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Die Kunst der Stunde: Was tun mit Nordkorea?

von Christin Diana Becker und Janine Läpple

Mit Blick auf das isolierte Nordkorea besteht eine enorme Herausforderung darin, das derzeit besonders aggressive Verhalten Kim Jong Uns einzuordnen. Dies ist notwendig, um das Handeln des jungen Machthabers nachvollziehen und sich, darauf aufbauend, mit potenziellen Konfliktlösungsansätzen auseinandersetzen zu können. Welche Handlungsoptionen bleiben der internationalen Staatengemeinschaft angesichts der in den letzten Wochen erheblich verschärften Kriegsrhetorik aus Pjöngjang? Ein besonnener Umgang mit dem gesamten Problemkomplex Nordkorea scheint in jedem Fall das Gebot der Stunde zu sein.

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Kim Jong Un, der nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il im Dezember 2011 neuer „oberster Führer der Partei, des Volkes und

der Streitkräfte“ Nordkoreas wurde, weckte in seiner diesjährigen Neujahrsansprache Hoffnungen auf bevorstehende Veränderungen. In seiner Rede thematisierte er sowohl Wirtschaftsreformen als auch die Aussicht auf eine Verbesserung der Beziehungen zu Südkorea. Spätestens mit dem Nukleartest vom 12. Februar dieses Jahres war allerdings jede Zuversicht bezüglich eines Kurswechsels verflogen. Infolge des Atomtests verschärfte die UN abermals ihre Sanktionen, wodurch eine Spirale nordkoreanischer Kriegsrhetorik und entsprechender Gegenreaktionen Amerikas und Südkoreas in Gang gesetzt wurde. Anfang März kündigte Nordkorea schließlich den seit 1953 bestehenden Nichtangriffspakt mit Südkorea. Beide Staaten befinden sich formal noch immer im Kriegszustand miteinander. Als Reaktion auf weitere als Provokationen wahrgenommene Handlungen der USA und Südkoreas erklär- te Nordkorea zudem, seinen stillgelegten Kernreaktor Yongbyon wieder in Betrieb nehmen zu wollen. Eine weitere Zuspitzung der Situation erfolgte durch die Blockade der gemeinsamen Sonderwirtschaftszone Kaesong vonseiten Nordkoreas und die Erhöhung der Alarmbereitschaft der Streitkräfte der USA, Südkoreas und Japans. Nach den Feierlichkeiten zum 101. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il Sung am 15. April nannte Nordkorea schließlich Bedingungen für eventuelle Verhandlungen mit den USA und Südkorea und wies damit die vormals durch Amerika aufgestellten Konditionen für einen Dialog deutlich zurück.

Kim Jong Un: Der Wahnsinnige…

Doch was steckt hinter den aktuellen Drohgebärden? Der Größenwahn eines noch unerfahrenen Diktators oder vielmehr eine klare Strategie, die konkrete, den eigenen Nutzen maximierende Ziele verfolgt? Was für Szenarien bezüglich der weiteren Entwicklung des Korea-Konflikts sind vor diesem Hintergrund denkbar?

Diese zentralen Fragen lassen sich nur beantworten, wenn man die internen Strukturen des Systems und die spezifische Denkweise Kim Jong Uns so gut wie möglich nachzuvollziehen versucht. In den deutschen Medien wird Kim Jong Un gern als "der Irre" oder der "Milchbubi-Diktator" dargestellt. Dies verstärkt den Eindruck eines gänzlich irrationalen, geradezu verrückten Akteurs, der willkürlich mit Drohungen um sich wirft, ohne deren Konsequenzen zu bedenken. Oberflächlich betrachtet scheint diese Annahme auch durchaus begründet zu sein. Die Kriegsrhetorik Kim Jong Uns und der über die letzten Jahre andauernde Wechsel von Drohgebärden und Zugeständnissen wirkt unberechenbar und für Außenstehende unverständlich. Besonders angesichts der militärischen Unterlegenheit Nordkoreas gegenüber den USA und Südkorea scheint Kim Jong Un die Stabilität und Sicherheit seines Landes mit den aktuellen Drohungen nur unnötig zu gefährden. Ein Krieg würde – so die einhellige Expertenmeinung – innerhalb kürzester Zeit das Ende Nordkoreas und der Kim-Dynastie nach sich ziehen, was nicht im Sinne Kim Jong Uns sein kann. Auf den ersten Blick spricht folglich alles für die Irrationalität des Machthabers.

…oder der brillante Stratege?

