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Reportajes internacionales

Großer Druck auf die kubanische Opposition

de Frank Priess, Kerstin von Bremen

Internationale Aufmerksamkeit ein Schutzfaktor

Zum Eintreten für Menschen- und Bürgerrechte auf Kuba gibt es mehr denn je keine Alternative. Das zeigen aktuelle Gespräche mit der demokratischen Opposition auf der Insel ganz eindeutig. Erhöhter Druck auf Demokraten, die Verhinderung kritischer Berichterstattung durch Visa-Beschränkungen für Journalisten, das Scheitern von Besuchsmissionen von Abgeordneten aus Deutschland durch Beschränkung der Kontaktmöglichkeiten mit der Opposition: all das sind eher Zeichen einer Verhärtung von Seiten des kubanischen Regimes als „Blüten eines Transitionsfrühlings“. Raum für Illusionen besteht nicht.

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Eigentlich läuft es derzeit ganz gut für das Regime in Havanna: Die krankheitsbedingte Abwesenheit Fidel Castros von der Macht hat nicht zu sichtbaren Verwerfungen geführt – sein Gesundheitszustand scheint sich zudem zu stabilisieren -, sein Bruder Raúl behielt das Ruder fest in der Hand, die Entwicklung im lateinamerikanischen Umfeld wird mit Blick auf Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Ekuador mit Wohlwollen registriert, die Wirtschaftshilfe aus Caracas trägt Früchte und internationale Investoren und Exporteure stehen Schlange. Trotzdem ist die Führung nervös. Kaum anders lassen sich der zunehmende Druck auf die demokratische Opposition erklären, die Drangsalierung unliebsamer journalistischer Berichterstatter oder die Koppelung von Besuchsvisa ausländischer Politiker an deren Versprechen, nur ja nicht mit kritischen Kräften zusammenzukommen.

So berichtet der Führer des „Movimiento Cristiano Liberación“ und Sacharov-Preisträger Oswaldo Payá, wie seine persönliche Bewegungsfreiheit einsgeschränkt wird, wie die Kontrollen am Arbeitsplatz wachsen, wie Regimeanhänger in der unmittelbaren Nachbarschaft psychologischen Terror gegen ihn, seine Familie und Freunde ausüben. Just vor der Bekanntgabe der Krankheit Fidels wurden plötzlich die Anfeindungen schlimmer. Auch versuche das Regime, immer mehr Keile zwischen die demokratischen Oppositionellen zu treiben, sie zu isolieren und gegeneinander auszuspielen. Leider sei die internationale Unterstützung nach wie vor sehr uneinheitlich, vor allem von den lateinamerikanischen Ländern komme wenig Hilfe.

Gern, so Paya, würde er Einladungen ins Ausland annehmen, um für die demokratische Sache auf Kuba zu werben, die Visapolitik der kubanischen Regierung mache ihm dies aber so gut wie unmöglich, schier unüberwindliche Hürden würden ihm in den Weg gelegt um hinterher behaupten zu können, er wolle gar nicht reisen. Um eine Reisegenehmigung zu erlangen, müsse zunächst eine offizielle Einladung bei der kubanischen Botschaft vor Ort hinterlegt werden. Der Botschafter entscheide dann, ob er diese Einladung weiter an die Stellen in Kuba schicke. Dort werde der zuständige Regierungsbeamte, in seinem Falle auf höchster Ebene, entscheiden, ob er diese Einladung überhaupt erhalte oder nicht. Wenn ja, müsse er ein Bewerbungsverfahren für die Ausreiseerlaubnis einleiten. Da er im Gesundheitssektor tätig ist, brauche er die Erlaubnis des Gesundheitsministers. Sowohl er als auch der Einladende im Ausland müssten zudem exorbitante Gebühren entrichten. Wenn er dies alles gemäß den Vorschriften in Kuba erledigt habe, werde über seinen Antrag entschieden. In den letzten Jahren scheiterte dies stets an „Verfahrensfehlern“.

