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Wahlen in Russland - mit Blick auf St. Petersburg

Am 7. Dezember 2003 fanden in Russland die Wahlen zur Staatsduma statt. Fast 110 Millionen Wahlberechtigte konnten sich zwischen 23 Parteien und Wahlblöcken entscheiden. Die Hälfte der 450 Duma-Abgeordneten wurde über Parteilisten, die andere Hälfte über Direktmandate gewählt. Die Wahl fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt, nachdem kurz zuvor bei einem Selbstmordanschlag auf einen Pendlerzug im Nordkaukasus 45 Menschen getötet und weit über 100 verletzt worden waren. Der Wahltag verlief dagegen praktisch ohne Zwischenfälle, aber am Tag nach der Wahl sprengte sich in Moskau unweit der Duma eine Selbstmordattentäterin in die Luft und riß weitere 5 Menschen mit in den Tod.

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Wahlkampf

Der Verlauf der Wahl wurde allein von 400 Beobachtern der OSZE verfolgt, Beanstandungen gab es in erster Linie im Zusammenhang mit der einseitigen Berichterstattung und der Nutzung staatlicher Ressourcen während des Wahlkampfes zugunsten der Putin-Partei "Einheitliches Russland" (Jedinaja Rossija). Negativ aufgefallen war zudem die Aufstellung von Gouverneuren und anderen Amtsträgern auf den ersten Listenplätzen der Partei, wobei doch jedem klar sein musste, dass sie ihr Mandat nie annehmen würden.

Berichte im russischen Staatsfernsehen über den Wahlkampf von "Jedinaja Rossija" hatten eindeutig Priorität, aber auch die populistische Schirinowski-Partei LDPR erhielt regelmäßig reichlich Aufmerksamkeit während der Hauptnachrichten. So wurde z.B. jeder Fernsehzuschauer eingehend darüber informiert, dass die Ehefrau Schirinowskis noch kurz vor den Wahlen ein schwärmerisches Buch über ihren Mann verfasst hatte, das gerade noch rechtzeitig in den Buchhandel kam. Eindeutig hat sich für ihn allerdings auch ausgezahlt, dass er seit Herbst letzten Jahres extrem viel in die Regionen gereist ist und dabei auch kleine Städte besucht hat, wohin sich sonst kein Wahlkämpfer verirrte. Berühmt wurden seine Aktionen auf den Hauptplätzen der Städte, wo er Bündel von 50 Rubel-Scheinen unter die Menschenmenge warf.

Der erst im Sommer diesen Jahres gegründete links-nationalistische Wahlblock "Heimat" ("Rodina"), eine Abspaltung der kommunistischen KPRF und der ebenfalls links-nationalistischen "Volkspartei" (Narodnaja Partija) machte insbesondere dadurch auf sich aufmerksam, dass sie nach der Verhaftung des Ölmilliardärs Chodorkowskij ein Vorgehen gegen alle Oligarchen und die Umverteilung ihrer Profite auf das Volk versprach. Sie sprachen im Wahlkampf vor allem die Armen und sozial Schwachen an. Im Schlepptau hatte der Spitzenkandidat Glasjew gerne Vertreter der orthodoxen Kirche sowie den ehemaligen Vorsitzenden der Russischen Christdemokratischen Partei, die sich obendrein für eine Gesundung des russischen Volkes, den Kampf gegen Drogen, die Steigerung der Geburtenrate und das Verbot von Abtreibungen aussprachen. Glasjew bezeichnet seine Partei in Interviews als "konservativ".

LDPR und "Rodina" hatten erfolgreich im Wahlkampf die drei großen Widersprüche in der russischen Gesellschaft thematisiert:

  • den Konflikt zwischen Reich und Arm,

  • zwischen Russen und Nichtrussen,

  • zwischen den Oligarchen und der übrigen Gesellschaft.
  • Einer der permanenten Slogans Schirinowskis lautete demzufolge auch: "Wir sind für die Armen, wir sind für die Russen".

    Der Wahlkampf der beiden liberalen Parteien "Union der Rechten Kräfte" (SPS) und "Jabloko" wurde im wesentlichen in Moskau vorgegeben. Wahlkampfplakate und Broschüren wurden einheitlich für ganz Russland festgelegt und gedruckt, regionale Themen wurden kaum angesprochen. Beide Parteien waren sich sicher, die 5%-Hürde zu nehmen und insbesondere der Spitzenkandidat Jawlinski von Jabloko wehrte sich vehement gegen ein Wahlbündnis der beiden demokratischen Parteien, Wahlkampf wurde daher vor allem gegeneinander geführt.

    Die Spitzenkandidatin Chakamada von SPS tauchte in ihrem St. Petersburger Wahlkreis während des Wahlkampfes nur ein einziges Mal auf. Dabei hatte sie sich den ehemaligen Wahlkreis der 1998 ermordeten Politikerin Galina Starowojtowa speziell ausgesucht und wollte ihre Nachfolge antreten. Klassische Wähler der beiden Parteien waren in der Vergangenheit große Kreise der Intelligenz und die noch dünne Schicht der Unternehmer, Gewinner der Reformen der letzten 10 Jahre.

    Ganz schwer hatte es diesmal die kommunistische KPRF im Wahlkampf, sie wurde ununterbrochen im Fernsehen attackiert, so z.B. mit dem Ex-Oligarchen Beresowski in Verbindung gebracht.

