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Handelspolitische Einigung zwischen USA und EU ermöglicht weitere transatlantische Kooperation

de Dr. Hardy Ostry, Jan Bösche

Handelspolitische Einigung zwischen USA und EU ermöglicht weitere transatlantische Kooperation

Das Ergebnis ist ernüchternd: In letzter Minute haben sich EU und USA auf ein Handelsabkommen geeinigt, das Zölle vorsieht, die vor kurzem noch undenkbar waren. Der wichtige transatlantische Handel bezahlt den Preis für eine weitere transatlantische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen.

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Die Einigung

„Wir haben gerade einen sehr großen Deal unter­zeichnet, den größten von allen“[1] – so bewertete Donald Trump das Verhandlungsergebnis, das er mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf seinem schottischen Golfplatz erzielte. Wie groß – das ist noch unklar. In den kommenden Wochen müssen beide Seiten die Details aushandeln. Grundsätzlich gilt für Güter aus der EU künftig ein Zoll von 15 Prozent. Das ist höher als die durchschnittlichen 3,5 Prozent, die im vergangenen Jahr galten (mit großen, branchen­abhängigen Schwankungen), aber besser als die 30 Prozent, die Trump angedroht hatte, sollte es keine Einigung geben. Dafür hatte er eine Frist zum ersten August gesetzt.

Für die wichtige Autobranche galten zwischen­zeitlich 25 Prozent Zoll – auch hier sollen künftig 15 Prozent die Regel sein. Die EU wird im Gegenzug ihre Autozölle von bislang zehn Prozent streichen. Das hat auch Vorteile für deutsche Autohersteller: Von den 165.000 Fahrzeugen, die im vergangenen Jahr aus den USA in die EU exportiert wurden, stammte der überwiegende Teil aus den US-Fabriken von BMW und Mercedes-Benz. [2]

Gestrichen werden die gegenseitigen Zölle auf Flugzeuge und Flugzeugteile. Die globalen Lieferketten sind besonders anfällig für Handels­beschränkungen. Außerdem hatten beide Seiten erst im Jahr 2021 ihren langen Subventionsstreit um Airbus und Boeing beigelegt.

Keine Zölle soll es auch für Computerchips geben – das erleichtert europäische Importe, aber hilft auch dem niederländischen Unternehmen ASML, das Maschinen für die Chipproduktion herstellt und weltweit führend ist. Trotz zahlreicher Beschwerden aus den USA bleiben die europäischen Gesetze über digitale Dienste und digitale Märkte unangetastet, was als Erfolg für die EU bewertet werden kann, die damit eine wichtige Hebelfunktion in der Hand behält.

Offen sind die Zollregeln für Agrarprodukte. Auf einige Produkte könnte es einen beiderseitigen Zollverzicht geben. Gleichzeitig wird es wohl keine Aufweichung der strikteren EU-Lebensmit­telstandards für US-Produkte geben, was eine Forderung der amerikanischen Agrarlobby war.

Die Zölle für weitere Bereiche wie Stahl, Aluminium oder pharmazeutische Produkte sind weiter in der Diskussion und hängen auch davon ab, wie die Trump-Regierung diese Branchen in Zukunft behandeln will.

Als Teil des Abkommens vereinbarten Trump und von der Leyen, dass Brüssel Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar aus den USA beziehen wird - hauptsächlich Öl, Flüssiggas, aber auch Kern­brennstoffe. Geplant sind Energiekäufe von jährlich 250 Milliarden Dollar pro Jahr. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die EU ihre Energieimporte aus den USA im Vergleich zum vergangenen Jahr verdreifachen, und die USA müssten ihre gesamten weltweiten Exporte in die EU umleiten. Wie dieses Ziel also in der Praxis erfüllt werden kann, ist offen. Um diese Zahlen zu erreichen, brauche das Weiße Haus „einen guten Zauberstab“, kommentierte der LNG-Berater Richard Pratt. [3]

Versprochen sind außerdem neue Investitionen aus der EU in den USA in Höhe von 600 Milliarden Dollar. Laut EU-Kommission wurde diese Summe mit Industrieverbänden und Unter­nehmen diskutiert, da es um private Investitionen gehen soll. Europäische Unternehmen sind bereits jetzt die größten ausländischen Investoren in den USA mit einem Anteil von 64 Prozent. Ein Teil der Summe soll für Militärausrüstung ausgegeben werden – das entspricht den Plänen der europäischen NATO-Mitglieder, ihre Rüstungsausgaben zu erhöhen.

 

Reaktionen in den USA

In Europa wurde die Vereinbarung mit Erleichterung, aber auch mit heftiger Kritik aufgenommen. In den USA sieht es nicht anders aus. Die Wall Street reagierte verhalten positiv – hier war ein Handelskrieg mit dem wichtigsten Handels­partner der USA befürchtet worden, mehr Berechenbarkeit wird an der Börse honoriert. Kurzzeitige Kurszuwächse gab es für Energieunternehmen, vor allem wegen den versprochenen steigenden Energieexporten in die EU.

