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Ukraine: Politische Bilanz 2010

autori Nico Lange

Ein Jahr signifikanter politischer Veränderungen

Für die Ukraine war 2010 ein Jahr signifikanterpolitischer Veränderungen.Nach der Wahl Wiktor Janukowytschszum Präsidenten im Februar und derAufstellung der Regierung unter PremierministerMykola Asarow setzte dieneue Administration innenpolitischeEntwicklungen in Gang, die die demokratischenErrungenschaften im Landseit der Orangen Revolution des Jahres2004 deutlich in Frage stellen.

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Gleichzeitig

begannen Janukowytsch und

Asarow vor allem aufgrund der existenziellen

Abhängigkeit des

ukrainischen Staatshaushalts von Krediten

des Internationalen

Währungsfonds (IWF) mit ersten Reformschritten

zur Erneuerung der

überkommenen Renten- und Sozialsysteme

sowie der Verwaltung. Mit einem

weitreichenden Abkommen zur Verlängerung

der Stationierung der

russischen Schwarzmeerflotte auf der

Krim erreichten sie außerdem die erneute

Senkung der Preise für die

russischen Gaslieferungen und eine generelle

Verbesserung der ukrainischrussischen

Beziehungen. Europäische

Union und Ukraine setzten die Verhandlungen

über das geplante

Assoziierungsabkommen mit der vertieften

und erweiterten

Freihandelszone im Kern fort und vereinbarten

einen Aktionsplan zur

Abschaffung des Visaregimes. Für das

Jahr 2011 sind in der Ukraine weiter

erhebliche finanzielle und wirtschaftliche

Schwierigkeiten sowie wachsende

Spannungen mit der EU aufgrund der

autoritären innenpolitischen Entwicklungen

zu erwarten.

Janukowytsch stellte politische Handlungsfähigkeit wieder her

Im Februar 2010 gewann Wiktor Janukowytsch die

ukrainischen Präsidentschaftswahlen in der Stichwahl

knapp gegen Julija Tymoschenko. OSCE

und andere internationale Beobachter schätzten

den Verlauf der Wahlen als frei und fair ein. Janukowytsch

konzentrierte sich nach seinem

Amtsantritt zunächst auf die Herstellung der politischen

Handlungsfähigkeit und konnte durch die

Absetzung der Regierung Tymoschenkos und die

Bildung einer Koalition aus Partei der Regionen,

Kommunisten, Block Lytwyn und individuellen Abgeordneten

mit einem verfassungsrechtlichen

Trick die lang anhaltende Blockade der ukrainischen

Politik auflösen. Das Verfassungsgericht

legitimierte mit einem höchst fragwürdigen Urteil

die nach Ansicht fast aller ukrainischen und internationalen

Experten klar verfassungswidrige

Koalitionsbildung und ließ sich damit schon frühzeitig

vom neuen Präsidenten instrumentalisieren.

Konsolidierung des Staatshaushalts hatte Priorität

Janukowytsch nutzte die politische Handlungsfähigkeit

zunächst zum eiligen Abschluss eines

neuen Abkommens zur Stationierung der russischen

Schwarzmeerflotte auf der Krim, um im

Gegenzug von der russischen Gasprom Rabatte

auf die Gaspreise zu erhalten. Auf diese Weise

gelang der neuen Administration in Teilen die

Konsolidierung des höchst defizitären ukrainischen

Staatshaushalts ohne Durchführung

struktureller Reformen. Der IWF zeigte sich in der

Folge bereit, das vor den Präsidentschaftswahlen

ausgesetzte Notkreditprogramm fortzusetzen. Unter

hohem Druck durch den IWF begann die

ukrainische Regierung ab dem Sommer 2010 mit

ersten Reformschritten, indem sie das Rentenalter

heraufsetzte und die Gaspreise für die ukrainischen

Endverbraucher schrittweise erhöhte. Die

prekäre Lage des Staatshaushalts hält jedoch weiter an und für die weitere Durchführung der IWF-Programme werden einschneidende Reformen

nötig sein. Beobachter und Experten erwarten keinen

schnellen wirtschaftlichen Aufschwung, so

dass auch im Jahr 2011 mit einer sehr schlechten

generellen Wirtschaftslage und weiterhin am Rande

des Bankrotts befindlichen Staatsfinanzen zu

rechnen sein wird. Die Rahmenbedingungen für

ausländische Direktinvestitionen sind mit enormer

Korruption, Behördenwillkür und Zentralisierung

sowie insbesondere unter der neuen Administration

wieder stärker um sich greifender

Vetternwirtschaft weiterhin sehr schlecht.

