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Disqualifikation von "Wunschkandidaten" im Vorfeld der Senatswahlen macht die Nationale Wahlkommission Thailands zum "Bu

Es sollte der erste Urnengang nach den veränderten, demokratischeren Spielregeln der Reformverfassung von 1997 werden: Nunmehr drohen die für den 04. März angesetzten Wahlen zum thailändischen Senat, der zweiten Parlamentskammer, zu einer Abstimmung über die Glaubwürdigkeit der Charta sowie die Praktikabilität einiger ihrer zentralen Bestimmungen zu werden. Dafür haben jüngste Entscheidungen der Nationalen Wahlkommission (ECT) gesorgt, die u. a. mehreren in der Bevölkerung sehr populären Kandidaten aus formalen Gründen das passive Wahlrecht entzogen hat. Eine Welle aus Unverständnis hierüber beherrscht derzeit das innenpolitische Klima.

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Bisher war der Senat eine Parlamentskammer mit vom König auf Vorschlag des Premierministers ernannten Mitgliedern, zumeist Vertreter der Bürokratie, des Militärs und der Wirtschaft. Bedingt u.a. durch die Berufung per Dekret blieb den Senatoren im Urteil von Medien, Demokratieaktivisten und Teilen der Öffentlichkeit die Anerkennung als unabhängiges, von Einflüssen der Exekutive freies Organ der Gesetzgebung zumeist versagt, zumal frühere Regierungen bewußt den Einfluß von Verwaltungsbürokratie und Militär auf die Gesetzgebung dadurch zu sichern versuchten, daß sie zahlreiche Vertreter dieser beiden Machteliten zu Senatoren ernannten und somit das Abstimmungsverhalten dieser Parlamentskammer weitgehend lenken konnten.

Viele Senatoren galten daher nurmehr als parlamentarische Vertreter von Partikularinteressen ihrer Gesellschaftsschicht bzw. Berufsgruppe. An dieser kritischen Bewertung änderte auch die vom ernannten Senat z. T. mit großem Engagement durchgeführte Prüfung der Beschlüsse des Repräsentantenhauses im Rahmen der Gesetzgebungsverfahren nichts. Nicht umsonst verfolgten die Autoren der Verfassung von 1997 andere Ziele mit der damals beschlossenen umfassenden Reform des Senats.

Die Hoffnungen der zivilgesellschaftlichen Organisationen ruhten bisher auf dem im März erstmals direkt zu wählenden Senat: Diese Parlamentskammer sollte i h r Forum werden, ein Spiegelbild der Gesellschaft und frei von schädlichen Einflüssen der Parteipolitik, die von diesen Kräften nicht unbedingt als gemeinwohlorientiert, sondern als maßgeblich für zahlreiche strukturelle Schwächen des Landes verantwortlich identifiziert wird. Aus diesem Grund gibt es Verfassungsbestimmungen, die die Kandidaten für die Senatswahl formalen Kriterien unterwerfen, um so das vermeintlich unterschiedliche Selbstverständnis zu dokumentieren und die gewünschte Distanz zur anderen Parlamentskammer herzustellen. Ob dieser künstlich aufgebaute Gegensatz zwischen "schlechter" Politik im Repräsentantenhaus und "guter" Gemeinwohlorientierung im Senat überhaupt realistisch und vermittelbar, ob er hilfreich gewesen ist für die Unterstützung eines Reformprozesses, in dessen Zentrum ursprünglich die Stärkung des parlamentarischen Systems und seiner Institutionen stand, sei dahingestellt.

Ein amtierender Senator kann gemäß der neuen Verfassung in der unmittelbar nachfolgenden Wahlperiode nicht wiedergewählt werden. Damit soll vermieden werden, daß politische Erbhöfe entstehen. Zur Gewährleistung einer gewissen Distanz zur parteipolitisch geprägten Arbeit des Repräsentantenhauses dienen Verfassungsbestimmungen, wonach Kandidaten für den Senat (die mindestens 40 Jahre alt sein und einen akademischen "Bachelor"-Grad nachweisen müssen) weder einer politischen Partei noch dem Repräsentantenhaus angehören dürfen.

