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Nationaler Dialog mit der Opposition

NDP zur Reform des politischen Systems bereit?

In der ägyptischen politische Klasse - und dabei nicht nur in der Opposition, sondern auch in Regierungskreisen - ist man offensichtlich zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Frage nach politischen Reformen in Ägypten jetzt nach dem Ende der Irakintervention erneut und zwar noch deutlicher stellt als zuvor.

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Den meisten politischen Beobachtern konnte in den letzten Monaten nicht verborgen bleiben, dass die in weiten Teilen der ägyptischen Bevölkerung höchst unpopuläre Militärintervention im Irak, die öffentliche Meinung in Ägypten noch stärker gegen die Politik der Vereinigten Staaten aufgebracht hat, als dies bisher schon der Fall gewesen ist. Einzelne Politiker und Kommentatoren und selbst Mitglieder der ägyptischen Regierung, die sich noch um eine nuancierte Haltung gegenüber der Politik der Vereinigten Staaten bemühen, gerieten in letzten Monaten immer mehr ins politische bzw. mediale Abseits.

Angesichts der offenkundigen Hilflosigkeit aller arabischer Regierungen, eine solche Militärintervention zu verhindern, wuchs gleichzeitig die Frustration und damit die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung, der man angesichts wachsender Sorgen um das eigene wirtschaftliche Wohlergehen zunehmend vorwarf, dass sie nicht mehr souverän entscheide, sondern ihre Politik vorrangig an den politischen Überzeugungen bzw. Zielsetzungen der amerikanischen „Schutzmacht“ ausrichtet. All dies hat in den letzten Wochen dazu geführt, dass die Ägypten traditionell bestimmende ideologische Trennungslinie zwischen Demokraten und ihren islamistischen Widersachern immer stärker überlagert wird von dem Dissens zwischen den wenigen eher pro-amerikanischen und der wachsenden Zahl dezidiert anti-amerikanischer Gruppen.

NDP-Parteitag im Zeichen einer innenpolitischen Lockerung ?

Auch wenn die Regierungspartei während des letzten Parteitags erstmals auch externen, zivilgesellschaftlichen Gruppen die Gelegenheit gegeben hatte, mit ihr in einen politischen Dialog einzutreten, schienen große Teile der Regierungspartei lange Zeit nicht von der Notwendigkeit überzeugt, die offensichtlich wachsende Kluft zwischen der Regierung und der Masse der Bevölkerung durch eine verstärkte Interaktion mit oppositionellen Kräften (einschließlich der konservativeren Kreise der Muslimbrüder) überwinden zu müssen. Sie beschränkten sich deshalb diesmal noch auf die interne Diskussion von Reformkonzepten, welche die Partei auf einen solchen Dialog vorbereiten sollten.

Mit einem umfassenden Reformdokument unter dem Titel: “The Rights of Citizenship and Democracy” hatte das politische Sekretariat der NDP unter Leitung Gamal Mubaraks auf dem letzten Jahrestreffen der Regierungspartei eine entsprechende Debatte in Gang gesetzt. Dieses Papier war gekennzeichnet durch eine durchaus ernsthafte Auseinandersetzung über die notwendigen Schritte in Richtung auf eine innere Reform des als stagnierend erkannten politischen Systems Ägyptens.

In dem Dokument stellte das politische Sekretariat erste Überlegungen zu einer Entzerrung des rigiden politischen Systems Ägyptens an und betonte dabei vor allem die Notwendigkeit, die politischen Partizipationsmöglichkeiten der Bürger in dem sich langsam demokratisierenden politischen Systems des Landes zu erhöhen. In Zukunft sollten, angesichts weiterhin schwacher parlamentarischer Opposition, etwa auch externe Kräfte, wie Teile der ägyptischen Zivilgesellschaft, als „quasi-außerparlamentarische“ Opposition stärker in einen politischen Dialog einbezogen werden.

Es geht den Autoren dieses Reformpapiers, allen voran Gamal Mubarak, dem Sohn des Staatspräsidenten, offensichtlich darum, dem Bürger in dieser schwierigen Phase des Demokratisierungsprozesses in Ägypten zusätzliche (Bürger-) Rechte zuzugestehen, damit dieser seinen staatsbürgerlichen Pflichten im Wege eines wachsenden politischen Engagements auch unbehindert nachkommen kann. Auch deshalb unterstrich das Motto des zurückliegenden Parteitags: „A New Way of Thinking and Rights of Citizens First“ ja ganz bewusst diesen Anspruch des Bürgers, zuerst einmal in seine vollen Bürgerrechte eingesetzt zu werden, bevor man von ihm erwarten konnte, dass er sich –wie jetzt offensichtlich gewünscht- konstruktiv an der politischen Entscheidungsfindung in Ägypten beteiligt.

