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Wahlen in Finnland

Gewählt um glücklich zu bleiben? Finnland steht mit dem Wahlsieg der Konservativen vor einem Regierungswechsel

Eine hohe Lebensqualität, Geschlechtergerechtigkeit, die Nähe der Menschen zur Natur, das Fehlen von Korruption und die Bedeutung von demokratischen Wertvorstellungen bilden die Grundpfeiler für das Selbstverständnis der finnischen Gesellschaft. Das sechste Jahr in Folge hat der World Happiness Report der Vereinten Nationen nach diesen Kriterien Finnland zum Land mit den glücklichsten und zufriedensten Menschen auf der ganzen Welt erklärt. Mit der Politik waren die Wähler dann aber offensichtlich doch nicht zufrieden. Die immer häufiger als ungenügend wahrgenommenen Leistungen des Wohlfahrtsstaats bei Bildung und Gesundheit, hohe Energie- und Lebenshaltungskosten sowie die im nordischen Vergleich extrem hohen Staatsschulden waren genau die Themen, welche den Wahlkampf der letzten Wochen dominierten und letztendlich dazu führten, dass die sozialdemokratische Koalition nach nur vier Jahren wieder abgewählt wurde.

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Gewinner und Verlierer bei der Wahl zum Eduskunta, dem finnischen Parlament

Seit 2019 führten die Sozialdemokraten eine Mitte-Links-Koalition von fünf Parteien an, die im letzten Jahr aufgrund von internen Konflikten insbesondere mit den Grünen und der Zentrums-Partei deutliche Bruchstellen aufzeigte. Über für Finnland wichtige innenpolitische Fragen wie den Umweltschutz und die Forstwirtschaft wurde permanent gestritten. Zu Beginn hatte die Koalition noch ein positives Image nach außen aufgrund ihrer äußerst populären Ministerpräsidentin Sanna Marin und der sogar für Finnland bemerkenswerten Tatsache, dass alle Parteivorsitzenden der Koalition Frauen waren. 

Die Sozialdemokraten (SDP) landeten bei dieser Wahl trotz der Popularität ihrer Vorsitzenden mit 43 von 200 Mandaten nur auf dem dritten Platz, nach der konservativen Nationalen Sammlungspartei (Kokoomus) mit 48 und den rechtsnationalen Wahren Finnen (PS) mit 46 Mandaten. Kokoomus hatte mit ihrem langjährigen Vorsitzenden Petteri Orpo seit zwei Jahren die Umfragen angeführt und Kommunalwahlen gewonnen, die Partei konnte sich um insgesamt 10 Mandate sogar noch verbessern. In den letzten Monaten hatten die Wahren Finnen allerdings nochmals zugelegt und lagen zuletzt gleichauf mit den Konservativen. Ein Grund dafür mag der Wechsel im Parteivorsitz gewesen sein, Riika Purra war 2021 auf Jussi Halla-aho gefolgt, der im eigenen Land wegen Rassismus und Volksverhetzung verurteilt worden war. Ihre Partei punktete mit einem Anti-Migrationskurs, sie lehnt die weitreichenden finnischen Klimaziele ab und polarisiert mit scharfer Kritik an der EU bis zur verbalen Forderung nach einem Austritt. Sie spricht auch in großer Zahl Wähler an, die mit ihrer wirtschaftlichen Situation unzufrieden sind. Die Stärke der finnischen Rechtspopulisten und gleichermaßen die Schwäche der ehemals bedeutenden ländlichen Zentrums-Partei hat die Gewichtung der Parteien in Finnland weiter verändert. Die Zentrumspartei, die Linke sowie die Grünen, allesamt Mitglieder der Koalition von Sanna Marin, verloren deutlich. Die liberale Schwedische Volkspartei (RKP) konnte mit 9 Mandaten ihr Ergebnis von 2019 halten. Sie war seit 1979 in allen nur denkbaren Koalitionen durchgehend an Regierungen beteiligt und steht auf nationaler Ebene für die schwedische Minderheit in Finnland, die beispielsweise auf den Åland-Inseln über 90% ausmacht. Die Wahren Finnen hatten im Wahlkampf die Forderung erhoben, den obligatorischen Schwedisch-Unterricht als „Zwangsschwedisch“ in finnischen Schulen abzuschaffen. Die finnischen Christdemokraten, ein klassischer Koalitionspartner der Konservativen, konnten ihr Ergebnis bei fünf Mandaten halten.

 

