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Die Rückkehr des Generals

Kommt er oder kommt er nicht? Diese im Zusammenhang mit dem Fall Pinochet in den letzten Wochen und Monaten immer wieder gestellte Frage wurde am 2. März um 8.10 h morgens vom britischen Innenminister Jack Straw durch seine Entscheidung, dem Auslieferungsgesuch des spanischen Richters Garón nach einem über 15 Monate anhaltenden Rechtsstreit und politischen Konflikt nicht stattzugeben, beantwortet.

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Pinochet kam - und wie!

Nachdem alle juristischen Argumentationen (Territorialität des Rechts, Zuständigkeit der Gerichte) erfolglos ausgeschöpft worden waren, hatten sich die chilenische Regierung und die Anwälte Pinochets auf das letzte Argument zurückgezogen, die Rückführung bzw. Prozeßunfähigkeit Pinochets aus gesundheitlichen Gründen.

Dafür waren umfangreiche medizinische Gutachten angefordert und erstellt worden, die zunächst vertraulich dem britischen Innenmister zur Entscheidungshilfe vorgelegt wurden.

Auf Drängen der belgischen Regierung und diverser Menschenrechtsorganisationen wurde Straw letztlich in zweiter Instanz gezwungen, den prozessierenden Parteien die Untersuchungsergebnisse zur Verfügung zu stellen, die dann auch an die spanische Presse weitergegeben wurden.

Pinochets Gesundheitszustand wurde darin als "ernst" qualifiziert, mit "schwerwiegenden Schäden des Gehirns" auf Grund mehrerer Schlaganfälle, was letztlich seine Prozeßunfähigkeit bedeutet.

Das Bild eines schwerkranken und gebrechlichen Mannes setzte sich damit in der chilenischen Öffentlichkeit fest.

Nach der Landung der eigens zu diesem Zweck nach London entsandten Luftwaffenmaschine am 3.3. um 10.30 h auf dem militärischen Teil des internationalen Flughafens von Santiago erfolgte dann vor laufenden Kameras das Schauspiel, dessen Bilder von allen internationalen Nachrichtensendern in der Welt verbreitet wurden.

Pinochet erhob sich aus seinem Rollstuhl und marschierte festen Schrittes und seinen Sympathisanten fröhlich zuwinkend auf die Begrüßungsdelegation (bestehend aus seiner Familie und allen Oberkommandierenden der verschiedenen Waffengattungen und weiteren Sondergästen) zu.

Anschließend wurde er mit einem Militärhubschrauber und eine Eskorte, bestehend aus weiteren Hubschraubern, ins Militärkrankenhaus geflogen, wo er von mehreren Hundert Sympathisanten begeistert empfangen wurde. Das Krankenhaus war von Eliteeinheiten in Kampfuniform umstellt worden, was allerdings einen findigen Reporter des Radiosenders Cooperativa nicht daran hinderte, als simulierender Patient Zugang zum Krankenhaus zu bekommen und von dort eine Live-Reportage zu senden.

Anschließend wurde Pinochet dann in seine private Residenz im noblen Vorort Lo Curro gebracht.

Soweit die Ereignisse. Die Reaktionen waren je nach Standort entsprechend unterschiedlich. Während es auf der Seite der Regierung bis zuletzt intensive Bemühungen gegeben hatte, den protokollarischen und öffentlichen Aspekt der Begrüssungszeremonie so weit wie möglich zu reduzieren (es konnte erst in letzter Minute verhindert werden, daß ein roter Teppich ausgerollt und daß Reden gehalten wurden, während es hinsichtlich der Presse eine größere Verwirrung gab, da diese zunächst auf das Rollfeld gelassen, dann hinauskomplimentiert wurde und am Ende dann doch berichten und senden konnte), wurde aus der Sicht der Militärs (und der Anhänger) nur ein Minimum an Aufwand und Ehrerbietung betrieben.

Für den externen Beobachter und wohl auch für die chilenische Regierung, Menschenrechtsorganisationen und letztlich auch für die Regierungen in Großbritannien, Spanien und Belgien mußte jedoch der Auftritt Pinochets als Affront empfunden werden (Außenminister Valdez bezeichnete die Begrüßungszeremonie wörtlich als "eine Schande, bei der er sich an das Dritte Reich erinnert fühle". Präsident Lagos selbst sagte wörtlich: " was wir im Fernsehen gesehen haben, hilft Chile in keiner Weise"). Zwar hatten die Ärzte in London keine Gehunfähigkeit festgestellt, sondern lediglich die mentalen Probleme aufgelistet. Aber die zur Schau getragene Rüstigkeit des Generals war schon eine Provokation, was u.a. auch der zu dieser Zeit noch nicht amtierende Präsident Lagos deutlich zum Ausdruck brachte.

Die zeitliche Distanz wird es wohl beweisen, dass es eine (weitere) Episode in dieser 15-monatigen juristischen und politischen Odyssee war.

