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Reportajes internacionales

Droht Kroatien das Schicksal Griechenlands?

de Reinhard Wessel

Zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage des EU-Beitrittskandidaten

Auch in Kroatien sind die Folgen der Wirt-schafts- und Finanzkrise deutlich zu spüren und angesichts der jüngsten Entwicklung in Griechenland stellt sich die Frage, ob eine ähnliche Entwicklung, d.h. eine drohende Staatspleite, auch hierzulande möglich ist.

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Natürlich spielt Kroatien in einer anderen, kleineren Liga als der Staat der Hellenen. Das Land hat weniger als die Hälfte dessen Einwohner, etwa ein Drittel der Wirtschaftskraft, aber dafür eine Staatsverschuldung, die, gemessen am BSP, nur halb so hoch ist. Trotzdem stellt sich die Frage nach den direkten und indirekten Folgen der Griechenlandkrise.

Bereits 2008 verringerte sich das Wirtschaftswachstum Kroatiens, das in den Jahren zuvor konstant zwischen 4 - 6 Prozent gelegen hatte, auf unter drei Prozent. Im vergangenen Jahr war ein Rückgang um 5,8 Prozent zu verkraften und für das laufende Jahr rechnen kroatische Bankanalysten mit einem weiteren Rückgang von ca. 2 Prozent. OSZE und Regierung dagegen sehen bereits wieder eine rote oder schwarze „Null“. Was die Zahl der Arbeitslosen anlangt, ist die von vielen befürchtete Marke von 20 Prozent bislang nicht überschritten worden und dürfte derzeit um die 18 Prozent liegen. Allerdings sind diese Angaben aufgrund von Problemen mit der Datenbasis mit Vorsicht zu genießen. Gesichert ist dagegen der Umstand, dass die wichtigen Auslandsinvestitionen 2009 unter die 2 Mrd. Euro-Grenze abgesackt ist (2008: 4,2 Mrd. Euro).

Im letzten Jahr stieg die Verschuldung Kroatiens (Zentralstaat, Gespannschaften, Städte und Gemeinden) auf ca. 16 Mrd. Euro an, was ca. 36 Prozent des Bruttosozialprodukts des Landes entspricht. Hinzurechnen sind aber die Verbindlichkeiten der HBOR, der Kroatischen Bank für Ausbau und Entwicklung, die weitere 14 – 16 Prozent Schulden in ihren Büchern hat. Der kroatische Staatshaushalt sieht für 2010 Ausgaben in Höhe von 16,5 Mrd. Euro vor, bei einer Unterdeckung von 1,2 Mrd. Euro. Wenn Kroatien diese Haushaltsplanung umsetzen kann, wird das Land, einschl. seiner niedrigen Inflationsrate, die wichtigsten Maastricht-Kriterien erfüllen, mindestens bis Ende 2010.

Dieser – jedenfalls im Vergleich zu den PIGS-Staaten – positive Befund muss jedoch „etwas“ relativiert werden. So hat sich die Staatsverschuldung in nur zehn Jahren nahezu verdoppelt. Allein im Jahr 2009 erhöhte sie sich um 17,9 Prozent. Die Verschuldung Kroatiens insgesamt, also einschließlich der Sektoren Privathaushalte, Wirtschaft, Banken und Staat gegenüber dem Ausland, hat sich im selben Zeitraum mehr als verdreifacht und liegt jetzt über 45 Mrd. Euro. Weniger die absolute Summe als der negative Entwicklungstrend gibt also Anlass zur Sorge.

Die Analysten weisen auch darauf hin, dass die für den kroatischen Staatshaushalt genannten Zahlen kaum zu halten sein werden, vor allem, weil die Einnahmen aus der Mehrwert- und der Einkommenssteuer geringer als erwartet ausfallen werden und andererseits einige Kredite refinanziert werden müssen. Sie rechnen daher damit, dass Ende 2010 die kritische 60 Prozent-Marke der Staatsverschuldung überschritten wird.

