Asset Publisher

Urban

Event reports

"Turbulente Zeiten erfordern aktive Bürger"

Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari bei der 4. Berliner Rechtspolitischen Konferenz

„All politics is global politics“ – in seiner Rede auf der Rechtspolitischen Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung hat Friedensnobelpreisträger Marrti Ahtisaari den Abschied von alten Denkmustern in der Politik gefordert. Einfachste Entscheidungen und Themen müssten aus einem globalen Blickwinkel betrachtet werden, so der frühere finnische Staatspräsident. Dies bringe ein hohes Maß an Verantwortung für Spitzenpolitiker mit sich. „Um diese verantwortungsvollen Politiker zu bekommen, brauchen wir vor allem aktive und informierte Bürger“, so Ahtisaari.

Asset Publisher

Mit Blick auf die sinkende Beteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament schlug Ahtisaari ein Trainingsprogramm für alle europäischen Bürger vor, um sie mit der Bedeutung und den Aufgaben der Europa-Politiker vertraut zu machen. „Viele Menschen sind sich nicht des Einflusses bewusst, den die europäische Politik auf ihr tägliches Leben hat“, glaubt Ahtisaari.

Bei der Frage der „Weltregierung“ geht er von einem weiter wachsenden Einfluss der regionalen Verbände wie EU, ASEAN oder Afrikanische Union aus. Sehr skeptisch zeigte sich der 71-jährige bei der Reformfähigkeit der Vereinten Nationen. „Seit Jahren wird über eine Reform diskutiert, aber es zeigt sich nur sehr wenig Fortschritt. Die etablierten Mächte halten zu sehr an ihrem Einfluss fest.“ Statt dessen aber müssten in einem globalen „New Deal“ auch die neuen Schlüsselstaaten wie Indien einbezogen werden.

In der durch die Globalisierung zusammengewachsenen Welt macht Ahtisaari zwei große Ängste aus: Die Furcht vor dem Kampf der Kulturen ist das eine Extrem, die Furcht vor der „McDonaldisierung“ und dem verschwinden der kulturellen Identität ist das andere. Der Nobelpreisträger ist optimistisch, dass beides nicht Realität wird, und vertraut auf die integrierende Wirkung des technologischen Fortschritts und der zunehmenden Mobilität: „Immer mehr Menschen auf der Welt haben die Möglichkeit zu reisen. Das hilft, andere Kulturen kennenzulernen und zu respektieren.“

In die Verantwortung für informierte und aktive Bürger zog Ahtisaari auch die Medien mit ein. „Außenpolitische Berichterstattung wird zu oft auf Konflikte reduziert“, sagte er. Um verantwortungsvolle Entscheidungen treffen zu können, müssten die Bürger aber Zugang zu umfassenden Informationen haben. „Wir leben in turbulenten Zeiten, in denen Wachsamkeit gegenüber der Politik und dem Geschehen auf der Welt unerlässlich ist“, so Ahtisaari abschließend.

In seinem rechtspolitischen Kommentar zum Vortrag des Nobelpreisträgers bezeichnete Prof. Matthias Herdegen von der Universität Bonn die Übertragung der Währungshoheit der Nationalstaaten auf die Europäische Union als „Segnung“. Schwieriger aber sei eine echte Integration der Sicherheits- und Außenpolitik. „Dafür muss Klarheit über die zukünftige Gestalt der EU gewonnen werden“, so Prof. Herdegen. Gleichzeitig erscheine der Abgesang auf die Souveränität der Staaten reichlich verfrüht.

Asset Publisher

Rede Martti Ahtisaari Friedensnobelpreisträger 2008 download

comment-portlet

Asset Publisher

About this series

The Konrad-Adenauer-Stiftung, its educational institutions, centres and foreign offices, offer several thousand events on various subjects each year. We provide up to date and exclusive reports on selected conferences, events and symposia at www.kas.de. In addition to a summary of the contents, you can also find additional material such as pictures, speeches, videos or audio clips.

Ordering Information

erscheinungsort

Berlin Deutschland