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Reportajes internacionales

Vor dem Referendum

de Sanija Šljivančanin, Claudia Crawford, Gordana Pilipović
Kurzbericht Mai 06, KAS Belgrad

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Es gehört zu den stetigen Themen der letzen Wochen: das Referendum in Montenegro am 21. Mai. 475 000 Wahlberechtigte haben darüber zu entscheiden, ob ihr Land, dass mit Serbien eine Staatenunion bildet, künftig ein unabhängiger Staat sein soll.

Montenegro und Serbien verbindet eine lange Geschichte. Allerdings hatte Montenegro in der Vergangenheit lange Zeit eine eigene Staatlichkeit. Auch innerhalb Jugoslawiens war Montenegro ein selbständiger Teil des Staatenbundes, wie auch Kroatien, Slowenien, Bosnien/Herzegowina, Mazedonien und Serbien. So wie diesen nach einigem Ringen das Recht auf Unabhängigkeit und Austritt aus dem Staatenverbund zuerkannt wurde, hat auch Montenegro dieses Recht. Dies ist auch ausdrücklich in den Vereinbarungen zur Staatenunion aus dem Jahre 2003 festgehalten. Dort wird Montenegro das Recht zuerkannt, nach drei Jahren zur Frage der Unabhängigkeit ein Referendum abzuhalten. Damit ist dieser Fall in keiner Weise mit der Statusfrage des Kosovo zu vergleichen.

Um das Referendum in einer für die serbische wie montenegrinische Seite akzeptablen Weise durchzuführen, wurde die EU in Person von Miroslav Laicak als Mittler eingeschaltet. Die Verfechter für den Erhalt der Union hatten nämlich mit Boykott gedroht, wenn Ihre Forderungen keinerlei Berücksichtigung fänden. Es wurde lange um die Bedingungen für ein erfolgreiches Referendum gerungen, bis man sich nach Vorschlägen der Veniskommission und Druck durch die EU auf eine Mindestbeteiligung von 50% der Wahlberechtigten und 55% Ja-Stimmen geeinigt hatte. Die montenegrinische Seite tat sich damit sehr schwer, schließlich sind 50%+1 eine Mehrheit. Andererseits wurde nicht zuletzt durch die EU argumentiert, dass die 55% im gewissen Sinne eine Kompensation darstellen: 260 000 Montenegriner, die in Serbien leben, können an dieser Abstimmung nicht teilnehmen, da sie nicht in den Wahllisten verzeichnet sind und auch an den Parlamentswahlen in Montenegro nicht teilnehmen können. Allerdings dürfte die EU darüber hinausgehende Gründe für diese Vorgaben gehabt haben. Es existiert offensichtlich kein Interesse an einer weiteren Defragmentierung der Region. So wurde dann auch anfangs gesagt, dass im Falle einer Unabhängigkeit Montenegros die Verhandlungen zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen von vorne anfangen würden. Von dieser Haltung ist die EU in der Zwischenzeit abgerückt.

Um Vertrauen zu schaffen und Garantien, dass der gesamte Prozess nach EU Standarden durchgeführt wird, zu leisten, bestanden die Unabhängigkeitsbefürworter darauf, dass der Vorsitzende der Referendumskomission ein Vertreter der EU wird, obwohl dies eine Verletzung der montenegrinischen Verfassung ist. So wurde der Slovake Frantshek Lipka Vorsitzender der Referendumskomission und hatte bisher eine harte aber gelungene Mission. Für Beobachtung der Medienkampagne wurde ein Parlamentausschuss neu gegründet womit man die Neutralität der Medien in der Kampagne erreichen will. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass kurz nach der Veröffentlichung der Referendumsvereinbarung in Podgorica ca. 50 Beobachter des OSCE und des Europarats ihre Arbeit aufgenommen haben.

