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Dritter Präsident der Regierungsperiode: Eduardo Rodríguez

[Stand: 10 Juni] Am späten Abend des 10. Juni war die Nachfolge von Carlos Mesa, der wenige Tage vorher vom Präsidentenamt zurückgetreten war, endlich geklärt: neuer Präsident Boliviens – und der dritte dieser Regierungsperiode – ist Eduardo Rodríguez Veltzé. Der vorherige Präsident des Obersten Gerichtshofs übernimmt verfassungsgemäß eine Übergangsregierung, die Neuwahlen ausrufen muß. Die Entscheidung für Rodríguez war nach bedrohlichen Protesten und Ausschreitungen in der ansonsten beschaulichen Hauptstadt Sucre gefallen.

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Nach dem Rücktritt des bolivianischen Staatspräsident Carlos Mesa am 6. Juni war fraglich, wer nun die Präsidentschaft übernehmen würde: Hormando Vaca Díez, Senatspräsident, Marío Cossío, Präsident des Abgeordnetenhauses, oder Eduardo Rodríguez, Präsident des Obersten Gerichtshofs, der am Ende der verfassungsmäßigen Nachfolgereihe stand und Neuwahlen ausrufen müßte. Für die traditionellen Parteien wäre Vaca Díez die möglicherweise letzte Chance auf einen schnellen Rückgewinn der Macht gewesen; die Protestgruppen forderten daher vehement, daß Rodríguez übernehmen möge.

Am 7. Juni, abends, hielt der Kongreß- und Senatspräsident Vaca Díez von seinem Privathaus in Santa Cruz aus eine Ansprache und berief eine Parlamentssitzung für Donnerstag, den 9. Juni, vormittags, in der Landeshauptstadt Sucre ein. In der Sitzung sollte über das Rücktrittsgesuch von Präsident Mesa und die mögliche Nachfolge entschieden werden. Mesa hielt anschließend eine ebenfalls in Fernsehen und Radio übertragene Ansprache, in der er sich direkt an Vaca Díez wandte und ihn in dramatischer Art und Weise aufforderte, den Weg für Neuwahlen frei zu machen. Am Folgetag kündigten Protestgruppen an, nach Sucre zu ziehen und bei der Parlamentssitzung gegen Vaca Díez und Cossío zu demonstrieren. Landesweit kam es zu Märschen, die in denen die Präsidenten von Senat und Abgeordnetenhaus aufgefordert wurden, auf die Präsidentschaft zu verzichten.

Allgemein herrschte Sorge, daß bei es bei einer Übernahme des Präsidentenamtes durch Vaca Díez zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei und Militär kommen würde, da man davon ausging, daß Vaca Díez mit Hilfe eines Ausnahmezustandes und der Ordnungskräfte versuchen würde, die Ruhe im Land und die Versorgung der Bevölkerung wiederherzustellen. Einige Bürger wünschten sich genau dieses, andere Teile befürchteten es und hofften daher auf Rodríguez als neuen Präsidenten. Am Donnerstag, 8. Juni, warteten alle mit Spannung auf der Ergebnis der Parlamentssitzung.

Die Sitzung wurde jedoch nicht, wie geplant, morgens einberufen, sondern es kam zunächst zu Verhandlungen zwischen den Präsidenten der Kammern mit den Fraktionsvorsitzenden und den Vorsitzenden der Department-Gruppen. Die Gespräche zogen sich länger hin, und die Sitzung wurde auf den Abend verschoben. Anscheinend gab es ein Abkommen zwischen MIR (Movimiento de la Izquierda Revolucionaria), MNR (Movimiento Nacionalista Revolucionario) und NFR (Nueva Fuerza Republicana), den Partnern der gescheiterten Regierungskoalition unter Sánchez de Lozada, der im Oktober 2003 zurücktreten mußte, für die Übernahme der Präsidentschaft durch Vaca Díez zu stimmen. Dagegen sprachen sich MAS (Movimiento al Socialismo) und MIP (Movimiento Indígena Pachakuti) aus. Evo Morales (MAS) forderte, daß vor Einberufung der Parlamentssitzung unterschriebene Verzichtserklärungen bezüglich des Präsidentenamtes von Vaca Díez und Cossío vorgelegt werden müßten.