Der Wechsel eines gewählten Senators in ein politisches Amt bzw. die Übernahme eines Abgeordnetenmandats setzt sowohl das Ausscheiden aus dem Senat als auch den Ablauf z.T. längerer Übergangsfristen voraus. Kandidaten für den Senat dürfen auch keine Angehörigen von Regierungsbehörden oder Staatsunternehmen sein. Diese Einschränkungen hat man beim Verfassungsentwurf auch auf Konzessionsinhaber, Partner oder Anteilseigner von Unternehmen ausgedehnt, die Konzessionen von Regierungsstellen oder Staatsunternehmen erhalten.

Dem Senat als zweiter Parlamentskammer kommt eine wesentliche Funktion bei der Auswahl, Ernennung, Empfehlung oder Bestätigung von Personen für bzw. die Entfernung aus wichtigen Ämtern oder Gremien zu, welche für die Gewährleistung der von der Verfassung angestrebten Verantwortlichkeit und Transparenz politischen Handelns entscheidend sind (z.B. Verfassungsgerichtshof, Wahlkommission, Menschenrechtskommission, Ombudsmann, Nationale Anti-Korruptionsbehörde und Rechnungsprüfungskommission). Er muß völkerrechtlich bindenden Entscheidungen des Repräsentantenhauses, aber auch Notverordnungen zustimmen und verfügt über das Recht zu einem aufschiebenden Veto im Gesetzgebungsverfahren.

Die 200 Mitglieder des neuen Senats werden aus einer Direktwahl auf Wahlkreisbasis hervorgehen. Ihre Amtszeit beträgt sechs Jahre. Beworben haben sich innerhalb der bis zum 25. Dezember 1999 laufenden landesweiten Registrierungsperiode insgesamt 1.107 Kandidaten in Bangkok und den 76 Provinzen. Die bevölkerungsreiche Hauptstadt wird mit 18 Senatoren das größte Einzelkontingent eines Ortes stellen, während die Provinzen ja nach Größe bis zu maximal fünf Senatoren entsenden.

Stein des Anstoßes in der gegenwärtig z.T. in scharfem Ton geführten öffentlichen Debatte sind die Entscheidungen der Nationalen Wahlkommission (ECT), einige über den Parteien stehende, national hoch angesehene Persönlichkeiten, die sich als Kandidaten für den Senat aufstellen ließen, aus formellen Gründen zu disqualifizieren. Darunter befinden sich u.a. Mechai Viravaidya, Vorsitzender der "Population & Community Development Assocation" (PDA, ein langjähriger Partner der Konrad-Adenauer-Stiftung) sowie der bekannte Menschenrechtsanwalt Thongbai Thongpao, beide Träger des Magsaysay-Preises, einer Auszeichnung für überragende Verdienste im Bereich der Entwicklungsarbeit, die in Südostasien gemeinhin als "kleiner Nobelpreis" gilt.

Auch ein dritter Magsaysay-Preisträger, Sophon Suphapong, ist betroffen. Die ECT beruft sich bei ihren strittigen Entscheidungen auf einen Verfassungsartikel, der den Status eines Kandidaten als "other State official" als Ausschlußgrund für das passive Wahlrecht benennt. Zum Streitpunkt wird diese Verfassungsinterpretation der ECT dadurch, daß sie auch die Mitgliedschaften von Kandidaten in den Aufsichtsgremien von Universitäten, staatlichen Bildungseinrichtungen und Staatsunternehmen als gleichbedeutend mit dem Status eines "State official" ansieht. Dabei wird kein Unterschied dahingehend gemacht, ob diese Gremien z.B. zu rechtswirksamen Entscheidungen befugt sind, nur beratende Funktionen haben oder ihre Mitglieder eine Entschädigung für ihre Tätigkeit enthalten.

Die politische Brisanz des Vorgehens der ECT ergibt sich aus dem Kontext ihrer Entscheidungen:

Die Kommission handelt bei der Kandidatenzulassung zur Zeit lediglich auf der Basis der allgemein gehaltenen Verfassungsbestimmungen. Ein detaillierteres Begleitgesetz fehlt ebenso wie ein in diesem Punkt hilfreicher, tiefergehender Verfassungskommentar und das, obwohl seit der Verabschiedung der Verfassung mehr als zwei Jahre vergangen sind. Das jetzige Dilemma ist also hausgemacht, wobei die ECT als "Sündenbock" nur z.T. für die daraus entstandenen Probleme verantwortlich erscheint. Ebenso könnte man dem Repräsentantenhaus, aber auch der ehemaligen Verfassunggebenden Versammlung Versäumnisse im gesetzgeberischen Vorfeld vorwerfen.

