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Reportajes internacionales

Präsidentenwahl in Ecuador: Moreno liegt vorn

de Sebastian Grundberger, Celina Menzel

Dem Andenstaat stehen politisch schwierige Zeiten bevor

Der neue Präsident Ecuadors wird aller Voraussicht nach Lenín Moreno heißen. Nach vorläufigen Ergebnissen liegt der Kandidat des linkspopulistischen Regierungslagers gut zwei Prozent vor dem Oppositionskandidaten Guillermo Lasso. Während dieser den Behörden Wahlbetrug vorwirft, ist der voraussichtliche neue Präsident gefordert, Brücken über die tiefe politische Kluft in Ecuador zu bauen. Ob Moreno als Präsident eigene Akzente setzen wird, könnte zu einem guten Teil davon abhängen, inwieweit er eine Einmischung seines Amtsvorgängers Rafael Correa in die Tagespolitik verhindern kann.

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Die Stichwahl um die ecuadorianische Präsidentschaft am 2. April brachte den von den meisten Umfragen erwartet knappen Wahlausgang. Laut Zahlen der nationalen Wahlbehörde CNE auf der Basis von 99,4 Prozent der ausgezählten Stimmen konnte sich der Kandidat der Regierungspartei AP, Lenín Moreno mit 51,2 Prozent der Stimmen gegen den liberal-konservativen Oppositionskandidaten Guillermo Lasso durchsetzen, der auf 48,8 Prozent der Stimmen kam. Nachdem der CNE in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 19. Februar noch dafür kritisiert worden war, dass er mehr als drei Tage brauchte, um die Abhaltung eines zweiten Wahlganges anzukündigen, brauchte er dieses Mal nur rund zwei Stunden, um ein belastungsfähiges Resultat zu veröffentlichen. Bei der Schließung der Wahllokale hatten zunächst zwei gegenläufige Prognosen für Aufsehen gesorgt, von denen eine den Oppositionskandidaten mit sechs Prozentpunkten vorne sah. Bereits Minuten später erklärte sich der Oppositionskandidat zum Wahlsieger und versprach die Geburt eines „neues, freien und demokratischen“ Ecuadors. Weniger als zwei Stunden später und in Kenntnis der ersten offiziellen Ergebnisse trat Lasso erneut vor die Mikrofone und kündigte an, die Wahl anfechten zu wollen. Er habe Beweise dafür, dass ein Wahlbetrug stattgefunden habe. Eine Regierung, die auf diese Art und Weise ins Amt komme, sei bereits von Anfang an „illegitim.“

Lenín Moreno hingegen ließ sich zum Klang bekannter lateinamerikanischer Folklorelieder von seinen Anhängern feiern. Seinem auf Harmonie bedachten Image entsprechend, verzichtete er weitgehend auf Angriffe auf den politischen Gegner und versprach, der Präsident „aller Ecuadorianer“ sein zu wollen.

Politische Polarisierung

Politische Beobachter beschrieben die Wahlkampagne 2017 als die „schmutzigste“ in der Geschichte des Landes. Sie wurde bestimmt durch persönliche Angriffe, Korruptionsvorwürfe, vieldeutige Umfragewerte, Kampagnen in sozialen Medien, Zweifel an der Unparteilichkeit der Wahlbehörden sowie die Verbreitung von Fake News und Gerüchten. Oppositionskandidat Lasso wählte die Taktik harter Angriffe auf das Regierungslager. So versprach er ein Ende der „Diktatur“ und „Venezolanisierung“ durch die „Bürgerrevolution“ des scheidenden Präsidenten Rafael Correa und eine grundlegende Verfassungsreform. Er kündigte eine radikale Politikwende und ein wirtschaftliches Liberalisierungs- sowie Steuersenkungsprogramm an, um eine Million Arbeitsplätze zu schaffen. In den letzten Tagen nutze er zunehmend auch die politische Krise in Venezuela, um die ecuadorianischen Wähler eindringlich davor zu warnen, das Land durch eine Wahl Morenos auf einen ähnlichen Weg zu schicken.