Weitere Risiken aus der Griechenlandkrise sind indirekter Natur. Nahezu 90 Prozent der Banken, die in Kroatien tätig sind, befinden sich in ausländischem Besitz, vor allem mit Stammsitz in Österreich und Italien. Diese haben sich stark in griechischen Staatsanleihen engagiert. Sollten diese im Zuge einer Umschuldung des Staates entwertet werden, hat dies natürlich auch (negative) Rückwirkungen auf das kroatische Bankensystem. Dies betrifft auch andere Länder Südosteuropas. Des Weiteren ist damit zu rechnen, dass die Kreditzinsen für den kroatischen Staat anziehen werden, die angesichts der Rating-Einstufungen auf dem Niveau Bulgariens und Rumäniens ohnehin schon relativ hoch sind.

Noch wichtiger dürfte sein, dass die kreditgebenden Banken im In- und Ausland – nicht nur im Fall Kroatien – sich zukünftig weniger an abstrakten Zahlen der wirtschaftlichen Gesamtrechnung orientieren werden, sondern daran, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Staat seine Kredite wird bedienen können. Ob die Banken dies im Falle Kroatiens auch zukünftig positiv einschätzen, ist derzeit nicht einschätzbar.

Die kroatische Nationalbank, mit dem renommierten Gouverneur Zeljko Rohatinski an der Spitze, fährt einen harten (Devisen-) Kurs. Er hat all denjenigen eine Abfuhr erteilt, die über eine gesteuerte Abwertung des Kuna gegenüber dem Euro die Exporte erleichtern und die Entschuldung des Staates erleichtern wollten. Er wies darauf hin, dass der weitaus größte Teil der Schulden der privaten Haushalte und der Wirtschaftssubjekte auf Euro-Basis gemacht wurden. Deren Bedienung würde nicht nur zum Ruin vieler Bürger führen sondern auch das Ende vieler Unternehmen und Betriebe bedeuten. Die Nationalbank verfügt über Devisenreserven von ca. 10 Mrd. Euro. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, hat die kroatische Premierministerin Jadranka Kosor kürzlich ein ambitioniertes Programm zu deren Belebung vorgestellt. Dieses umfasst einen umfangreichen Katalog mit mehr als 130 Maßnahmen und Vorhaben unterschiedlicher Tiefe und Laufzeit. Sie verfolgen dass Ziel, den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft stärker zu limitieren, notwendige Strukturreformen einzuleiten, die öffentliche Verwaltung zu rationalisieren und zu effektivieren, die Staatsausgaben zu reduzieren, das Steuersystem zu vereinfachen und die staatlichen Sozialsysteme zu reformieren.

Diese neue Strategie, die durchaus den Geist der Sozialen Marktwirtschaft atmet, ist von der breiten Öffentlichkeit, der Wissenschaft, den Medien und Arbeitgebern mit großer Zustimmung aufgenommen worden. Einige kritische Stimmen wiesen vor allem darauf hin, dass es schon früher diverse Strategien und Papiere der Regierung gegeben habe, die allerdings nie oder nur teilweise umgesetzt worden seien. Es gebe also keinen Mangel an Rezepten, sondern es fehle der politische Wille oder die Möglichkeit, diese tatsächlich zu realisieren.

Jedenfalls hat die Premierministerin all denjenigen den Wind aus den Segeln genommen, die ihr Konzept- und Ideenlosigkeit und fehlende Sachkenntnis angesichts der Herausforderungen der Krise vorgeworfen hatten. Zum Zweiten hat sie ihre Strategie in einzelne, z.T. sehr konkrete Arbeitsaufträge an ihre gesamte Ministerriege aufgeteilt. Damit will sie sicherstellen und kontrollieren, ob und wie die Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden.

Die Wirtschaftspolitik – auch und gerade der Vorgängerregierung – war durch einige Widersprüchlichkeiten, Ungereimtheiten und Sprunghaftigkeiten geprägt. Es war oft schwer erkennbar, an welchen Werten und Leitideen sich die Wirtschaftspolitik orientierte. Hier könnte die neue Strategie der Premierministerin Jadranka Kosor tatsächlich einen Paradigmenwechsel eingeläutet haben. Jedenfalls ist ihr ein überraschender Coup gelungen. Ob sie sich damit bereits die Apostrophierung durch einen Teil der Presse als einer kroatischen „Maggie Thatcher“, verdient hat, bleibt abzuwarten und wird daran zu messen sein, ob den hehren Worten nun Taten folgen.

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