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Reportajes internacionales

Wegweisende Wahlen – lahmer Wahlkampf

de Julia Steffenfauseweh (ehem. Weber)
22 Tage noch dauert der südafrikanische Wahlkampf, dann ist der Tag der Entscheidung gekommen. Auch wenn einem erneuten Sieg der Regierungspartei, dem African National Congress (ANC), nichts im Wege steht, bleibt offen, welchen Einfluss die Oppositionsparteien bei der vierten Wahl seit dem Ende der Apartheid haben werden. Können die Oppositionsparteien die 2/3-Mehrheit des ANC brechen? Oder wird dieser trotz aller Querelen der vergangenen Jahre gestärkt aus den Wahlen hervorgehen?

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Der Kampf um die Wählerstimmen im demokratischen Südafrika ist spannender denn je – doch der Wahlkampf selbst ist erschreckend einfallslos.

„Man sollte meinen, sogar die Spin-Doctors haben ein gefälschtes Diplom“, schreibt die angesehene Wochenzeitung, der Mail and Guardian, in seiner Kommentierung der Wahlplakate. Und tatsächlich: Die Mehrzahl der politischen Plakate, die zu Hauf an Straßenlaternen, Brücken und Werbetafeln zu sehen sind, wirken wenig überzeugend. Weder der ANC, noch der Congress of the People (COPE) oder die Democratic Alliance (DA) haben es geschafft, Plakate zu entwickeln, die zugleich professionell wirken als auch eine klare inhaltliche Botschaft vermitteln.

Masse statt Klasse

Als erste Partei begann der ANC vor einigen Wochen mit der Plakatierung ganzer Straßenzüge in allen neun Provinzen des Landes. DA, Inkatha Freedom Party (IFP), COPE und die kleineren Parteien machten hingegen erst relativ spät auf sich aufmerksam. Dabei ist den Oppositionsparteien eins gemein: Sie alle haben völlig überfrachtete Plakate, die keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zwar haben sich alle Parteien bemüht, einen klaren Slogan zu formulieren, doch bei vielen ist nicht klar, welche Botschaft oder welches Bild hängen bleiben soll. Ist es das Motto, der Parteiführer oder das Logo der Partei, das sich den Wählern beim schnellen Vorbeifahren an den Plakaten einprägen soll?

Selbst der DA, die als einzige Partei neben dem ANC und der neuen Oppositionspartei COPE die finanziellen Ressourcen hatte, um die Werbekampagne in professionelle Hände zu geben, fehlt ein klares Format. Sowohl auf den Wahlplakaten als auch der Titelseite des Wahlprogramms konkurrieren das Bild der Spitzenkandidatin Helen Zille, das neue DA-Logo und der Wahlslogan um die Aufmerksamkeit des Betrachters. Weil das Auge nicht weiß, wo es zuerst hinschauen soll, bleibt nicht viel hängen. Auch bei genauerer Betrachtung wird die Message nicht unbedingt klarer: Mit dem Wahlspruch „Vote to Win“ stellt sich jedem die Frage, was und vor allem wie die DA gewinnen will. Im Western Cape hat die Partei zwar große Chancen, die Provinz um Kapstadt vom ANC zurück zu gewinnen, doch im Rest des Landes rechnet wohl niemand mit einem DA-Sieg. Auch in den Medien ist daher in den vergangenen Wochen oft kritisiert worden, dass sich der DA-Wahlkampf zu sehr auf das Western Cape beschränkt, und die Situation sowohl im wirtschaftsstarken Gauteng als auch in den ärmeren Provinzen des Landes völlig außer Acht lässt.

