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Reportajes internacionales

Eine gegen alle

de Dra. Kristin Wesemann

Kirchner verwirrt mit ihrer Politik auch Parteifreunde

Innerhalb weniger Monate hat die Präsidentin langjährige Gefolgsleute zu Gegenspielern gemacht. Wertvolle Zeit verbringt die politische Klasse mit gegenseitigen Anschuldigungen. Frau Fernández und ihre Regierung verschließen dabei die Augen vor den drängenden Problemen des Landes: stockende Wirtschaft, sehr hohe Inflation, Flucht in den Dollar, generelle Unsicherheit.

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Während die Regierung die Schuld der Eurokrise oder den politischen Gegnern in den Provinzregierungen gibt, reagiert die oppositionelle Partei Propuesta Republicana (PRO) mit Nonchalance und Arbeitseifer. So bieten die Regierung der Hauptstadt Buenos Aires und deren Bürgermeister Mauricio Macri der Staatschefin kaum eine Angriffsfläche. Kritik an der Präsidentin kommt deshalb zunehmend aus den eigenen Reihen – und lässt die Spekulation über einen Nachfolger beginnen.

Was ein argentinischer Tag ist, was ihn ausmacht und von anderen in der Welt unterscheidet, lässt sich leicht beantworten: In Buenos Aires und den 23 Provinzen des Landes wird garantiert jeden Tag der Dollarkurs und die Höhe der Inflation diskutiert – und zwar keineswegs nur unter Eliten. Über den Peso, der fällt, und den Preis für irgendwas, der steigt, redet Argentinien fast überall und gern.

Fantastische Zahlen – fantastisch im Sinne von: unwirklich und schwer zu glauben – sind dabei nichts Neues, sie steigen einfach nur weiter. Gerade erst hat Handelsminister Guillermo Moreno 17 Unternehmen erlaubt, die eigenen Preislisten zu aktualisieren und so sensible Produkte wie Matetee, Reis, Windeln, Mineralwasser, Weine und Milch um maximal neun Prozent zu verteuern.

Das Alltagleben ist mittlerweile so kostspielig, dass die Argentinier ihre Pesos gar nicht schnell genug ausgeben oder auf dem Schwarzmarkt in Dollar tauschen können. Das führt dazu, dass der Pappbecherkaffee an der Ecke mittlerweile umgerechnet fast vier Euro kostet und der Liter H-Milch einsfünfzig – bei einem Durchschnittsverdienst, der keineswegs dem der Deutschen entspricht.

In manchen Branchen freilich klettern auch die Löhne kräftig, vor allem dort, wo es starke Gewerkschafter gibt, die sich durchzusetzen wissen. Aufschläge von 20 oder 25 Prozent sind keine Seltenheit. Und während überall die Kosten aus dem Ruder laufen, wächst die Wirtschaft nicht mehr auf gewohntem Niveau. Die laut CEPAL 4,8 Prozent Wachstum des Bruttoinlandsproduktes im ersten Quartal 2012 klingen hoch, liegen aber um 5,1 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert.

Deshalb braucht die Regierung Geld, und ihr Ideenreichtum fasziniert immer wieder neu – fasziniert diesmal im Sinne von: erstaunt und verblüfft.

So hat die Regierung unter Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner nicht nur gerade per Regierungsbulletin das seit 1992 geltende Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien zum 31. Dezember 2012 aufgekündigt. Auch die etwa 80.000 Ruheständler, die ihre Rente aus dem Ausland beziehen, müssen künftig um ihr Geld fürchten. Sie dürfen sich ihr Ruhegehalt nur noch in Peso auszahlen lassen. Auch Immobiliengeschäfte dürfen nicht mehr in harter Währung abgewickelt werden. Schon klagt die Maklerbranche, dass kein Mensch mehr sein Eigentum verkaufen will. Selbst den Fußball, der hier einen Status hat, dass im Vergleich selbst die Bundesliga wie ein Turnier für Insider erscheint, tritt die Regierung. Die Spieler, deren Verehrung kaum Grenzen kennt, dürfen nur noch gegen Peso einen Vertrag unterschreiben.