Sein Eintreten für Demokratie und Bürgerrechte allerdings beeinträchtigt dies alles nicht, zahlreiche engagierte Projekte plant der Christdemokrat und Initiator des vielbeachteten Varela-Projekts schon in naher Zukunft und mit Blick auf die anstehenden „Wahlen“. Im Blick dabei auch: Die Unzufriedenheit der Kubaner mit ihren ganz real existierenden Lebensumständen, mit dem Kampf ums tägliche Überleben. Für ihn, so Oswaldo Payá, seien gerade christdemokratische Werte dabei ausschlaggebend, gerade für die Zeit, wenn sich ein Wandel auf der politischen Ebene abzuzeichnen beginne. Hier fühle er sich besonders den europäischen Christdemokraten nahe. Ihre Alternativen z.B. auf dem Felde der Wirtschaftspolitik seien für Kuba viel erstrebenswerter und akzeptabler als Forderungen nach einer „reinen“ Marktwirtschaft, die die Kubaner eher verschreckten.

Unzufriedene Jugendliche

Noch schwieriger scheint die Lage für weniger bekannte Regimekritiker zu sein. So appellierte etwa der Führer des „Movimiento Jóvenes por la Democracia“, Nestor Rodriguez Lobaina in einem Gespräch mit Vertretern der Konrad Adenauer-Stiftung an die internationale Gemeinschaft, Demokraten auf Kuba nicht allein zu lassen. Gerade die Jugendorganisationen stünden zur Zeit besonders unter Beobachtung des Repressionsapparates, da sie der kubanischen Regierung offenbar als gefährlicher erschienen, als „eingesessene“ Oppositionsbewegungen. Sie seien wesentlich mobiler, allerdings auch inhomogener. Die jungen Leute, die sich politisch engagierten, seien nicht immer von der selben Ideologie geleitet. Ihr Hauptmotiv sei das Erlangen der Möglichkeit einer freien Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der freien Meinungsäußerung. Daher ihre Forderung nach Demokratie auf Kuba. Wie sich nach dem Erreichen dieses Ziels dann allerdings konkrete Politik in Wirtschaft, Innenpolitik, Außenpolitik etc. gestalten könne, dies sei für sie zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht relevant und wäre wahrscheinlich kontrovers. Das bedeutet aber im Moment für ein Regime wie das kubanische, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr schwer zu greifen und zu beobachten sind, da sie eben nicht einem einzigen Muster folgen. Auch sei nicht einzuschätzen, wie sie in welchen Situationen reagieren würden – das beunruhige das Regime.

Rodriguez Lobaina berichtete von aktuellen Drohungen, die seitens Regierungsvertretern und Angehörigen des Staatssicherheitsapparates gegenüber Mitgliedern seiner Bewegung ausgesprochen wurden. Es sei gedroht worden, dass die Jugendlichen, falls sie öffentlich gegen die Praktiken des Regimes demonstrieren würden, mit derselben Härte und ganz speziell auch mit militärischen Gegenmaßnahmen zu rechnen hätten. Die Parallele zu China sei gezogen worden. Dennoch würden die Jugendorganisationen immer mitgliederstärker. Die Jungendlichen auf der Insel hätten keine Perspektiven und konkrete Hoffnung auf Änderung.

Auch seine Organisation wachse derzeit mittels aktiver Informationsarbeit im ganzen Land. Aktuell kämpfe er mit einer Petition und Unterschriftensammlungen für die erneute Bildung und Zulassung von Autonomen Universitäten, wie es sie vor der Revolution gegeben habe. Bis jetzt seien bereits 5000 Unterschriften zusammengekommen. Während sich die Amtskirche auf Kuba – obwohl auch die Wiederzulassung der katholischen Universität gefordert würde - mit Unterstützung zurückhalte, hätten mindestens einzelnen Priester aktiv für das Vorhaben geworben und zu erweiterter Unterstützung beigetragen.