Gamal Mubarak und die ihn umgebende Gruppe von Reformern im politischen Sekretariat der NDP sehen in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, folgende wichtige Reformmaßnahmen auf den Weg zu bringen:

  • Mobilisierung der Rolle der ägyptischen Zivilgesellschaft
  • Modernisierung des ägyptischen Justizwesens
  • Erneuerung des kultur-/ politischen Institutionengefüges
  • Novellierung einer Reihe von wichtigen Gesetzen:
  • -Political Rights Law (Nr.73 – 1956)
  • -Political Parties Law (Nr.40 – 1977)
  • -Syndicates Law (Nr.100 – 1993)
  • -Local Councils Law (Nr.43 – 1979)
Es scheint jetzt also das Bestreben der Regierungspartei zu sein, den politischen Diskurs im Land nicht länger zu monopolisieren, sondern ein neues moderneres Bürgerprofil zu konzipieren und gleichzeitig das Verhältnis zwischen Staat und Bürgergesellschaft zu entkrampfen. Der einzelne Bürger soll den Eindruck gewinnen, dass seine politische Teilhabe bzw. Teilnahme gewünscht ist und er einen Beitrag zur Überwindung der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Probleme des Landes zu leisten vermag.

Dabei hat der ägyptische Staatspräsident in seiner den Parteitag abschließenden Rede den Reformern durchaus den Rücken gestärkt und die Initiativen des politischen Sekretariats der Partei begrüßt. Er betrachtete die Vorschläge des politischen Sekretariats als Zeichen dafür, dass die Regierungspartei nicht mehr bestrebt sei, das politische Leben zu monopolisieren sondern das man den Wettbewerb unterschiedlicher Überzeugungen bzw. Parteien fördern wolle.

Er befürwortete das Bestreben „seiner“ Partei, mit dem Bürger in ein neues Verhältnis bzw. in einen neuen „Vertrag“ („Citizenship Contract“) einzutreten, in dem seine Rechte und Pflichten neu geregelt werden und er ermuntert wird, seine ihm zustehenden politischen Rechte auch wirklich in Anspruch zu nehmen.

Auch er sah die Notwendigkeit, einige wichtige politische Gesetzesregelungen zu modernisieren, als vordringlich an, wobei er diesen Prozess gerne in Zusammenarbeit mit den oppositionellen Kräften im Land im Rahmen eines „Nationalen Dialogs“ konkretisieren wolle. Er rief in diesem Zusammenhang in erster Linie die parlamentarischen Oppositionskräfte auf, sich an diesem „Nationalen Dialog“ zu beteiligen, ihre eigenen politischen Aktivitäten zu intensivieren und dem politischen Diskurs im Land zusätzliche Personen und Inhalte zuzuführen.

Ihm, so der ägyptische Präsident in seiner Rede, ginge es in diesem Zusammenhang vor allem darum, mit Blick auf die kommenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen eine „Charter of Honour“ d. h. einen „Wohlverhaltenskodex“ zu verabschieden, welcher das Verhältnis der Regierungs- zu den konkurrierenden Oppositionsparteien neu regeln und dabei sicherstellen solle, dass der Wahlkampf fair und ohne die beklagenswerten Umstände wie Demagogie, Stimmenkauf, aber auch ohne Polizeiübergriffe vonstatten gehen könne.

Die Reaktion der Oppositionsparteien

Vertreter der Opposition begrüßten zwar die Reformüberlegungen der Regierungspartei und damit auch die Ausführungen des Staatspräsidenten, äußerten aber sogleich Zweifel daran, dass die angesprochenen Initiativen der Regierungspartei kurzfristig Wesentliches an der allseits beklagten Stagnation des politischen Diskurses im Land ändern würden. Gleichzeitig gaben Oppositionsvertreter zu bedenken, dass eine wirkliche, durchgreifende Reform des politischen Systems in Ägypten langfristig die Stellung der bis heute alles dominierenden Regierungspartei bedrohen und sogar den Niedergang der Regierungspartei einleiten könnte.