Der Dollar gilt seit Jahrzehnten als eine der wenigen Sicherheitswerte. Der offizielle Umtauschkurs liegt stabil bei etwa 4,5 Peso je Dollar. Allerdings ist es überall im Land nahezu unmöglich, für diesen Kurs an die grünen Scheine aus den Vereinigten Staaten zu kommen.

Wer allerdings viel tiefer in die Tasche greift und bis zu knapp sieben Peso je Dollar investiert, kann sich auf dem Schwarzmarkt mit „Blauen“ oder „Parallelen“ versorgen. Ein Schauspiel, das die Bürger in Venezuela oder auch Weißrussland nur zu gut kennen. Die Haupteinkaufsstraße der Metropole Buenos Aires, die Calle Florida, gleicht mittlerweile einem klandestinen Krimimilieu: „Cambio, Dólares, Euros, Real“, wispern Männer mit dicken Taschen, jeder eine Wechselstube auf zwei Beinen.

Schon mehrfach hat die Polizei hart eingegriffen, um die „Finanzbäumchen“ zu zerstören. Schon sprechen die Argentinier v der „Währungsfalle“, oder – in schlimmer Erinnerung an das Bankrottjahr 2001 – vom „Laufställchen“, das die grüne Dollarfarbe angenommen hat. Eine Abwertung schließt die Regierung bislang gleichwohl aus. Im Gegenteil, pünktlich zu den Winterferien im Juli wertete die Präsidentin den Peso emotional auf. Der 100-Peso-Schein, die höchste Banknote, wird in Zukunft das Gesicht von Nationalheldin Evita tragen. Die Präsidentin kündigte dies in einer großen Zeremonie über alle Kanäle an. Das Nachsehen hat der einstige Präsident Julio Argentino Roca (1843 bis 1914), der bislang auf dem Schein abgebildet ist.

In Argentinien ist jede Intervention gegenüber dem Dollar politisch höchst brisant und macht die Menschen noch misstrauischer. Präsidentin Cristina Fernández wagt es trotzdem immer wieder. Um den Peso zu stützen, hat sie in einer ihrer bisweilen täglichen Fernsehansprachen angekündigt, ihre Konten in Höhe von drei Millionen Dollar in die Landeswährung einzutauschen. Im selben Atemzug, eingerahmt von einer riesigen Evita-Grafik und der Nationalflagge, forderte sie ihre Kabinettsmitglieder auf, es ihr gleichzutun.

Gewerkschaftsführer Moyano: Vom Vertrauten zum Geschassten

Zwar gab es in den vergangenen Wochen und Monaten einige Demonstrationen, bei denen die Menschen wie 2001 lautstark mit Töpfen und Pfannen klapperten. Aber diese Proteste waren vornehmlich von der Mittelklasse organisiert, die ohnehin nicht zu den brennenden Anhängern der Präsidentin gehört. Politische Opposition gegen CFK, wie der lange Name der ersten Frau im Staat abgekürzt wird, formiert sich in den verschiedenen Sphären und mitunter atemberaubend schnell. So galt der Chef der mächtigen Gewerkschaft Confederación General del Trabajo (CGT), Hugo Moyano, lange als einer der engsten Vertrauten von Frau Fernández. Er hatte bereits Präsident Néstor Kirchner (2003-2007) unterstützt und stand lange auch dessen Frau nahe, die das Land seit 2007 regiert. Als Chef der CGT und der Lastwagenfahrervereinigung ist er für jeden Politiker eine wichtige Stütze. Doch nachdem Frau Fernández im Oktober 2011 mit 54 Prozent wiedergewählt worden war, dauerte es nur wenige Monate, bis Moyano auf Opposition umschaltete. Die Dramaturgie des Konfliktes ist filmreif, und viele fragen sich, ob es zur spektakulären Entscheidungsschlacht kommt oder auch dieser Aufstand zusammenbricht.

