Asset-Herausgeber

Allan Mutiso, Xinhua Afrika, Imago
Auslandsinformationen

Externe Akteure in Subsahara-Afrika

Herausforderungen und Lehren für Deutschland

Wie ein deutscher demokratischer Ansatz gegen autoritäre Modelle in Subsahara-Afrika bestehen kann.

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Auf einen Blick
  • Die Deutsche Entwicklungszusammenarbeit steht unter Finanzierungs- und Rechtfertigungsdruck, zugleich ringt man in Europa mit einer Neuausrichtung der Beziehungen zum Nachbarkontinent Afrika.
  • China, die Golfstaaten und andere gehen erfolgreich neue Wege in der Zusammenarbeit mit Staaten in Subsahara-Afrika. Ein großes Augenmerk legen sie auf Infrastrukturfinanzierung und -entwicklung. Die deutlich höhere Geschwindigkeit und Flexibilität dieser Geber werden sehr positiv wahrgenommen.
  • Besonders Russland, aber auch China sehen Subsahara-Afrika als wichtigen Schauplatz im Systemkonflikt und fördern aktiv illiberale Ideen und antiwestliche Narrative. Der Druck, unter dem pluralistische Gesellschaftsmodelle auf dem gesamten Subkontinent stehen, ist ein Hinweis auf den Erfolg jener Staaten.
  • Deutschland kann stellenweise von außereuropäischen Akteuren lernen und sich an anderen Stellen positiv von ihnen abgrenzen – beispielsweise durch eine Betonung von transparenten Kooperationsbedingungen, fairen Wirtschaftsbeziehungen sowie ökologisch und gesellschaftlich nachhaltigen Projekten.
  • Ein „trumpscher Rückzug“ aus dem Engagement in Subsahara-Afrika wäre ein katastrophales Signal im Systemkonflikt und würde Deutschland wichtige internationale Partnerschaften und wirtschaftliche Entwicklungschancen nehmen.
 

„Was wir da machen, bringt niemandem etwas“1, so US-Präsident Donald Trump über die Arbeit der United States Agency for International Development (USAID) – eine Einschätzung, die auch hierzulande im Kontext der Debatte über Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Projekten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) aufhorchen ließ.

Mit großem Eifer stellen rechtspopulistische Akteure die Entwicklungszusammenarbeit in ihrer Gesamtheit infrage. Projekte wie die berüchtigten Radwege in Peru machen ihnen die Kritik besonders einfach. Während China Straßen, Kraftwerke und Eisenbahnstrecken baut, baut Deutschland Radwege. Die deutsche EZ erweckt so den Eindruck, sie diene eher einer Art aktivistischer Selbstverwirklichung als tatsächlichen Bedürfnissen der Partnerländer. Was wird mit derartigen Ausgaben deutscher Steuergelder überhaupt erreicht? Auch wenn die Kritik oft oberflächlich bleibt, so ist die Frage nach der Effizienz und Effektivität der deutschen EZ dennoch gerechtfertigt, vor allem angesichts schwindender Spielräume im Bundeshaushalt. Die Kritik verkennt dabei allerdings oft das strategische und geopolitische Potenzial der EZ. Mit Blick auf die sich rapide wandelnden geopolitischen Realitäten scheint eine Nachjustierung dennoch unausweichlich. Gerade die Forderung nach einer stärker interessengeleiteten EZ und einer besseren Einbindung der Außenwirtschaftsförderung in eine ganzheitliche Strategie werden in der Debatte immer wieder vorgetragen. Aktuell scheint der deutsche Blick auf Afrika von einer überholten Hilfslogik dominiert. Und während Deutschland mit der Frage ringt, ob und wie man sich zukünftig engagieren sollte, erschließen andere Akteure lukrative Potenziale und gewinnen an Einfluss.

 

Kurzprofile ausgewählter Akteure 

China 

In den vergangenen Jahren hat kaum ein Land so viel Aufmerksamkeit durch seine internationalen Kooperationen erhalten wie China. Die vor allem zu Beginn der Belt and Road Initiative (BRI) großvolumigen Investitionen weckten Hoffnungen auf schnelle und unkomplizierte Infrastrukturentwicklung, während bereits nach kurzer Zeit aus dem Westen vor untragbarer Verschuldung in den Empfängerländern gewarnt wurde. Nachdem es bei einigen Leuchtturmprojekten, zum Beispiel auf Sri Lanka, zu Verschuldungsproblemen kam, bemühte China sich um Schadenskontrolle. Inzwischen setzt man vermehrt auf kleinere und finanziell nachhaltigere Projekte. Anlass für Bewunderung, aber auch Kritik ist unterdessen die beachtliche Einbindung der chinesischen Wirtschaft in die Projekte. Neben Infrastrukturentwicklung trifft dies vor allem auch auf die Gewinnung strategischer Ressourcen zu, bei denen China seine Marktmacht gezielt ausbaut.

Besonders gut ist China darin, sein Auftreten auf der Weltbühne mit Imagekampagnen und starken propagandistischen Narrativen zu begleiten, die besonders im sogenannten Globalen Süden verfangen. Auch die Ankündigung, bei Importen aus Afrika Zollfreiheit zu gewähren, hat das Potenzial, Chinas Image als verlässlicher Partner Afrikas zu festigen, ganz im Gegensatz zum Agieren der Trump-Administration und den Unsicherheiten rund um deren Zollpolitik. Bei alledem verfolgt China, trotz eigener verworrener institutioneller Strukturen, eine relativ kohärente Strategie: die Ablösung der liberalen internationalen Ordnung. Dabei geht China Jahr für Jahr selbstbewusster vor und errichtet weltweit zunehmend Infrastrukturen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können – sogenannte Dual-Use-Strukturen –, um sich auch für eine militärische Machtprojektion strategisch zu positionieren.

Autokratieförderung zählt zu den zentralen Motiven des russischen Engagements.
 