Janukowytsch baute ein zunehmend autoritäres System mit starker „Machtvertikale“ auf

Über die Herstellung der politischen Handlungsfähigkeit

hinaus begann Präsident Janukowytsch

zügig nach seiner Wahl mit dem Aufbau der sogenannten

„Machtvertikale“. Nach fast einem Jahr

seiner Amtszeit bestehen kaum mehr Zweifel,

dass unter Bemühen des Wahrens einer demokratischen

Fassade systematisch ein autoritäres

System aufgebaut wird.

Einschränkungen der Pressefreiheit und aktive politische Rolle des Geheimdienstes

Die Pressefreiheit in der Ukraine wird vor allem

durch wirtschaftlichen Druck auf die Medienunternehmer

effektiv eingeschränkt. Administration und

Geheimdienst SBU erzeugten in der ukrainischen

Medienlandschaft deliberativ ein Klima der Angst

und der Selbstzensur. Die neue Rolle des SBU ist

ohnehin eine der signifikantesten Veränderungen

in den Rahmbedingungen. Angestellte des Geheimdienstes

unternahmen seit Janukowytschs

Amtsantritt mehrfach Einschüchterungsversuche,

demonstrative Befragungen und Untersuchungen

gegen Journalisten, Blogger, Historiker, Oppositionspolitiker,

ukrainische und ausländische

Nichtregierungsorganisationen sowie auch die

deutschen politischen Stiftungen und ihre Partnerorganisationen.

Verfassungsgericht ebnet Weg für Rückkehr zum Präsidialsystem

Der ukrainische Präsident instrumentalisierte auch

mit der Rückkehr zur Verfassung von 1996 das

Verfassungsgericht zur Festigung seiner Machtposition.

Mit dem Urteil des Verfassungsgerichts,

das erneut nach Auffassung aller Experten einschließlich

der Venedig-Kommission des

Europarates unverhältnismäßig und hochproblematisch

ausfiel, verwandelten die ukrainischen

Verfassungsrichter das politische System des

Landes wieder in Präsidialsystem. Diese Entscheidung

steht exemplarisch für die mangelnde

Unabhängigkeit der gesamten ukrainischen Gerichtsbarkeit.

Die neue Administration nutzt die mit

einem Vetter von Präsident Janukowytsch besetzte

Generalstaatsanwaltschaft und die

beeinflussbare Richterschaft zudem intensiv, um

mit selektiver Anwendung des Rechts die führenden

Politiker der Opposition zu bekämpfen.

Sowohl die ehemalige Ministerpräsidentin Tymoschenko

als auch einige ihrer engen Vertrauten

und Angehörige ihrer Regierung sehen sich seit

Monaten juristischen Anschuldigungen ausgesetzt

und wurden zum Teil bereits verhaftet. Die politischen

Motive hinter diesen Verfahren sind deutlich

erkennbar.

Kommunalwahlen waren nicht frei und fair

Mit den Kommunalwahlen, die nach Beurteilung

der Wahlbeobachter „nicht frei“ und „nicht fair“ verliefen,

baute Präsident Janukowytsch schließlich

im Oktober die „Machtvertikale“ bis auf die Ebene

der Gebiets-, Regional- und Stadtparlamente und

der Bürgermeister aus. Das erste Mal seit der

Orangen Revolution hielt die Ukraine damit wieder

Wahlen ab, die nicht internationalen demokratischen

Standards entsprachen.