Begonnen hatte alles mit dem Aufstellen der Wahllisten. Moyano hatte die Präsidentin während einer Parteiveranstaltung der Peronisten im Stadion des vornehmen Fußballklubs River Plate gebeten, sich „einen Arbeiter in die Regierung zu holen“. Kirchner antwortete spöttisch und direkt: „Ich arbeite seit 18 Jahren.“ Tatsächlich schafften es kaum Gewerkschaftsvertreter auf die Wahllisten und anschließend in den Regierungsapparat. Moyano, offenkundig gekränkt, trat lautstark von seinem Posten als Chef der Peronistischen Partei (PJ) in der Provinz Buenos Aires und als Vizeparteichef für ganz Argentinien ab. Zwar konnte ihn der ebenfalls zur Präsidentinnenpartei Frente para la Victoria (FpV) gehörende Gouverneur Daniel Osvaldo Scioli (Kürzel: DOS) nicht davon abhalten. Aber so fanden sich zwei Männer, die noch zu Fernández’ Partei gehören, sich aber nicht mehr zum Lager der Präsidentin zählen lassen – und unterschiedlicher nicht sein könnten. Frau Fernández verbündete sich daraufhin mit Moyanos gewerkschaftsinternen Gegnern, den „Dicken“, angeführt vom Metallarbeiterführer Antonio Caló, und ignorierte den CGT-Chef. Moyano seinerseits telefonierte nicht nur mit Scioli, sondern suchte auch die Nähe zu einer anderen Macht im Land: der katholischen Kirche, der neun von zehn Argentiniern angehören. Und: Seine Kraftfahrervereinigung ließ den Verkehr im Land Ende Juni zunächst mit einem Generalstreik und einer Demonstration auf der Plaza de Mayo vor dem Präsidentenpalast stocken. Es folgte die innere Logik des Landes: Die normalerweise sehr gewerkschafts- und Moyanokritische Mittelklasse verkündete ihre Unterstützung und Sympathie für den Mann, der den Unternehmen im Vorjahr noch bis zu 41 Prozent Gehaltserhöhungen hatte abringen wollen und immerhin 25 Prozent herausschlug – ein Satz, der, je nach Lesart, der inoffiziellen und realen Inflationsrate entspricht. Dennoch hat Moyano seit dem Abtritt Néstor Kirchners und erst recht nach dessen Tod im Oktober 2010 an Einfluss verloren. Von 2006 bis 2010 hatte er für seine Mitglieder Lohnerhöhungen erstritten, die für andere Arbeitnehmervertreterorganisationen nicht erreichbar gewesen waren. Seitdem kann er sich mit seinen politischen Forderungen gegen die Präsidentin nicht mehr durchsetzen.

Für Frau Fernández ist Moyano mittlerweile zur Unperson geworden, sie hat nicht einmal seine Wiederwahl als Gewerkschaftschef im Juli anerkannt und sich demonstrativ fast zeitgleich mit den „Dicken“ im Präsidentenpalast getroffen. Die „Dicken“ haben nun im Oktober eine eigene Wahl angesetzt. An die Seite des amtierenden obersten Oppositionellen ist mittlerweile Daniel Scioli, Gouverneur der Provinz Buenos Aires, getreten – auch wenn dieser das offenbar noch nicht ganz wahrhaben will.

Unruhe in der Provinz: unbezahlte Stromrechnungen und leere Kassen sind nur der Anfang

Viele Provinzen sind so klamm, dass ihre Gouverneure gar nicht anders können, als die undurchsichtigen Finanztransfers zwischen Nation und Provinzen zu beklagen. Die Stadt Buenos Aires, die ohnehin eine Sonderstellung hat, kann derzeit ihre Stromrechnung nicht bezahlen. Ein wichtiges Wahrzeichen der Metropole, der Obelisk auf der Plaza de la República, wird nachts nicht mehr angestrahlt. Die Stadt steht bei den Elektrizitätswerken mit 60 Millionen Peso, umgerechnet mehr als zehn Millionen Euro, in der Kreide. Nun sind dunkle Häuserzeilen und unbeleuchtete Monumente vielleicht ein Ärgernis – aber weniger bedrohlich als Staatsdiener, die ohne Lohn nach Hause gehen müssen.