Betrachtet man den langjährigen Konflikt allerdings aus der Perspektive Kim Jong Uns, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Es wird deutlich, dass der junge Diktator keineswegs verrückt, sondern sein Verhalten durch rationale Motive geprägt ist. Entsprechendes galt auch für seinen Vater, was mit Blick auf die nordkoreanische Außenpolitik der letzten Jahrzehnte deutlich wird: Es

lässt sich eine Art Konflikt–Entspannung-Zyklus identifizieren. Seit den 1980ern folgte auf eine Phase der Eskalation in der Regel etwa sechs Monate später eine Phase der Entspannung und des Dialogs, in der Nordkorea gegen Zugeständnisse schließlich Hilfsleistungen erhielt. Der stetige Wechsel von Drohungen und Gesprächsbereitschaft ist also nicht Folge von Willkür und Unberechenbarkeit, sondern vielmehr die Fortsetzung einer langjährig praktizierten Strategie. Diese war in der Vergangenheit durchaus erfolgreich, da sie dem Land dringend benötigte Wirtschafts- und Lebensmittelhilfen sicherte. Warum also sollte Kim Jong Un diese Taktik nicht fortführen?

Die Atombombe als außenpolitische Lebensversicherung

Eine wichtige Rolle für das derzeitige Verhalten Kim Jong Uns spielen darüber hinaus die politischen Rahmenbedingungen der in Asien-Pazifik aktiven Mächte. Diese waren in den letzten Monaten durch umfassende Veränderungen gekennzeichnet; Regierungswechsel und Wahlen in China, Südkorea, den USA und Japan bilden den Hintergrund, vor dem eine weitere Facette der nordkoreanischen Strategie sichtbar wird.

Die Raketentests sowie die harsche Kriegsrhetorik stellen den Versuch dar, die eigenen Handlungsspielräume auszutesten. Insbesondere wird dieser Faktor deutlich, wenn man den Zeitpunkt des dritten Nukleartests bedenkt. Dieser fand kurz vor dem Amtsantritt der neuen südkoreanischen Präsidentin Park Geun Hye und während des zweiwöchigen chinesischen Neujahrsfests statt. Am selben Tag hielt Präsident Obama zudem seine Rede zur Lage der Nation. Ein solches Timing lässt sich schwer als Zufall abtun, sondern stellt vielmehr den Versuch dar, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Nordkorea zu lenken. Dies kann als weiteres Zeichen für die Rationalität Kim Jong Uns gewertet werden.

Gleiches lässt sich mit Blick auf die nukleare Aufrüstung Nordkoreas insgesamt feststellen. Die Atombombe stellt für das Land

nicht nur ein hervorragendes Druckmittel dar, um Hilfen zu erpressen, sondern dient auch als exzellente Lebensversicherung. Kim Jong Un ist sich über die militärische Unterlegenheit in Bezug auf die konventionellen Waffen seines Landes, die veraltet sind und zahlreiche technische Mängel aufweisen, durchaus im Klaren. Der Besitz der Atombombe minimiert deshalb aus Sicht Nordkoreas die Gefahr eines Angriffs vonseiten Amerikas oder Südkoreas erheblich und sichert somit den Fortbestand des Landes und der Kim-Dynastie. Der Atombombentest im Februar hatte daher auch den Zweck, den Gegnern Nordkoreas erneut die nukleare Macht des Landes zu demonstrieren und sie so auf Abstand zu halten. Die Selbstinszenierung Kim Jong Uns als verrückter, irrationaler Führer folgt derselben Logik: Ein Land, das über Atombomben verfügt und an dessen Spitze ein unberechenbarer Diktator steht, sollte man mit Vorsicht handhaben.

Machtdemonstration als innenpolitische Lebensversicherung

Ein weiterer Aspekt, der Kim Jong Uns Verhalten erklärt, ist die innenpolitische Situation, mit der der Machthaber sich im Moment konfrontiert sieht. Er ist jung, unerfahren und war, anders als sein Großvater, nicht an Kämpfen für sein Vaterland beteiligt. Der Übergang von Kim Jong Il zu Kim Jong Un war außerdem im Verhältnis zum vorangegangenen Machtwechsel wenig vorbereitet. Aus diesen Gründen steht Kim Jong Un unter einem großen Legitimationsdruck sowohl gegenüber dem Volk als auch gegenüber den alten Eliten des Landes, insbesondere im militärischen Bereich. Ein starkes Indiz dafür ist in der personellen Umstrukturierung des Leitungsstabs zu erkennen, die der Diktator im vergangenen Jahr vorgenommen hat. Zahlreiche Personen in Machtpositionen traten aus gesundheitlichen Gründen zurück oder starben überraschend und wurden durch loyale Gefolgsleute ersetzt. Unter ihnen war auch Ri Yong ho, Militärchef und enger Vertrauter von Kim Jong Il. Diese Vorgänge sind ein klares Zeichen dafür, dass die Herrschaft Kim Jong Uns intern nicht von allen Seiten akzeptiert wird und dass er keine Mittel scheut, um dies zu ändern. Vor diesem Hintergrund muss auch die aktuelle Kriegsrhetorik interpretiert werden. Indem er Unbeugsamkeit gegenüber dem Ausland demonstriert und zeigt, dass er gewillt ist, für sein Land einzutreten, versucht Kim Jong Un, seine eigene Machtposition zu stabilisieren und diese gegenüber den alten Eliten abzusichern.

