Eine Tendenz zu einer aktivistisch verstandenen Partizipation stellt diese längst infrage: Bewegungen wie "Fridays for Future" oder "Black Lives Matter" entfalten eine spontane Dynamik, die traditionelle Repräsentanten der Öffentlichkeit überfordert. Meist fällt ihnen wenig anderes ein, als auf diesen Wellen mitzureiten. Doch tun sich dadurch neue Spaltungen auf – etwa im Verhältnis zu „konventionellen“ Landwirten oder zu Polizisten, die sich nicht als „Müll“ beschimpfen lassen wollen.Die verallgemeinerte Partizipation schwächt die Autorität repräsentativer Instanzen und ihrer Vertreter. Aus der Defensive arbeiten sie hektisch an ihrer medialen Wirksamkeit – die ureigenen Stärken übersehend, denn ihre Lenkungsmacht erwächst gerade nicht allein aus dem Versenden von Botschaften. Ähnlich den Pressure Groups versucht man, Positionen zu „setzen“ und zu „besetzen“; es käme jedoch weit mehr darauf an, darzustellen, wie man im breiten Austausch vermittelnde Positionen „gewinnt“. Die Vorstellung einer einträchtigen Öffentlichkeit ist mehr denn je illusionär. Doch das Ideal einer „allgemeinen Willensbildung“, die Konflikte nicht übergeht und trotzdem integrierend wirkt, muss man deswegen nicht aufgeben, sondern im Gegenteil bestärken.
Inhalt
Editorial
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Editorial
Bernd Löhmann, Chefredakteur
Fotostrecke
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Chaotisch geordnetes Spielfeld
Die Bildserie „Crowded Fields“ des amerikanischen Fotografen Pelle Cass
Öffentlich - Bewegen im gemeinsamen Raum
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Jenseits des Eigenen
Über die Idee der Öffentlichkeit
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Demokratiegeneratoren?
Ein soziologischer Erklärungsversuch über Protest
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Man spricht selbst
Eine intakte Öffentlichkeit braucht den Mut zum Gespräch
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Ungeteilte Gemeinsamkeit
Das Politische in Zeiten der Post-Bildung
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Die Transparenzfalle
Die Krise der Repräsentation und der Verlust transformativer Öffentlichkeiten
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"Damit mal was los ist"
Ethnographische Erkundungen über öffentliche Orte in Dörfern Ostdeutschlands
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Meinungsdemokratisch
Brauchen wir noch Meinungseliten?
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Muster der Meinungsbildung
Öffentliche Meinung und die Ethik des Journalismus
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Digitalisierung und soziale Distanz
Körperliche Präsenz als Kern demokratischer Repräsentation
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Neue Brückenschläge?
Plädoyer für einen ehrlicheren Umgang mit Bürgerbeteiligung
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Bühne der Demokratie
Zur Bedeutung des öffentlichen Raums
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Kommunikation stärken
Über das Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Medien
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Gestaltungsbedürftig?
Öffentlichkeit und Politikvermittlung
Sprechen für andere
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Blog, Twitter oder Bierzelt?
Bundestagsmandat und Öffentlichkeit
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Markenkern Evangelium
Kirche zwischen analoger und digitaler Wirklichkeit
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Ringen um Gemeinsamkeit
Gewerkschaften im polarisierten öffentlichen Raum
Erinnert
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1920 und 2020
Teilen die Vereinten Nationen das Schicksal des vor 100 Jahren gegründeten Völkerbundes?
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Armee der Einheit
Jörg Schönbohm und die Auflösung der Nationalen Volksarmee der DDR
Gelesen
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Amerika in Nöten?
Zwei aktuelle Publikationen antworten mit "Ja, aber ..."
Dialog
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"Du bist bei Dir geblieben"
Die Psychologin Lilo Fuchs im Gespräch mit Axel Reitel über die Verhaftung und Haftzeit ihres Mannes
Literatur und Literaten
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Karussell der Preise
Literatur als Wettbewerb und der Wettstreit in der Literatur
Aus der Stiftung
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Aus der Stiftung
Publikationen und Personalia
Glasnost 2020?
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Glasnost 2020?
Foto: © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Uncredited