Damit begann ein zweites Duell – das zwischen DOS und CFK –, und es handelt von der Zahlung des „Aguinaldo“. Dieses 13. Monatsgehalt ist gesetzlich festgeschrieben und wird je zu Hälfte im Juli und im Dezember bezahlt. Allerdings war die Julizahlung für die 550.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der Provinz Buenos Aires einige Wochen lang unsicher und wurde so zum Spielball zwischen Fernández und Scioli. Die beiden Parteifreunde aus der FpV verhalten sich seit der Wiederwahl der Präsidentin eher wie Kontrahenten.

Daniel Scioli als Nachfolger von Frau Kirchner? Maradona adelt ihn bereits als Freund

Scioli gilt als Anwärter auf das höchste Staatsamt. Doch er hat den Fehler gemacht, seine Ambitionen nicht zu verschweigen, und ist daraufhin in der Casa Rosada, dem Präsidentenpalast, in Ungnade gefallen. Zwar kann Frau Fernández nicht noch einmal kandidieren, weil die Verfassung nur zwei Amtszeiten zulässt. Aber, und das wird offen diskutiert, dies ließe sich ja auch ändern. Gelänge es der FpV im nächsten Jahr, bei den Teilwahlen zum Kongress ihre Mehrheiten zu sichern oder auszubauen, könnte eine Verfassungsänderung zu einem weiteren Projekt der Präsidentin avancieren.

Bei der Präsidentin und ihrem Umfeld hatte schon das Wiederwahlergebnis des Gouverneurs im vergangenen Jahr für Unruhe gesorgt: Scioli holte 57 Prozent und damit drei Punkte mehr als die Präsidentin bei ihrer Wahl. Zudem kann DOS auf eine beachtliche politische Karriere zurückblicken, reichlich Erfahrung inklusive. So diente der frühere Motorbootrennfahrer unter Néstor Kirchner fünf Jahre als Vizepräsident und ist – mit Pausen – seit 2009 Vorsitzender der Peronistischen Partei.

Scioli war zwar ein treuer Unterstützer Néstor Kirchn

ers; dessen Gattin und Nachfolgerin Cristina freilich widerspricht er gern. Er gilt deshalb zwar als unabhängiger Kirchernerist, nicht aber als Cristinist. Frau Fernández, ausgestattet mit einem ausgeprägten Gespür für aufstrebende Konkurrenten, verlangte zur Wiederwahl Gabriel Mariotto als Vizegouverneur einzustellen, einen gelernten Journalisten und vielfachen Filmpreisträger. So soll Scioli kontrolliert und gebremst werden.

Effektiver scheinen freilich die Anordnungen zu sein, die Scioli von der Regierung erhält. Nach seinem Eingeständnis im Mai, dass er sich den Präsidentenposten durchaus vorstellen könne, zwang ihn die Regierung, die Finanzprobleme seiner Provinz umgehend zu lösen – und zwar über Abgaben der Bürger. Die Idee: Scioli sollte den Wert von Land und Immobilien in seiner Provinz neu bewerten, um höhere Grundsteuern erheben zu können – von denen über den Finanzausgleich ein Teil an die Zentralregierung geht.

Weil Scioli genauso wenig wie das mehrheitlich kirchneristische Parlament der Provinz die absehbaren politischen Kosten tragen wollte, verlangte die Präsidentin ein Dekret des Gouverneurs, das die Steuererhöhung ermöglichen würde. Zudem warf sie ihm im Staatsfernsehen vor, er könne nicht mit Geld umgehen: „Alle“, sagte sie und meinte damit die Gouverneure und einen ganz besonders, „müssen lernen, mit derselben Verantwortlichkeit zu haushalten, wie es die Präsidentin tut.“

Die Zeitung „Página12“, einst als argentinische Variante des „New-Journalism“ gegründet und mittlerweile nur noch als Sprachrohr der Regierung aktiv, flankierte die Präsidentin mit einer seitenlangen Aufzählung dessen, was die Zentrale dem uneinsichtigen Gouverneur und seiner Provinz alles bezahle.

