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Historische „Dezemberübereinkunft“ beendet schwedische Regierungskrise

autori Corinna Röver

Löfvens Regierungsbudget scheitert im Dezember - Neuwahlen nach Einigung mit "Allianz" abgesagt

Am 3. Dezember wurde im schwedischen Parlament über den Haushalt der neuen Regierung abgestimmt. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten brachten den Vorschlag der rot-grünen Regierung unter Stefan Löfven durch ihr ungewöhnliches Abstimmungsverhalten zu Fall. Die daraufhin von Löfven für März 2015 angekündigten Neuwahlen konnten durch eine Einigung Ende Dezember dennoch verhindert werden.

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Es war ein Scheitern mit Ansage: Als am 3. Dezember 2014 das schwedische Parlament über den Haushalt des kommenden Haushaltsjahres abstimmt, steht die Niederlage des rot-grünen Budgetentwurfs bereits fest. Zuvor nämlich hatten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (Sverigedemokrater) verkündet, das Zünglein an der Waage spielen zu wollen und entgegen gängiger Praxis nicht für ihren eigenen, sondern den Haushalt der vier bürgerlichen Allianzparteien zu stimmen. Teil der rechtspopulistischen Machtdemonstration war außerdem die Verkündung, im Übrigen alle weiteren Budgetentwürfe zu Fall zu bringen, die die Ausgaben im Zusammenhang mit Zuwanderung erhöhen und der grünen Umweltpartei (Miljöpartiet) Einfluss zubilligen würden.

Die scharfe Kritik und die Androhung rechtlicher Konsequenzen seitens der Allianz (bestehend aus den bürgerlichen Moderaterna, Centerpartiet, Kristdemokraterna und der liberalen Folkpartiet) brachte die Sverigedemokrater nicht von ihrem geplanten Bruch mit den Abstimmungskonventionen ab. Eine daraufhin am Vorabend der Abstimmung einberufene Krisensitzung seitens rot-grüner Regierung und Allianz blieb ebenfalls ergebnislos, sodass die parlamentarische Entscheidung am Folgetag zugunsten des bürgerlichen Budgets fiel. Für Ministerpräsident Stefan Löfven verblieben drei Handlungsalternativen: Rücktritt, das Regieren mit bürgerlichem Budget, oder Neuwahlen. Der Regierungschef entschied sich für letztere, geplant für den 22. März 2015.

Die Ankündigung eines erneuten Urnengangs brachte neue Bewegung in die von schwedischen Medien als „Dezemberdrama“ betitelte Regierungskrise: Zum einen machten Meinungsumfragen deutlich, dass das Wahlergebnis kaum von jenem am 30. September 2014 abweichen würde. Zum anderen war das Interesse einiger Oppositionsparteien an Neuwahlen sehr gering: Die bürgerlichen Moderaterna würden nach dem Rücktritt Fredrik Reinfeldts mit einer noch unbekannten Parteichefin, Anna Kinberg Batra, antreten müssen. Die Folkpartiet hingegen würde wieder mit demselben Kandidaten antreten, der im September das schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte eingefahren hatte. Und die Christdemokraten, die 2014 mit 4,6% der Stimmen nur knapp die 4%-Hürde überwunden hatten, drohten bei einer Neuwahl gar an dieser zu scheitern, während die Rechtspopulisten möglicherweise von einer zunehmend frustrierten Wählerschaft profitiert hätten.

Wochenlange geheime Verhandlungen zwischen Regierung und Allianz im Dezember hatten neben der Lösung der aktuellen Regierungskrise vor allem das Ziel, eine Blockade des Regierungshaushalts durch Alleingänge wie den der Schwedendemokraten langfristig zu unterbinden.

