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Reportajes internacionales

Machtkampf im Niger spitzt sich zu

de David Robert

Ex-Premierminister drohen 20 Jahre Gefängnis

Der Sahelstaat Niger, eines der ärmsten Länder der Welt, durchläuft zurzeit eine äußerst kritische Phase. Soziale Unruhen drohen, da die Lebensmittelkrise mit ihren Preisexplosionen dem Land sehr zu schaffen macht. Kannte der Niger schon in der Vergangenheit Nahrungsmittelkrisen, welche sich zu Hungersnöten entwickelten, muss der Staat jetzt abermals all seine Kräfte darauf konzentrieren, Schlimmeres zu verhindern. Gleichzeitig hat das Land mit der Rebellion der Tuareg im Norden zu kämpfen, welche u.a. den Wüstentourismus zum Erliegen brachte. Als wenn dies nicht genug Herausforderungen wären, tobt jetzt obendrein noch ein Machtkampf in der Regierungspartei MNSD-Nassra.

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Präsident Tandja möchte auf jeden Fall verhindern, dass der Vorsitzende der Regierungspartei MNSD-Nassra, Hama Amadou, im Jahr 2009 für das Amt des Staatspräsidenten kandidiert. Hama Amadou, bis 2007 Premierminister des Landes, wurde 2007 von der eigenen Fraktion mit Billigung des Präsidenten durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Damals wie heute wurden Korruptionsvorwürfe als Begründung angeführt. Eine ausgeprägte Korruption ist in der politischen Klasse Afrikas nichts aussergewöhnliches. Deswegen kann man durchaus davon ausgehen, dass eher politische Gründe dahinter stecken und nicht die plötzliche Sorge um eine gute Regierungsführung. Die aktuellen Vorwürfe zielen auf Ereignisse, welche sieben Jahre zurückliegen und einen Betrag von rund 150 000 Euro betreffen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat der ehemalige Premierminister diese Summe veruntreut. Nach Aussage Amadous, wie er in einer langen Pressekonferenz darlegte, ist dieses Geld auf Anweisung des Präsidenten zweckentfremdet worden, um Imagearbeit für den Niger in der internationalen Presse zu machen. Der Ex-Premier konnte ein umfangreiches Dossier mit den entsprechenden Unterlagen über die Verwendung der Gelder vorlegen.

Im Niger muss das Parlament darüber entscheiden, ob ein ehemaliger Premierminister vor Gericht angeklagt werden kann. Am Montag den 23. Juni 2008 entschied sich die zuständige Parlamentskommission mehrheitlich dafür, eine Anklage zu befürworten. Anschließend muss das Gericht klären, ob wirklich Anklage erhoben wird. Der Vorwurf es handele sich um eine politische Aktion, lässt sich angesichts der Verfassungslage, nach der das Parlament darüber entscheidet ob überhaupt eine Klage in Erwägung gezogen wird, nur schwer entkräften.

In der nigrischen Öffentlichkeit ist nicht die Frage von Bedeutung, ob es während der siebenjährigen Amtszeit von Amadou Korruption gab oder nicht. In der öffentlichen Meinung geht man davon aus, dass die gesamte politische Klasse korrumpiert ist und Korruption Teil der Lebenswirklichkeit. Für die Öffentlichkeit ist vielmehr die relativ geringe Summe Beweis dafür, dass es sich um einen politischen Machtkampf handelt, in dem der Vorwurf der Korruption ein Werkzeug von vielen ist.

Unklar bleiben die strategischen Überlegungen des Präsidenten. Laut Verfassung kann Präsident Tandja nicht noch einmal kandidieren. Die Verfassung erlaubt max. zwei Kandidaturen. Lediglich seinen Parteikollegen Amadou verhindern zu wollen, scheint keine ausreichende Motivation zu sein. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, auf welche Weise der Präsident möglicherweise länger im Amt bleiben kann bzw. will.

Eine Änderung der Verfassung ist im Niger nicht möglich. Die Verlängerung des Mandates ist von Verfassungsänderungen ausgenommen. Dieser Weg, den viele andere gegangen sind, ist dem Präsidenten also verwehrt. Eine Möglichkeit wäre, per Referendum eine ganz neue Verfassung beschließen zu lassen. Hierzu benötigt der Präsident allerdings die Rückendeckung seiner Partei, dessen Vorsitzenden er zu verhindern sucht, und die Hilfe der Opposition. Inwieweit ein Arrangement mit der Opposition möglich ist, bleibt unklar. Fest steht allerdings, dass Präsident Tandja sehr gute Kontakte zum Oppositionsführer Issoufou Mahamadou unterhält. Die regelmäßigen Treffen führten bereits zu Spekulationen, ob Tandja nicht ihn zum Nachfolger haben möchte.

Ein weiterer Weg könnte sein, über Ausnahmeregelungen aufgrund der Gefährdung der nationalen Sicherheit im Amt zu bleiben. Hier könnte die Tuaregrebellion im Norden als Argument dienen. Dies würde dann auch erklären, warum der Präsident alle Verhandlungen mit den Rebellen ablehnt und gleichzeitig ein konsequentes militärisches Vorgehen nicht befiehlt. Es könnte sein, dass der Präsident die Rebellion noch benötigt, um seine Amtszeit zu verlängern und anschließend eine neue Verfassung zur Abstimmung zu stellen. Sollte sich dieses Szenario bewahrheiten, würde dies die Motivation erklären mit der Präsident Tandja seinen langjährigen politischen Freund von einer Kandidatur für die Präsidentschaft abbringen möchte.

Diese Beurteilung des Szenarios geht von rationalen Überlegungen aus. Sollten jedoch andere Gerüchte zutreffend sein, nämlich, dass der Präsident unter dem Einfluss der Marabous steht und sich dem Mystischen hingibt, macht es keinen Sinn, die teilweise widersprüchlichen Handlungsweisen in ein rationales Erklärungsmuster einordnen zu wollen.

Die politische Krise im Niger schadet dem Ansehen des Landes und bindet die politischen Kräfte, welche dringend nötig wären, eines der ärmsten Länder dieser Welt voranzubringen. Im Human Development Index wird Niger auf Platz 174 von 177 Staaten geführt. Politische Verwerfungen, wie sie zurzeit stattfinden und sich in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich weiterhin zeigen werden, gefährden die demokratischen Errungenschaften des Landes. Unabhängig davon, ob der Präsident gegen sich selber putscht, um als Vorsitzender eines Militärrats länger im Amt zu bleiben, oder ob der ehemalige Premierminister für Unzufriedenheit in der Armee sorgen kann - ein Risiko bleibt: Der Niger ist ein Land, welches unzählige Militärputsche bereits erlebt hat. Gerade jetzt fängt die Armee an, das Primat der Politik zu verinnerlichen. Es wäre fatal, wenn eine Manipulation der Politik die Armee wieder zum politischen Akteur werden ließe. Auf diese Weise würde der Präsident die Früchte seiner eigenen Politik, nämlich die Armee besser in das demokratische System zu integrieren, aufs Spiel setzen.

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Sankt Augustin Deutschland