Scioli fügte sich. Der Senat der Provinz stimmte als erstes Gremium zu, allerdings nicht ohne handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen Gegnern („Ruralistas“) und den Leuten von der Cámpora, jener ganz besonders kirchnerhörigen Nachwuchsorganisation. Im dritten Anlauf sagte auch die Abgeordnetenkammer ja zur Neubewertung von Land und Boden, und zwar im Glauben, dass die Provinz künftig mehr Geld aus der Staatskasse überwiesen bekäme. In der Provinzhauptstadt La Plata rechneten die Haushälter mit zusätzlichen 2,8 Milliarden Pesos (492 Millionen Euro). Die Casa Rosada gestand ihnen aber nicht einmal die Hälfte zu, sondern bloß 180 Millionen Euro.

In jenen Julitagen folgte eine Nachricht aus der Provinz der nächsten. Scioli schlug vor, den „Aguinaldo“ in vier Raten zu überweisen. Ein Gerichtsbeschluss legte fest, er müsse ihn innerhalb von fünf Tagen und komplett zahlen. Sciolis antwortete, er werde keine öffentlichen Arbeiten mehr verwirklichen lassen, „die keine sichere Finanzierung haben“. Sein Stellvertreter Mariotti sah es anders. Als Präsident des Provinzsenats, der er qua Amt ist, ordnete er an, dass alle Angestellten der Legislative ihren Bonus auf einmal bekämen. Dasselbe tat das höchste Provinzgericht für die Justizangestellten. Sciolis Idee, Bonds auszugeben und so etwa drei Milliarden Peso einzusammeln, verhinderte wiederum Frau Fernández.

Mitte Juli bot Scioli zwei Raten an, bezahlt aus Gewinnspieleinnahmen (Bingo), allerdings erbosten sich hierüber wiederum die Legislatoren der Provinz. Drei Tage später bot die Nationalregierung der Provinz einen 600-Millionen-Kredit a us dem Garantiefond der staatlichen Sozialprogramme an. All das wurde begleitet von Polemik, Streit und Verwünschungen, wobei der Umgangston ohnehin rauer ist als anderswo. Am 20. Juli kündigte die Provinzregierung schließlich an, die verbleibenden Schulden bei ihren Angestellten bis zum Monatsende zu begleichen. Der 20. Juli ist der „Tag des Freundes“ in Argentinien.

Es fehlt in diesem Theater noch eine Stimme, die wichtigste der ganzen Nation, Präsidentin hin oder her. „El Diez“, Diego Armando Maradona, der unumstrittene Held aller Argentinier, hatte gerade seinen Posten als Trainer von Al-Wasl verloren. Sein Rauswurf beschäftigte das Land ein paar Tage, denn erstens wirft man Maradona nicht raus, zweitens nicht per Twitter, wie geschehen, und falls doch, gilt drittens: Die Vereinigten Arabischen Emirate waren ohnehin unter seiner Würde. Maradona lenkte ein paar Tage ab vom politischen Streit zwischen Frau Fernández und ihren Kontrahenten und gönnte dem Land somit eine kurze Verschnaufpause, um dann den argentinischen Boden zu betreten und sich gleich in ebendiesen Streit einzumischen. „Für Cristina würde ich durchs Feuer gehen, aber Scioli ist mein Freund“, sagte der „Goldjunge“ von einst vielbedeutend und traf damit den Nerv der Öffentlichkeit. Der Streit ums Geld dürfe nicht zu Lasten der Bürger gehen, die hätten nämlich „die Schnauze voll“.

Undurchsichtige Haushaltszahlen werden plötzlich unsichtbar

Buenos Aires ist nicht die einzige Provinz mit enormen Finanzproblemen. Das weiß auch die Regierung längst und hat deshalb ein Programm aufgelegt, das den gebeutelten Landesteilen mehr Spielraum und vor allem tragfähige Haushalte verspricht. Für 2012 sieht es fast 15 Milliarden Peso vor. Das Motto der Präsidentin: Allen und jeder einzelnen Provinz werde geholfen.