Die am 26. Dezember 2014 geschlossene „Dezemberübereinkunft“ zwischen der Regierungskoalition (Socialdemokraterna und grüne Miljöparti) und den bürgerlichen Allianzparteien machte nicht nur Neuwahlen überflüssig und sichert Löfvens Verbleib im Amt des Ministerpräsidenten. Sie soll außerdem das von Minderheitsregierungen geprägte Schweden durch folgende Regelungen auf lange Sicht besser regierbar machen:

1. Der Kandidat, der die Unterstützung einer Parteienkonstellation hat, die größer ist als alle anderen denkbaren Parteienkonstellationen, soll Ministerpräsident werden,

2. der Haushaltsentwurf einer Minderheitsregierung soll durch die Selbstverpflichtung der Opposition, sich in der Budgetabstimmung ihrer Stimmen zu enthalten (und nicht für den eigenen Entwurf zu votieren), passieren können,

3. das Herauslösen und Neuverhandeln einzelner Budgetaspekte soll nicht möglich sein.

Darüber hinaus legten Rot-grün und Allianz drei Bereiche fest, in denen künftig blockübergreifend zusammengearbeitet werden soll: die Renten-, Verteidigungs- und Energiepolitik.

Was auf den ersten Blick wie ein Triumph des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten erscheint, lässt bei genauerer Betrachtung Zugeständnisse auf beiden Seiten erkennen: Das Übereinkommen soll bis 2022 und somit für zwei weitere Mandatsperioden gültig sein, sodass das Abkommen sich bei zukünftigen Parlamentswahlen auch für die bürgerlichen Parteien – und einen bürgerlichen Ministerpräsidentschaftskandidaten - vorteilhaft auswirken kann. Anna Kinberg Batra von den Moderaterna betonte auf der Pressekonferenz am 27. Dezember 2014, insbesondere das Passieren des Budgets als Ganzes läge im Interesse ihrer Partei. In den Jahren 2010 und 2013 wurde das Budget der bürgerlichen Reinfeldt-Regierung in seine Bestandteile zerlegt, Sozialdemokraten und Rechtspopulisten verhinderten auf diese Weise die von der Allianz geplanten Steuersenkungen im oberen Einkommensbereich. Das Zugeständnis von Rot-Grün, das Aufbrechen des Budgets in Zukunft nicht wieder vorkommen zu lassen, wertet die Allianz als verspätetes Fehlereingeständnis. Außerdem, so Kinberg Batra, habe die Allianz schon seit Langem Regelungen zur Erleichterung und Stabilisierung der in Schweden gängigen Minderheitsregierungen gefordert. Diese seien notwendig im schwedischen Acht-Parteien-System, in dem keine einzelne Partei eine Mehrheit erreichen könne.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der angekündigten Zusammenarbeit in der Renten-, Verteidigungs- und Energiepolitik gibt es bisher keine konkreten Hinweise. Sowohl Regierung als auch Opposition betonten, in diesen strategisch bedeutsamen Bereichen gemeinsame Lösungen entwickeln zu wollen. Für Februar ist die Einrichtung einer Energiekommission geplant, die den nationalen Energiebedarf erneut analysieren wird. In der Verteidigungspolitik wird vor allem die angespannte Sicherheitslage im Ostseeraum eine wichtige Rolle spielen – im Oktober 2014 wurde ein vermeintlich russisches U-Boot in den Schären vor Stockholm gesichtet, eine Suche im Anschluss blieb jedoch erfolglos.

Eine blockübergreifende Zusammenarbeit in der Rentenpolitik ist hingegen kein Novum an sich. Die 1994 gegründete „Pensionsgruppen“, bestehend aus Sozialdemokraten und den bürgerlichen Allianzparteien, hat zur Aufgabe, das in den 1990er Jahren beschlossene Rentensystem zu verwalten und weiterzuentwickeln. Neu ist hingegen, dass zukünftig auch die Grünen (Miljöpartiet) Einsicht in die Arbeit der Pensionsgruppen erhalten, ohne jedoch formal Teil der Arbeitsgruppe zu werden. Die Teilnahme der Grünen an einem Treffen der Gruppe im November 2014 ohne Zustimmung der Allianz veranlasste letztere dazu, die Arbeit abzubrechen und das Treffen vorzeitig zu verlassen.

Neben der geplanten Tolerierung der Löfven Regierung samt Budget machen Anna Kinberg Batras Moderaterna sowie die anderen drei Mitglieder der Allianz mit der Einbeziehung der Grünen in die Pensionsgruppen ein weiteres Zugeständnis an Rot-Grün.