    Ergebnisse für ganz Russland

    Seit dem 19. Dezember steht nunmehr das amtliche Endergebnis fest. Die Wahlbeteiligung lag für ganz Russland bei 56%. Eindeutiger Gewinner der Wahl mit 37,40% ist die Putin-Partei Jedinaja Rossija, weit abgeschlagen folgt die KPRF als zweitstärkste Partei mit 12,65%. Verlierer ist zum einen die KPRF mit nur der Hälfte ihres Stimmenanteils im Vergleich zur Wahl 1999, zum anderen sind es die beiden liberalen Parteien Jabloko und SPS, die den Einzug ins Parlament nicht schafften.

    Der prozentuale Stimmenanteil für die wichtigsten Parteien stellt sich wie folgt dar:

    "Jedinaja Rossija"37,40%
    KPRF12,65%
    LDPR11,49%
    "Rodina"9,04%
    "Jabloko"4,32%
    SPS3,97%
    "Agrarpartei"3,7%
    "Russische Partei der Rentner"3,1%

    Gegen alle Parteien haben 4,72% der Wähler gestimmt, hierfür gab es im übrigen ein Sonderfeld auf dem Stimmzettel, was man nur anzukreuzen brauchte.

    Zusammen mit den Direktmandaten sieht die Sitzverteilung in der neuen Duma folgendermaßen aus:

    "Jedinaja Rossija"226 Sitze
    KPRF53 Sitze
    LDPR38 Sitze
    "Rodina"37 Sitze
    "Volkspartei"19 Sitze
    "Partei der Erneuerung Russlands - Russische Partei des Lebens"3 Sitze
    SPS3 Sitze
    "Jabloko"4 Sitze
    "Agrarpartei"3 Sitze
    "Großrußland - Eurasische Union"1 Sitz
    "Neuer Kurs - Automobiles Russland"1 Sitz
    Partei "Entwicklung des Unternehmertums"1 Sitze
    "Russische Partei der Rentner"1 Sitze
    Unabhängige57 Sitze

    Die Partei "Jedinaja Rossija" kann mit der Unterstützung der LDPR und "Rodina" rechnen und erreicht damit eine 2/3-Mehrheit im Parlament. Die westlich orientierte demokratische Opposition dagegen wurde marginalisiert, die Sympathien eines großen Teils der russischen Intelligenzija sind offensichtlich zu "Jedinaja Rossija", aber auch zum Block "Rodina" abgewandert.

    Der russische Wähler orientiert sich nach diesen Ergebnissen nicht mehr hin zu Parteienvielfalt und demokratischer Streitkultur, sondern klar zur Macht in Person eines allmächtigen Kreml-Chefs. Die meisten Russen finden es absolut in Ordnung, wenn der Staat bzw. der Geheimdienst mit rigiden Methoden gegen die verhassten Oligarchen vorgeht. Mit dem Wegfall von Jabloko und SPS geht ein Stück politischer Kultur in Russland verloren, der Aufbau einer Zivilgesellschaft könnte dadurch Rückschläge erfahren. Und wer fordert in Zukunft noch eine politische Friedenslösung für den Tschetschenien-Krieg?

    Landesweit und insbesondere in den traditionell europäisch orientierten Regionen um St. Petersburg könnte der Druck des Kremls auf die Liberalen zunehmen, im Nordwesten Russlands sind Jabloko und SPS nunmehr nur noch in St. Petersburg und Kaliningrad mit Fraktionen in den Gebietsparlamenten vertreten.

    Ergebnisse der Dumawahlen in St. Petersburg

    Die Wahlbeteiligung in St. Petersburg war niedriger als 1999 (54%) und erreichte insgesamt nur 43,86%. Wie in ganz Russland, so führt auch hier die Partei "Jedinaja Rossija" mit 30,71% der Stimmen. An zweiter Stelle steht der Block "Rodina" mit 13,65% in der Gunst der Wähler. Die liberalen Parteien Jabloko und SPS schafften im Unterschied zu anderen Regionen Russlands die 5%-Hürde mit je 9,05% und 9,25%. Erst an fünfter Stelle steht die KPRF mit 8,49%. Unerwartet viele Petersburger haben für die LDPR Schirinowskis gestimmt (7,81%) und nur der Bekanntheit der Spitzenkandidaten Mironow und Selesnjow in ihrer Heimatstadt ist der Wahlerfolg von immerhin 5,25% ihres Bündnisses "Partei der Erneuerung Russlands - Russische Partei des Lebens" zu verdanken. Beide Parteien wurden erst im Verlauf des Wahljahres ins Leben gerufen.

    Noch eine Besonderheit der diesjährigen Wahlen ist der Wahlerfolg der Kandidaten von "Jedinaja Rossija" in 4 von 8 Petersburger Direktwahlkreisen. Auch in Deutschland bekannte liberale Politiker und langjährige Dumaabgeordnete wie Julij Rybakow, Irina Chakamada, Grigorij Tomtschin und Igor Artemjew unterlagen hier der Partei "Jedinaja" Rossija". In einem Wahlkreis wurde die Wahl gar für ungültig erklärt, da die Mehrheit der Wähler "gegen alle" stimmte, in 3 Wahlkreisen wurden die amtierenden Abgeordneten Oxana Dmitriejewa von der an sich bedeutungslosen "Partei des Unternehmertums" (landesweit 0,3%), Sergej Popow von "Jabloko" und Petr Schelisch (derzeit bei "Jedinaja Rossija") bestätigt.

    Insgesamt gibt es in St. Petersburg noch ein Wählerpotential von annähernd 20% für liberale, demokratische Parteien. Aber das Tragische ist, dass ihnen nun die Entscheidungsträger in der Staatsduma abhanden gekommen sind. Ob und wie sie die kommende Legislaturperiode überleben werden, bleibt abzuwarten.

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    Tim B. Peters

    Tim B

    Referent Medien und Demokratie

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    erscheinungsort

    Sankt Augustin Deutschland