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Erdoğans Kabinett vom Parlament bestätigt

Das türkische Parlament hat das Kabinett von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan mit 337 von 535 Stimmen bestätigt. Mit der Installierung der neuen Regierung ist die Machtübernahme der islamisch-konservativen Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) in der Türkei besiegelt.

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Die AKP besetzt mit dem Staatspräsidenten, den Parlamentspräsidenten und dem Ministerpräsidenten die drei wichtigsten Ämter des Landes und hat somit freien Weg für die Umsetzung ihrer politischen Agenda.

Die nach den gescheiterten Präsidentschaftswahlen im April ausgelöste politische und verfassungsrechtliche Krise ist beendet. Klarer Sieger ist die AKP, die bei den vorgezogenen Parlamentwahlen mit 46,6 % ein überragendes Ergebnis erreichte und in einem zweiten Anlauf bei der Wahl des Staatspräsidenten mit Abdullah Gül doch noch ihren Kandidaten für das höchste Staatsamt durchsetzen konnte.

Die Rolle der MHP

Die Wahl Güls wurde durch das Verhalten der rechtsnational orientierten Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) ermöglicht, die mit ihrer Teilnahme an der Abstimmung für das erforderliche Quorum von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten sorgte. Im Mai hatte das Verfassungsgericht einer Klage der Opposition stattgegeben und entschieden, dass für die gültige Wahl des Staatspräsidenten in den ersten zwei Abstimmungsrunden mindestens zwei Drittel der Parlamentarier anwesend sein müssen. Mit ihrem Boykott der Abstimmung hatte die kemalistische Oppositionspartei CHP den damaligen Kandidaten Gül, den sie wegen seiner islamistischen Vergangenheit ablehnte, verhindert.

Im Vorfeld der jetzigen Präsidentschaftswahlen gab es Anzeichen dafür, dass AKP-Chef Erdoğan dazu neigte, diesmal einen Kompromisskandidaten vorzuschlagen, um weitere Konflikte mit der Opposition und dem Militär zu vermeiden. Allerdings war auch klar, dass gegen den Willen Güls, der in den AKP-Reihen starken Rückhalt hat, keine Alternativentscheidung getroffen werden konnte. Da Gül auf seiner Kandidatur beharrte, stellte sich Erdoğan dann doch hinter seinen ehemaligen Außenminister. So kam es, dass Gül am 28. August 2007 im dritten Wahlgang vom Parlament mit der ausreichenden absoluten Mehrheit von 339 Stimmen zum 11. Staatspräsidenten der Republik Türkei gewählt wurde.

Einen Tag nach seiner Vereidigung billigte Präsident Gül als seine erste Amtshandlung die neue Kabinettsliste. Sein Vorgänger Ahmet Necdet Sezer hatte es abgelehnt, die von Erdoğan vorgelegte Liste abzusegnen. Das verzögerte die Bildung der neuen Regierung nach dem Wahlsieg der AKP im Juli. Am 31. August stellte Erdoğan dem Parlament seine Regierungserklärung vor und eine Woche später erfolgte dann die Vertrauensabstimmung.

„Technokratischer Ministerrat“

Die neue Regierungsmannschaft wird in den türkischen Medien als „technokratischer Ministerrat“ bezeichnet. Hatte Erdoğan vor den Wahlen in seiner Partei personelle Veränderungen durchgesetzt und zahlreiche Quereinsteiger aus der Zivilgesellschaft, der liberalen Opposition und Wirtschaft in die Kandidatenliste der AKP aufgenommen, um Wählerstimmen aus der politischen Mitte anzuziehen, ist er bei der Kabinettsaufstellung keine Experimente eingegangen. 16 der 24 Minister gehörten bereits der Vorgängerregierung an, elf führen ihr bisheriges Ressort weiter. Sieben davon hatten bereits unter Erdoğan während seiner Amtszeit als Oberbürgermeister von Istanbul in den 90er Jahren gedient und gelten als dessen treue Gefolgsleute.

Das wichtige Ressort des Außenministers bekam der 40jährige Ali Babacan, der bisher als Staatsminister im Premierministeramt für die Verhandlungen mit der Europäischen Union und für Wirtschaftsfragen zuständig war. Er behält weiterhin die Verhandlungsführung mit der EU. Babacans politischer Mentor ist Abdullah Gül, aber auch zu Erdoğan besteht ein enges Verhältnis. Mit dieser Personalie wird klar, dass die EU-Beitrittsverhandlungen zur politischen Priorität sowohl der Regierung, als auch des Staatspräsidenten avancieren werden.

Für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik wird Erdoğans bisheriger Wirtschaftsberater Nazim Ekren als Stellvertretender Ministerpräsident zuständig sein. Als ein positives Signal an die Unternehmerszene wird die Ernennung von Zafer Çağlayan zum Industrieminister und Mehmet Şimşek zum Staatssekretär für Wirtschaft bewertet. Çağlayan war Präsident der Industriekammer von Ankara und Şimşek hat seine Karriere bei einem Londoner Finanzdienstleistungsunternehmen gemacht. Beide gelten als Wirtschaftsliberale.