Prominente Vertreter der ägyptischen Zivilgesellschaft wiesen zudem darauf hin, dass die Regierungspartei NDP seit ihrer Gründung im Jahre 1978 die (parlamentarische) Opposition immer wieder, insgesamt nicht weniger als fünfmal (1982, 1986, 1988, 1992 und 1993), zu einem politischen Dialog aufgefordert hatte und dass kein einziges Mal für die Oppositionsparteien dabei etwas Positives herausgekommen sei.

Immer wieder hätten die oppositionellen Parteien dabei die Erfahrung machen müssen, dass sie nur vorübergehend und in für die Regierung kritischen Phasen bzw. Fragestellungen zu einem Beitrag aufgefordert worden sind, ohne dass die Regierung der Opposition danach grundsätzliche bzw. andauernde politische Zugeständnisse gemacht hätte. So hatte die Regierung zuletzt noch Mitte der neunziger Jahre die Opposition angesichts der damaligen, sehr ernsten terroristischen Herausforderung des Staates durch islamistische Gruppen zur Zusammenarbeit und Überwindung dieses innenpolitischen Krisenszenarios aufgefordert.

Als man dann aber dieser Herausforderung gemeinsam Herr geworden war, sei die Regierungspartei wieder in ihre alte paternalistische Art zurückgefallen und habe die Opposition wieder einzuschüchtern und zu marginalisieren begonnen.

Auch jetzt dränge sich, so oppositionelle Kritiker, wieder der Eindruck auf, der Zeitpunkt des Kooperationsangebots der Staatspartei habe weniger mit einer „demokratischen Besinnung“ derselben, als vielmehr mit der Tatsache zu tun, dass die Regierung sich, vor dem Hintergrund erheblicher Preissteigerungen in Folge der Freigabe der Wechselkurses des ägyptischen Pfundes und damit verbundener wachsender Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung, einer ernsten wirtschaftlichen Verwerfung gegenübersieht, welche das Potential in sich trägt, sogar die bislang eher unpolitische Masse der Bevölkerung gegen sich aufzubringen.

Trotz einer von manchen schon als „traditionell“ charakterisierten Trennung der politischen Elite von der Masse der ägyptischen Bevölkerung droht momentan ein gefährlicher Vertrauensverlust zwischen beiden Bevölkerungssegmenten, da in jüngster Zeit neben einer derartigen politischen Entfremdung noch eine wirtschaftliche Destabilisierung getreten ist.

Die Reformagenda der ägyptischen Opposition

Diese aktuelle wirtschaftliche Destabilisierung hat in Verbindung mit den Entwicklungen im Irak in den letzten Monaten verstärkt dazu beigetragen, dass „bread and butter issues“ selbst bisher an Politik notorisch desinteressierte Jugendliche zu spontanen Demonstrationen hat bewegen können. Diese studentischen Unmutsäußerungen, die sich zu Beginn noch vordergründig gegen die Irakintervention der Vereinigten Staaten, in Wirklichkeit aber zunehmend gegen die gesamte Politik (einschließlich der Wirtschaftspolitik) der Regierung richteten, haben augenscheinlich die Sorgen der Regierung um die innere Sicherheit des Landes vergrößert.

Die Abwesenheit von politischen Foren, Instanzen bzw. Institutionen, in denen sich die Frustrationen nicht zuletzt dieser Jugendlichen wenigstens artikulieren und auf diese Weise abbauen könnten, hat der politischen Führung des Landes vor Augen geführt, dass es jetzt darum gehen muss, zusätzliche politische Partizipationsmöglichkeiten zu eröffnen, damit nicht zuletzt auch diese Jugendlichen in die Lage versetzt werden, ein Gefühl der Zugehörigkeit und politischen Teilhabe zu empfinden, und sie nicht damit beginnen, sich - ähnlich mancher islamischer Oppositioneller - in gesellschaftliche „Parallelmillieus“ einzurichten.

Die Regierungspartei NDP scheint jetzt also - wie der letzte Parteitag gezeigt hat - damit befasst, Jugendlichen verstärkt Räume zur politischen Partizipation in der eigenen Partei zu eröffnen, sie hat aber augenscheinlich noch Probleme damit, sich als nur einen von mehreren möglichen Orten zu begreifen, wo sich politische Teilhabe und solidarisches Handeln verstärkt praktizieren lassen muss.

Prominente Vertreter der ägyptischen Zivilgesellschaft fordern deshalb von einem solchen „Nationalen Dialog“ sowohl die Abschaffung der sie stark behindernden, restriktiven Regelungen des neuen NGO Gesetzes, als auch das ernsthafte Herangehen an die eigentlichen Aspekte einer wirklichen Reformagenda.