Bereits am Vorabend hatten sich Protestler in Sucre installiert, und im Laufe des Tages kamen weitere Gruppen, vorwiegend Campesinos und Minenarbeiter, in die Hauptstadt. Am Nachmittag kam es in der Nähe von Sucre zu Auseinandersetzungen zwischen Mineros und Polizei und Militär, bei denen ein Demonstrant getötet und drei verletzt wurden. Die Nachricht vom Tod des Minenarbeiters heizte die Stimmung der Protestler zusätzlich an. Sie sperrten alle Zugänge zur Stadt und drohten, die Parlamentarier nicht entkommen zu lassen. In dieser bedrohlichen Lage kündigte der Fraktionsvorsitzende der NFR, Eloy Luján, an, daß seine Partei für Neuwahlen wäre und die Präsidentschaft von Vaca Díez nicht unterstützen würde. Damit konnte Vaca Díez nicht mehr auf die nötigen Stimmen zählen. Der Kongreßpräsident flüchtete schließlich aus dem Präfekturgebäude auf ein Militärgelände. Es schien so, als solle die Parlamentssitzung nicht mehr zu Stande kommen.

Später am Abend verkündete Vaca Díez in einer vom staatlichen Fernsehen übertragenen Telefonansprache, daß er auf das Präsidentenamt verzichten würde und daß komplette Neuwahlen (also für die Ämter des Präsidenten und des Vizepräsidenten und für das Parlament) abgehalten werden müßten. Cossío kündete ebenfalls seinen Verzicht an. Beide beschuldigten Carlos Mesa und Evo Morales wegen der Unsicherheit und des Chaos und gingen auf das schlechte Verhältnis zwischen Regierung und Parlament, das Mesa zu verantworten habe, ein. Um 22.45 Uhr kam es dann endlich zur Kongreßsitzung, der Rücktritt von Carlos Mesa wurde angenommen und Eduardo Rodríguez leistete den Amtseid als neuer Staatspräsident.

Rodríguez, geboren in Cochabamba, ist 49 Jahre alt, hat an der staatlichen Universität seiner Heimatstadt Universidad Mayor de San Simón Rechtswissenschaften studiert und an der Harvard Universität einen Masterstudiengang in öffentlicher Verwaltung absolviert. Nach verschiedenen öffentlichen Ämtern und Lehraufträgen ist er seit 1999 Richter am Obersten Gerichtshof, seit März 2004 dessen Präsident. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Rodríguez gilt als korrekt, und der Übergang sollte bei ihm in guten Händen sein. Allerdings ist er mehr juristisch und technisch als politisch versiert. In ersten Äußerungen wies er auf eine enge Koordinierung der anstehenden Aufgaben mit dem Parlament hin.

Der neue Präsident hat eine Reihe schwieriger Aufgaben vor sich: für den 12. August sind Präfektenwahlen vorgesehen; ferner ist auf Initiative aus Santa Cruz ein Referendum zu Autonomien durchzuführen. Die Forderung nach Nationalisierung der Gas- und Erdölvorkommen, Hauptanliegen der Protestgruppen, steht weiterhin im Raum. Präsidentschafts- und möglicherweise Parlamentswahlen müssen durchgeführt werden, und die verfassungsgebende Versammlung steht auf der Agenda. Ferner hat Rodríguez ein neues Kabinett einzuberufen, denn die Minister werden geschlossen ihre Ämter zur Verfügung stellen.