Russland 

Russland hat in den vergangenen Jahren wohl den bemerkenswertesten Ausbau des Engagements in Afrika betrieben. Mit Blick auf Handel und Investitionen bleibt Russland nach wie vor ein kleiner Akteur. Doch mit seinem besonderen Instrumentenkasten hat das Land deutlich an Relevanz und Einfluss gewonnen. Dessen Elemente sind vielfältig: Neben klassischer Diplomatie und Wirtschaftskooperationen zählen dazu auch diverse dubiose Militärabkommen, Waffenlieferungen, Söldnereinsätze und gezielte Elitenbeeinflussung.

In Ermangelung wirtschaftlicher Stärke verfolgt Russland Strategien, die mit geringem Mitteleinsatz zu viel Einfluss verhelfen. Ähnlich wie China hat Russland wenig Interesse an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Im Gegenteil: Autokratieförderung zählt zu den zentralen Motiven des Engagements. Russland setzt auf Instabilität und Konflikte, Korruption und rechtliche Grauzonen, um sein Geschäft zu betreiben.

Russlands Hauptmotive sind geopolitische Ziele: die Förderung einer multipolaren Weltordnung, das Verdrängen westlichen Einflusses und die Sicherung strategischer Ressourcen. In Zeiten zunehmender Isolation sucht Moskau aggressiv nach neuen Verbündeten. Besonders erfolgreich nutzt Russland dabei Instrumente der Propaganda und Desinformation, setzt auf bestehende antiwestliche Stimmungen, um diese weiter anzuheizen und sich als bessere Alternative zu präsentieren.

Im Bereich Wirtschaft und Handel fokussiert sich Russland neben Waffenverkäufen – Russland ist weiterhin der wichtigste Waffenexporteur für Afrika2 – vor allem auf Energie und den extraktiven3 Sektor. Zunehmende Investitionen im Energiesektor signalisieren dabei eine strategische Ausrichtung auf die Sicherung langfristiger Energiepartnerschaften mit rohstoffreichen afrikanischen Ländern. 

 

Golfstaaten 

Bei den externen Akteuren spielen auch die Golfstaaten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate eine immer größere Rolle. Neben klassischem sicherheits- und entwicklungspolitischem Engagement haben strategische wirtschaftliche Investitionen in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Getrieben von der Notwendigkeit der Diversifizierung weg von fossilen Brennstoffen und dem Ringen um geopolitischen Einfluss verfolgen die beiden Länder aggressive und großvolumige Investitionsstrategien. Gemeinsam haben die Golfstaaten (inkl. Katar) in den Jahren 2022 und 2023 fast 113 Milliarden US-Dollar an ausländischen Direktinvestitionen auf dem afrikanischen Kontinent getätigt – mehr als im gesamten Jahrzehnt davor.4 Die Investitionen konzentrieren sich auf strategisch bedeutende und wachstumsstarke Sektoren, insbesondere Energie, Infrastruktur und Bergbau. Die Golfstaaten machen sich das Streben afrikanischer Länder nach einer Diversifizierung ihrer Partnerstrukturen zunutze und füllen Kapitallücken, die von anderen internationalen Akteuren hinterlassen werden. Einerseits bieten sie im Vergleich zu westlichen Partnern wesentlich flexiblere, schnellere und risikoaffinere Finanzierungen an. Andererseits gibt es Kritik an der Undurchsichtigkeit vieler Investitionen sowie Sorgen vor neuen extraktiven Beziehungen und Abhängigkeiten.

 

Türkei

Als aufstrebende Mittelmacht sieht sich die Türkei, deren wachsendes Engagement in Afrika im Kontext des Kampfes um regionale Vormachtstellung und Profilierung als Global Player gesehen werden muss. Es zeichnet sich vor allem durch rasantes Wachstum des Handelsvolumens, Ausweitung der diplomatischen Präsenz und zahlreiche Infrastrukturprojekte aus. Das türkische Handelsvolumen mit Afrika stieg zwischen 2003 und 2023 von 1,35 auf 12,4 Milliarden US-Dollar.5 Turkish Airlines hat sein Netzwerk massiv ausgebaut.6 Die Präsenz türkischer Unternehmen auf dem Kontinent wächst ebenfalls signifikant, auch dank gemeinsamer Business Councils, die die Türkei mit 45 afrikanischen Ländern eingerichtet hat.7

Die Türkei verbindet häufig Wirtschaftsbeziehungen und militärische Kooperation, unter anderem durch den Einsatz privater Sicherheitsunternehmen und Waffenverkäufe. Sie liefert kostengünstige Verteidigungsausrüstung und hat sich zum viertgrößten Waffenexporteur in Richtung Afrika entwickelt.8

Ihren Status als „Nebenakteur“ weiß die Türkei geschickt zu nutzen, konzentriert sich im Schatten der großen Geber auf gezielte Investitionen in Kerninteressengebiete und präsentiert sich als „neutraler“ und historisch unbelasteter Partner in Afrika.

 

USA

Wandel und Ungewissheit prägen das Engagement der Vereinigten Staaten, dem traditionell einflussreichsten externen Akteur auf dem afrikanischen Kontinent. Die USA verlagern ihre Strategie von einem hilfeorientierten zu einem investitionsgeleiteten Ansatz, der auf den Privatsektor als Wachstums- und Entwicklungsmotor setzt. Während diese Entwicklung schon seit vielen Jahren erkennbar ist, gewinnt sie unter der Trump-Administration an Dynamik – und Ungewissheit. Die drastischen Kürzungen der USAID-Programme gefährden wichtige Entwicklungsfortschritte in vielen afrikanischen Ländern, erhöhen die Volatilität, eröffnen Räume für andere Akteure und schwächen ein wichtiges Instrument der US-amerikanischen soft power. Hinzu kommen die direkten und indirekten Auswirkungen der erratischen Zollpolitik auf afrikanische Länder und deren Wirtschaftsbeziehungen zu den USA.