Ähnlich verhält es sich mit der Legitimation Kim Jong Uns gegenüber dem nordkoreanischen Volk, das seit Jahrzehnten unter Armut und Hungersnot leidet. Die Drohgebärden werden von der politischen Führung als Reaktion auf eine Gefahr von außen dargestellt, die auch für die schlechte Versorgungslage im Land verantwortlich gemacht wird. Durch diese Feindbildstrategie soll die Bevölkerung stärker hinter Kim Jong Un vereint und das bisherige Ausbleiben der versprochenen Wirtschaftsreformen gerechtfertigt werden.

Es ist davon auszugehen, dass diese Strategie nicht nur von Kim Jong Un durchdacht worden ist, sondern auch andere Akteure maßgeblichen Einfluss auf die Außen- und Innenpolitik des Landes nehmen. Insbesondere sein angeheirateter Onkel Chang Sung Taek scheint die Geschicke des Landes mitzubestimmen und dabei genau zu kalkulieren, was der eigenen Machtsicherung dient. Die vielschichtigen Gründe zeigen in jedem Fall deutlich: der junge Machthaber und seine Vertrauten sind weder verrückt noch unbedacht. Nicht umsonst ist Nordkorea seit 60 Jahren fest in den Händen der Kims. Doch welche Szenarien ergeben sich angesichts der aktuellen Konfliktsituation und wie hat die internationale Staatengemeinschaft auf die Provokationen Nordkoreas reagiert?

Reaktionen der Weltöffentlichkeit

Mit Blick auf die aktuelle Konfliktsituation besteht die größte Gefahr in einer unbeabsichtigten Kettenreaktion, die in einer kriegerischen Auseinandersetzung kulminiert. Das Gefahrenpotenzial einer Konflikteskalation wurde vor allem in den westlichen Medien umfassend thematisiert. Insbesondere die massive Anhäufung von Drohungen und die Akzentuierung der nuklearen Schlagkraft Nordkoreas führten dazu, dass die derzeitige Krise als außergewöhnlich bedrohlich wahrgenommen wurde. Dies galt verstärkt, nachdem sich die Drohungen aus Pjöngjang in Folge der Aufstockung der amerikanischen Streitmacht im Rahmen der routinemäßigen, gemeinsamen jährlichen Manöver der USA und Südkoreas massiv verschärften. Die Kriegsrhetorik richtete sich nicht nur gegen die USA, sondern auch den Nachbarn im Süden. Allerdings ist dort auf die schrillen und teilweise als überzogen wahrgenommenen Töne jenseits des 38. Breitengrades vergleichsweise gelassen reagiert worden.

Tatsächlich scheint ein Erstschlag Nordkoreas unwahrscheinlich. Wie bereits dargelegt, ist davon auszugehen, dass dem jungen Diktator durchaus bewusst ist, dass ein Erstschlag gleichsam ein Akt der Selbstzerstörung wäre. An einem solchen Konfliktausgang können Kim und seine Vertrauten als rationale Akteure, die primär um den eigenen Machterhalt bemüht sind, nicht interessiert sein.

Das Gefahrenpotenzial der gegenwärtigen Situation sollte dennoch keinesfalls unterschätzt werden. So ist das ohnehin konfliktgeladene Verhältnis zwischen China, Japan, Südkorea und Nordkorea durch die aktuelle Krise noch komplexer geworden. In Japan beispielsweise dürfte sich die Aufrüstung nicht nur, wie offiziell angegeben, gegen die Bedrohung aus Nordkorea richten, sondern auch gegen China. Die Beziehungen zwischen der drittgrößten und zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt gelten unter anderem aufgrund des Streits um die Senkaku-Inseln als äußerst angespannt. Verstärkte Bemühungen um eine Entspannung der Lage werden durch die regionalen Konflikte erschwert, wären aber ein weiteres Gebot der Stunde.