Versuch einer autoritären Modernisierung

Im Ergebnis der beschriebenen innenpolitischen

Prozesse kontrolliert eine kleine Gruppe von Oligarchen

nunmehr in der Ukraine exklusiv den

Zugang zur Macht und nutzt den ukrainischen

Staat als Vehikel für ihre Geschäfte. Nur knapp ein

Jahr nach dem Sieg Janukowytschs in einer demokratischen

Wahl befindet sich die Ukraine nach

fünf Jahren des Versuchs einer demokratischen

Entwicklung nach europäischem Vorbild auf einem

Kurs zu einer autoritären Modernisierung nach

den Vorbildern Russlands, Chinas oder Belarus’.

Das politische System gewann zwar nach Jahren

der Blockade endlich Handlungsfähigkeit, ist aber

zunehmend autoritär, hoch zentralisiert und zutiefst

korrupt.

Keine Stabilisierung des Parteiensystems zu erwarten

Das Parteiensystem der Ukraine bleibt weiterhin

sehr instabil. Die Partei der Regionen ist im Begriff,

sich als „Partei der Macht“ zu etablieren und

konnte ihre internen Konflikte bisher erfolgreich

einhegen. Präsident Janukowytsch und seine Partei

wenden enorme Ressourcen auf, um die knapp

unterlegene Präsidentschaftskandidatin Julija Tymoschenko

als Hauptgegnerin auszuschalten.

Tymoschenko wird mit der Partei Batkiwschtschyna

dennoch weiterhin die stärkste Oppositionskraft

bleiben. Die übrigen Reste des ehemals „orangen“

Lagers marginalisierten sich durch fortwährende

interne Streitigkeiten selbst und werden künftig

kaum noch eine signifikante Rolle spielen können.

Neue Parteien um die Präsidentschaftskandidaten

Serhij Tihipko und Arsenij Jazenjuk konnten ihre

Positionen nach anfänglichen Achtungserfolgen

nicht ausbauen. Die rechtsradikale Partei „Swoboda“

befindet sich im Westen des Landes aufgrund

der einseitig nach Osten orientierten Politik der

Partei der Regionen und der Schwächung von

Tymoschenko im Aufwind. Mit den Kommunalwahlen

erstarkten aber auch einige neue Parteien wie

UDAR von Witalij Klitschko oder Ukraina Maibutnoho.

Die kommenden Monate bieten weiterhin

ein sehr großes Potenzial für den Positionsgewinn

neuer Parteien. Die Verfassungsänderungen fördern

Fragmentierung und Dynamik im

Parteiensystem zusätzlich, so dass eine Stabilisierung

in naher Zukunft nicht zu erwarten ist.

Verfassungsdiskussion muss fortgesetzt werden

Die überraschende Rückkehr zur Verfassung von

1996 stellte die seit Jahren schwelenden Diskussionen

um das politische System der Ukraine vor

vollkommen neue Tatsachen. Die Verfassungsgerichtsentscheidung

stößt im Inland aber auch bei

Europarat, EU und OSCE auf erhebliche Kritik.

Alle internationalen Institutionen bestehen vor diesem

Hintergrund auf einer Fortführung der

Verfassungsdiskussion in einem ordentlichen parlamentarischen

Verfahren unter Einbeziehung

aller relevanten Akteure und der Empfehlungen

der Venedig-Kommission.

Rückschritte in Bezug auf den Umgang mit der Geschichte

Auch in Bezug auf den Umgang mit der totalitären

Geschichte vollzog die ukrainische Administration

unter Janukowytsch eine Wende. Nach einigen

Anfängen der Aufarbeitung der Vergangenheit im

Schatten der ukrainisch-nationalistischen Geschichtspolitik

des ehemaligen Präsidenten

Juschtschenko betreibt die neue Führung nunmehr

aktiv die Restauration sowjetischer und prorussischer

Geschichtspolitik. Die Besetzung des

Postens des Direktors des Instituts für Nationales

Gedächtnis mit einem Vertreter der Kommunistischen

Partei illustriert diese Tatsache nur allzu

deutlich.