Ein erster Test der Bereitschaft der Staatsführung, diese Reformbereitschaft auch im politischen Alltag unter Beweis zu stellen, schlug allerdings fehl. Als nämlich eine heterogene Delegation von Vertretern verschiedener Oppositionsparteien, darunter der Wafd-, Tagammu- sowie der nasseristischen wie der kommunistischen Partei Ägyptens sowie verschiedener NGO’s am 22. Oktober versuchten, dem ägyptischen Staatspräsidenten eine vorher zwischen diesen Gruppen abgestimmte Reformagenda zu überreichen, stieß dies nicht auf die notwendige Gegenliebe der ägyptischen Sicherheitsorgane, die die mit der Übergabe verbundene Demonstration der Gruppe, die sich inzwischen den Namen „Democracy Defense Committe“ gegeben hatte, vor dem Präsidentenpalast (Abdin) kurzerhand untersagte.

Das zu überreichende Manifest gab dabei bereits vor den geplanten Einzelgesprächen mit der Führung der Regierungspartei einen Eindruck von der Agenda der Oppositionsgruppen.

So konzentrierten sich die Forderungen im Wesentlichen auf folgende Themenkomplexe:

Verfassungsreformen

  • Ersetzung des Ein-Personen Referendums durch eine wettbewerbliche Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Präsidentschaftskandidaten
  • Trennung des Amtes der Staatspräsidenten von jeglichem Parteiamt
  • Begrenzung der Präsidentschaft eines Amtsinhabers auf zwei Wahlperioden

Abschaffung restriktiver gesetzlicher Vorschriften in Zusammenhang mit

  • der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen (Präsident, Parlament, Berufsverbände)
  • juristische Aufsicht über all diese Wahlen
  • der Zulassung und Tätigkeit von politischen Parteien
  • der Zulassung, Zensur und Verbreitung von Presseorganen
  • der Zulassung und Tätigkeit von NGO’s

Abschaffung des Ausnahmezustands

  • Abschaffung aller Sondergerichte
  • Freilassung politischer Häftlinge bzw. Neuverhandlung dieser politischer Verfahren vor ägyptischen Zivilgerichten
Die Opposition nahm das Verhalten der Sicherheitsorgane als Zeichen einer weiter bestehenden, mangelnden Kompromissbereitschaft, auch wenn die Sicherheitsbehörden die Übergabe der Reformagenda durch 5 Vertreter des Komitees erlaubt, die gewünschte Durchführung einer öffentlichen Demonstration jedoch verboten hatten.

Das „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ wies auf die in dieser Entscheidung deutlich werdende Angst der Behörden vor einem öffentlichen politischen Diskurs hin. Sobald eine solche politische Auseinandersetzung in die Öffentlichkeit zu tragen versucht wird, schrecken die Sicherheitsbehörden vor ihrer eigenen Reformbereitschaft zurück und verbieten selbst solche friedlichen Ausdrucksmöglichkeiten politischer Unzufriedenheit.

Kritiker des Vorgehens des Komitees weisen dagegen auch auf Defizite in den Reihen der oppositionellen Kräfte selbst hin. So hätten sich diese Oppositionskräfte in den letz ten Jahren auch nicht sonderlich weiterentwickelt und um größere Breitenwirkung bemüht. Vielmehr stehen diesen Parteien bis heute oft Personen vor, die ihre Ämter an der Parteispitze seit mehreren Jahrzehnten innehaben und der Jugend in ihren Parteien keine Chance lassen, an die Spitze ihrer Bewegungen vorzurücken. Sie praktizieren oftmals genau das, was sie der Regierungspartei vorwerfen, nämlich die Unterdrückung eines lebhaften innerparteilichen Dialogs und einer transparenten Auseinandersetzung um Personen und Ämter. Zudem sei klar, dass es eine Überforderung dieser Gruppen darstelle, wenn man von ihnen bzw. von ihnen allein erwarten würde, dass sie die fest etablierte ägyptische Nomenklatura aus den Angeln zu heben in der Lage wären. Die viel beschworene und von vielen ägyptischen Oppositionellen immer wieder betonte Notwendigkeit der „politischen Reform von innen heraus“ im Gegensatz zu einem von außen initiierten oder doch zumindest stark unterstützten Reformprozess sei letztlich eine Schimäre.