Jetzt scheint sich das Thema in der Tat auf die chilenische Justiz zu verlagern, zumal eine Rückkehr Pinochets in den Senat vorerst unwahrscheinlich sein dürfte. Er ersparte der neuen Regierung zumindest die von einigen befürchtete Verärgerung und nahm nicht an der Vereidigung der Regierung am 11. März im Kongreß in Valparaiso teil (was ihm als Senator de jure zugestanden hätte).

Inzwischen hat sich die Zahl der Einzelklagen gegen Pinochet auf 77 erhöht, die vom Untersuchungsrichter Juan Guzman Tapia geprüft werden.

Es gilt als sicher, daß in diesen Klagen ausreichende Anhaltspunkte vorhanden sind, die ein Verfahren zur Aufhebung der parlamentarischen Immunität Pinochets rechtfertigen. Dies beantragte Richter Guzman dann auch am 7. März vor dem Berufungsgericht in Santiago (v.a. unter Bezug auf die Verantwortung Pinochets für die Ereignisse um die von General Arellano Stark - gegen den zur Zeit ein gerichtliches Verfahren in dieser Sache läuft - geleitete sog. "Todeskarawane"), welches in erster Instanz hierüber zu befinden hat.

Die 23 Richter dieses Gerichtes gelten als moderate und demokratische Richter, so daß es hier zu einem positiven Bescheid (allerdings nach langen und zähen Verhandlungen) kommen könnte. Gegen diesen Bescheid können dann aber die Anwälte Pinochets Berufung einlegen, was dann wiederum vor dem Obersten Gerichtshof entschieden werden müßte, der wiederum immer noch mehrheitlich von Richtern besetzt ist, die noch von Pinochet selbst eingesetzt wurden. Es ist insofern höchst ungewiß, ob das voraussichtliche Urteil in erster Instanz bestätigt werden würde.

Erst nach Aufhebung dieser parlamentarischen Immunität könnte ein ordentliches Verfahren gegen Pinochet eingeleitet werden, wobei dann ggf. auch wieder der Gesundheitszustand als Argument für Prozeß- und ggf. Haftunfähigkeit ins Feld geführt werden könnte.

In Chile glaubt aber kaum jemand ernsthaft, daß es überhaupt zu einem Strafverfahren gegen Pinochet oder gar zu einer Verurteilung und Inhaftierung kommen wird.

Derweil hat sich Pinochet auf seinen Landsitz in Bucalemu zurückgezogen und sich bisher auch jeder öffentlichen Äußerung enthalten.

Aus seinem Familienkreis waren hingegen recht widersprüchliche Ansichten zu vernehmen, was seine politische Zukunft angeht.

Für die politischen Parteien in der Opposition und insbesondere die ihm nahestehende UDI ist das Szenario ebenfalls zwiespältig. Einerseits müßte man dort feiern, daß Pinochets wieder im Lande ist, andererseits hat man ja gerade bei der letzten Präsidentschaftswahl gesehen, daß es wegen der physischen Abwesenheit des ehemaligen Diktators und dem erfolgreichen Werbefeldzug des Spitzenkandidaten Lavin (weg vom rechten Rand des politischen Spektrums, Loslösung vom Image des militärregime-freundlichen Kandidaten und Hinwendung zur politischen Mitte) gelungen ist, in Dimensionen von Wählerzuspruch vorzustoßen (knapp 50%), die vorher als undenkbar galten.

Also geht es aus politisch-strategischer Sicht der UDI und auch der RN zweifelsohne auch darum, dies nicht wieder durch eine zu enge Beziehung zur Vergangenheit und zu Pinochet aufs Spiel zu setzen.

Die intensiven Gespräche der UDI mit der neuen Regierung (Präsident Lagos, Innenminister Insulza) deuten ebenfalls darauf hin, daß man wohl Wege sucht, wie ein "ehrenvoller Rückzug" Pinochets aus den politischen und öffentlichen Leben geregelt werden kann.

Die Gesetzesvorlage, die erstmals den Status des Expräsidenten regeln soll, wird in diesem Sinne auch als "goldene Brücke verstanden (Das Gesetz sieht vor, daß alle Expräsidenten eine Rente auf Lebenszeit beziehen sollen und als solche auch eine politischen Immunität genießen. Ebenso wird in diesem Gesetz die Möglichkeit verankert, auf das Amt des Senators auf Lebenszeit verzichten zu können (was bisher nicht möglich war. Damit zielt das Gesetz eindeutig auf zwei Personen: Einerseits Patricio Aylwin, der bisher von jeglicher finanzieller und sonstiger staatlicher Versorgung ausgeschlossen war, da er ja nur eine 4-jährige Amtszeit und demzufolge keinen Anspruch auf eine Sitz im Senat als Senator auf Lebenszeit (mit entsprechender finanzieller Versorgung) hatte, und zum anderen auf Augusto Pinochet, dem man so unter Wahrung der Immunität den Rücktritt von der Politik ermöglichen will)). Ob Pinochet diesen Weg gehen wird, bleibt abzuwarten.

