Der Anteil von Kindern (unter 14 Jahren) an allen Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität in Deutschland liegt derzeit bei 6,5 Prozent, der Anteil der Jugendlichen an Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität beträgt 15,9 Prozent. Dabei wurden im Jahr 2023 ausländische Kinder und ausländische Jugendliche dreimal so häufig der Gewaltkriminalität verdächtigt wie Kinder und Jugendliche mit deutschem Pass. Zur Gewaltkriminalität zählen beispielsweise schwere Körperverletzung, Vergewaltigung und Mord. Die Gewaltkriminalität bei Kindern unter 14 Jahren stieg von 2022 auf 2023 um 17,0 Prozent, bei Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahren um 14,4 Prozent. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) stieg der Anteil deutscher Kinder und Jugendlicher an Gewaltkriminalität von 2022 auf 2023 um 9 Prozent, der Anteil nichtdeutscher Kinder und Jugendlicher um 28,4 Prozent.
Begehen Kinder unter 14 Jahren in Deutschland schwere Gewaltdelikte – wie zum Beispiel gefährliche Körperverletzung – so ist das oft Anlass für eine öffentliche Diskussion über die Senkung des Strafmündigkeitsalters von 14 auf 12 Jahre. Argumentiert wird dabei meist mit der Annahme einer früheren Reifung von Kindern, bedingt durch gewaltverherrlichende Inhalte im Internet. Hierfür gibt es keine empirischen Belege. Jedoch zeigt alle Erfahrung, dass der Konsum gewaltvoller Darstellungen im Internet zur Retardierung der Entwicklung und zur Verrohung von Kindern führen kann, insbesondere wenn es kein stützendes familiäres Umfeld gibt.
Bereits jetzt gibt es bundesweit über 200 Einrichtungen mit „freiheitsentziehenden Maßnahmen“ der Kinder- und Jugendhilfe, in denen Kinder nachholende Erziehung, Förderung und gegebenenfalls ärztliche Behandlung erfahren.
Alternativen zur Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters sind beispielsweise: die vermehrte Einrichtung der derzeit fehlenden spezialisierten Einrichtungen für sehr junge deviante Kinder, für Kinder, die sexualisierte Straftaten begangen haben, oder für Kinder, die aus der Banden- und Clankriminalität kommen.
Als allererste Präventionsmaßnahme gilt ein Aufwachsen, in dem erwachsene Erziehende sich der mühevollen Aufgabe unterziehen, klare Grenzen zu setzen, deren Einhaltung zu kontrollieren und gegebenenfalls altersangemessene Sanktionen folgen lassen. Besonders bis zum 13. Lebensjahr reagieren Kinder sehr gut darauf, heißt es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Lesen Sie die gesamte Publikation „Früher schuldfähig? Die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters aus Sicht der Kinder- und Jugendpsychiatrie“ hier als PDF.