Formalisierter Dialog mit der parlamentarischen Opposition

Trotz der zum Teil sehr zurückhaltenden Reaktion oppositioneller Kreise hat die Regierungspartei schon bald nach dem Ende des Parteitags damit begonnen, den sog. „legitimen“ Oppositionsparteien, also solchen, die bereits im Parlament vertreten und nicht inzwischen verboten worden sind, offizielle Einladungen zu einem „Nationalen Dialog“ zukommen zu lassen.

Ausgeschlossen bleiben von diesem Dialogangebot bisher sowohl die als politische Partei weiterhin verbotenen Muslimbrüder, die eigentlich die größte Zahl von Oppositionsabgeordneten in ihrem Einflussbereich weiß, als auch inzwischen „eingefrorene“ Parteien, wie etwa die als islamistisch unterwandert geltende „Labour Party“.

Vertreter der wichtigsten Oppositionsparteien, wie etwa der linken „Tagammu Partei“, bestanden vor Aufnahme der Gespräche auf „Garantien“ seitens der Regierungsparteien, dass dieser Dialog diesmal ein ernster sei und dabei tatsächlich zu einer Stärkung des Mehrparteiensystems in Ägypten beitragen soll. Diese Partei sah vor Beginn der Gespräche in den politischen Problemen des Landes die entscheidenden Faktoren, die einer auch wirtschaftlichen Gesundung im Wege standen. Es waren schließlich Vertreter dieser Partei, welche die Runde der Vorgespräche mit der NDP eröffneten, was damit begründet worden war, dass Tagammu die Oppositionspartei sei, die mit insgesamt sieben über die höchste Anzahl an (Oppositions-) Abgeordneten verfüge. In einem gemeinsamen Statement stellte man am Ende der ersten Gesprächsrunde gemeinsam fest, dass man die Novellierung der gesetzlichen Vorschriften über politische Parteien und politische Rechte sowie bzgl. der kommenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen für die wichtigsten Aspekte eines zu diskutierenden Reformpakets erachte. Auf eine gemeinsame Erklärung zu den möglichen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen des Nationalen Dialogs konnte man sich angesichts der weiter bestehenden sozialistischen Orientierung der Tagammu Partei aber nicht einigen.

Andere Vertreter, wie etwa die der liberalen „Wafd Partei“, hatten dagegen von Beginn an gefordert, dass der angebotene Dialog ohne Begrenzungen und Tabus sein müsse und die NDP nicht das Recht habe, die Liste der zu behandelnden Themen auf solche zu beschränken, die nur ihr …in den Kram passten…! So schien es dieser Partei etwa undenkbar, dass die Regierungspartei die Weiterentwicklung/Änderung der aktuellen ägyptischen Verfassung von vornherein als Thema eines solchen „Nationalen Dialogs“ ausschließe. Auch heute würde das schon vor 10 Jahren benutze Argument, die Diskussion von Verfassungsänderungen würde „den Karren vor das Pferd spannen“, wie zuvor zum sofortigen Boykott der meisten Oppositionskräfte führen. Zwar war es damals schließlich auch ohne Beteiligung einiger der wichtigsten Oppositionskräfte zu einem vergleichbaren Nationalen Dialog gekommen, dieser hatte jedoch nur wenige, dabei eher insignifikante Reformen hervorgebracht.

Deshalb erachtete es der Vorsitzende der Wafd Partei, No’man Gomaa am Ende der ersten Gesprächsrunde auch als ganz entscheidend, dass, wenn man sog. „radikale Reformen“ einfordere, dies nicht bedeute, dass man das politische System aus den Angeln heben sondern nur sicherstellen wolle, dass die angestrebten Reformen es den Oppositionsparteien in Zukunft ermöglichen, mit der NDP auf gleicher Augenhöhe um die politische Unterstützung der ägyptischen Bevölkerung im Rahmen von wirklich freien und fairen Wahlen konkurrieren zu können. Diese, zusammen mit dem noch anstehenden Vorbereitungsgespräch mit den Vertretern der Nasseristischen Partei, erwarten vor der endgültigen Anberaumung des „Nationalen Dialogs“ eine Einigung über die Agenda des Dialogs erzielen zu können. In dem noch ausstehenden Gespräch würde man Klarheit darüber bekommen, so jüngst ein Vertreter der Nasseristen, wie weit die Diskussions- bzw. Reformbereitschaft der Regierungspartei tatsächlich reiche.

In einer ersten Einschätzung der bisher geführten Gespräche bekräftigten die Verhandlungsführer der Regierungspartei, dass beabsichtigt sei, sich in den kommenden Wochen während des Ramadanmonats mit allen designierten Parteiführern der verschiedenen Oppositionsparteien, sowie mit einigen wenigen Vertretern größerer, anerkannter Menschenrechtsorganisationen zusammenzusetzen, um zu einer allgemein akzeptierten Dialogagenda zu gelangen.