Auch die Independent Democrats (ID) schneiden in den Kommentaren der Journalisten im Zusammenhang mit Wahlkampf und Wahlwerbung schlecht ab. Ein Portraitbild, das Parteiführerin Patricia de Lille eher abschreckend als freundlich zeigt, dunkle Farben und ein nichtssagender Slogan („Be part of the solution“) werden kaum einen noch unentschiedenen Wähler in letzter Minute auf die Seite der ID ziehen. Wesentlich freundlicher wirkt hingegen das IFP-Plakat. Spitzenkandidat Prinz Mangosuthu Buthelezi steht im Mittelpunkt – darunter sind je nach Plakat einer der Leit-Slogan zu lesen. „Tried and tested alternative“ bezieht sich auf die Partei, „The man you can trust“ vertraut ganz auf die Anziehungskraft des Zugpferds Buthelezi. Voll auf ihren Spitzenkandidaten Pieter Mulder setzt auch die Freedom Front Plus. Auch wenn man den Forderungen der Afrikaner-Partei kritisch gegenüberstehen mag: Auf dem Plakat zumindest sieht Mulder sympathisch aus, und auch der Slogan auf einer zweiten Version der Plakate „Stand up and vote“ bringt eine klare Message ’rüber: In Südafrika wird sich nur dann etwas ändern, wenn die Südafrikaner ihre Rechte einfordern und am Wahltag auch zur Urne gehen.

Ein ähnliches Dilemma wie bei den DA-Plakaten ist auch auf den Werbeträgern für COPE zu sehen: Zu viele Elemente auf zu kleinem Raum. „Vote COPE“ ist zwar eine eindeutige und einprägsame Botschaft, doch auch hier wetteifern Slogan, Logo und ein schlecht aufgenommenes Kandidaten-Foto (mal Mvume Dandala, mal Mosiuosa Lekota) um Aufmerksamkeit. Das größte Problem der COPE-Plakate ist jedoch die kaum vom ANC zu unterscheidende Farbgebung. Schwarze Schrift auf gelbem Hintegrund, dazu das in Südafrika beliebte Grün im Logo – damit sind auf dem COPE-Plakat die ANC-Farben prominent vertreten. Weitaus effektiver als die Plakate sind die Riesen-Werbeträger, die COPE vor allem in Gauteng installiert hat. An den Stadtautobahnen rufen riesige Schriftzüge zu „Vote for Hope – Vote COPE“ auf, und im Stadtzentrum von Johannesburg wurde ein Gebäude komplett mit einem COPE-Werbebanner umhüllt.

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Die neue Oppositionspartei COPE setzt in diesem Wahlkampf vor allem auf riesige Werbebanner – wie zum Beispiel im Stadtzentrum Johannesburgs.

Und so ist es wieder einmal einzig und allein der ANC, der ein schlichtes doch umso einprägsameres Plakat geschaffen hat: Zumas Portrait auf gelbem Hintegrund, dazu der einfache Satz: „Vote ANC“. Einzig und allein um die Person des Jacob Zuma geht es bei der Wahl 2009, und genau das vermittelt das Wahlplakat. Man mag zu dem wegen Korruption, Betrug und Bestechung angeklagten Präsidentschaftskandidaten stehen wie man will: Er ist es, der die Massen begeistert.

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Der ANC-Wahlkampf ist einzig auf die Person des Spitzenkandidaten Jacob Zuma ausgerichtet. Wahlplakate gibt es in den verschiedenen Landessprachen, sowie in Portugiesisch und Griechisch.

Wahlkampf in den Neuen Medien

Insgesamt 23 Millionen Südafrikaner haben sich für die Wahl am 22. April registrieren lassen. Im Jahr 2004 waren 20 Millionen gemeldet, 15 Millionen gaben am Ende ihre Stimme ab. Auffallend an dieser Wahl ist unter anderem, dass so viele junge Leute wie nie zuvor an den Wahlstationen erwartet werden. Nach Auskunft der Sunday Times haben sich allein an den letzten beiden Tagen der Wähler-Registrierung knapp 1,3 Millionen 18- bis 29-Jährige in das Wählerverzeichnis eintragen lassen, darunter mehr Frauen als Männer. Insgesamt sind nun rund sechs Millionen junge Südafrikaner zur Wahl zugelassen – sie machen knapp 14 Prozent der Wählerschaft aus. In diesem Zusammenhang hätte man erwartet, dass die Parteien ihren Wahlkampf wenigstens zum Teil speziell auf diese wichtige Wählerklientel einstellen. Doch der Einsatz von Internetseiten und neuen Medien ist nicht gerade professionell organisiert.