Basis für die Dezemberübereinkunft ist die Vereinbarung per Handschlag durch sechs Parteien: die Sozialdemokraten, Grüne sowie die vier Allianzparteien. Ausgeschlossen von der Vereinbarung sind die Linkspartei (Vänsterpartiet) und die Schwedendemokraten. Während Vänster über die Verhandlungen informiert worden war und das Ergebnis als positiv begrüßte, zeigten sich die Rechtspopulisten empört und kündigten an, ein Misstrauensvotum gegen Stefan Löfven in die Wege zu leiten. Die Allianz hat ein Mitwirken an einem solchen Votumereits abgelehnt.

Kritik an der pragmatischen Lösung kommt jedoch auch aus den eigenen Reihen: führende Politiker der Moderaterna kritisierten das Dezemberabkommen als „demokratische und parlamentarische Niederlage“. Die Allianz, so die Kritiker, werde zum passiven Zuschauer und gebe bedingungslos ihren Einfluss auf. Das Versprechen, den Ministerpräsidenten und das Budget der stärksten Parteienkonstellation durchzuwinken, bedeutet eine Machtverschiebung vom Parlament zur Regierung. So würden wichtige demokratische Prinzipien geopfert und der Opposition der Handlungsspielraum genommen werden, indem das Budget der Minderheitsregierung zur „heiligen Kuh“ gemacht werde. Einige Kritiker zweifeln überdies an der Verfassungsmäßigkeit des Beschlusses: es sei kaum möglich, Parlamentsmitglieder durch eine Direktive an ein vorgegebenes Abstimmungsverhalten zu binden – grundsätzlich müsse jeder Parlamentarier frei abstimmen können.

Einer Umfrage des schwedischen Meinungsforschungsinstituts Sifo zufolge findet jeder dritte Wähler die Dezemberübereinkunft undemokratisch. Im schwedischen System des negativen Parlamentarismus kommt eine Regierung somit ohne die aktive Legitimierung durch das Parlament an die Macht, geduldete Minderheitsregierungen sind die Regel. Die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter regte deshalb in einem ihrer Artikel an, zum positiven Parlamentarismus nach deutschem Vorbild überzugehen, um der Regierung mittels einer aktiven Zustimmung durch das Parlament eine stabilere Grundlage zu bieten.

Die beherrschende Frage in den schwedischen Medien, warum eine Einigung erst unter drohenden Neuwahlen erzielt werden konnte, stößt auf unterschiedliche Erklärungsversuche. Während die Allianz vorgibt, bereits am 2. Dezember die Festlegung von Regelungen für Minderheiten vorgeschlagen zu haben, betont Stefan Löfven, die Opposition sei erst unter dem Druck anstehender Neuwahlen an den Verhandlungstisch zurückgekehrt. Es ist anzunehmen, dass sich neben dem erheblichen Zeitdruck auch das fehlende Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern negativ auf die Gespräche ausgewirkt hatte. Beide Seiten schienen außerdem die Stabilität und Solidarität des gegnerischen Blocks unterschätzt zu haben. Besonders Löfvens Hoffnung, die Allianz aufzubrechen und Folk- und Centerpartiet durch Ministerposten in seine Regierung locken zu können, werteten Beobachter als großen strategischen Fehler. Aber auch die Allianz unterschätzte die Solidarität und den Linksruck der Grünen, mit denen sie in vorhergehenden Legislaturperioden wiederholt zusammengearbeitet hatten.

Der Praxistest der „Dezemberübereinkunft“ kommt im April: Dann nämlich wird in Schweden über das so genannte „Frühlingsbudget“ abgestimmt. Während die Löfven-Regierung derzeit noch mit Allianz-Haushalt regiert, werden sie dann im Fall einer erfolgreichen Abstimmung – beziehungsweise Enthaltung - nach einigen Startschwierigkeiten und mit ein paar Monaten Verspätung doch noch mit eigenem Budget regieren können.

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Lettland Lettland