Daneben gibt es seit 2010 einen Plan der Entschuldung. Dieser speist sich aus dem „Fondo de Aportes del Tesoro Nacional“ (ATN), der 2012 über mehr als 46 Milliarden Peso verfügt. Gegründet wurde er mit dem Ziel, auf „finanzielle Ausnahmesituationen und Ungleichgewichte in den Provinzregierungen“ zu reagieren. Von dieser Summe sind allerdings laut Haushaltsplan bloß 366 Millionen, also gerade einmal acht Prozent, für die Provinzen vorgesehen. Rechnete man alle zur Verfügung stehenden Mittel zusammen, stünden den Provinzen allein aus diesen Quellen etwa 22,6 Milliarden Peso zu. Nur kommen sie dort nicht an.

Beobachter vermuten, dass die Casa Rosada lieber erst die eigenen Finanzlöcher schließen will, um defizitäre Staatsunternehmen wie Aerolíneas Argentinas vor dem Bankrott zu schützen oder Wahlgeschenke zu bezahlen. „Fútbol para Todos“ (Fußball für alle) und „Carne para Todos“ (Fleisch für alle) etwa sind populär, aber teuer. So hatte die Präsidentin versprochen, dass die Preise für das Grundnahrungsmittel Fleisch nicht steigen würden. „Fútbol para Todos“ hat die Regierung vor drei Jahren erfunden. Seitdem strahlt das Staatsfernsehen die Partien der ersten beiden Ligen aus, niemand muss Bezahlfernsehen abonnieren. Bislang sind vier Milliarden Peso in das Programm geflossen. Pro Spiel fallen etwa 2,6 Millionen Peso an. Allerdings reicht das Geld nie ganz aus, weshalb es immer wieder neue Zahlungen aus der Staatskasse gibt. Kritiker sagen: Das Geld ließe sich besser anders verwenden und die Übertragung auch über Werbung finanzieren.

Dass die Provinzen nicht genau wissen, wie viel Geld sie aus der Hauptstadt erwarten können, ist ein bekanntes Problem. Kaum ein politischer Beobachter fühlt sich als Haushaltsexperte berufen. Überraschend war aber, dass das Wirtschaftsministerium stillschweigend aufgehört hat, Haushaltszahlen zu veröffentlichen. Letztmalig konnten die Bürger am 18. Dezember 2011 auf den Internetseiten des Palacio de Hacienda nachlesen, wofür der Staat das Geld des Steuerzahlers ausgibt. Nicht einmal Anfragen von Abgeordneten wie Federico Pinedo von der Oppositionspartei PRO beantwortete Finanzminister Hernán Lorenzino, der seit dem 10. Dezember 2011 im Amt ist. Die Internetseite, die die Zahlen geliefert hat, gibt es nicht mehr.

Scioli zeigt sich weiterhin auf Eröffnungen und Einweihungen mit der Präsidentin. Regierungskritiker sehen in ihm trotzdem die Nummer eins der Herausforderer für 2015. Allerdings bleibt die miserable Finanzlage seiner prominenten Provinz ein politisches Risiko. Die streikfreudigen Argentinier werden wohl ausreichend Gelegenheiten bekommen, sich über nachlassende öffentliche Leistungen zu beschweren. Die Frage ist – und das gilt für alle Provinzen –, ob sich der absehbare Unmut auf die Casa Rosada und Präsidentin Fernández lenken lässt oder bei den Provinzchefs hängen bleibt.

Für viele Peronisten zählen Kirchneristen längst nicht mehr zur Partei. Sie suchen ihre Allianzen längst auf traditionellen oder – wie im Falle des Gewerkschaftschefs Moyano – unkonventionellen Wegen. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass sich frühere Getreue in den nächsten Monaten auf die traditionelle PJ und ihre Verzweigungen besinnen und dort nach einem Nachfolger für die Präsidentin suchen werden.

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