„Haben die Politiker denn gar nichts von Obama gelernt?“, fragt ein Kommentator des Mail and Guardian in seinem Artikel „As empty as election promises“ vom 16. März. Ansätze eines modernen Wahlkampfs und der Einsatz entsprechender Medien sind zwar erkennbar. So hat COPE bereits vor seiner offiziellen Parteigründung die Spendenmöglichkeit per sms eingeführt, und auf der Internetplattform Facebook widmen sich diverse Gruppen der Partei. Auch der ANC und die DA sind bei Facebook vertreten, COPE hat außerdem eine Chat-Seite eingerichtet, auf der sich die politikinteressierten Südafrikaner austauschen können. Betrachtet man jedoch die Homepages der einzelnen Parteien, so bleiben viele Möglichkeiten ungenutzt. Zwar sind alle relevanten Parteien im Internet mit eigenen Seiten vertreten, doch viel mehr als Wahlprogramm, Lebensläufe der Führungspersönlichkeiten sowie anstehende Termine sind hier nicht zu finden.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch die generelle Struktur der südafrikanischen Wählerschaft sowie ihr Zugang zu den Neuen Medien zu beachten. „Die meisten Internet-Nutzer im Land gehören zu einer Minderheit von gut ausgebildeten und wohlhabenden Südafrikanern, denen eine Mehrheit gegenübersteht, die nicht so gut informiert ist“, schreibt Zoleka Ndayi im Business Day vom 26. März. Einer Statistik der Online Publishers Association zufolge kommunizieren 3,8 Millionen Südafrikaner online, das durchschnittliche Alter dieser Gruppe ist 25 bis 29 Jahre. 51 Prozent der Internetnutzer sind Englischsprachig, 28 Prozent Afrikaans, und der Rest der Nutzer ist auf die verschiedenen anderen Sprach-Gruppen verteilt. Das Internet hat demnach längst nicht den Stellenwert, den es beispielsweise im US-Amerikanischen Wahlkampf hatte. Dementsprechend erreichen die politischen Parteien über dieses Medium auch nur eine ausgewählte und keineswegs repräsentative Wählerklientel.

Allerdings – und das kann man den Wahlkampfmanagern der großen Parteien schon vorwerfen – bleibt das Potenzial des Mobiltelefons ungenutzt. Mindestens 43 der rund 48 Millionen Südafrikaner besitzen Schätzungen zufolge ein Mobiltelefon und sind ausschließlich darüber erreichbar. Auch Haushalte ohne Fernseher und ohne Zugang zur Tageszeitung oder Internet, verfügen oft über ein Mobiltelefon. Explizite Werbekampagnen über dieses Medium fehlen jedoch im südafrikanischen Wahlkampf.

Fernsehwerbung erstmalig kostenfrei

Im Radio, das weiterhin eine große Rolle nicht nur auf dem gesamten Kontinent, sondern auch in Südafrika spielt, sind täglich Diskussionen im Hinblick auf die Wahl zu hören – wer will, kann sich hier recht gut informieren. Doch ein weiteres Medium bleibt in Südafrika weitesgehend ungenutzt: das Fernsehen. Dabei haben die politischen Parteien erstmalig in der Geschichte des demokratischen Südafrikas Zugang zu kostenfreier TV- und Radiowerbung. Wie die Independent Communications Authority of South Africa (Icasa) am 24. März mitteilte, erhalten 26 der 41 zur Wahl registrierten Parteien Zugang zu kostenloser Werbung in den beiden Medien. Damit wolle man die Chancengleichheit erhöhen, da im Vorfeld der Wahlen lediglich ANC und DA sich die teure Werbung leisten konnten. Die Verteilung der kostenlosen Werbefenster ist jedoch zweifelhaft: Nach Auskunft von Icasa wurden die Zeitfenster entsprechend der Anzahl von Kandidaten auf den Parteilisten verteilt. So hat die DA beispielsweise drei Zeitfenster zugewiesen bekommen, während der Newcomer COPE und auch die im Parlament wesentlich schwächer vertretene ID insgesamt über fünf Fenster verfügen. ANC und APC (African People’s Convention) verfügen ebenfalls über je fünf Werbeeinheiten, während IFP und PAC (Pan Africanist Congresss) sich mit dreien zufrieden geben müssen. UDM bekommt vier kostenlose Werbungen, die kleineren Parteien je eine. Ob die Parteien nur drei Wochen vor den Wahlen allerdings noch professionelle TV-Werbespots produzieren können, ist zweifelhaft. Wie schon bei den Plakaten hat auch hier der ANC die Nase vorn: Die verschiedenen – sehr ansprechenden und einem hohen Standard entsprechenden – Werbespots sind auf der Homepage abrufbar und haben durchaus das Potenzial, eine breite Masse der Südafrikaner anzusprechen und zu begeistern.