Lenín Moreno bemühte sich um ein moderates und dialogbereites Erscheinungsbild. Unter Wahlslogans wie „Lenín, Werke mit Liebe“, „Lenín ist Vertrauen“ oder „Lenín ist Solidarität“ versprach er, die „Bürgerrevolution“ stärker an den Privatsektor anzunähern und gleichzeitig die Sozialprogramme weiter auszubauen. Zudem kündigte er an, umstrittene Mediengesetze zu reformieren und die Meinungsfreiheit zu respektieren.

Derartige Bemühungen wurden jedoch durch die im Wahlkampf allgegenwärtige Polemik von Präsident Rafael Correa konterkariert. Correas Engagement weckte mitunter den Eindruck, als sei es nicht Moreno, sondern er, der zur Wahl stünden. Den ehemaligen Bankier Lasso nahm der Präsident persönlich für Ecuadors Banken- und Finanzkrise in den 1990er Jahren in Haftung. Zudem machte er sich zum Sprachrohr von Anschuldigungen, wonach Lasso für illegale Offshore-Geschäfte verantwortlich sei. Nachdem Lasso wenige Tage vor der Wahl im Rahmen eines Fußballspieles der ecuadorianischen Nationalmannschaft tätlich angegriffen worden war, verurteilte Correa zwar die Angriffe gegen Lasso, warf ihm und seinen Anhängern jedoch gleichzeitig vor, den Vorfall provoziert zu haben.

In den letzten Wahlkampftagen wiederholte der Präsident immer wieder, dass die im Vergleich zum südlichen Nachbarland Peru geringeren durch das Wetterphänomen „El Niño costero“ verursachten Schäden in Ecuador nicht etwa auf weniger Regenfälle, sondern auf die bessere Planung und Katastrophenvorsorge seiner Regierung zurückzuführen seien. Im Peru sorgten derartige Aussagen für Verstimmung und für Vorwürfe, Correa mache auf dem Rücken der Opfer der peruanischen Flutkatastrohe Wahlkampf.

Umstrittene Rolle der Wahlbehörde

Grund für weitere Kontroversen bot die Rolle der Wahlbehörde CNE. Auf die Verzögerung der Stimmauszählung nach dem ersten Wahlgang reagierte das Oppositionslager mit Befürchtungen, der CNE könnte die Wahlen zu Gunsten des Regierungslagers manipulieren. Die Ankündigung einer Stichwahl durch die CNE führten Oppositionsanhänger auf den öffentlichen Druck auf die Behörde zurück. Auch nach der Stichwahl folgten Tausende dem Aufruf der Opposition und protestierten zumeist friedlich gegen den angeblichen Wahlbetrug.

Gleichzeitig verbreiteten sich auf sozialen Medien Fotos und Videos, die suggerierten, dass Wahlzettel unterschlagen worden seien. Der Parteivorsitzende der CREO-Partei Lassos, Cesar Monge, behauptete, dass während des ersten Wahlgangs an verschiedenen Wahlbüros offizielle Stimmzettel mit dem Sicherheitssiegel des CNE im Abfall gefunden und dass im zweiten Wahlgang die Stimmenzahl der beiden Kandidaten in einzelnen Wahllokalen vertauscht worden seien.

Das Verteidigungsministerium sah sich gezwungen, Vorwürfe, wonach die Sicherung der Wahlunterlagen im ersten Wahlgang unzureichend gewesen sei, zurückzuweisen. Nachdem der Generalkommandeur des ecuadorianischen Heeres, Luis Castro Ayala, nach dem ersten Wahlgang in einem öffentlichen Kommuniqué u.a. dazu aufrief, den „an den Urnen ausgedrückten Willen des Volkes“ zu respektieren und die Verantwortlichkeit des Militärs in dieser Hinsicht herausstellte, wurde er von Präsident Correa entlassen.

Herausforderungen für Lenin Moreno

Trotz seines deutlichen Rückstandes im ersten Wahlgang galt der eher blasse Guillermo Lasso ursprünglich als leichter Favorit für die Stichwahl, die von vielen als eine Art Referendum über die nach mehr als 10 Jahren Amtszeit zunehmend unbeliebte Regierung Correa verstanden wurde. Es könnten jedoch die zahlreichen persönlichen Anschuldigungen gegen Lasso sowie die Angst vor der Rücknahme populärer Sozialprogramme unter dem Oppositionskandidaten gewesen sein, die das Blatt schließlich zu seinen Ungunsten drehten.

