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Reportajes internacionales

Regierungskrise in Polen

Im Zuge der „Glückspielaffäre“ entlässt Regierungschef Donald Tusk den Vizepremier und mehrere Minister

Der polnische Premier Tusk hat am 7. Oktober seine Regierung im Zuge einer "Glücksspielaffäre" umgebildet. Mehre Minister, darunter Vizepremier und Innenminister Grzegorz Schetyna sowie enge Vertraute wurden versetzt. Die Fakten und Hintergründe schildert mit einer ersten Bewertung der beiliegende Bericht der Adenauer-Stiftung in Polen.

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In einer einstündigen Pressekonferenz am heutigen Nachmittag hat der polnische Premier Donald Tusk (52) den Rücktritt des Vizepremiers und Innenministers Grzegorz Schetyna (46), des Justizminister Andrzej Czuma (70) und des Vizewirtschaftsministers Adam Szejnfeld (50) bekannt gegeben. Alle drei sind führende Politiker der liberal-konservativen Regierungspartei „Bürgerplattform“ PO, der Tusk vorsteht.

Bereits in den vergangenen Tagen mussten der Fraktionsvorsitzende der PO, Zbigniew Chlebowski (45), sowie der Sportminister und Schatzmeister der PO, Mirosław Drzewiecki (53), von ihren Ämtern zurücktreten. Hintergrund ist der Skandal um unzulässige Einflüsse von Glücksspiellobbyisten, die versucht hatten, die Einführung einer Sondersteuer auf Glücksspiele zu verhindern. Der Chef des Zentralen Antikorruptionsbüros CBA, Mariusz Kamiński (44), von der oppositionellen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte den Fall über Medien an die Öffentlichkeit gebracht. Wenngleich der eigentliche Sachverhalt bisher noch nicht geklärt ist, was u.a. in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geschehen soll, sah Regierungschef Tusk sich zum Handeln gezwungen, weil die zentrale Grundlage für die Regierungsarbeit, das öffentliche Vertrauen in die Regierung und die führende Regierungspartei, durch den Fall angekratzt worden sei.

Grzegorz Schetyna, der zugleich Generalsekretär der PO ist und als Favorit für die Nachfolge des Premiers galt, wenn dieser die Präsidentenwahlen im nächsten Jahr gewinnen sollte, soll als Fraktionschef der PO in den Sejm zurückkehren. Dorthin sollen auch die PO-Abgeordneten und Staatssekretäre in der Premierkanzlei Paweł Graś (45), der bisher Regierungssprecher war, Sławomir Nowak (34), der politische Kabinettschef von Tusk, und Rafał Grupiński (57), zurückkehren. Tusk sagte, der Hauptkampf um die Glaubwürdigkeit der PO als Regierungspartei werde künftig im Parlament, dem polnischen Sejm, geführt. Deshalb sende er jetzt seine besten Leute aus seiner persönlichen Umgebung dorthin.

Ausdrücklich sprach er allen zurückgetretenen Politikern der PO sein persönliches Vertrauen aus. Die ihm vorgelegten Fakten belegten kein Fehlverhalten. Dennoch seien die nun getroffenen Entscheidungen notwendig gewesen, um die Regierungsarbeit nicht weiter zu belasten und die Hintergründe der Affäre in aller Konsequenz aufzuklären.

Gleichzeitig will Tusk die Abberufung des Chefs des Zentralen Korruptionsbüros CBA durchsetzen. Die Behörde war als spezielles Kampfinstrument für Recht und Ordnung in der Regierungszeit der PiS mit Unterstützung der PO 2006 gegründet worden und hatte sich durch zahlreiche öffentlich durchgeführte und medial präsentierte Verhaftungen von Prominenten einen zweifelhaften Ruf erworben, so dass nicht wenige rechtsstaatliche Regeln in Frage gestellt sahen. Andererseits trug die Behörde durch Aufdeckung von Skandalen auch zum Fall der national-populistischen Regierung Karzyński 2007 bei.

Tusk wirft CBA-Chef Kamiński ein parteipolitisch motiviertes Agieren vor, was sich für den Chef eines Geheimdienstes eigentlich verbietet. Des Weiteren wird ihm die Überschreitung seiner Kompetenzen in einer anderen Affäre um die PO-Politikerin Sawicka vorgehalten. Allerdings kann er den CBA-Chef nicht ohne weiteres entlassen, da hier zunächst der Sejm und der Präsident zu hören sind und die Prozedur der Abberufung anscheinend nicht ganz präzise geregelt ist, was zu einem weiteren Streit mit dem Präsidenten und der größten Oppositionspartei, der PiS, führen dürfte.

Zunächst hat Tusk sich und seiner Regierung jedoch durch sein energisches Durchgreifen Respekt verschafft und sich für die im nächsten Jahr anstehenden Präsidentschaftswahlen den Rücken frei gehalten. In ersten Telefonumfragen sagen über 70 % der Befragten, seine Entscheidungen seien richtig. Gleichzeitig bleiben die zurückgetretenen oder versetzten Führungspolitiker der PO weiter im politischen Spiel, was wichtig für das innere Gefüge und die Schlagkraft der Partei ist. Wer den Aufklärungsprozess der Affäre unbeschadet übersteht, kann danach wieder gestärkt in das Geschehen eingreifen. Dies gilt insbesondere für Grzegorz Schetyna, der bisher nur am Rande mit der Affäre in Zusammenhang steht.

In der nächsten Woche will Tusk, wie er angekündigt hat, nachdem der Staatspräsident die Ministerrücktritte angenommen hat die Nachfolger vorstellen. Dabei können einerseits Politiker aus der Fraktion wie etwa der Vizefraktionschef Grzegorz Dolniak (49) oder der Wojewode (Regierungspräsident) von Kleinpolen, Jerzy Miller (57) nachrücken. Dolniak war im April 2008 mit einer Delegation führender PO-Parlamentarier im Rahmen eines Dialogprogramms der Adenauer-Stiftung in Berlin. Miller steht seit Jahren in einem guten Kontakt zu Politikern aus Thüringen, der Partnerregion Kleinpolens. Anderseits wird Tusk vielleicht auf Experten außerhalb der Partei zurückgreifen. In jedem Fall scheint er gestärkt aus der Krise hervorzugehen, in der er seine moralische Autorität und Entscheidungsfähigkeit unter Beweis stellte.

(Fortsetzung folgt)

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