Als nach wie vor besorgniserregend schilderte Lobaina die Lage der politischen Gefangenen, die er aus eigener langjähriger Anschauung kennt: Die Bedingungen in den Gefängnissen seien zum einen unmenschlich, zum anderen aber auch lebensbedrohend für „Konterrevolutionäre“, so der Begriff des Regimes für politische Oppositionelle. Gewöhnliche Kriminelle würden, wie in seinem Falle, dazu eingesetzt, politische Gefangene zu quälen und zu bedrohen. Viele politische Gefangen würden nach ihrer Entlassung aus den Gefängnissen einen Ausreiseantrag stellen, der in den meisten Fällen auch bewilligt werde, um dann mit ihren Familien das Land zu verlassen. Diejenigen die blieben, seien starken Anfeindungen ausgesetzt. Umso wichtiger sei internationale Aufmerksamkeit, die der Repression des Regimes Grenzen setze. Ein höherer Bekanntheitsgrad heiße auch Schutz und Bewegungsfreiheit der politischen Aktivisten auf der Insel. Nur wenn diese Personen wichtigen Gruppierungen im Ausland bekannt seien und man sich dort dann im Falle des Falles auch für sie einsetze, könne die Gewalt von Seiten der Regierung wenn nicht verhindert, so doch wenigsten vermindert werden. Hier hoffe man nicht zuletzt auch auf demokratische junge Menschen und ihre Organisationen in Europa.

Brüchige Solidarität?

Umso bedauerlicher vor diesem Hintergrund, wenn die internationale Solidarität mit den Demokraten auf Kuba Risse zeigt und Politiker wie der spanische Außenminister Miguel Angel Morationos bereits von einer „neuen Epoche des Verständnisses“ zur kubanischen Führung sprechen. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Kein ernstzunehmender Beobachter erwartet von Raúl Castro in der Frage der Menschen- und Bürgerrechte eine Kursänderung, ganz im Gegenteil scheint der stabilisierte Gesundheitszustand seines Bruders eher auf eine Verhärtung hinzudeuten, sowohl gegenüber der inneren Opposition als auch mit Blick etwa auf die Beziehungen zur Europäischen Union. Warum, so fragt man sich einmal mehr, ist es gerade für linke demokratische Politiker so schwierig, an die Achtung der Menschenrechte in einer Linksdiktatur wie in Kuba ähnliche Maßstäbe anzulegen, wie sie dies auf der Rechten – zum Beispiel im langen Kampf gegen die Pinochet-Diktatur in Chile – ganz selbstverständlich getan haben. Die gleiche Frage allerdings muss sich auch das linksintellektuelle Milieu in Lateinamerika selbst gefallen lassen, wo verklärender Romantizismus und Realitätsverlust mit Blick auf Kuba seit langem einen festen Platz haben. Wie wird es um ihre Glaubwürdigkeit bestellt sein, wenn es wirklich in absehbarer Zeit zu einer demokratischen Öffnung auf Kuba kommt, vielleicht in der Zeit nach Raúl Castro.

Dieser, immerhin auch schon 75, scheint derzeit für einen „geordneten Übergang“ zu stehen, für den es auch in Ländern wie den USA und Mexiko starke Interessen gibt: Kaum jemand dort wünscht etwa eine ungeregelte kubanische Auswandererwelle, die das schnelle Glück im Ausland eher im Blick hat als die mühevolle Transition auf der Insel selbst. Ein „chinesisches Modell“ etwa, begrenzte Wirtschaftsreformen und marktwirtschaftliche Öffnung, gestützt auf einen starken Sicherheits- und Parteiapparat, an dessen Kontrolle und Dominanz sich nichts ändert, das ist ein immer wieder gehörtes Szenario. Erst danach könnte dann, in sehr viel weiterer Zukunft, ein Durchsickern ökonomischer Freiheiten auch auf die politische Ebene folgen, im besten modernisierungstheoretischen Sinne.

Es könnte aber auch anders kommen, etwa, wenn Fidel und Raúl kurz hintereinander „abtreten“ müssten, es zu Diadochenkämpfen käme, die Nachfolge nicht geregelt wäre. Dies, kombiniert mit externen Einflüssen – etwa einer Verdrängung von Hugo Chavéz von der Macht in Venezuela oder öffentlichem Aufruhr auf Kuba, z.B. nach einer Naturkatastrophe, einem verheerenden Hurrikan, der auch Havanna betreffe – könnten auch ganz andere Entwicklungen anstoßen.