Sollte er von der Wahlbehörde als neuer Präsident bestätigt werden, tritt Lenín Moreno kein leichtes Erbe an. Über zehn Jahre „Bürgerrevolution“ haben Ecuador in zwei Lager gespalten, die Präsident Correa mit der für ihn charakteristischen Polemik zum eigenen Nutzen gegeneinander ausspielte. Pressefreiheit und rechtsstaatliche Prinzipien wurden vielfach vernachlässigt. Einem durch die hohen Erdölpreise verursachten Wirtschaftsboom, welchen die Regierung in Infrastrukturprojekte und Sozialprojekte umsetzte, folgte in den letzten Jahren eine Rezession. Das Ende der Amtszeit Correas war zudem von Korruptionsvorwürfen gegen Regierungsfunktionäre im Zusammenhang mit dem Odebrecht-Skandal sowie die öffentliche Kritik an der Verschuldungspolitik, insbesondere bei chinesischen Kreditgebern in Zusammenhang mit Bauprojekten, geprägt.

Anders als Correa gilt Moreno, der seit einem Raubüberfall im Jahr 1998 auf einen Rollstuhl angewiesen ist, als das sanfte Gesicht der AP. Der 1953 geborenen Verwaltungswissenschaftler, humoristische Buchautor und ehemalige Tourismusfunktionär war zwischen 2007 und 2013 Vize-Präsident unter Correa. Anschließend wurde er auf Vorschlag der ecuadorianischen Regierung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zum UN-Sonderbotschafter für Behinderung und Barrierefreiheit ernannt. Kurz vor seiner offiziellen Nominierung als Kandidat der Regierungskoalition AP im Jahr 2016 trat er von diesem Amt zurück.

Neben der Bewältigung der Rezession im Land steht Moreno vor allem vor der Herausforderung, die tiefe gesellschaftliche Kluft und politische Polarisierung zu überbrücken. Es erscheint wahrscheinlich, dass die Opposition auch nach Feststellung des offiziellen Wahlergebnisses an ihrem Vorwurf des Wahlbetruges festhalten wird. Das Vertrauen zwischen dem Regierungs- und dem Oppositionslager ist zerstört und es wird mehr als nur freundlicher Worte bedürfen, um die Ecuadorianer zu überzeugen, dass der neue Mann an der Spitze des Staates wirklich gewillt ist, einen neuen Regierungsstil zu prägen. Die 74 von 137 Abgeordneten, über die er im neuen Parlament verfügt, geben ihm zwar eine absolute Mehrheit, aber nicht mehr wie während der letzten Correa-Amtsperiode die Möglichkeit, die Verfassung ohne Zustimmung der Opposition zu verändern.

Es stellt sich abschließend die Frage, ob Lenín Moreno die ecuadorianische Politik wirklich in gemäßigtere Bahnen steuern wird als sein Vorgänger. Unabhängig von der Frage, ob er dies will, erscheint vielen ungewiss, ob sein Vorgänger ihn lässt. Beobachter zweifeln, dass der machtbewusste Correa sich wirklich, wie angekündigt, mit seiner belgischen Frau in deren Heimatland zurückziehen und Moreno unbehelligt regieren lassen wird.

In jedem Fall wird Lenín Moreno somit im Schatten Correas regieren müssen. Nicht nur die Tatsache, dass der scheidende Präsident bei einer nächsten – auch vorgezogenen – Präsidentschaftswahl wieder antreten dürfte, wird das Regieren für Moreno zu einem permanenten Drahtseilakt machen. Einen ersten Hinweis darauf, wie viel Unabhängigkeit sich Moreno erlaubt, könnte die Zusammenstellung der Regierungsmannschaft geben. Moreno wird sich entscheiden müssen, ob er vor allem auf Correa-Vertraute zurückgreift oder aber versucht, eine Regierung mit einem eigenen Profil zu führen.

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Sebastian Grundberger

Sebastian Grundberger

Representante Programa Regional Partidos Políticos y Democracia en América Latina / Programa Uruguay

sebastian.grundberger@kas.de +598 2902 0943

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