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Reportajes internacionales

Zur Parlamentswahl in Simbabwe

de Dr. Dr. Anton Bösl
Am 24. und 25. Juni 2000 waren 4,1 Mio. Simbabwer aufgerufen, nach fünf Jahren ein neues Parlament zu wählen. Das vorläufige Endergebnis der von hoher Beteiligung gekennzeichneten Wahl (60 %) ergab 62 Sitze für die seit 1980 regierende sozialistische Einheitspartei Zanu-PF (Zimbabwe African National Union - Patriotic Front), einen Sitz für die ihr nahestehende und nur regional agierende Splitterpartei Zanu (Ndonga) und 57 Sitze für die erst zu Beginn dieses Jahres gegründete Partei MDC (Movement for Democratic Change).

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Präsident Robert Mugabe, dessen Amtszeit erst 2002 endet, kann laut Verfassung 20 weitere Parlamentarier benennen. Diese setzen sich aus den acht von ihm eingesetzten Provinzgouverneuren und weiteren 12 von ihm persönlich zu ernennenden Personen zusammen.

Der Rat der Stammesführer kann ferner zehn Vertreter in das insgesamt 150 Personen umfassende Parlament entsenden. Signifikant am Wahlergebnis ist, dass die beiden großen Städte Harare und Bulawayo sowie fast das gesamte Matabeleland, also der Westen Simbabwes, an MDC fielen. Demgegenüber konnte sich Zanu-PF in den restlichen, fast ausschliesslich ländlichen Gebieten behaupten.

Unregelmäßigkeiten bei der Wahl

Aufgrund von offensichtlichen Unregelmäßigkeiten wird sich das Ergebnis dieser Wahl sehr wahrscheinlich noch zugunsten von MDC ändern. Ihr Vorsitzender, Morgen Tsvangirai, will aufgrund von offensichtlichen Unregelmäßigkeiten ein Nachzählen der Stimmen bzw. eine Wiederwahl in 28 Wahlkreisen gerichtlich erzwingen. Als Argumente werden von MDC und unabhängigen Wahlbeobachtern u.a. angegeben:

  • die Nicht- bzw. Falschregistrierung zahlreicher Wähler (10 - 16 % der Wahlberechtigten konnten allein deshalb nicht wählen);
  • (fast) alle in der DR Kongo offiziell stationierten Soldaten haben trotz völlig anderslautender Umfragen per Briefwahl die regierende Zanu-PF gewählt sowie teilweise vom direkten Wahlrecht Gebrauch gemacht;
  • vor einigen Tagen wurden an verschiedenen Stellen des Landes am Straßenrand Wahlurnen gefunden.
Eine Änderung des Wahlergebnisses hängt somit nun v.a. von der Unabhänigkeit der zuständigen Gerichte ab. Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt festzuhalten, dass die bisher autokratisch herrschende Zanu-PF die verfassungsändernde 2/3 Mehrheit verloren, die absolute Mehrheit jedoch fast sicher gewonnen hat. Unabhängig vom Wahlergebnis kann und wird Präsident Mugabe ohnehin eine Regierung ohne Beteiligung von MDC bilden.

Die Wahl selbst sowie die Phase vor der Wahl, die hohe internationale Aufmerksamkeit auf sich zogen, waren von offiziellen Delegationen u.a. der EU, des Commonwealth, der OAU und des SADC sowie von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen beobachtet worden. Dabei erwies sich bereits die offizielle Akkreditierung der Wahlbeobachter aufgrund administrativer Unfähigkeit und/oder systematischer Verhinderungsstrategien von Regierungsstellen als massives Problem. Die offizielle UN-Delegation reiste deshalb unter Protest zurück.

Den Vertretern der renommierten amerikanischen Institute NDI und IRI, die aufgrund der Menschenrechtsverletzungen im Vorfeld der Wahl von der Unmöglichkeit freier und fairer Wahlen sprachen, wurde eine öffentliche Abfuhr erteilt. Da auch nur wenige lokale NRO-Vertreter akkreditiert wurden, war eine flächendeckende Wahlbeobachtung zumal in ländlichen Gebieten nicht möglich.

Während die Durchführung der Wahl von den meisten Wahlbeobachtern als internationalen Standards entsprechend bezeichnet und allseits sehr gelobt wurde, entwickelte sich die politische Beurteilung der Vor-Wahl-Phase zu einem Streitpunkt. Vertreter von OAU und SADC beschränkten sich darauf, die Durchführung der Wahl zu loben und die Demokratiefähigkeit und damit zukünftige Förderungswürdigkeit von Simbabwe zu betonen.

Demgegenüber wies v.a. die EU-Wahlbeobachter-Delegation auf gravierende Menschenrechtsverletzungen durch Zanu-PF-Anhänger hin und verurteilte das hohe Maß an Gewalt, Zwang und Einschüchterung im Vorfeld der Wahl, was zu einem Klima von Furcht geführt hatte. Der Opposition war es daher in weiten Teilen des Landes nicht möglich, öffentliche Kampagnen durchzuführen. Der freie Zugang zu den elektronischen Medien war ihr unmöglich, da diese von Zanu-Pf kontrolliert werden und regierungskritische Kommentare mit der Zerstörung von Redaktionsbüros honoriert wurden.

Blickt man auf die Wochen vor dieser Wahl, so müssen folgende Fakten festgehalten werden: es sind vier weisse Farmer und 26 Anhänger der Opposition ermordet worden, zahlreiche Kandidaten von MDC mußten sich aufgrund von Morddrohungen verstecken, selbst der Justizminister bedrohte seinen Gegenkandidaten öffentlich mit dem Tod. Er entkam (wie einige andere von Ermordung bedrohte Parlamentskandidaten von MDC) einem Attentat nur knapp, ein MDC-Kandidat liegt noch im Koma.