Inwiefern zukünftige Instrumente des Engagements kohärent zum Einsatz kommen werden, ist noch nicht absehbar. Auch die Zukunft des Ende September 2025 auslaufenden African Growth and Opportunity Act (AGOA)9, einem zentralen und erfolgreichen Element der Handelsförderung, ist ungewiss. Präsident Trump interessiert sich offensichtlich nur punktuell für Afrika, und zwar dann, wenn er transaktionale „Deals“ umsetzen kann. Ein Beispiel dafür ist das Ende Juni 2025 von den USA vermittelte Friedensabkommen zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo. Man bekomme im Gegenzug Zugriff auf eine Menge mineralischer Bodenschätze im Kongo, verkündete Trump stolz.10

Der Wettlauf um Rohstoffe birgt das Risiko eskalierender Konflikte und überforderter Governance-Strukturen.

Mit oder ohne kohärente Strategie: Der Kontinent ist strategisch wichtig für die USA. Das gilt natürlich auch für das militärische Engagement, welches neben der Bekämpfung von Sicherheitsrisiken und der Förderung von Stabilität auch explizit die Eindämmung der militärischen Expansion Chinas als Ziel verfolgt.

 
Übersicht: Ansätze und Motive ausgewählter Akteure
Land Motive / Ziele des Engagements in Subsahara-Afrika Instrumente / Modalitäten
China Wirtschaft
Ressourcen- und Marktzugang

Geopolitik
Schauplatz im Systemwettbewerb | Stärkung illiberaler Gesellschaftsmodelle | Beeinflussung von Eliten | Regimesicherheit

Sicherheit
Stabilität für Investitionen | Festigung der Rolle als Global Player
Keine Konditionalitäten („no strings attached“) | Fokus auf Ausbau des Handelsnetzwerks | Verknüpfung mit BRI-Strategie | Kredite (historisch: schuldenfinanzierte Infrastruktur, aktuell: Übergang zu kleineren Projekten) | Privatsektorinvestitionen | Zollbefreiungen | Waffenhandel | Militärausbildung | Teilnahme an UN-Missionen | Beeinflussung politischer Parteien und Eliten | Beeinflussung der öffentlichen Meinung | Dual-Use Strukturen für militärische Machtprojektion
Russland Wirtschaft
Ressourcenzugang | Waffenhandel | Begrenztes Volumen

Geopolitik
Schwächung des Westens | Großmachtstreben | Hybride Kriegsführung | Förderung autoritärer Regime | Multipolarität

Sicherheit
Regimeschutz | Destabilisierung | Militarisierung
Keine Konditionalitäten | Paramilitärische Kräfte (Africa Corps, früher: Wagner-Gruppe) | Unterstützung autoritärer Regime | Militärausbildung | Rohstoffdeals (u. a. Waffen für Gold) | Wirtschaftsabkommen | Desinformationskampagnen (auch gezielt zu Wahlen)
Golfstaaten Wirtschaft
Wirtschaftliche Diversifizierung | Energiesicherheit | Post-carbon-Strategien

Geopolitik
Strategischer Einfluss | Neue Partner | Sicherung von Handelsrouten

Sicherheit
Schutz von Investitionen
Fokus auf attraktive Investitionsmodelle | Staatsfonds-Investment, Kredite | Blended finance und public-private partnerships | Sicherheitskooperation (in begrenztem, aber wachsendem Maße)
Türkei Wirtschaft
Energiesicherheit | Marktzugang

Geopolitik
Etablierung als Mittelmacht | Afro-eurasische Achse | Großmachtstreben

Sicherheit
Militärkooperation | Waffenhandel
Hauptfokus auf wachsendem Handel | Strategische Investitionen | Militärkooperation, Verteidigungsabkommen | Konfliktdiplomatie (Mediationsbemühungen) | Kultur-, Bildungs- und Medienarbeit | Religiöse Netzwerke | Wachsende diplomatische Präsenz | Turkish-Airlines-Flugnetz als strategisches Element | Humanitäre Hilfe (in begrenztem Umfang)
USA Wirtschaft
Ressourcen- und Marktzugang | Sicherung von Lieferketten

Geopolitik
Demokratieförderung | Dominanz des Westens

Sicherheit
Terrorismusbekämpfung | Stabilität | Einfluss durch Militärpräsenz
Graduelle Abwendung von der Hilfslogik | Fokus auf Handel (AGOA, Prosper Africa, Unterstützung für AfCFTA) | Förderung von Privatsektorinvestitionen | Unter Trump: transaktionale Deals, umfangreiches Engagement im Sicherheitssektor, nach wie vor führende diplomatische Präsenz, Entwicklungsfinanzierung | In reduziertem Umfang: klassische Entwicklungsprojekte, humanitäre Hilfe, Demokratieförderung
 

Konkurrierende Ansätze: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Ein Überblick des Engagements ausgewählter Akteure zeigt eindeutige Trends und Prioritäten auf. Die strategische Positionierung und Einflussnahme im geopolitischen Wettstreit sind zentrale Motive aller Akteure. Auch das Interesse an verstärktem Handel und Zugang zu Rohstoffen ist Antrieb aller Akteure. Bei der Jagd nach Bodenschätzen und Seltenen Erden ist die Gefahr groß, dass sich die Konkurrenz zunehmend konfliktiv auflädt und bestehende Governance-Strukturen überfordert. Beim Engagement im Sicherheitssektor zeigen sich größere Unterschiede und teilweise konträre Ansätze.

Besonders aber fallen die Unterschiede bei der Werteorientierung auf. Während Deutschland und andere westliche Partner oft wertebasiertes Engagement mit entsprechenden Auflagen voranstellen, drängen afrikanische Länder auf schnellen Zugang zu Finanzmitteln und Infrastruktur ohne wahrgenommene externe Einmischung in ihre souveränen Entscheidungen. Dies macht Ansätze mit (vermeintlich) keinen oder wenigen Bedingungen attraktiver und verschafft Akteuren wie China und der Türkei, die zumindest vorgeben, das Prinzip der Nicht-Einmischung zu beachten, einen Vorteil.