Isolierung der ägyptischen Muslimbrüder

Die ägyptischen Muslimbrüder zeigten sich nach der Entscheidung der Regierungspartei, den Nationalen Dialog auf legale Oppositionsparteien und ausgewählte Nichtregierungsorgani-sationen zu beschränken, enttäuscht und gaben zu bedenken, was es bedeutet, die zahlenmäßig wohl größte Oppositionsgruppe von einem solchen wichtigen politischen Dialog im Land auszuschließen. Immerhin verfügt die Organisation mit ihren 17 „unabhängigen“ Anhängern im ägyptischen Parlament über die größte kohärente Gruppe von Oppositionsabgeordneten mit einem politischen Mandat. Damit erscheint nicht nur der Führung der ägyptischen Muslimbruderschaft bewiesen, dass diese Gruppe über eine größere Verwurzelung und damit demokratische „Legitimität“ verfügt, als sämtliche, von der NDP als „legitim“ charakterisierten, weil im Parlament in Fraktionen zugelassenen Oppositionsparteien.

Ginge es der Regierungspartei wirklich um einen Dialog mit allen wichtigen politischen Kräften im Land, so der bekannte ägyptische Politikwissenschaftler Kamel El-Sayyed, hätte man die Muslimbrüder wie die Kommunisten nicht von einem solchen Dialog ausschließen dürfen, da sie die größten und am besten organisierten politische Organisation im Land sind. Unter den gegebenen Umständen läuft der „Nationale Dialog“ jetzt in den Augen der Führung der Muslimbruderschaft Gefahr, eine Übung in Flickschusterei zu werden und allein darauf ausgerichtet zu sein, von der wachsenden öffentlichen Unzufriedenheit mit den Ergebnissen der (Wirtschafts-) Politik der Regierung abzulenken.

Manche Oppositionsvertreter unterstellen gar, dass die Regierungspartei den Dialog nutzen will, um auch die Oppositionsparteien und Teile der ägyptischen Zivilgesellschaft gegen die Muslimbrüder „…in Stellung zu bringen…“, um auf diese Weise ihre seit dem Ende der Irakintervention wieder verstärkt aufgenommene Verfolgung der Bruderschaft sowohl in der ägyptischen aber auch in der Weltöffentlichkeit zu rechtfertigen. Interessant an den Verlautbarungen der beiden als legitim erachteten Oppositionsparteien nach den jeweiligen Gesprächsrunden war allerdings, dass beide Parteien sich unisono gegen eine Einbeziehung der ägyptischen Muslimbruderschaft ausgesprochen hatten.

Ziel sei es jetzt offensichtlich, so diese Kritiker, dass die Muslimbruderschaft als das erscheint, was sie in den Augen vieler eben nicht ist, nämlich eine radikale, dem Terror auch in Ägypten einen Nährboden liefernde, von der Mehrzahl der politischen Klasse Ägyptens geschnittene politische Gruppierung, die die Religion instrumentalisiert, um (undemokratische) politische Ziele zu realisieren.

Innerer versus äußerer Reformdruck ?

Die Frage, ob die jüngsten Entwicklungen, d.h. vor allem die sich jetzt andeutende Gesprächbereitschaft der ägyptischen Führung ein Ergebnis des seit der Militärintervention im Irak zunehmenden Reformdrucks seitens der Vereinigten Staaten sei, beschäftigt momentan zunehmend die politische Klasse in Ägypten.

Es ist dabei unverkennbar, dass sich über die Frage, ob ein wirklich durchgreifender Demokratisierungsprozess in Ägypten auch ohne ausländischen Druck in Gang zu setzen sei, ein vehementer Streit zu entfachen beginnt.

Die Problematik steht schon längere Zeit im Raum und war bereits ein Diskussionsgegenstand, als es darum ging, das Dilemma der (nur) mit externen Mitteln zu finanzierenden Entwicklungsprogramme im Bereich Demokratisierung und Good Governance u. a. aufzulösen.

Gerade die ägyptische Zivilgesellschaft war und ist bei ihrer Arbeit auf externe finanzielle Unterstützung angewiesen, was im Falle Saadeddin Ibrahim sogar eine Haftstrafe nach sich gezogen hatte, als er sich in Bereiche vorgewagt hatte, die dem Regime nicht gefallen konnten.