Vergewaltigungen von vermeintlichen Sympathisantinnen von MDC oder den Angehörigen ihrer Kandidaten, nächtliche kollektive Umerziehungsmaßnahmen von Farmarbeitern, von der Regierung systematisch geplante und rechtswidrige Farmbesetzungen und damit geschürter Rassismus usw. können nicht als adäquates Umfeld für wirklich demokratische Wahlen gelten.

Legt man die offiziellen Kriterien der EU für die Durchführung von Wahlen an, dann mußte man bereits am Vorabend der Wahl zu dem Ergebnis kommen, daß diese nicht als frei und fair bezeichnet werden kann. Dies wurde im übrigen auch von der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem NDI öffentlich vertreten.

Trotz aller Repressionen haben Kandidaten und offizielle Vertreter auch von MDC die Bereitschaft erklärt, das Ergebnis der Wahl (in den meisten Wahlkreisen) anzuerkennen. Damit ist nicht nur der Weg zur Bildung eines neuen Parlamentes in Simbabwe frei, sondern auch ein Meilenstein auf dem Weg zu Demokratie und Pluralismus in diesem Land gelegt worden.

Erstmals seit 20 Jahren verfügt Simbabwe über eine Opposition, die die 2/3 Mehrheit einer Partei gebrochen hat. Willkürliche Verfassungsänderungen, wie sie in den letzten dreizehn Jahren sechzehnmal geschehen sind (meist um die Rolle des Präsidenten zu stärken und zuletzt, um die entschädigungslose Enteignung des von Weißen besessenen Farmlandes durchzusetzen), sind jetzt nicht mehr möglich. Legislative Prozesse können fortan nicht mehr ausschließlich parteiintern diskutiert und im Parlament nur noch formal zur Abstimmung gebracht, sondern müssen dort tatsächlich diskutiert werden.

Wahlergebnis birgt immenses Potential

Bisher staatlich sanktionierter Nepotismus und Korruption in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens erhalten nun ein kritisches Korrektiv. Transparenz und Effizienz könnten das Vertrauen in Staat und Verwaltung wiederherstellen. Die Rolle von Recht und Gesetz kann von einer bisher autokratisch gehandhabten Legislative und Exekutive nicht mehr ignoriert werden und muß ihre eigentliche Bedeutung wiedergewinnen. Das Potential, das dieses Wahlergebnis in sich birgt, ist immens und gibt einen berechtigten Grund zur Hoffnung für die politische Dynamisierung, aber auch sozio-ökonomische Entwicklung dieses Landes.

Die Signale beider Wahlgewinner - und es handelt sich hier um ein Ergebnis, mit dem beide Parteien offensichtlich zufrieden sind - waren positiv. Die Führung von MDC und Präsident Mugabe haben ihre Bereitschaft erklärt, gemeinsam an der Lösung der gravierenden Probleme dieses Landes zu arbeiten. Es kann der Versuch der regierenden Zanu-Pf sein, die Lösung der von ihr verursachten Probleme, von Versäumnissen und Versagen nun auf die Opposition abzuwälzen, um bei den Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren eine reelle Chance zu bewahren. Es kann aber auch das Angebot sein, die Opposition positiv in die Verantwortung einzubinden.

Man muß und darf von dieser Opposition viel erwarten; es bleibt allerdings abzuwarten, ob die MDC, die sich aus der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung herausentwickelt hat und den Anschluß an die Sozialistische Internationale sucht, tatsächlich die Lösungsvorschläge bieten kann, die das wirtschaftlich am Boden liegende Simbabwe retten können. Hier wird internationale Hilfestellung materieller wie ideeller Art notwendig sein.

Das ungelöste Problem der Landverteilung muß dabei vordringliches Thema der politischen Agenda Simbabwes werden. War der Ton Mugabes unmittelbar nach der Wahl noch sehr konziliant, muß das Signal seiner Parteizentrale wenige Tage später, die Farmbesetzungen intensivieren zu wollen, als erste Kampfansage an die neue Opposition bewertet werden.

Die Parlamentswahl 2000 war die Morgenröte eines demokratischen Simbabwe. Sie stellt das Ergebnis eines zivilgesellschaftlichen Transformationsprozesses dar, in welchem der Mehrheit der Bevölkerung vor allem die Bedeutung politischer Partizipation und die reale Möglichkeit bewußt wurde, das Schicksal ihres Landes konstruktiv mitzugestalten zu können. Der zivilgesellschaftliche Einsatz und blutige Tribut für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit war sehr hoch. Mit dieser Wahl hat sich Simbabwe jedoch nun nach vielen Jahren fast totalitärer Herrschaft und zuletzt internationaler Selbstdiskreditierung eine neue Chance erarbeitet.

Die jüngsten nächtlichen Übergriffe von Teilen der Armee auf bekennende MDC-Anhänger sind allerdings nicht nur ein trauriges Indiz für die Unglaubwürdigkeit der Regierung, das Wahlergebnis anzuerkennen, sondern auch für die Brüchigkeit dieser jungen Demokratie. Einerseits sollten die Industrienationen und Geberländern gerade jetzt ihrer Verantwortung in einer globalen Welt gerecht werden und Simbabwe jene Unterstützung angedeihen lassen, die es zur Konsolidierung seiner Demokratie braucht. Andererseits muß nun die Nach-Wahl-Phase sehr genau beobachtet werden und ist auf Signale der neu zu bildenden Regierung sowie des ihr nahestehenden Kriegsveteranen-Verbandes zu warten, die auf eine vernunftgeleitete, rechtsstaatliche und humane Lösung der Probleme des Landes hindeuten. Solche Signale sind derzeit allerdings kaum wahrzunehmen.

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Sankt Augustin Deutschland