Ein weiterer zentraler Aspekt sind groß angelegte Infrastruktur- und Energieinvestitionen. China investiert zum Beispiel massiv in Verkehrsinfrastruktur, Wasserkraft und andere Energieprojekte. Die Golfstaaten stecken Milliarden in erneuerbare Energien, Häfen und Bergbau, auch die Türkei baut an Flughäfen, Straßen und Kraftwerken mit. Die Bereitstellung von Infrastruktur und Energielösungen schafft Grundlagen für Wirtschaftsentwicklung in den Zielländern, erleichtert Handel und sichert langfristigen wirtschaftlichen Einfluss. Bei den afrikanischen Partnern finden derartige Projekte großen Anklang und stärken die Sichtbarkeit des Engagements. Das deutsche Engagement dagegen ist oft zu fragmentiert, bürokratisch und wenig prominent. Ein Fokus auf sichtbare, transformative Großprojekte wäre nur über umfassende, integrierte Investitionsansätze denkbar.

Obwohl der Wettbewerbsgedanke wohl allen Akteuren eigen ist, zeichnen sich Russland und China hier durch eine besondere Vehemenz aus. Ihnen geht es nicht nur um die eigene Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Die bewusste Schwächung und Diskreditierung westlicher Akteure ist ein strategisches Element des eigenen Engagements. Und doch muss hier auch eine Unterscheidung vorgenommen werden: Während China ein Interesse an Stabilität hat, auch im Sinne von Investitionsschutz, setzt Russland, in Ermangelung wirtschaftlicher Stärke, oft bewusst auf die Förderung von Instabilität, um die eigenen Einflussmöglichkeiten zu verbessern.

Mehr Wettbewerb führt nicht automatisch zu mehr Selbstbestimmung oder besseren Bedingungen für afrikanische Länder.

Für afrikanische Länder bietet das stärkere Engagement verschiedener Akteure die Möglichkeit, das Partnerspektrum auszuweiten und zwischen verschiedenen Angeboten auszuwählen. Wettbewerb belebt das Geschäft, könnte man an dieser Stelle anmerken. Doch es ist kein Automatismus, dass sich aus dem erhöhten Wettbewerb stärkere Selbstbestimmung und bessere Modalitäten für die afrikanischen Länder ergeben. Dafür gibt es zu viele Fallstricke, drohende neue Abhängigkeiten und Tendenzen zu extraktiven Deals. Letztgenannte mögen in dem einen oder anderen Fall für die regierende Elite lukrativ sein, aber nicht der nachhaltigen Entwicklung des Landes dienen. Zu den zweifelhaften Projekten zählen neben Goldminen, die von Russland als Bezahlung für militärische Stabilisierung von Junta-Regierungen in Westafrika ausgebeutet werden, auch verschiedene teure Infrastrukturprojekte von begrenztem Nutzen.

 

Kernherausforderung für Deutschland: Engagement stärken

Die wichtigste Schlussfolgerung aus der Beobachtung des Engagements anderer Akteure ist simpel und gleichzeitig die größte Herausforderung: Deutschland kann sich nicht erlauben, sein Engagement in Subsahara-Afrika zu vernachlässigen. Deutschland und Europa stehen in Afrika unter extremem Druck infolge des wachsenden – und teils erfolgreicheren – Engagements anderer Akteure. Gleichzeitig sind sie auf starke Partnerschaften und strategischen Einfluss auf dem Kontinent angewiesen. Während jene Akteure also die Relevanz Afrikas erkannt haben, wird das deutsche und teilweise auch das europäische Engagement noch immer durch eine vor allem humanitäre Linse betrachtet. Diese Grundhaltung in der EZ wird weder der agency afrikanischer Gesellschaften noch unseren strategischen Interessen gerecht. Fragmentierte Ansätze und Projekte, fast immer ohne Strahlkraft, häufig ohne wahrgenommene Relevanz, und ein stiefmütterlicher Blick auf Afrika als „Empfänger von Hilfe“ bestimmen die deutsche Aktivität auf dem Kontinent. Hohe bürokratische Hürden, unflexible Finanzierungsinstrumente und Genehmigungsverfahren stoßen in vielen Ländern des Kontinents auf Unverständnis und erschweren effektives deutsches Engagement. Kurzum: Deutschland fehlt es in Afrika an einem zeitgemäßen Leitbild der Zusammenarbeit.

Die radikale Umstellung des Engagements der USA sollte eher abschreckendes Beispiel als Inspiration sein. Die drastischen Kürzungen bei den Mitteln für Entwicklungsprojekte haben dramatische kurzfristige Effekte und könnten auch langfristig wichtige Entwicklungsbemühungen stark ausbremsen. Es wäre eine Katastrophe für den Kontinent, wenn sich weitere westliche Partner auf ähnliche Weise aus der Verantwortung ziehen – zumal sie damit letztlich auch wichtige Hebel zur Einflussnahme verlieren würden.

Eine zentrale Lehre im Vergleich der Ansätze ist, dass ein integrierter Ansatz über wirtschaftliche, sicherheitspolitische und entwicklungspolitische Dimensionen hinweg entscheidend für Wirkung und Einfluss ist. China demonstriert eine hochgradig koordinierte, langfristige und politikfeldübergreifende strategische Vision. Die Golfstaaten verknüpfen erfolgreich diplomatische Initiativen, Finanzierungsmodelle und Privatsektormobilisierung in einem einheitlichen Ansatz. Die Türkei ergänzt ihr wirtschafts- und sicherheitspolitisches Engagement mit strategischen Elementen von soft power. Ein solcher integrativer Ansatz wäre auch für das deutsche Engagement ratsam. Doch dafür wäre eine ressortübergreifende strategische Anstrengung nötig.

Wirtschaftliche Herausforderungen, eine angespannte Haushaltslage, wachsende Sozialausgaben, sicherheitspolitische Gefahren, ein wachsender Wehretat – vor diesem Hintergrund fällt es nicht leicht, Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit zu rechtfertigen. Dennoch sollte Deutschland sein Engagement in Afrika aufrechterhalten und qualitativ stärken. Dies muss zwangsläufig einhergehen mit einer Anpassung von Strukturen und Modalitäten zugunsten von mehr Effizienz sowie dem klaren Verständnis, dass die Ausgaben auch eine Investition im Sinne deutscher Interessen darstellen.

Deutschland ist traditionell sehr zögerlich im Bekenntnis zu den eigenen Interessen.
 