Gleichzeitig konnte es keinem politischen Beobachter verborgen bleiben, dass die sowohl in der ägyptischen Bevölkerung als auch in akademischen Zirkeln höchst unpopuläre Militärintervention, die gesamte öffentliche Meinung in Ägypten noch stärker gegen die Politik der Vereinigten Staaten aufgebracht hat. Individuen die sich noch um eine nuancierte Haltung gegenüber der Politik der Vereinigten Staaten bemühen, geraten immer mehr ins politische bzw. mediale Abseits. Bei vielen hat sich der Eindruck verfestigt, dass die ägyptische politische Führung nicht mehr souverän entscheidet, sondern ihre Politik an den politischen Überzeugungen und Zielsetzungen der us-amerikanischen Regierung ausrichtet.

Die einem in Ägypten vertrauten ideologischen Trennungslinien zwischen den verschiedenen Reformbefürwortern werden dabei momentan sogar von dem Dissens zwischen eher pro-amerikanischen und dezidiert anti-amerikanischen Gruppen überlagert. Viele trauen der amerikanischen Reformagenda für die Region nicht über den Weg und unterstellen, dass diese allein eigenen Interessen folgt und die Interessen der lokalen Reformanhänger kaum berücksichtigt. Viele glauben sogar, dass das ehrliche Reformbemühen einiger interner Zirkel durch eine Ähnlichkeit im Inhalt mit solchen von der USA vertretenen Ansätzen, diese eher diskreditieren könne, als sie zu befördern.

Populär ist die Auffassung von Prof. Galal Amin, einem bekannten ägyptischen Wirtschaftsprofessor, der immerhin an der American University of Cairo (AUC) lehrt und dem linken politischen Spektrum in Ägypten zugerechnet wird, der äußerte:

„…no genuine and lasting reform can come from a foreign hand. And one has to be very foolish to think that America is doing things in order to introduce reform. It’s just for achieving purposes of its own and of Israel, 90 percent of which are against our interest…”

Andere dagegen, wie der schon erwähnte bekannte Soziologieprofessor der gleichen Universität, Prof. Saadeddin Ibrahim, unterstrich in einem schon vor Wochen verfassten Kommentar zu diesem Fragenkomplex, dass politischer Wandel in Ägypten tatsächlich von außen angeschoben werden muss und dass die internen Kräfte zu schwach seien, um diesen allein herbeizuführen. Er ist der festen Überzeugung, dass solch externer Druck die allseits herbeigesehnten Reformprozesse wenn nicht initiieren so doch wesentlich beschleunigen helfen würde.

Die Kritiker bleiben aber skeptisch bis ablehnend: „…Historically change works only when it comes from within. If democracy and political reform is imposed on Egyptian society by outsiders it will wither…” sagt wiederum Amin und wird dabei vom Al Ahram-Kolumnisten Muhamed Sid Ahmed unterstützt, der in einem Zeitungskommentar seiner festen Überzeugung Ausdruck verleiht, dass „…there is no legitimicy if democracy is imposed on our society because in this case it will never last, it will never galvanize people’s creativity and actions. It will never be endorsed and it will be seen as part of a colonial drive, rather than something generated from within…“

All diese Aussagen prominenter politischer Kommentatoren zeigen, wie umstritten der Einsatz für mehr Demokratie von außerhalb der ägyptischen Grenzen momentan ist, obwohl es weiterhin auch solche gibt, die einer solchen „Einmischung von außen“ weniger kritisch gegenüberstehen.

Sie betonen, dass die Erfahrung bisher gezeigt hat, dass es von innen heraus bisher zu keinem selbst tragenden Demokratisierungsprozess in der Arabischen Welt gekommen ist und wenn dies tatsächlich der Fall ist, man offensichtlich auf auswärtige Unterstützung angewiesen zu sein scheint. Sie befürworten deshalb eine enge Koordination der Bemühungen um einen politischen Wandel in der gesamten Region wie auch in Ägypten und vertrauen darauf, dass eine konzertierte Aktion von Demokratiebefürwortern der beste Weg sei, die aktuellen Reformbestrebungen zu unterstützen.

Ausblick

Nach dem jüngsten „kleinen“ NDP-Parteitag vom 26.-28. September und vor der Rede des ägyptischen Staatspräsidenten zur offiziellen Eröffnung der diesjährigen Sitzungsperiode vor beiden Kammern des ägyptischen Parlaments am 12. November scheint sich das Land, trotz der Konzentration der Mehrheit der ägyptischen Bevölkerung auf die Herausforderungen des Fastenmonats Ramadan, in einer eigenartigen Phase der unbestimmten Erwartung bzw. wachsender Spannung zu befinden.