Laut Verfassung müßten lediglich der Präsident und der Vizepräsident für den Rest der Regierungsperiode neu gewählt werden. Rodríguez selbst, Teile des Kongresses, die Protestgruppen und Sektoren aus Santa Cruz wünschen komplette Neuwahlen, also Parlementswahlen eingeschlossen, für anscheinend eine ganz neue Regierungsperiode. Durch ein mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu verabschiedendes Gesetz zur Interpretation des Art. 93 der Verfassung, der die präsidentielle Nachfolge und Neuwahlen regelt, könnte dieser Weg eröffnet werden.

Samuel Doria Medina, Vorsitzender der vor rund zwei Jahren gegründeten Partei Unidad Nacional, schlägt vor, Parlamentarier und Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung zusammen zu wählen. Die Parlamentarier wären dann ein Jahr als Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung tätig und würden anschließend ihre Ämter als Senatoren und Abgeordnete ausüben.

Käme es zu Wahlen für eine neue Regierungsperiode könnte auch der voraussichtliche, aussichtsreiche Präsidentschaftskandidat Jorge „Tuto“ Quiroga, ehemaliger Präsident und Mitglied der ADN (Acción Democrática Nacionalista), der ein breites politisches Bündnis anstrebt, teilnehmen. Er gilt besonders als Favorit des bürgerlichen Lagers. Konkurrenz bekäme er durch Samuel Doria Medina, Unternehmer und ehemalige Führungsfigur der MIR. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß Carlos Mesa eine Bürgergruppe bildet, die bei den Wahlen antreten würde. Evo Morales, wichtiger Faktor im politischen System, hat durch seine Protest- und Blockadeaktionen an Zustimmung verloren. Manfred Reyes Villa, Vorsitzender der populistischen Partei NFR, könnte mit einer eigenen Bürgerbewegung antreten. Dies hatte er für die Präfektenwahlen geplant, aber eine Präsidentschaftskandidatur mag ihm verlockender erscheinen. Fraglich ist, wen die Parteien MNR und MIR aufstellen würden.

In das Bewußtsein der indigenen Bevölkerung ist sicherlich tiefer der Wunsch gedrungen, einen indigenen Präsidenten wählen zu können. So wird auch jetzt von indigenen Führern geäußert, daß der neue Präsident Rodríguez ein Weißer und keiner der Ihren sei. Hier liegt allerdings das Dilemma: ein indigener bzw. mestizischer Kandidat, der eine große Stimmenanzahl auf sich vereinen könnte, ist bis jetzt nicht sichtbar. Hier könnte sich möglicherweise René Joaquino, Bürgermeister von Potosí, als künftige Führungsfigur abzeichnen. Zwar haben sich in den letzten Wochen besonders Abel Mamani, der Vorsitzende der Nachbarschaftsorganisation von El Alto FEJUVE, Ramón Loayza, Geschäftsführer der Kleinbauerngewerkschaft CSUTCB, Jaime Solares, Geschäftsführer der Gewerkschaftsdachverbandes COB und der Geschäftsführer des Gewerkschaftsverbandes COR von El Alto, Edgar Pantana, hervorgetan, aber fraglich ist, wie groß ihre Anhängerschaft tatsächlich ist. Angesichts der radikalen Aktionen und der Einschüchterungen, unter denen letzlich die arme, meist indigene Bevölkerung am stärksten zu leiden hat, ist nicht anzunehmen, daß eine bedeutende Anzahl indigener Wähler diesem Kurs folgen will.

Die nächsten Monate werden auf keinen Fall einfach. Evo Morales hat seine Anhänger aufgerufen, der neuen Regierung einen Waffenstillstand von zehn Tagen zu gewähren. Andere Gruppen wollen ihre Proteste weiterführen. Zu hoffen ist, daß sich die Versorgungslage über das Wochenende verbessern wird; die landesweiten Blockaden werden bereits teilweise aufgehoben. Früher oder später werden die Protestgruppen aber ihren Forderungen wieder Nachdruck verleihen – bei Bedarf auf die bewährte Weise.

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erscheinungsort

Sankt Augustin Deutschland