Lehren aus deutscher Sicht: Fünf zentrale Anliegen

Empfehlungen für die Ausrichtung des deutschen entwicklungspolitischen Engagements in Afrika gibt es zur Genüge. Zahlreiche Positionspapiere von Verbänden und Parteien, Studien aus der Forschung, Strategiepapiere aus Ministerien beschäftigen sich vor allem mit wichtigen Anpassungen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die tatsächliche Übertragung in die politische Gestaltung lässt bisher jedoch zu wünschen übrig. Im Kontext des Wettbewerbs mit anderen Gebern und unter Berücksichtigung der teils abschreckenden, teils inspirierenden Beispiele aus deren Engagements sollen an dieser Stelle fünf zentrale Bereiche hervorgehoben werden, in denen der Anpassungsbedarf am dringendsten erscheint.

 

1. Transparente Interessenpolitik

Welchen Interessen dient das deutsche Engagement in Subsahara-Afrika? Weder den eigenen noch denen der Partnerländer, würden manche Zyniker behaupten. Das stimmt natürlich nicht. Aber die Angriffsfläche für eine solche Behauptung ist durchaus gegeben. Auf der einen Seite war Deutschland traditionell immer sehr zögerlich im Bekenntnis zu den eigenen Interessen und versteckte sich hinter der Hilfslogik der EZ. Auf der anderen Seite gelingt es anderen Akteuren aktuell offenbar viel besser, auf die Interessen der afrikanischen Länder einzugehen.

Deutschland sollte sein Engagement deutlicher an afrikanischen Interessen ausrichten, dabei seine eigenen Interessen offen und selbstbewusst vertreten. Das kann konkret bedeuten, dem Wunsch nach Infrastrukturinvestitionen stärker nachzukommen und dieses Feld nicht primär anderen Akteuren zu überlassen. Es ist kein Widerspruch, neben langfristigen Strategien der Nachhaltigkeit, auch Projekte mit unmittelbar hoher Strahlkraft zu ermöglichen, die schnelle und sichtbare Ergebnisse erzielen. Im Idealfall sollte sich die Kooperation jenen Bereichen widmen, in denen sich eine deutliche Schnittmenge der Interessen ergibt. Eine Win-win-Konstellation ist vor allem dann möglich, wenn eine aktive Involvierung des deutschen Privatsektors gefördert wird.

Eine bessere Berücksichtigung afrikanischer Interessen kann auch bedeuten, stärker auf nationale und regionale Entwicklungspläne wie die Agenda 206311 der Afrikanischen Union Bezug zu nehmen, wie es zum Beispiel China und die Golfstaaten tun. Eine intensive Zusammenarbeit mit afrikanischen Regionalorganisationen, die Unterstützung der Afrikanischen Freihandelszone AfCFTA und die Stärkung afrikanisch geführter Sicherheitsinitiativen zählen ebenfalls dazu.

Eine transparente Bezugnahme auf die eigenen Interessen und eine offene Diskussion der Modalitäten des deutschen Engagements kann auch in Abgrenzung zu anderen Akteuren ein Vorteil sein. Chinas Behauptung, seine Unterstützung sei frei von politischen Bedingungen, wird auch in Afrika zunehmend hinterfragt – nicht zuletzt aufgrund gegenteiliger Erfahrungen in den vergangenen Jahren. Intransparente Verfahren rund um Investment-Deals nähren die Sorge vor neuen Abhängigkeiten und Ausbeutung. Das bietet eine Chance für Deutschlands Profilierung als glaubwürdige Alternative.

 

2. Mobilisierung der eigenen Wirtschaft

Der Blick auf andere Akteure zeigt, dass nahezu alle es besser verstehen, den heimischen Privatsektor in das Engagement einzubeziehen. Für China, die Golfstaaten und die Türkei ist dies seit Langem Teil der Strategie, zuletzt unternahmen auch die USA eine massive Verschiebung in diese Richtung. Im Gegensatz zu Deutschland gelingt es diesen Akteuren immer wieder, aus ihrer Entwicklungszusammenarbeit in Afrika wirtschaftliches Kapital zu schlagen. Dies geschieht im Falle Chinas unter anderem durch die nahezu exklusive Beauftragung eigener Unternehmen mit der Durchführung von Entwicklungsprojekten. Aber auch westliche Staaten schaffen es, ihre eigene Wirtschaft deutlich stärker in ihre Entwicklungszusammenarbeit einzubinden – trotz der Kategorisierung eines Großteils ihrer öffentlichen Entwicklungsgelder (ODA-Mittel) als untied aid, also Hilfen, die nicht ausdrücklich an Aufträge für eigene Unternehmen gebunden sind. Während andere Staaten so aktiv Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Expansion ihrer Unternehmen schaffen, geht Deutschland hier viel zu passiv vor, schlimmer noch, ein beachtlicher Teil deutscher EZ-Mittel geht an geopolitische Rivalen.

Unternehmen aus China und den Golfstaaten profitieren von fehlenden festen Standards und Anforderungen, die ihre Tätigkeiten regulieren. Zugleich betont China die Nicht-Einmischung in interne Angelegenheiten des Gastlandes, während die unterschwellige Umgehung von Standards für die Bevölkerung des jeweiligen Landes vor allem Ausbeutung und Umweltschäden zur Folge hat. Aktuelle Beispiele lassen sich unter anderem in Simbabwe betrachten, wo chinesische Unternehmen Plastiktüten produzieren oder aus China importieren, die in Simbabwe geltende Standards unterlaufen und bedeutend zur Verschmutzung der Umwelt beitragen.12 Oder ebenso in den Praktiken chinesischer Bergbauunternehmen, die gezielt Umwelt- und Arbeitsrechte in Simbabwe umgehen.13 Deutschland muss hier zwangsläufig einen anderen Ansatz verfolgen. Grundsätzlich sollte es das Ziel sein, Hürden für die Beteiligung zu verringern, ohne auf wichtige Standards und Auflagen zu verzichten. Dabei muss sorgfältig abgewogen werden, wie diese gestaltet werden – zum Beispiel bei der Lieferkettengesetzgebung –, ohne dass sie einen massiven Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen mit sich bringen.