Kleinere Parteien passen sich inhaltlich an

Im Angesicht der Übermacht des ANC, der in den vergangenen Wochen bewiesen hat, zu welch effektiven Maßnahmen er fähig ist und über wie viel „Manpower“ er verfügt, wenn die Wahlkampfmaschinerie erst einmal ins Laufen kommt, sehen die kleineren Parteien in Südafrika ihre ohnehin schon wackelige Basis mehr und mehr zusammenbrechen. Von den 41 registrierten Parteien steht der Großteil vor dem Niedergang. Konnten die kleinen Parteien (alle außer ANC, DA und IFP) in den Wahlen von 1999 noch 62 Sitze im Nationalen Parlament erreichen, sank ihr Anteil 2004 auf 43 Sitze, und der weitere Ausblick ist verheerend. DA, COPE und Inkatha werden in diversen Umfragen zwar mehr oder weniger Einfluss zugestanden, die kleineren Parteien scheinen aber ohne jeglichen Einfluss.

Um nicht ganz in der Bedeutungslosigkeit zu versinken und vielleicht doch noch ein paar Wählerstimmen auf ihre Seite zu ziehen, passen sich diese nun in ihren Wahlprogrammen den großen Parteien an. Armut, Arbeitslosigkeit, Verbrechens- und Korruptionsbelämpfung, Bildung und Ausbau des Gesundheitssystems sind die immer gleich lautenden Schwerpunkte der politischen Agenden. Nischenthemen werden zugunsten der großen drängenden Probleme aufgegeben, in der Hoffnung, wenigstens einige Wähler zu halten – wenn man schon keine neuen dazu gewinnen kann. Und während sich die Wahlprogramme von ANC und COPE schon kaum unterscheiden, sind nun dieselben Schlagworte in den Programmen von ID, Freedom Front Plus, UDM und African Christian Democratic Party zu finden. Ob das die richtige Strategie im Parteienwettbewerb ist, bleibt abzuwarten.

ANC-Spione bei COPE identifiziert

Ebenfalls mit Spannung zu beobachten ist das Abschneiden der neuen Opposition COPE. Auf die COPE-Plakate hatten die Südafrikaner lange warten müssen: Um die unter großer Euphorie gegründete Abspaltung des ANC wurde es nach dem Gründungsparteitag im Dezember 2008 und der groß organisierten Vorstellung des Wahlprogramms im Januar zunächst still. Einzig die Führungsstreitigkeiten und die Frage nach einem geeigneten Präsidentschaftskandidaten schafften es noch in die Schlagzeilen. Umso verwunderlicher, wie spät COPE mit Plakaten in den Wahlkampf einstieg. Erst etwa sechs Wochen vor der Wahl – der ANC hatte die Straßen längst mit Postern gepflastert – begann COPE, flächendeckend zu plakatieren.

Eine Erklärung für den dilettantisch organisierten Wahlkampf kam am vergangenen Donnerstag, 26. März: Mlungisi Hlongwane, Wahlkampfmanager von COPE, erklärte seine Rückkehr zum ANC. Die COPE-Führung beeilte sich zu versichern, man habe Hlongwane schon länger verdächtigt, ein U-Boot des ANC zu sein: „Er wurde nach einigen Sabotage-Akten, die dazu dienten, unsere Partei zu blamieren, als ein möglicher ANC-Spion identifiziert“, hieß es in der Presseerklärung von COPE-Sprecher Sipho Ngwema. Der Schaden, den Hlongwane in seiner kurzen Zeit bei COPE angerichtet hat, ist aber beträchtlich.

