungeteilten Kirche für die europäische Errichtung haben kann, vor unseren Augen. Erinnern wir uns an ihre Geburtsstunde. Damit Europa nach den riesigen Massakern der beiden Weltkriege möglich werde, musste der Wille zur Versöhnung aufkommen, ein Wille, den die Christen als Offenbarung empfangen haben – ich sage sehr wohl Offenbarung – denn Gott bekehrt uns, damit wir bekehrt sein können, entsprechend dem Wort des Propheten Jeremias (31, 18): „Mach Herr, dass ich zu Dir zurückkehre, dass ich zurückkehren vermag“.

Als 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet wurde, war klar, dass es sich dabei nicht zuerst um ein Wirtschaftsprojekt handelte. Es ging im wesentlichen darum, „die Schwerter zu zerschlagen um sie zu Pflugscharen zu machen“ gemäß den Worten der Propheten (Jesaja 2, 4 und Micha 4,3). Die Kohle und der Stahl, das waren das Ruhrgebiet und die Waffen; sie zusammenzulegen zwischen Frankreich und Deutschland bedeutete, durch unerbittlichen Hass getrennte Feinde auszusöhnen.

Prophetisch sind uns da Politiker vorangegangen. Sie waren Christen, Franzosen und Deutsche. Der christliche Begriff von „Wiederversöhnung“ ist Teil des Schicksals für unser Europa und Teil der europäischen Errichtung. Weder religiöse Neutralität noch religiöse Keimfreiheit werden Europa Gestalt geben. Es kann provozierend erscheinen, den Unterhändlern der europäischen Verfassung und den Staaten, die aufgerufen sein werden, dieser zuzustimmen, heute in Erinnerung zu rufen, dass am Ursprung dieses sozialen, wirtschaftlichen und politischen Projekts grundlegend die brennende Liebe steht, geboren aus dem Glauben der Christen, die „die Breschen schließen“, die Wunden verbinden, Verletzungen heilen wollen.

Wenn die Ökumene es den Christen, Protestanten und Katholiken, erlauben würde, diese Krise der Vernunft und, in Verbindung damit, die Krise des Glaubens und unserer Zivilisation zu lösen, so wäre dies für die europäische Zivilisation und für die Welt eine unermessliche Chance; und für unsere Mitbürger – Juden, Muslime, oder von jeglichem Glauben Losgelöste – wäre dies die Garantie, dass diese Zivilisation allen gegenüber einhalten würde, was ihr Ideal verspricht. Mögen wir, die einen und die anderen, nicht innehalten, dafür zu wirken.

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