Einseitige Haltung des Präsidenten verschärft interkonfessionelle Konflikte

Eine vollkommen einseitige Position bezieht Präsident

Janukowytsch auch im Hinblick auf die

ukrainischen Konfessionen. In der multikonfessionellen

und mit interreligiösen Spannungen

belasteten Ukraine löste es große Besorgnis aus,

dass Janukowytsch sich bei seiner Inauguration

nur vom Vertreter des Moskauer Patriarchats segnen

ließ. Nach einigen Jahren der vorsichtigen

Annäherung zwischen der weitgehend autonomen

Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer

Patriarchats, des Kiewer Patriarchats und der

griechisch-katholischen Kirche verschärft die ukrainische

Führung damit die Konflikte erneut. Im

ersten Jahr seines Amtes traf sich der ukrainische

Präsident nicht ein einziges Mal mit den geistlichen

Führern der anderen großen Konfessionen

des Landes. Zuletzt brachen im Herbst das erste

Mal seit Ende der neunziger Jahre wieder offene

Streitigkeiten zwischen dem Moskauer und dem

Kiewer Patriarchat um Kirchengebäude und Zugehörigkeit

von Gemeinden aus.

Annäherung an die EU verzeichnet dennoch Fortschritte

Vor dem Hintergrund der dargestellten innenpolitischen

Entwicklungen ist es beachtenswert, dass

die Ukraine den Prozess der bilateralen Annäherung

an die Europäische Union erfolgreich

fortsetzen konnte. Auf der technischen Ebene der

Zusammenarbeit erreichte die ukrainische Seite

aufgrund der neuerlichen Handlungsfähigkeit sogar

deutliche Fortschritte. Das

Assoziierungsabkommen mit der vertieften und

erweiterten Freihandelszone im Kern befindet sich

im Endstadium der Verhandlungen, die nach Aussagen

beider Seiten bis zum Sommer 2011

abgeschlossen sein könnten. Mit der Unterzeichnung

des Aktionsplans zur Visumsfreiheit im

November gelang der Ukraine ein auch für die breite ukrainische Bevölkerung enorm wichtiger

Schritt der Annäherung. Die multilateralen Initiativen

der Östlichen Partnerschaft und der

Schwarzmeersynergie entfalteten dem gegenüber

nach anfänglicher Euphorie nur sehr wenig Dynamik.

Verbesserung des ukrainischrussischen Verhältnisses

Nach dem Tiefpunkt in den Beziehungen zur Russischen

Föderation im letzten Jahr der Amtszeit

Juschtschenkos erreichte Janukowytsch im Präsidentenamt

schnell eine deutliche Verbesserung

des Verhältnisses. Mit dem Vertrag zur Verlängerung

der Stationierung der Schwarzmeerflotte auf

der Krim bis mindestens 2042 bindet sich die Ukraine

strategisch langfristig an ihren großen

Nachbarn. In der Folge bemüht sich Kiew jedoch

zusehends darum, ein Gegengewicht zu den weitgehenden

Forderungen der russischen Seite zu

finden, um außenpolitisch eigenen Spielraum zu

behalten. Dies könnte schon in naher Zukunft in

Moskau für erneute Verstimmungen sorgen.

Kritischer Ausblick auf 2011

Der Ausblick auf das Jahr 2011 beinhaltet mehrere

äußerst kritische Tendenzen. Die wirtschaftliche

Situation wird weiterhin prekär bleiben, während

die katastrophale Finanzlage und die IWFProgramme

die Regierung zu weiteren Reformen

zwingen werden. Durch die deutlich spürbaren

Folgen wird die Unzufriedenheit der ukrainischen

Bürger schnell wachsen und mit hoher Wahrscheinlichkeit

zu erneuten autoritären Reaktionen

der Administration führen. Die klar undemokratischen

Entwicklungen innerhalb des Landes

werden die EU zunehmend vor eine Herausforderung

stellen, vor allem wenn im Jahr 2011 das

Assoziierungsabkommen unterschriftsreif vorliegen

sollte. Der wenig aussichtsreiche Versuch

einer „multivektoralen“ Politik bzw. einer asymmetrischen,

gleichzeitigen Integration der Ukraine mit

der EU und Russland birgt außerdem die große

Gefahr einer Verschlechterung der Beziehungen

des Landes sowohl mit Moskau aus auch mit

Brüssel in sich.

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