Themen im Wahlkampf - Sicherheitspolitik

Der NATO-Beitritt Finnlands war im Wahlkampf kaum mehr ein Thema, da darüber noch im letzten Jahr ein parteiübergreifender Konsens erzielt worden war. Dennoch profitierte die Sammlungspartei davon, dass sie als einzige Partei den NATO-Beitritt schon lange vor dem 24. Februar 2022 in ihrem Parteiprogramm verankert hatte. Die noch ausstehende Ratifizierung durch die Türkei und Ungarn wurde in der Woche vor der Wahl nachgeholt, mit deutlichem zeitlichen Abstand zu den anderen 28 Mitgliedern der Allianz. In Finnland ist man darüber erleichtert, gibt sich aber nüchtern, zumal man auch das Nachbarland Schweden im Blick hat, mit dem Finnland den Weg des NATO-Beitritts gemeinsam begonnen hat und auch zu Ende führen wollte. Die Verknüpfungen in der Verteidigungszusammenarbeit beider Länder sind so engmaschig und ihr Beitrag zur Stärkung der NATO im Ostseeraum und der Arktis so bedeutsam, dass es im Interesse der Allianz sein muss, Schweden nicht länger außen vor zu lassen.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist generell das beherrschende Thema in Finnland und hat daher auch den Wahlkampf überschattet. Russland, mit dem man eine Landgrenze von 1340 km teilt und gegen welches (als Sowjetunion) man sich 1939 in einem erbitterten Winterkrieg verteidigen musste, wurde mit dem Beginn des russischen Angriffskrieges zunehmend als Bedrohung der eigenen Sicherheit wahrgenommen. Die Entscheidung, aufgrund der geopolitischen Lage zunächst ohne Schweden beizutreten, war daher nur allzu verständlich. Die Unterstützung der Ukraine, militärisch wie finanziell, war von Anfang an breiter Konsens in Politik und Gesellschaft.

 

Weitere Themen: Staatsverschuldung, Bildung und Gesundheit

Das beherrschende Thema im Wahlkampf waren die sehr hohen Staatsschulden des Landes.  Kokoomus hatte einen Plan vorgelegt, wie bis 2031 die Staatsschulden durch effiziente Haushalts- und Sparpolitik sowie durch wirtschaftliches Wachstum abgebaut werden könnten. Er beinhaltet Steuersenkungen und Erleichterungen für den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland.

Bildung und Gesundheit waren die anderen großen Themen. Die Reform der Regierung Marin hin zu einer Zentralisierung im Gesundheitswesen wird als Problem wahrgenommen, da sie zu noch längeren Wartezeiten für Patienten geführt hat und nicht ausreichend finanziert ist. Auch das über Jahre durchwegs gelobte Bildungssystem mit Pisa-Bestnoten hat Risse bekommen. Die Qualität des Unterrichts hat in den letzten Jahren gelitten, Eltern suchen nach Auswegen, um ihre Kinder nicht, wie vorgeschrieben, auf die nächstliegende Schule zu schicken, sondern auf Schulen mit gutem Ruf. Es gibt eine erstaunliche Schieflage des Anteils von Jungen und Mädchen auf Gymnasien, nur noch 35% der Schüler ab der 10. Klasse sind Jungen. Die Gründe für diese nachlassende Qualität der Schulbildung scheinen noch nicht vollständig analysiert, da es auch auf Nachfragen kaum plausible Antworten gab außer der, dass Finnland jetzt die gleichen Fehler wie Schweden mache.

Klimapolitik wird von über 60% der Wähler als wichtiges Wahlkampfthema angesehen. Die Diskussion drehte sich in den letzten Wochen um die Frage, inwieweit eine effektive Klimapolitik mit dauerhaftem Wirtschaftswachstum vereinbar sei und ob man mehr klimapolitische Instrumente benötige. Alle Parteien, auch die Grünen und die Wahren Finnen, unterstützen Atomkraft.

Als Reaktion auf hohe Energiepreise, Inflation und generell hohe Lebenshaltungskosten kam es im Februar/März zu einem von den Medien titulierten „Streikfrühling“, der alle Sparten betraf. Busfahrer streikten in Helsinki, Eisenbahner landesweit, ebenso die Logistik- und Hafenarbeiterbranche. Die staatlichen Unterstützungspakete bei den Energiepreisen wurden als unzureichend eingeschätzt. 

Am Wochenende vor den Wahlen berichteten die finnischen Medien zudem von einem Übergriff auf den jüdischen Abgeordneten Ben Zyskowicz von Kokoomus. Die Wahren Finnen hätten zwar eine Grenze zur extremen Rechten wie der rassistischen und faschistischen blauschwarzen Bewegung gezogen, ihre Forderungen nach einer Entkriminalisierung von Hetze spielten den Rechtsextremen allerdings in die Hände.

 

Mögliche Regierungsbildung in den kommenden Wochen 

Der Auftrag zur Regierungsbildung liegt nun eindeutig bei Petteri Orpo und seiner Partei Kokoomus als Wahlgewinner. Anders als in Schweden, wo Minderheitsregierungen die Regel sind, benötigt man in Finnland allerdings eine deutliche Mehrheit von mindestens 101 Mandaten. Rein rechnerisch ist dies nur möglich, wenn Kokoomus entweder mit den Wahren Finnen oder den Sozialdemokraten zusammengeht und sich eine weitere Partei für die Mehrheit sucht, beispielsweise die Christdemokraten oder die Schwedische Volkspartei. Ausgeschlossen hatte Orpo am Wahlabend weder die eine noch die andere Koalitionsvariante. Tatsächlich aber werden es keine einfachen Verhandlungen werden.  Trotz inhaltlich fehlender Schnittmengen in Schlüsselbereichen wie Europapolitik, Migration und Klima, scheint eine Koalition mit den Wahren Finnen am Tag der nach der Wahl als wahrscheinliche Alternative. Auch eine Koalition mit den Sozialdemokraten unter Sanna Marin, obwohl die Positionen gerade bei Haushaltsfragen nur schwer vereinbar sind, bleibt denkbar. Es bleibt also auch in den nächsten Wochen spannend in Finnland.

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Gabriele Baumann

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Leiterin des Projekts Nordische Länder

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