Die Vorbehalte gegenüber US-Präsident Trumps unvorhersehbarem Agieren und das Entsetzen über die Hilfskürzungen sollten uns nicht daran hindern, die neue US-Afrikastrategie auf sinnvolle Anregungen zu prüfen. Zentrale Punkte sind: gezielte Verknüpfung von mehr US-Unternehmen mit Afrika, proaktive Wirtschaftsdiplomatie (Botschafter sind beauftragt, sich aktiv für US-Unternehmen zu engagieren und Geschäftsabschlüsse zu fördern), Fokus auf Infrastrukturprojekte mit US-amerikanischer Unternehmensbeteiligung, Förderung marktrelevanter Reformen, Anpassung von Finanzierungsinstrumenten.14

Afrikanische Länder fordern Investitionen mit lokaler Wertschöpfung und Technologietransfer.

Bei den Finanzierungsinstrumenten lohnt auch ein Blick auf die Golfstaaten. Deren ausgeklügelte Finanzarchitekturen und Risikominimierungsstrategien und der Fokus auf public-private partnerships für großvolumige Investitionen zeigen, wie privates Kapital erschlossen werden kann.15 Deutschland sollte Reformen bei Exportkredit- und Investitionsgarantien umsetzen und seinerseits innovative Finanzierungsinstrumente einführen, die auf die als risikoreich wahrgenommenen Märkte in Afrika zugeschnitten sind. Dies ist entscheidend, damit deutsche Unternehmen erfolgreich mit anderen Akteuren konkurrieren können. Dabei muss man auch das typisch deutsche Bürokratieproblem thematisieren. Pragmatische Ansätze und zügige Verfahren müssen zentrale Faktoren bei der erfolgreichen Verknüpfung von EZ und Außenwirtschaftsförderung sein.

 

3. Nachhaltige Investitionen

Deutschland sollte auf faire und partnerschaftliche Wirtschaftsbeziehungen setzen und den Dreiklang Industrialisierung, Wertschöpfung und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort als oberste Priorität der EZ im Sinne nachhaltiger Entwicklung fest verankern.

Im Bereich der Rohstoffpartnerschaften, vor allem bezogen auf die Energiewende, sind Deutschland und Europa massiver Konkurrenz ausgesetzt. Während westliche Akteure weiterhin eine große Rolle in der Förderung von Rohstoffen in Afrika spielen, arbeitet China aktiv daran, den Abstand zu verringern. Besonders Seltene Erden und andere kritische Ressourcen sind hier begehrt und die bereits jetzt beeindruckende Marktmacht Chinas bei diesen wird durch gezielte Investitionen und Abkommen weiter ausgebaut. Die Golfstaaten und die Türkei drängen ebenfalls nach vorn. Hier kann sich Deutschland aber qualitativ von anderen Akteuren abgrenzen, die über die reine Rohstoffausbeutung extraktive Wirtschaftsmodelle perpetuieren. Afrikanische Länder fordern zu Recht Investitionen, die lokale Wertschöpfung, Industrialisierung und Technologietransfer fördern. Mit seiner starken Industrie- und Technologiebasis ist Deutschland gut gewappnet für Kooperationen, die über den reinen Rohstoffhandel hinausgehen.

Das deutsche Engagement kann besonders dann attraktiv und wettbewerbsfähig sein, wenn es sich gezielt auf Investitionen in Schlüsselbereiche mit hohem gegenseitigem Nutzen und Übereinstimmung mit afrikanischen Prioritäten konzentriert. Dazu zählen neben kritischen Rohstoffen auch erneuerbare Energien. Wenn hier auf die Entwicklung lokaler Verarbeitungskapazitäten gesetzt wird, ergeben sich gewinnbringende Partnerschaften, die Deutschlands strategische Anliegen mit den Entwicklungszielen der Partnerländer verknüpfen.

Auch in den Bereichen moderne Landwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe und Berufsbildung kann Deutschland seine Expertise einbringen und von seiner Reputation profitieren. Deutsche Wertarbeit, Mittelstandsunternehmen und duale Ausbildung sind afrikanischen Partnern ein Begriff und sehr positiv besetzt. Deutschland sollte Aspekte von Qualität, Langfristigkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung für Menschen und Umwelt dabei durchaus selbstbewusst betonen. Hochwertige, nachhaltige Lösungen im Vergleich zu billigen, weniger nachhaltigen Optionen müssen als Wettbewerbsvorteil herausgearbeitet werden.

Zum Aspekt der Nachhaltigkeit zählt auch die Berücksichtigung der Schuldentragfähigkeit. Die teilweise massiven, undurchsichtigen chinesischen Investitionen in den frühen Jahren der Belt and Road Initiative haben in einigen Ländern des Kontinents zu einer enormen Staatsverschuldung geführt. Auch wenn man in China inzwischen vorsichtiger geworden ist, die Staatshaushalte seiner Partner nicht überzustrapazieren, bleiben viele Projekte doch oftmals eine große Last für die Finanzen der betroffenen Staaten. Während einige Projekte tatsächliche wirtschaftliche Chancen schaffen, schmälern schlechte Konditionen, mangelhafte Machbarkeitsstudien und weitreichende Korruption in den Partnerländern positive Effekte. Auch die massiven Investitionen der Golfstaaten werden mit ähnlicher Sorge betrachtet. Hier kann sich Deutschland positiv abgrenzen, indem es sich weiterhin für transparente und nachhaltige Finanzierungspraktiken einsetzt und darüber hinaus innovative Finanzierungsmodelle voranbringt – in dem Bewusstsein, dass Entwicklungshilfegelder allein nicht ausreichen.

 

4. Werteorientierung und Demokratieförderung

Neben wirtschaftlichen Aspekten geht es im Wettbewerb externer Akteure in Afrika auch um konkurrierende Werte und Gesellschaftsmodelle. Autoritäre Akteure wie China und Russland setzen verstärkt auf den „Export“ ihrer erprobten autokratischen Instrumente, nehmen gezielt Einfluss auf politische Kräfte und Entscheidungsträger und schwächen demokratische Prozesse durch Desinformation und Manipulation.16

Politische Konditionalitäten sind ein zweischneidiges Schwert.