Nur einen Tag später verließ ein weiterer prominenter COPE-Politiker das Schiff: Peter Marais, einst Bürgermeister in Kapstadt für die Democratic Alliance und Premier des Western Cape für die New National Party, erklärte seinen Austritt aus der neuen Oppositionspartei, der er erst Ende November 2008 beigetreten war. Marais begründete seine Entscheidung mit den „unerträglichen Führungsstreitigkeiten“ innerhalb der Partei. Schon vor dem Gründungsparteitag im Dezember 2008 und vermehrt nach der Parteigründung hatte es immer wieder Berichte gegeben, denen zufolge ein heftiger Streit innerhalb der neuen Opposition ausgebrochen sei, wer „erster Mann“ der Partei sein sollte. Zunächst hatte man sich auf eine Doppelspitze Mosiuoa Lekota und Mbhazima Shilowa geeinigt. Bei der Frage jedoch, wer Präsidentschaftskandidat der Partei sein solle, zauberte COPE plötzlich einen Neuen aus dem Hut: Bischof Mvume Dandala ist nun offizieller COPE-Kandidat für das höchste Amt im Staat. Dieser – unnötige – Führungsstreit hat der neuen Partei in den vergangenen Wochen viele Negativschlagzeilen gebracht, und auch insgesamt ist die Stimmung innerhalb der Medien gekippt. Während man Ende 2008 noch euphorisch die Spaltung des ANC begleitete, mehren sich seit einigen Wochen die COPE-kritischen Stimmen. Nicht nur der Führungsstreit, auch das undeutliche Profil der Partei sowie der schwache Wahlkampf geben Anlass zu Kritik.

Partei-Austritte wie die von Peter Marais und Mlungisi Hlongwane werfen zudem ein schlechtes Licht auf die neue Opposition. Verheerend sind in diesem Zusammenhang zum Beispiel die negativen Äußerungen der beiden Überläufer: Während Marais‘ Beschwerde über die Führungsstreitigkeiten innerhalb der Partei nicht neu ist, wiegt der Vorwurf Hlongwanes wesentlich schwerer: Der ehemalige Wahlkampfmanager spricht von einer Unterwanderung der Partei durch die Gruppe der Xhosa und bringt somit die ethnische Komponente in den ohnehin schon aufgeheizten Wahlkampf. Mit der Besetzung des Spitzenpostens mit Dandala, habe man nun einen Xhosa-stämmigen Südafrikaner an der Spitze der Partei gehoben, um die Vorherrschaft der Xhosa – die mit der Nominierung des Zulu-stämmigen Jacob Zuma im ANC verloren gegangen war – in der neuen Partei zu sichern. Die Entscheidung, Dandela als Präsidentschaftskandidaten zu nominieren, sei das Resultat einer sorgfältig inszenierten Stammes-Kampagne, so Hlongwane. „Eine ausgewählte Gruppe von Xhosa-sprechenden Führern hat eine Strategie entwickelt, um ausschließlich Xhosa-sprechende Führer in strategische Positionen zu platzieren“, sagte Hlongwane der Presse. Damit spricht er genau die ANC-Anhänger an, die schon in den vergangenen Jahren immer wieder eine Xhosa-Verschwörung innerhalb der eigenen Partei witterten. Mit Nelson Mandela und Thabo Mbeki waren nacheinander zwei Xhosa an der Spitze des Staates, nun soll mit Zuma endlich ein Zulu-Gleichgewicht her. Dass nicht COPE, sondern der ANC in diesem Wahlkampf immer wieder die Rassenkomponente in die Diskussion einbringt, scheint dabei in Vergessenheit zu geraten – und unterstreicht, wie geschickt der ANC die Strukturen der neuen Opposition unterwandert und eigene Schwächen in Stärken umwandeln kann.

