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Reportajes internacionales

EU-Kandidat Montenegro hofft auf Termin für Beitrittsgespräche

Beinahe hätte der Streit über die Benennung eines Unterrichtsfaches in den montenegrinischen Schulen die Verabschiedung eines für die EU-Integration wichtigen Gesetzes verhindert. Mit der jetzt erfolgten Annahme der Novelle des Wahlgesetzes hat Montenegro eines der sieben von der Europäischen Kommission gestellten Kriterien für die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen abgehakt.

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Der Beitrittskandidat erhofft sich nun einen konkreten Termin, an dem die Gespräche aufgenommen werden: auch in den übrigen Bereichen gibt es Fortschritte. Dennoch darf der Reformeifer gerade beim Thema Rechtsstaat, Korruptionsbekämpfung und Medienfreiheit nicht nachlassen.

Vier Jahre lang war die Änderung des Wahlgesetzes beraten worden, bevor sie am 7. September schließlich mit 71 von 81 Stimmen im Parlament angenommen wurde. Das Wahlgesetz, das noch aus Zeiten der Bundesrepublik Jugoslawien stammt, musste an die Verfassung aus dem Jahr 2007 angepasst werden, vor allem im Hinblick auf die darin erwähnte „authentische Repräsentation“ der Minderheiten. In Zusammenarbeit mit der Venedig-Kommission des Europarates und der OSZE entwickelte eine Arbeitsgruppe des montenegrinischen Parlamentes einen tragfähigen Entwurf. Das zentrale Problem einer angemessenen Vertretung der Minderheiten wurde gelöst, indem in Zukunft eine niedrigere Mindeststimmenanzahl für die ethnischen Minderheiten (und damit entsprechend des relativen Anteils an der Gesamtbevölkerung) vorgesehen ist.

Ringen um Unterrichtsbezeichnung verzögert Wahlgesetzänderung

Erstaunt zeigte sich nicht nur die EU, sondern auch die große Mehrheit der montenegrinischen Bevölkerung darüber, dass die Oppositionsparteien die Zustimmung zur Änderung des Wahlgesetzes, die eine 2/3 Mehrheit erforderte, an eine inhaltlich davon unabhängige Forderung über die Gleichbehandlung der serbischen und montenegrinischen Sprache im Schulunterricht koppelte.

Die Unterschiede zwischen beiden Sprachen werden im Alltag nämlich nur im Phonetischen sichtbar. Für die Mehrheit der Menschen in Montenegro hat deshalb der Sprachenstreit zu keinem Zeitpunkt eine existenzielle Rolle gespielt. Es herrscht die Meinung vor, dass Lehr- und Unterrichtspläne etwas sind, was von Fachleuten diskutiert werden sollte - eine Politisierung des Bildungssystems ist von den Menschen nicht gewollt. Insbesondere zeigten die Bürger sich besorgt darüber, wie leichtfertig die historische Chance des EU-Beitritts wegen einer derartigen Nebensache verschleppt und sogar in Gefahr gebracht worden wäre.

Eigene Sprache soll nationale Identität stärken

Seit der (nur mit knapper Mehrheit der Bevölkerung unterstützten) Unabhängigkeit Montenegros von Jugoslawien, bzw. Serbien, sucht der junge Staat nach identitätsstiftenden Merkmalen, die das kleine Land von seinem historisch dominierenden „großen Bruder“ Serbien unterscheidet. Wie eng die Verbindungen zwischen Montenegrinern und Serben auch heute noch sind, zeigt ein Blick auf die widersprüchlichen Ergebnisse der Volkszählung aus diesem Jahr: 45% der Einwohner Montenegros bezeichnen sich als Montenegriner, knapp 30% als Serben. 37% sprechen aber nur nach eigenen Angaben montenegrinisch, die Mehrheit (44%) Serbisch als Muttersprache.

Innenpolitische Faktoren

Gerade aber die Oppositionsparteien, die der langjährigen Dominanz der DPS von Premier Luksic und seinem Ziehvater Djukanovic in der montenegrinischen Parteienlandschaft bis heute politisch kaum Paroli bieten können, versuchten die Ergebnisse der Volkszählung für die Stärkung ihres Profils zu nutzen. Insbesondere die Partei der serbischen Minderheit (Neue Serbische Demokratie) sieht in der Politik der Regierung Luksic in vielen Bereichen die Rechte ihrer Minderheit bedroht. Doch werden hierfür auch von Seiten westlicher Beobachter kaum Anhaltspunkte gesehen. Vielmehr werden im Alltag kaum bemerkbare Unterschiede zwischen Montenegrinern und Serben politisiert, die eher den Zusammenhalt der sich immer noch in der demokratischen Transformation befindlichen Gesellschaft belasten könnten.

Umso notwendiger war der Druck der europäischen Gemeinschaft auf die streitenden Parteien, die Annäherung an die EU-Strukturen nicht durch ein derartiges Politikum zu blockieren.

Blick nach vorne

Die Regierung in der Hauptstadt Podgorica kann sich nach der Einigung im Parlament nun auf die Umsetzung der ausstehenden Reformen konzentrieren. Es liegt insbesondere im Interesse des jungen Premiers Luksic, einen positiven Avis für sein Land zu erhalten. Denn er wurde Ende vergangenen Jahres vom langjährigen Landesvater Djukanovic im Rahmen einer Regierungsumbildung in sein Amt befördert, ohne vom Volk gewählt worden zu sein. Für Luksic ist es deshalb wichtig, seine Einsetzung durch gute Arbeit und insbesondere durch die von der großen Mehrheit der Bevölkerung ersehnten und sichtbaren Fortschritte Richtung EU zu legitimieren.

Auch wenn der „Sprachenstreit“ für alle politischen Kräfte wenig ruhmvoll verlaufen ist, gibt es weiterhin Hoffnung, dass neben dem Wahlgesetz auch die anderen begonnen Reformen und ihre Fortsetzung zu einem positiven Fortschrittsbericht am 12. Oktober beitragen. Im Einzelnen will die EU u.a. greifbare Fortschritte bei der umfassenden Reform der öffentlichen Verwaltung, der Stärkung der Rechte des Parlaments, der Verabschiedung eines westlichen Standards entsprechenden Parteiengesetzes, verbesserter Medienfreiheit und natürlich bei der Bekämpfung – und Prävention - von Korruption sehen. Die Europäische Kommission lobte bereits im Mai 2011, dass Montenegro seit Veröffentlichung des letzten Fortschrittberichts im Herbst 2010 engagiert und konstruktiv an allen Schlüsselprioritäten gearbeitet und einen guten Fortschritt auf dem Weg in die EU erzielt habe. Nach der Sommerpause hat die montenegrinische Regierung diesen Kurs fortgesetzt, etwa durch ein Abkommen mit Kroatien bei der Bekämpfung der länderübergreifenden Kriminalität oder auch durch die Stärkung der Bürgerrechte.

Bei der derzeitigen Euro- und Vertrauenskrise in der Union können keine Zugeständnisse von Seiten Brüssels erwartet werden. Vielmehr wird von Podgorica die genaue Erfüllung aller genannten Kriterien erwartet, damit die Beitrittsperspektive für Montenegro Realität wird. Für alle Akteure der montenegrinischen Politik bedeutet dies, gemeinsam und konstruktiv die verbleibenden schwierigen Reformen anzugehen, anstatt Konfrontation im Parlament zu suchen. Arbeiten Regierung und Opposition verstärkt miteinander, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die EU noch vor Jahresende ein konkretes Datum nennt, an dem die Beitrittsverhandlungen mit Montenegro eröffnet werden.

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