Dieser Herausforderung müssen wir nicht nur indirekt begegnen, indem wir auf die Attraktivität unseres Angebots setzen, sondern auch ganz direkt durch eigene Maßnahmen. Politische Konditionalitäten sind dabei ein wichtiges Instrument, aber auch ein zweischneidiges Schwert. Sie fördern einerseits Transparenz und die Einhaltung demokratischer Mindeststandards, gleichzeitig machen sie unser Angebot mitunter komplexer, langsamer und weniger attraktiv für die afrikanischen Partner. Ein Dilemma: Die daher notwendige Abwägung von Fall zu Fall birgt die Gefahr von Inkonsequenz und mangelnder Glaubwürdigkeit – aber ein one-size-fits-all-Ansatz ist nicht ratsam.

Besonderes Augenmerk muss in diesem Zusammenhang auch den Instrumenten von soft power gelten. Dazu zählen zum Beispiel der kulturelle Austausch, die Sprach- und Bildungsvermittlung, aber in ganz zentraler Funktion auch der Einsatz von Positivmaßnahmen zur Förderung prodemokratischer Kräfte, freier Medien, einer aktiven Zivilgesellschaft und einer pluralistischen Parteienlandschaft.

 

5. Kommunikation rund um das eigene Engagement

Hört man sich in verschiedenen Ländern Subsahara-Afrikas um und fragt nach Eindrücken zum Engagement verschiedener Staaten, bleiben die Antworten in Bezug auf Deutschland meist sehr vage. Dies liegt vor allem an der schwachen Eigendarstellung Deutschlands. Im Gegensatz zu anderen Akteuren existiert keine konsequente Erzählung rund um deutsches Engagement in Subsahara-Afrika.

China dagegen betreibt eine sehr aktive Imagepflege mit breit angelegten Medienkampagnen, die zumeist erfolgreich für eine positive Wahrnehmung sorgen. China weiß die Tatsache geschickt einzusetzen, selbst ein Opfer europäischen Kolonialismus gewesen zu sein. Essenziell ist hier die Betonung, China sei ein Entwicklungsland, Teil des „Globalen Südens“, trete für eine multipolare Weltordnung und gegen Kolonialismus ein.17 Dies ist als direkte Abgrenzung gegenüber der liberalen Ordnung und der europäischen Kolonialgeschichte zu verstehen. Diese angebliche historische Partnerschaft spiegelt jedoch keine tatsächlichen Realitäten wider. Die Diskriminierung afrikanischer Studenten in China zu Beginn der COVID-19-Pandemie oder chinesische Fischereiflotten in afrikanischen Gewässern werden auf dem Kontinent sehr negativ wahrgenommen.

Deutschland sollte darauf achten, nicht selbst antiwestliche Narrative in der EZ zuzulassen.

Auch russische Desinformationskampagnen schlagen in die Kerbe der historischen Belastung des europäisch-afrikanischen Verhältnisses, wobei diese weitaus feindseliger gegen den Westen agieren. Das heutige Russland zehrt dabei von der Unkenntnis weiter Teile der Bevölkerung Afrikas über seine imperialistische Natur und eigene Kolonialgeschichte. Außerdem trägt Moskaus frühere Rolle in der Förderung sozialistischer Befreiungsbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent während des Kalten Krieges positiv zum russischen Image bei. Aktuelle Gräueltaten russischer Wagnersöldner oder die revisionistische Agenda Russlands werden nur selten Thema breiter öffentlicher Diskurse.

Demgegenüber stehen westliche Staaten mit ihrem Engagement stets unter dem Verdacht der historischen Kontinuität des Kolonialismus. Hinzu kommt das in Subsahara-Afrika häufig als paternalistisch wahrgenommene Auftreten westlicher Akteure. Dies macht es Akteuren wie China und Russland einfach, durch Abgrenzung ein positives Image aufzubauen und westliche Akteure weiter zu diskreditieren. Diese Dynamik schränkt die Effektivität des deutschen und europäischen Engagements für Demokratie und Menschenrechte massiv ein, da sie derartige wertebasierte Anliegen unglaubwürdig macht.

Deutschland muss versuchen, dies durch eine genuine Betonung partnerschaftlicher Beziehungen auszugleichen. Ziel muss es sein, konkurrierenden Akteuren weniger Angriffsfläche zu bieten und sich von deren negativen Praktiken, die hervorzuheben sind, aktiv abzugrenzen. Es gilt darauf zu achten, selbst keine antiwestlichen Narrative in der EZ zuzulassen und jegliche als paternalistisch wahrnehmbare Nuance zu vermeiden. Gleichzeitig sollte eine pragmatische und wertebasierte Kooperation betont werden, und zwar als ganzheitliches Imagekonzept, welches den gesamten Umfang deutschen Engagements in Subsahara-Afrika umspannt.

 

Fazit

Um im Wettbewerb mit anderen Akteuren nicht ins Hintertreffen zu geraten, müssen alte Ansätze hinterfragt werden, um die Effizienz und Attraktivität des eigenen Angebots zu verbessern. Es steht viel auf dem Spiel, sollte dies nicht gelingen. Mögliche Implikationen: der Verlust von Einflussmöglichkeiten und ein Bröckeln internationaler Allianzen; der Vormarsch autoritärer Staats- und Gesellschaftsmodelle; der Verlust wichtiger Absatzmärkte und Investitionsziele für die eigene Wirtschaft; mangelnde Diversifizierung von Lieferketten und Engpässe bei wichtigen Rohstoffen; mangelnde Gestaltungsmöglichkeiten bei der Konfliktprävention, Extremismusbekämpfung und Friedenssicherung; Rückschritte bei Aspekten wie Ökologie, Gleichberechtigung und sozialer Inklusion.