Zuma allgegenwärtig

Einen geschickt inszenierten und äußerst werbewirksamen Auftritt hatte ANC-Präsidentschaftskandidat Jacob Zuma zudem am 28. März: Im Anschluss an das Freundschaftsspiel der südafrikanischen Fußballnationalmannschaft gegen Norwegen überreichte der ANC-Präsident den Siegerpokal an die Gastgeber. Und das unter dem Jubel der rund 30000 Besucher im Stadion – kein Hauch von Kritik an dem selbstbewussten Auftritt Zumas. Dabei war das Freundschaftsspiel doch ursprünglich als Höhepunkt der Welt-Friedenskonferenz im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2010 gedacht. Friedensnobelpreisträger aus aller Welt wollten in Johannesburg mit Blick auf die Fußball-WM 2010 über Völkerverständigung und die Überwindung des Rassismus debattieren. Die Regierung um Übergangspräsident Kgalema Motlanthe hatte aber bekanntermaßen dem Dalai Lama die Einreise mit der Begründung verweigert, man wolle nicht vom eigentlichen Thema der Konferenz – der Fußball-WM – ablenken. Die Friedenskonferenz wurde abgesagt, das Fußballspiel fand statt.

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Wahlkampf im Fußballstadion: Jacob Zuma lässt keine Gelegenheit ungenutzt.

Mit einem bitteren Beigeschmack: Südafrika ist nicht nur der mit Abstand wichtigste Partner der Chinesen auf dem Kontinent und für etwa 20 Prozent des gesamten chinesischen Handels in Afrika verantwortlich, Zumas Werbekampagne wird offenbar ebenfalls zu einem großen Teil von der kommunistischen Partei Chinas finanziert. Einen Besuch des Dalai Lama konnte Zuma allein aus diesem Grund sechs Wochen vor den Wahlen nicht gebrauchen. Zuma selbst hatte die Entscheidung der südafrikanischen Regierung vor seinem Auftritt in Rustenburg verteidigt und betont, die Ablehnung des Visumsantrags sei kein Zeichen dafür, dass die Menschenrechte in der Kaprepublik mehr und mehr untergraben würden.

Menschenrechtsorganisationen, die internationale Presse und breite Teile der südafrikanischen Zivilgesellschaft sowie die Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, FW de Klerk und auch der Enkel Nelson Mandelas, Chief Mandla Mandela (einer der Konferenzorganisatoren), hatten die Entscheidung aufs Schärfste verurteilt. Doch dass nicht der Dalai Lama, sondern Jacob Zuma im Rustenburger Stadion das Geschehen auf dem Spielfeld verfolgte, schien die Zuschauer nicht zu stören. Im Gegenteil: Als der Stadionsprecher den Auftritt des Parteipräsidenten ankündigte, brach Jubel auf den Rängen aus.

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Jubel für Jacob Zuma – im Fußballstadion von Rustenburg.

ANC ist siegesgewiss

Auch dieses Auftreten Zumas ist wieder einmal ein Zeichen dafür, wie siegesgewiss der ANC ist. Die Führungsetage der Regierungspartei scheut sich nicht, auch kurz vor der Wahl noch unpopuläre Entscheidungen wie zum Beispiel die frühzeitige Entlassung Zumas‘ wegen Korruption verurteilten Finanzberaters Shabir Shaik durchzusetzen. Selbst dieser höchst umstrittene Beschluss, der einen Aufschrei in weiten Teilen der Bevölkerung auslöste, scheint dem ANC nichts anhaben zu können. Negative Folgen im Wahlergebnis sind nach Auffassung der Führungsriege nicht zu erwarten. Auch die Dalai-Lama-Entscheidung, im Ausland mit scharfer Kritik und Unverständnis aufgenommen, hat in Südafrika bis auf einige Ausnahmen weniger heftige Reaktionen – zum Teil sogar Zustimmung – ausgelöst . Der ANC hat keinen Zweifel an der eigenen Mobilisierungskraft und an der Verteidigung der 2/3-Mehrheit. Steilvorlagen für die Opposition hat es in den vergangenen Monaten genug gegeben – doch mit einem einfallslosen Wahlkampf lässt sich nichts gewinnen, egal wie gut die Ausgangssituation auch sein mag.

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Trainee im Auslandsbüro Südafrika und Praktikumsbeauftragter

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