Neben Ekren werden die weiteren zwei Posten der Stellvertretenden Ministerpräsidenten von Cemil Çiçek, ehemals Justizminister, und Hayati Yazıcı besetzt. Çiçek behält auch weiterhin den Posten des Regierungssprechers. Hayati Yazıcı war früher Rechtsanwalt Erdoğans und dann Vorstandsmitglied der AKP mit Zuständigkeit für die Parteiorganisation. Justizminister wird der ehemalige Stellvertretende Ministerpräsident Mehmet Şahin.

Neuer Innenminister wird Beşir Atalay. Atalay gilt als enger Vertrauter von Abdullah Gül, der diesen bereits 2002 als Bildungsminister einsetzen wollte, aber am Veto des damaligen Staatspräsidenten Sezer scheiterte.

Murat Başesgioğlu, der kurze Zeit als möglicher Präsidentschaftskandidat gehandelt wurde, verlässt das Ministerium für Arbeit und wird Staatsminister. Sein vorheriges Amt übernimmt Faruk Celik, der bisher Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AKP war. Umweltminister wird Veysel Eroğlu.

Neben dem Mehmet Şimşek ist der einzige Quereinsteiger im neuen Kabinett der Minister für Kultur und Tourismus Ertuğrul Günay. Günay war zuletzt Generalsekretär der oppositionellen CHP, bevor er nach einem Parteiausschluss im Mai der AKP beitrat.

Ihre bisherigen Posten behalten Verteidigungsminister Vecdi Gönül, Finanzminister Kemal Unakıtan, Transportminister Binali Yıldırım, Energieminister Hilmi Güler, Landwirtschaftsminister Mehdi Eker, Bildungsminister Hüseyin Çelik, Minister für Öffentliche Arbeiten Faruk Nafiz Özak und Gesundheitsminister Recep Akdağ. Einzige Frau im Kabinett bleibt Nimet Çubukçu, die als Staatsministerin für Frauenfragen sowie soziale Dienste zuständig ist.

Nationaler Sicherheitsrat mit engen Vertrauten Erdogans besetzt

Das neue Kabinett kann somit als eher konservativ bezeichnet werden. Die acht Minister, die protokollarisch befugt sind, an den politisch wichtigen Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrates (MGK) teilzunehmen, sind allesamt mit engen Vertrauten Erdoğans besetzt. Der MGK, in dem neben dem Staatspräsidenten und der Regierung auch das Militär und die wichtigsten Sicherheitsorgane vertreten sind, hat zwar nach einer Verfassungsänderung von 2003 nur noch eine Beratungsfunktion, ist aber nach wie vor wichtig für die Abstimmung mit dem Militär bei strategisch bedeutsamen politischen Entscheidungen.

Es ist anzunehmen, dass der neue Staatspräsident im Unterschied zu seinem Vorgänger auch aktiv in der Außenpolitik mitwirken wird. Da die Türkei vor vielen regionalen Herausforderungen steht, kommt Gül seine Erfahrung als Außenminister sicher zugute. Es könnte allerdings Spannungen zwischen einem engagierten und aktiven Präsidenten und dem Ministerpräsidenten kommen, der im türkischen politischen System der eigentliche zuständige Entscheidungsträger ist.

Für die neue Regierung werden vermutlich vor allem die Beschleunigung der wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Reformen Priorität haben. Ministerpräsident Erdoğan hat bereits angekündigt, dass die Zusammenarbeit mit dem IMF für das Reformpaket zur Wirtschaftsliberalisierung und -konsolidierung fortgesetzt werden soll. Ein vorrangiges Projekt der AKP ist die Erarbeitung einer neuen zivilen Verfassung, die zur Neujustierung der Gewaltenteilung führen wird. Vor allem soll mit ihr das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gestärkt werden, indem Entscheidungen aller staatlichen Organe - einschließlich des Staatspräsidenten, des Militärs und der Militärgerichte - durch zivile Gerichte überprüft werden dürften. Die Vollmachten des Präsidenten sollen eingeschränkt und die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt werden. Erdoğan möchte die neue Verfassung möglichst schnell fertig stellen und schon im Frühjahr 2008 durch eine Volksabstimmung legitimieren lassen.

Die AKP steht nun vor der Herausforderung, die durch den Streit mit der kemalistisch orientierten Opposition angespannte politische Situation zu beruhigen und das Land zurück zur Normalität zu bringen. Dies wird nicht ohne Konsens möglich sein: Hier wird vor allem der neue Staatspräsident gefordert sein, der sich mit viel diplomatischem Geschick und Fingerspitzengefühl als Vertreter des gesamten Volkes präsentieren muss.

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