Der Parteitag hatte neben der Ankündigung des geplanten politischen Dialogs mit der Opposition wenig Konkretes hervorgebracht und die wirtschaftlichen Probleme, allen voran die erheblichen Preissteigerungen nicht nur aber vor allem auch für importierte Waren, tragen zur wachsenden Unzufriedenheit weiter Bevölkerungskreise bei.

Der allseits spürbare „Attentismus“ wurde vor wenigen Tagen durch zwei überraschende, weil in Ägypten seltene Ereignisse kurzzeitig „aufgebrochen“.

So nutzte einer der wenigen auch international bekannten ägyptischen Novellisten, Sonallah Ibrahim, eine Preisverleihung durch das ägyptische Kulturministerium zu dem ungewöhnlichen Schritt, in seiner Rede die Annahme des mit 100.000 ägyptischen Pfund ausgestatteten Staatspreises zu verweigern und dies vor dem versammelten, konsternierten Publikum, bestehend aus den der Regierung nahe stehenden „Kulturschaffenden“, folgendermaßen zu begründen:

„…I have no doubt that every Egyptian here is aware of the extent of the catastrophe facing our country. It’s not just the real Israeli military threat to our eastern borders, the American dictates, or the weakness sho wing in our government’s foreign policy, it’s all aspects of life. We no longer have theater, cinema or scientific research; we just have festivals, conferences and false funds. We don’t have industry, agriculture, health or justice. Corruption and pillage spreads. And anyone who objects faces getting beaten up or tortured. The exploitative few have wrested our spirit from us…All that’s left for me is to thank those who chose me for this prize but to say that I won’t be accepting it because it is given by a government that, in my opinion, does not possess the credibility to grant it…”

Am Ende seiner Rede blickte ein konsternierter, um Fassung ringender ägyptischer Kulturminister auf eine johlende Zuhörerschar im Saal, die dem das Podium verlassenden Novellisten wild klatschend und pfeifend, stehende Ovation bereitete.

Wenige Tage später nutzte ein Student der American University in Kairo (AUC) eine Veranstaltung zur praktischen Widerspiegelung der Arbeit der Arabischen Liga zu dem folgenden, viel beachteten Kommentar:

„… I don’t want to read from a written speech, I just want to say a few words that are dying to get out. I want to ask what the feeling is that all of us in this hall share tonight? I think it’s the feeling of dissatisfaction, dissatisfaction with everything – the situation in the country does not bode well, everyone is sad, everyone is depressed and even the Egyptian joke hardly exists anymore...We demand that all honourable people in Egyptian society stand as one man and address President Mubarak about the demands of the people and reveal to him the truth about what’s happening and express the feelings of the people clearly and honestly…Let’s build a social contract between all forces of society to save the nation, instead of leaving it prey to conspiracy and collapse…”

Beide Ereignisse, die so untypisch für Ägypten sind, dass sie unmittelbar den Weg in die englisch-sprachige Presse gefunden haben, bestätigen den Eindruck, dass die Stimmung im Land momentan nicht gut ist. Es scheint, dass bald etwas geschehen muss, das den „Attentismus“ beendet und Aufbruchstimmung verbreitet, denn bis zu den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Herbst 2005 scheint der Weg zu lang, als dass man ohne bedeutende politische Reformschritte die Frustration der ägyptischen Bevölkerung in Schach halten könnte.

Ob der begonnene „Politische Dialog“ mit Teilen der (parlamentarischen) Opposition ausreicht oder ob die Diskussionen über einen „Nationalen Pakt“ auch die außerparlamentarische islamische Opposition (Muslimbrüder) einbeziehen muss, um in dieser Hinsicht erfolgreich zu sein, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen müssen. Ein wie auch immer gearteter politischer Aufbruch scheint unaufschiebbar und es gilt, diesen dezidiert zu beschreiben, mit verständlichen Inhalten zu füllen, demokratisch zu legitimieren und damit auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Nur so sehen politische Beobachter Chancen ein solches Reformprojekt mit Unterstützung großer Teile der ägyptischen Bevölkerung auch zu implementieren. Sollte dies bis zum nächsten Wahltermin nicht gelingen, könnte es im Jahre 2005 zu einem „heißen Herbst“ kommen.

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Leiter des Auslandsbüros in Washington, D.C.

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erscheinungsort

Sankt Augustin Deutschland