Für ein intensives zukünftiges Engagement in Subsahara-Afrika, welches sich im Inland rechtfertigen lässt und in den Partnerländern attraktiv erscheint, bedarf es politischen Gestaltungs- und Reformwillens. Und zuallererst: Aufmerksamkeit für die Region, auch wenn viele andere Krisen und Herausforderungen gerade mehr im Vordergrund stehen. Entwicklungszusammenarbeit, Außenwirtschaftsförderung und Sicherheitspolitik müssen dabei – zusammen – neu gedacht werden.

Ein solch umfassender Anspruch kann rasch zu überhöhten Erwartungen und Überforderung führen – sowohl in der politischen Praxis als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Um dem entgegenzuwirken, ist eine strategische Schärfung des außenpolitischen Profils erforderlich. Dabei sollte sich Deutschland auf jene Felder konzentrieren, in denen es über einen komparativen Vorteil verfügt und seine Stärken gezielt einbringen kann. Zugleich bedarf es einer bewussten Abkehr von einer außenpolitischen Praxis, die allzu sehr in der Logik klassischer Entwicklungshilfe verhaftet ist, zugunsten eines umfassenderen Verständnisses internationaler Verantwortung. Voraussetzung hierfür ist eine kohärentere Zusammenarbeit zwischen den Ressorts, die bisher oft nebeneinanderher agieren. Ebenso drängt sich eine engere europäische Abstimmung auf – nicht zuletzt, um fragmentierte Ansätze zu überwinden und gemeinsame Handlungsfähigkeit zu stärken. Dabei sollten insbesondere jene Initiativen Vorrang erhalten, die konkret zur Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort beitragen, etwa durch die Linderung akuter Notlagen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen. Außenpolitisches Engagement gewinnt zudem an Wirkung, wenn es mit wirtschaftlichen Interessen in Einklang steht, strategische Partnerschaften im geopolitischen Wettbewerb stärkt, prodemokratische Kräfte in Partnerländern unterstützt und nicht zuletzt substanzielle Beiträge zu Frieden und Stabilität leistet.

 


 

Mathias Kamp ist Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kenia.

 

Jan-Ole Voß ist Trainee im Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kenia.

 


 

  1. Trump, Donald 2025: President Trump Holds a Press Conference with Prime Minister Shigeru Ishiba of Japan, The White House, YouTube, 07.02.2025, in: https://ogy.de/adnh [30.06.2025]. ↩︎
  2. George, Mathew et al. 2025: Trends in International Arms Transfers, 2024, SIPRI Fact Sheet, Stockholm International Peace Research Insitute, März 2025, in: https://ogy.de/3bw2 [15.07.2025]. ↩︎
  3. „Extraktiv“ oder „Extraktive Beziehungen“ bezeichnen in diesem Zusammenhang asymmetrische wirtschaftliche Strukturen, bei denen einseitig Rohstoffe oder Ressourcen aus einem Land oder einer Region entnommen werden, ohne dass dort nachhaltige Entwicklung, lokale Wertschöpfung oder gesellschaftlicher Nutzen entsteht. ↩︎
  4. Procopio, Maddalena / Čok, Corrado 2025: Diversification nations: The Gulf way to engage with Africa, Policy Brief, European Council on Foreign Relations, 24.03.2025, in: https://ogy.de/vix6 [30.06.2025]. ↩︎
  5. Parens, Raphael / Plichta, Marcel 2025: Turkey’s Return to Africa, Foreign Policy Research Institute, 10.03.2025, in: https://ogy.de/z4oh [30.06.2025]. ↩︎
  6. Turkish Airlines, Investor Relations: Flight Network, in: https://ogy.de/z2f9 [06.08.2025]. ↩︎
  7. Ministry of Foreign Affairs, Republic of Türkiye: Türkiye-Africa Relations, in: https://ogy.de/ic8g [23.07.2025]. ↩︎
  8. Parens / Plichta 2025, N. 5. ↩︎
  9. Der African Growth and Opportunity Act (AGOA) ist ein US-amerikanisches Handelsgesetz, das ausgewählten Ländern in Subsahara-Afrika zollfreien Zugang zum US-Markt gewährt, um wirtschaftliches Wachstum und regionale Integration zu fördern. ↩︎
  10. Mureithi, Carlos 2025: Trump eyes mineral wealth as Rwanda and DRC sign controversial peace deal in US, The Guardian, 27.06.2025, in: https://ogy.de/qi2c [30.06.2025]. ↩︎
  11. Die Agenda 2063 ist der langfristige Entwicklungsrahmen der Afrikanischen Union, der das Ziel verfolgt, Afrika bis zum Jahr 2063 zu einem wohlhabenden, integrierten, friedlichen und selbstbestimmten Kontinent zu entwickeln. ↩︎
  12. Mujuru, Linda 2025: Zimbabwe Fights a Losing Battle Against Illegal Chinese Plastics, Global Press Journal, 02.03.2025, in: https://ogy.de/w4eq [23.07.2025]. ↩︎
  13. Africa Defense Forum 2025: Troubles Mount With Chinese Mining In Zimbabwe, 22.04.2025, in: https://ogy.de/xlgd [30.06.2025]. ↩︎
  14. Mersie, Ayenat 2025: Inside the United States’ new ‚trade, not aid‘ strategy in Africa, devex, 23.05.2025, in: https://ogy.de/4pa9 [30.06.2025]. ↩︎
  15. Kolek, Brian 2025: Scaling Renewable Energy Investments: The UAE’s Strategic Blueprint for Africa, Renewables in Africa, 20.05.2025, in: https://ogy.de/wwnj [30.06.2025]. ↩︎
  16. Kamp, Mathias 2021: Das Engagement autoritärer Geberstaaten in Afrika, Auslandsinformationen 2/2021, Konrad-Adenauer-Stiftung, 05.07.2021, in: https://ogy.de/wwuq [30.06.2025]. ↩︎
  17. Wang, Yi 2021: Working Together to Write a New Chapter of Developing Countries Seeking Strength Through Unity, Embassy of the People’s Republic of China in the Republic of Kenya, 12.10.2021, in: https://ogy.de/3e70 [30.06.2025]. ↩︎

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