In diesem Kontext vollzog sich der Regierungswechsel in Chile.

Während Staatspräsident Frei mit der Rückkehr Pinochets noch gerade rechtzeitig öffentliches Versprechen einlösen konnte, übernahm Ricardo Lagos aus der Hand des Senatspräsidenten (und ehemaligen koalitionsinternen Gegenkandidaten) Andres Zaldívar die Schärpe des Staatspräsidenten in einer kurzen und schnörkellosen Zeremonie im Plenarsaal des Kongresses in Valparaiso.

Seine ersten Reden in Concepción und Santiago ließen durchaus staatsmännisches Format bei Ricardo Lagos erkennen, der zwar v.a. eine zukunftsorientierte Politik anmahnte, dabei jedoch auch auf die Ereignisse und ungelösten Probleme in der Vergangenheit (Militärdiktatur und Verletzung der Menschenrechte) hinwies.

Im Kabinett verlangte Lagos von seinen angehenden Ministern eine eidesstattliche Vermögenserklärung, um Transparenz und Ehrlichkeit im öffentliche Dienst zu signalisieren.

Auch das Personalkarussel verlangsamte sukzessive seine Fahrt. Mit der Ernennung der Intendenten, Provinzgouverneure, Vorstandsvorsitzende der staatlichen Unternehmen (COELCO, Banco del Estado, Eisenbahn, Post, etc.) und Ministerialbeamte auf Leitungsebene sind bis auf die begehrten Botschafterposten (von denen 30 nach politischen Kriterien besetzt werden) alle wichtigen Personalentscheidungen inzwischen gefallen.

Lagos selbst hat seinen Ministern in einigen Fällen ausgesprochen ehrgeizige Vorgaben gemacht. Im Gesundheitswesen soll beispielsweise das leidige Problem der Warteschlangen vor den öffentlichen Gesundheitsstationen binnen 50 Tagen (!) gelöst werden und der Mapuche-Konflikt im Süden soll auch in nur 90 Tagen zu einer friedfertigen Lösung gebracht werden. Hier scheint nach Meinung vieler Beobachter der Realisierungswunsch eindeutig jenseits der Kapazität zu liegen, was gepaart mit einer äußerst hohen Erwartungshaltung in der Bevölkerung schnell zum Boomerang für die neue Regierung werden kann.

Viel Mühe hat sich Lagos auch in Richtung Kongress gemacht, da er weiß, daß hier die entscheidenden Hürden für die ehrgeizigen und umfangreichen Reformvorhaben liegen.

Daß dabei der Widerstand nicht immer auf Seiten der politischen Opposition liegen muß, zeigt das schon erwähnte Gesetzesvorhaben zur Regelung de Status von Expräsidenten. Der Hauptwiderstand liegt hier bei einigen Abgeordneten der Sozialistischen Partei, der Lagos selbst ja auch angehört.

Bei vielen anderen Fragen, beispielsweise der Demokratisierung des Senates (Abschaffung der designierten Senatoren), Wahlrechtsreform, Arbeitslosenversicherung u.a., benötigt die Regierung die Stimmen der Senatoren der Opposition.

Zwar hat sich das Panorama im Senat nach der Vereidigung des Expräsidenten Eduardo Frei Ruiz-Tagle als Senator auf Lebenszeit verbessert, da bedingt durch die Abwesenheit Pinochets und des derzeit nicht aktiven Senators Errazuriz (gegen den ein Strafverfahren läuft) die Regierungskoalition momentan (bei Addition der gewählten senatoren, eines Teils der designierten und des "Lebenszeitsenators" Frei) erstmals eine einfache Mehrheit (plus 1 Stimme) in dieser zweiten Kammer hätte. Allerdings müsse die Mehrheit der Reformvorhaben mit qualifizierten Mehrheiten (z.T. 2/3 Mehrheiten) beschlossen werden, so daß ohne eine politische Absprache mit der Opposition keine tiefgreifenden Verfassungsänderungen möglich sind.

Einhundert Tage soll und wird man wohl auch dieser Regierung einräumen, bevor eine erste Bilanz gezogen werden kann.

Daneben steht die Regierungskoalition dann auch schon am 27. Oktober wieder auf dem Prüfstand, wenn die alle vier Jahre stattfindenden Kommunalwahlen durchgeführt werden.

¹ Außenminister Valdez bezeichnete die Begrüßungszeremonie wörtlich als "eine Schande, bei der er sich an das Dritte Reich erinnert fühle". Präsident Lagos selbst sagte wörtlich: " was wir im Fernsehen gesehen haben, hilft Chile in keiner Weise"

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Andreas Michael Klein

Andreas Michael Klein

Leiter des Regionalprogramms Politikdialog Asien

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Sankt Augustin Deutschland