Das Europathema spielt denn auch eine große Rolle in der Kampagne – interessanter Weise für beide Seiten. Dabei sind die Botschaften einfach. Die Anhänger für die Unabhängigkeit werben in Plakaten mit: „Ja – weil wir unser Land lieben.“ Dies kann man dann in unterschiedlichen Varianten in Bezug auf die Menschen, die Landschaft, die Kultur und vielem mehr immer wieder lesen. Untermalt wird diese Botschaft mit einem sehr emotional gehaltenen Song in den Radiosendern. In den Diskussionen in den elektronischen Medien, in denen die eigentliche Kampagne geführt wird, wird darüber hinaus damit argumentiert, dass man ohne Serbien viel schneller die Kriterien für einen EU Beitritt erfüllen könne. Eine Reihe sachlicher Argumente werden ebenfalls vorgetragen:

- dem eigenen Staat „Nein“ zu sagen ist eine Frage des Selbstrespektes

- Montenegro ist ein kleines System und daher wird die strukturelle Anpassung an EU Standards einfacher und schneller gehen

- Als kleiner Staat (mit knapp 650 000 Einwohnern) kann der EU Beitritt von Montenegro keine strukturelle Störungen in der EU verursachen

- Montenegro hat gute Beziehungen zu allen Nachbarstaaten und ist ein gutes Beispiel eines harmonischen, interethnischen und interkulturellen Zusammenlebens auf dem Balkan

- Bisherige Erfahrungen im Staatenbund mit Serbien zeigen, dass die politische und die wirtschaftliche Harmonisierung zwei so unterschiedlicher (schon der Größe nach) Staaten nicht möglich ist

- Zögerung der serbischen Regierung, mit dem Haager Tribunal zu kooperieren, hat negative Auswirkung auf Montenegro, wobei man von Montenegro den Prozess gar nicht beeinflussen kann

- Wirtschaftlich kann Montenegro als kleines und offenes System auf eine schnellere Entwicklung rechnen und kann sich als atraktiver Investitionsstandort bewerben

- Der Investitionsaufschwung in Montenegro im vergangenen Jahr war der größte in der Region

- die Staatsschulden pro Einwohner sind doppelt so klein wie in Serbien und daher das Kreditenrating besser

- durch den eigenen Staat können die Eizelinteressen der Bürger besser vertreten werden

Das Souverenistenlager versammelt Parteien bürgerlicher Profilierung, die Regierungsparteien DPS-Demokratische Partei der Sozialisten und SDP-Sozialdemokraten, LP-Liberale Partei und GP-Bürgerliche Partei. Breite Unterstützung hat diese Option in der intelektuellen Elite und bei jungen EU orientierten Menschen sowie in jeder montenegrinischen Minderheit (Albaner, Muslime, Kroaten) außer der serbischen. Es wird von ihrer Seite stark darauf geachtet, dass keine antiserbische und antioppositionelle Stimmung provoziert wird. Man versucht eine positive Atmosphäre aufzubauen wobei den Bürgern erklärt wird, dass auch als unabhängiger Staat Montenegro brüderliche Beziehungen zu Serbien weiter pflegen will und dass das Referendum nicht gegen Serbien gerichtet ist. Dies ist wichtig wegen der starken emotionalen Bindungen vieler Montenegriner zu Serbien. Insgesamt tun die Befürworter sich leichter mit der Kampagne, weil sie „für“ etwas kämpfen und mit einem positiven Image arbeiten.

Die Gegenseite hat es sogesehen schwerer, denn sie muss eine Antikampagne führen, was immer damit verbunden ist, das eigene Land schlechter zu machen. Auch für die „Unionisten“ ist Europa ein Thema. Von deren Seite wird versucht deutlich zu machen, dass man nur mit Serbien an der Seite das ausreichende Gewicht in die Waagschale werfen könne, dass die EU ein Interesse an ihrem Land entfalten könne. Aber auch hier sind die Hauptbotschaften einfach: wer für die Unabhängigkeit stimmt, stimmt für den Präsidenten Djukanovic. Und das könne man ja nun in keinem Fall – der Präsident gilt, vorsichtig ausgedrückt, in keinem Fall als lauter. Darauf reagierte Djukanovic mit einem mehrmals wiederholten Angebot, dass er sich aus der Politik zurückziehen wird, falls die Unionisten ihre Anhänger aufrufen, für die Unabhängigkeit zu stimmen.