Schatten über den Investitionen

Derzeit allerdings ist selbst das Investitionsklima mit hohem Risiko belastet: Die Zahlungsmoral Kubas, so Experten, sei – abgesehen von wenigen strategisch prioritären Sektoren wie Energie, Bergbau, Tourismus und allenfalls noch Biotechnologie – schlecht, die Kreditratings Kubas ebenfalls, so dass viele Vorhaben an fehlender Finanzierung scheiterten. Gerade für Mittelständler seien diese Barrieren fast prohibitiv.

Auch der Augenschein der aktuellen Situation in Havanna selbst bietet ein vielschichtiges Bild: Augenfällig ist der weitere Verfall der Stadt, vor allem in den Nebenstraßen, in denen die Behausungen der Bevölkerung ein erbarmungswürdiges Bild abgeben. Die Armut ist mit Händen zu greifen: immer wieder werden Touristen auf der Straße mit der Bitte angesprochen, in den „Dollarläden“ Milch einzukaufen, für die meisten Kubaner bei monatlichen Durchschnittseinkommen von umgerechnet acht bis zehn Dollar – noch dazu in nicht konvertiblen Pesos – ein unerschwingliches Vergnügen. In Museen und öffentlichen Einrichtungen wird auch von Staatsangestellten ganz offen und offensiv nach einem Trinkgeld gefragt. Selbst die Fahrer der Touristentaxis, bekanntermaßen eher „handverlesen“, halten mit der Schilderung von Problemen nicht hinter den Berg.

Die Straßen sind – abseits der durchaus guten Hauptstaßen – mit Schlaglöchern übersäht, der Automobilbestand der Insel hat, von neuen Bussen und Taxis abgesehen, wenig Modernisierung erfahren. Ein Literpreis von 1,10 Dollar für Benzin schränkt zudem die Bewegungsfreiheit der Autobesitzer nachhaltig ein. Baumaßnahmen beschränken sich sichtbar in vielen Fällen nur auf Fassadenverschönerung und neue Anstriche, von täglichen Einstürzen von Altbauten war mehrfach die Rede.

Die in den Dollarläden zu kaufenden Lebensmittel haben auch im Vergleich mit Deutschland ein sehr hohes Preisniveau, gleiches gilt für Restaurants und Bars, in denen sich mehrheitlich Touristen aufhalten. Auffällig ist eine Zahl sogenannter „Paladares“, privater Restaurants, die z.T. von verdienten „Altrevolutionären“ geführt werden und in ihrem Speiseangebot auch auf Dinge zurückgreifen können, die sonst nur den Touristenhotels vorbehalten sind. Touristengruppen sind in Havanna allgegenwärtig, gleichwohl hört man verschiedentlich Klagen über zurückgegangene Besucherzahlen. Auch kommt – dafür sind sicher die vielen All-Inclusive-Angebote in Ressort-Hotels am Strand mitverantwortlich – nur wenig Kaufkraft beim „Normalbürger“ ohne direkten Zugang zu den Devisenbringern an. Transport-, Hotel-, Verpflegungs- und Nebenkosten zeigen ganz eindeutig, dass auch durch diese Preisgestaltung individuelles Reisen auf der Insel eher unterbunden werden soll.

Drastische Maßnahmen hat das Regime offenbar gegen die immer wieder als besonders augenfällig bezeichnete Prostitution in Havanna unternommen. Starke Polizeipräsenz in den Straßen haben diese zumindest in ihrer offenen und sichtbaren Form weitgehend zum Verschwinden gebracht. Nicht neu sind hingegen die allgegenwärtigen Parolen an den Häuserwänden, die die Revolution beschwören, die Freiheit von „politischen Gefangenen“ in den USA fordern oder Fidel Castro ein langes Leben wünschen. Auch die 138 Fahnen, die die Bannerwerbung an der US-Vertretung verdecken sollen, wehen nach wie vor im Winde. In der Nähe der Vertretung zeigt zudem ein Großplakat am Malecón die Gleichsetzung von George W. Bush mit Adolf Hitler. Der stabilisierende Faktor eines externen Feindbildes schweißt eben zusammen – auch noch fast fünfzig Jahre nach der Revolution.


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