Das Dilemma der Diktatur

Doch selbst wenn es zu einer neuerlichen Entspannungsphase kommen sollte, wäre damit der Konflikt-Entspannung-Zyklus auf der koreanischen Halbinsel längst nicht unterbrochen. Eine dauerhafte Konfliktlösung kann es letztlich nicht geben, solange eine menschenverachtende Diktatur fortbesteht, die internationale Verhaltensregeln konsequent missachtet. In der Tat ist es auch

nicht wahrscheinlich, dass sich der „Zombie-Staat“, der einzelne lebenswichtige Funktionen längst nicht mehr erfüllt, dauerhaft am Leben halten kann. Eine weitere Abriegelung nach außen kann sich das Land angesichts seiner desaströsen wirtschaftlichen und finanziellen Lage nicht leisten. Mit Blick auf eine wirtschaftliche Liberalisierung wiederum, besteht in Pjöngjang die wohl durchaus berechtigte Sorge, auch im politischen Bereich die Zügel aus der Hand geben zu müssen.

China als Schlüsselfigur im Konflikt?

Sollte Nordkorea früher oder später tatsächlich kollabieren, ist eine darauffolgende mögliche Wiedervereinigung mit dem Süden nur durch ein verstärktes Engagement der internationalen Staatengemeinschaft zu bewältigen. Derzeit scheint eine solche Lösung jedoch in weiter Ferne. Fraglich ist insbesondere, ob China dazu bereit wäre, ein Ende des kommunistischen Nachbarlandes mitzutragen. Der zu erwartende Flüchtlingsstrom – der, obwohl ein Standardargument in entsprechenden Debatten, nie völlig glaubwürdig begründet - wird häufig als Grund dafür angeführt, dass China einen Zusammenbruch des kommunistischen Nachbarlandes nicht zulassen werde. Zudem sei der Wegfall der Pufferzone zwischen China und der Republik Korea, wo noch immer US-amerikanische Streitkräfte stationiert sind, ein wesentlicher Grund für die chinesische Zurückhaltung.

In der Tat ist anzunehmen, dass eine Ausdehnung des Einflusses Washingtons auf den nördlichen Teil der Halbinsel nicht im Interesse Pekings liegt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie wichtig es auch mit Blick auf den aktuellen Konflikt ist, das Verhältnis zwischen China und den USA zu verbessern und der Volksrepublik glaubhaft zu vermitteln, dass ihre Sicherheit nicht gefährdet ist. Dies ist zwar keine Garantie dafür, dass China sein Druckmittelspektrum gegenüber Nordkorea tatsächlich nutzt, könnte die Chancen dafür aber erhöhen. Insbesondere aufgrund der massiven Abhängigkeit Nordkoreas von Öllieferungen und Hilfsleistungen aus China hat Peking durchaus die Möglichkeit, Einfluss auszuüben. Inwiefern China bereit ist, diese Möglichkeit zu nutzen, bleibt jedoch abzuwarten.

Als sicher gilt, dass Peking aus rationalen Gründen ein ernsthaftes Interesse an einem atomwaffenfreien Nordkorea und einer Entspannung der Lage besitzt. China scheint im derzeitigen Konflikt am meisten zu verlieren zu haben. Schließlich will die politische Führung vermeiden, dass das Atomprogramm Nordkoreas eine Kettenreaktion in der Region auslöst und sich auch andere Staaten wie beispielsweise Taiwan und Japan dazu veranlasst sehen, nachzurüsten. In der regierenden Saenuri-Partei Südkoreas wurden im Zusammenhang mit den jüngsten Auseinandersetzungen bereits Stimmen laut, die eine nukleare Aufrüstung des Landes forderten. Dies dürfte dem Interesse Chinas diametral entgegenlaufen. Gleiches gilt für eine potenzielle militärische Auseinandersetzung in Folge einer Eskalation des Korea-Konfliktes. Dadurch würde der wirtschaftliche Modernisierungsprozess in China mit hoher Wahrscheinlichkeit verlangsamt werden.

Die Führung in Peking ist sich aus den beschrieben en Gründen der Wichtigkeit einer Entspannung der aktuellen Situation bewusst. Diese Auffassung teilt China grundsätzlich mit den USA, weshalb die Volksrepublik einer Verschärfung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea zugestimmt hat. Die wachsende Kritik aus Peking und die Unterstützung schärferer Sanktionen im UN-Sicherheitsrat wecken den Anschein, dass das Land zunehmend die Geduld mit dem Nachbarn verliert. Allerdings müsste die Rhetorik auch von konkreten Handlungen begleitet werden, um von einem tatsächlichen Verhaltenswandel sprechen zu können. Ungeachtet dessen hat die internationale Staatengemeinschaft das Verhalten Chinas als Signal der Kooperationsbereitschaft gewertet und durchaus positiv aufgenommen.