Folgt man der Stimmung in Montenegro, so hat man den Eindruck, dass es eine klare Mehrheit für die Unabhängigkeit gibt. Umfragen sagen eine Mehrheit von über 56% voraus. Nur eine hohe Wahlbeteiligung könnte das Ergebnis gefährden, denn nur noch aus dem Lager der „Unionisten“ ließen sich Wähler mobilisieren.

Anders die Stimmung, Hoffnung und Erwartung in Belgrad. Dortige Umfragen sehen die Lager bei etwa 43% gleichauf. Man begegnet einem großen Unverständnis gegenüber dem Wunsch der Montenegriner. Immer wieder ist die Frage zu hören, welchen Vorteil versprechen die sich eigentlich und wovon wollen die leben.

Auch das politische Belgrad hat ein klares Interesse an einen Fortbestand der Staatenunion. So bleiben entsprechende Einflussnahmen nicht aus: mit öffentlichen Bekundungen und versteckten Drohungen. So wird gesagt, dass nach einer Unabhängigkeit die Montenegriner in Serbien wie Ausländer behandelt würden, bis hin zur Einführung eines Visa-Regiems. Selbst der Patriarch der Serbisch Orthodoxen Kirche hat einen öffentlichen Aufruf zu Gunsten der Union zwei Wochen vor dem Referendum verlautbaren lassen. Seitens des serbischen Ministerpräsidenten Kostunica ist die Entscheidung zur Aussetzung der SAA-Verhandlungen stark kritisiert worden. Diese werde Einfluss auf die Entscheidung in Montenegro haben. Die EU hätte zumindest das Referendum abwarten müssen. Indes sind die Argumente für den Erhalt der Union nicht so reichlich. Auf die Vorteile der Staatenunion hin befragt, gab der Kostunica zur Antwort, dass Integration auch der Weg der EU ist und dass es von Vorteil sei, ein Land zu haben, das von der Adria bis zur Donau reiche.

Immerhin wird auch von Belgrad eingeräumt, dass die jetzige Union nicht funktioniere. Zu unterschiedlich sind die beiden Teile und in den drei Jahren, die Serbien und Montenegro jetzt besteht, hat man sich mehr auseinander gelebt als dass man enger zusammengerückt wäre. Es exitieren zwei Währungen, zwei unabhängige Zollsysteme, die wirtschaftliche Entwicklung verläuft unterschiedlich und schließlich hat Montenegro schon einen eigenen Außenminister.

Am Ende muss, egal wie das Referendum ausgeht, neu verhandelt werden. Entweder müssen neue Vereinbarungen für das Miteinander zwei benachbarter Länder gefunden werden oder neue Spielregeln für die Union. Es mag erstaunen, dass für keine der beiden möglichen Varianten Planungen existieren. Die Begründung auf der Seite Belgrads dafür ist einfach: man will keine der beiden Varianten präjudizieren. Auf der Seite Podgorica´s heißt es, dafür sei nach dem Referendum ausreichend Zeit; allerdings gab es auf dieser Seite immer Gesprächsbereitschaft.

Die wichtigste Botschaft ist, dass Belgrad jedes Ergebnis akzeptieren wird. Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Spielregeln eingehalten werden. Deshalb ist die Begleitung durch Beobachter von außen von Bedeutung. Eigentlich spannend ist das Referendum nur für den Fall, dass die „Ja“-Stimmen zwischen 50% und 55% liegen. Ob in dem Fall für Montenegros Regierung die Spielregeln dann wirklich gelten zweifeln viele interne und internationale Beobachter an.

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