Durch die Entscheidungen der ECT werden einige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die zumeist auf langjähriges, verdienstvolles soziales Engagement zurückblicken können und deren Absicht des politischen Engagements im neuen Senat weitgehende öffentliche Unterstützung genoß (ihre Wahl galt gemeinhin als sicher), von der politischen Entscheidungsfindung ausgeschlossen. Es besteht die Gefahr, daß der Senat nun insbesondere von den sozial schwächeren Wählergruppen als Volksvertretung ohne die wirklich anerkannten Volksvertreter perzipiert wird.

Diese Einschätzung wird gestützt durch die z.T. mit ebenso großer Verwunderung von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommene Zulassung von Ministerehefrauen, Angehörigen von Parlamentsabgeordneten und Personen mit bekanntermaßen strafrechtlich relevantem Hintergrund als offizielle Kandidaten für die Senatswahl. Diese Personengruppe repräsentiert in keiner Weise das politische und persönliche Idealprofil von Senatoren im Sinne der Verfassung, sondern wirkt vielmehr als Symbol des ungebrochenen Einflusses alter, rückwärtsgewandter Kräfte.

Hinzu kommt, daß u.a. Kandidaten, die als Minderheitenvertreter gelten, bis auf weiteres vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen wurden. Dazu zählt ein Mitglied eines sogenannten islamischen Rates aus einer der Südprovinzen des Landes an der Grenze zu Malaysia mit signifikanten moslemischen Bevölkerungsanteilen. Die islamischen Räte sind in begrenztem Umfang befugt, zivilrechtliche Angelegenheiten unter Moslems nach islamischem Recht zu entscheiden. Daß Ratsmitglieder deshalb als "State officials" gelten sollen, wird auch von Nicht-Moslems im buddhistischen Thailand als zu weit hergeholt empfunden. In jedem Fall birgt dieses Vorgehen ein religiös motiviertes Konfliktpotential in sich.

Das Profil der bisher zugelassenen Kandidaten für die Senatswahl bedeutete - sofern es sich bestätigt - für die zivilgesellschaftlichen Reformkräfte eine erhebliche Dämpfung ihrer Hoffnungen. Von den über 1.100 Kandidaten sind weit mehr als die Hälfte ehemalige Beamte und öffentlich Bedienstete. Sie repräsentieren die ohnehin schon den bisherigen Senat dominierenden Eliten, ohne daß aus heutiger Sicht erkennbar wäre, auf welche Weise und in welchem Umfang fortschrittliche Kräfte dort zukünftig politischen Einfluß ausüben könnten.

Die Zulassungspraxis der ECT im Vorfeld der Senatswahl hat mittlerweile unter Abgeordneten des Repräsentantenhauses Befürchtungen geweckt, daß ihre Zugehörigkeit zu Aufsichts- bzw. Verwaltungsgremien staatlicher Einrichtungen - unabhängig von deren Zweck und Zielen - ein Ausschlußgrund bei der Anmeldung ihrer Kandidatur für die in diesem Jahr ebenfalls anstehende Unterhauswahl sein könnte, jedenfalls solange, wie keine eindeutige Klärung der Rechtslage vorliegt. Rückzüge einzelner Mandatsträger aus solchen Gremien sind deshalb bereits vorsorglich erfolgt und in größerem Ausmaß nicht auszuschließen. Dadurch entstünde jedoch für die Arbeit zahlreicher Institutionen insbesondere im Bildungs- und Sozialbereich ein nachhaltiger Schaden, sobald ihre Interessenvertretung im vorpolitischen Raum litte.

Die ECT ist eine der von der Reformverfassung neu geschaffenen, sogenannten "unabhängigen Dienststellen" und soll bei der Wahlvorbereitung und -durchführung wichtige Aufgaben übernehmen, die bisher vom Innenministerium wahrgenommen wurden. Die Hoffnungen der Verfassungsautoren auf größere Staatsferne und damit höhere Transparenz und erweiterte öffentliche Akzeptanz von Wahlvorgängen haben sich bis jetzt jedenfalls nicht erfüllt. Das Vorgehen der ECT, mag es sich letztendlich unter juristischen Gesichtspunkten auch als zulässig erweisen, hat zu einem spürbaren Vertrauensverlust gegenüber einigen der Institutionen geführt, die eine Schlüsselfunktion auf dem Weg zum demokratischen Rechtsstaat in Thailand übernehmen sollten.

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Sankt Augustin Deutschland