Alte Strategien überdenken

Allerdings ist zu hinterfragen, ob Sanktionen tatsächlich hilfreich sind, um den Konflikt zu lösen oder zumindest zu entschärfen. So ist der in der Sanktionsforschung bekannte Rally-around-the-flag-Effekt auch mit Blick auf Nordkorea eine potenzielle Gefahr. Diesem Effekt zufolge stärken Sanktionen die interne ideologische Kohäsionskraft des betroffenen Staates, indem sie eine Solidarisierungsbewegung mit der jeweiligen politischen Führungsriege in Gang setzen. Die Maßnahmen laufen damit dem intendierten Ziel der Senderstaaten zuwider. Aus humanitärer Sicht ist zu konstatieren, dass die UN-Sanktionen vorrangig auf die nordkoreanischen Eliten abzielen und versucht wurde, humanitäre Schäden zu minimieren. Eine Evaluierung des Erfolgs bzw. Misserfolgs bisheriger Sanktionen ist jedoch letztlich aufgrund der schlechten Datenlage äußerst schwierig. Gleiches gilt für die gemeinsam stattfindenden Militärübungen von Südkorea und den USA. Angesichts der jedes Mal in Folge der Übungen verschärften Sicherheitssituation wäre zumindest eine umfassendere Analyse des Kosten-Nutzen-Verhältnisses notwendig. Ob die Wahrnehmung einer anhaltenden externen Bedrohung in Nordkorea dadurch reduziert werden kann, ist allerdings fraglich.

Das Dilemma der internationalen Staatengemeinschaft

Unstrittig ist, dass eine gewaltfreie Konfliktentschärfung auf der koreanischen Halbinsel derzeit nur durch eine Rückkehr der Parteien an einen gemeinsamen Verhandlungstisch erzielt werden kann. Dabei scheinen die Sechs-Parteien-Gespräche aufgrund der Einbeziehung der Mächte China, USA, Süd- korea, Nordkorea, Japan und Russland das derzeit geeignetste – weil einzig verfügbare

– Format zu sein, auch wenn die in diesem Rahmen stattgefundenen Verhandlungen bislang nicht von Erfolg gekrönt waren. Gegenseitige sicherheitspolitische Garantien könnten theoretisch die Lage entspannen. Der Nordkoreaexperte Rüdiger Frank von der Universität Wien stellt sogar die These auf, dass Kim Jong Un die versprochenen Wirtschaftsreformen einleiten könnte, wenn er sich außen- wie innenpolitisch gefestigt genug dafür sieht.6 Solche Wirtschaftsre- formen seien nötig, damit das statische System eine Dynamik entfalten und es im besten Falle zu einer partiellen Öffnung des Landes kommen könne. Die Geschichte lehrt jedoch, dass es mindestens genauso wahrscheinlich ist, dass Kim Jong Un auch weiterhin Hilfsleistungen erpresst und inter- nationale Vereinbarungen missachtet.

Die formale Zusage in gemeinsamen Verhandlungen ist längst keine Garantie für eine tatsächliche Umsetzung der Zugeständnisse. Das Dilemma der internationalen Staatengemeinschaft besteht jedoch darin, dass sich ihr momentan keine wirklichen Handlungsalternativen bieten, wenn eine friedliche Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel gewährleistet werden soll.

Herausforderungen für die USA

Allerdings stehen die Chancen derzeit selbst für einen ohnehin unsicheren Entspannungsansatz schlecht. Gegen diesen sprechen vor allem die diametral entgegengesetzten Ziele Nordkoreas und der USA: Während Kim Jong Un darauf besteht, dass die Diktatur als Atommacht anerkannt wird, sehen die USA die nukleare Abrüstung Nordkoreas als Voraussetzung für weitere Verhandlungen. Die USA stehen deshalb vor einer besonderen Herausforderung, da sie sich der Außenwirkung eines Einlenkens im Falle Nordkoreas mit Blick auf die atomare Aufrüstung im Iran durchaus bewusst sind. Auf der anderen Seite will man in Washington eine Eskalation auf der koreanischen Halbinsel verhindern. Tatsächlich sind die Folgewirkungen eines ausbrechenden Krieges schwer absehbar. Will die internationale Staatengemeinschaft einen solchen Krieg jedoch vermeiden, führt an einem Dialog kein Weg vorbei. Dabei sollte die Sicherheitsdimension auf der koreanischen Halbinsel ebenso Berücksichtigung finden wie humanitäre Aspekte.

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

stefan.samse@kas.de +65 6603 6171

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Korea Korea