Die Trump-freundliche New York Post kommentierte, Präsident Trump habe das Recht, stolz zu sein.[4] Die Handelsverträge, die der Präsident abgeschlossen habe, sicherten Stabilität für die Märkte und Erleichterungen für Unternehmen: „Seine Leistungen bei der Neuausrichtung des internationalen Handels zum Vorteil Amerikas sind bereits jetzt enorm beeindruckend.“ Das ebenfalls konservative Wall Street Journal bewertete das Verhandlungsergebnis nüchterner[5]: Die versprochenen Investitionen und Geschäfte in Amerika? „Vieles davon hätte ohnehin stattgefunden.“ Außerdem beklagte die Zeitung, die Einigung vergesse wichtige Fragen für die USA wie digitale Steuern und Regularien in der EU oder strenge Lebensmittel-Vorschriften: „Herr Trump scheint diese Ziele zugunsten seiner geliebten Zölle aufgegeben zu haben, die eine Steuererhöhung für amerikanische Verbraucher und Unternehmen darstellen.“

Dieses Abkommen regelt den Handel – es geht aber um mehr, darauf wies Erik Brattberg vom Atlantic Council hin: Europa brauche die USA in der NATO und für die Ukraine-Hilfe. Deswegen sei das Handelsabkommen „eine Investition um Trump in Europa engagiert zu halten.“[6] Auch die New York Times schrieb, dass die Europäer bereits handelspolitische Vergeltungsmaßnah­men vorbereitet hatten – aber am Ende doch auf Stabilität und Berechenbarkeit gesetzt hätten, unter anderem wegen ihrer sicherheitspolitischen Interessen: „Die Vereinbarung vom Sonntag verringert die Wahrscheinlichkeit, dass Handelsspannungen diese oder andere außenpolitische Appelle an Herrn Trump erschweren.“[7]

 

Handelspolitische Neudefinition

Präsident Trump ist es in den vergangenen Monaten gelungen, die Rolle der USA im globalen Handelssystem neu zu definieren, ohne dass es bisher zu handelspolitischen Vergeltungsmaß­nahmen oder zu größeren Verwerfungen auf den Finanzmärkten gekommen ist. Bislang standen die USA für niedrige Zölle und einen globalen Handel, den sie nach dem zweiten Weltkrieg maßgeblich mit beeinflussten, für niedrigere Preise, größere Auswahl und wirtschaftlichen Einfluss. Nun stehen die USA für hohe Zölle und Zugangsbeschränkungen. Es ist aber noch unklar, ob die versprochenen Vorteile für die US-amerikanischen Verbraucher und Unternehmen wirklich eintreten werden.

Das liegt vor allem daran, dass alle bisher geschlossenen Handelsverträge so vage sind wie derjenige mit der EU. Als einziges wurde bislang das Abkommen mit Großbritannien wirklich unterzeichnet - aber auch hier fehlen Details, die weiterhin ausgehandelt werden müssen. Ähnliche Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der Zusage Japans, 550 Milliarden Dollar in den USA zu investieren. Vietnam hat noch immer nicht den US-Zollsatz bestätigt, dem das Land laut Trumps Ankündigung zugestimmt hat.

Viele andere Länder warten auf Verhandlungen oder ein Ergebnis, darunter China. Bis zuletzt offen waren auch die künftigen Zollsätze für die wichtigen Handelspartner Mexiko und Kanada, für die eigentlich ein Freihandelsabkommen gilt, das Trump in seiner ersten Amtszeit neu verhandelt hatte. Jetzt sind amerikanische Autohersteller in der prekären Lage, dass sie für Autos aus ihren eng verzahnten Fabriken in Nordamerika 25 Prozent Zoll zahlen müssen, während Importe aus Japan oder Europa mit 15 Prozent belegt werden.

Besonders die Handelsabkommen mit Europa und Japan weisen eine weitere Dimension auf: Die von Trump gefeierten Investitionen in Milliardenhöhe werden das Handelsdefizit der USA weiter erhöhen – dabei war es für Trump eine wichtige Messlatte und seine Handelspolitik darauf ausgelegt, dieses Defizit zu senken.

Die finanziellen Auswirkungen der Zollpolitik beginnen erst, sich abzuzeichnen: Die USA nehmen weit mehr Zölle ein als vorher- in Mai und Juni jeweils über 20 Milliarden Dollar mehr.[8] Die Frage ist, wer diese Kosten bezahlt, und welchen Einfluss sie auf die Inflation haben. Anhaltspunkte gibt es: So gab der Autohersteller GM an, im zweiten Quartal über eine Milliarde Dollar für Zölle ausgegeben zu haben, die er selbst schulterte. Andere Unternehmen importierten so viel wie möglich, bevor die Zölle in Kraft traten und konnten darum Preis­steigerungen vorerst vermeiden. Der Verbraucher­preisindex stieg im Juni um 2,7 Prozent, was von Analysten als Warnung für einen Inflationsanstieg gewertet wurde.

Es gibt derweil keine Garantie, dass die bereits gefundenen Handelsvereinbarungen dauerhaft Bestand haben. Präsident Trump hat immer wieder betont, wie gerne er Zölle als Werkzeug benutzt, um Druck auszuüben. Ein rechtliches Instrument hierfür ist der Trade Expansion Act, dessen Abschnitt 232 dem Präsidenten weitreichende Befugnisse gibt, Zölle oder Einfuhrmengen zu regeln. Anlass muss jedoch eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sein. In diesem Kontext prüft die Trump-Regierung eine mögliche Anwendung des Gesetzes bereits in den strategisch zentralen Bereichen seltene Erden, Stahl, Kupfer und Drohnen. Hier könnten entsprechend neue Zölle drohen, abseits der länderbezogenen Regelungen. Andere Zölle hat Trump auf Basis des International Emergency Economic Powers Acts (IEEPA) erlassen. Weil dieses Gesetz noch nie für Zölle verwendet wurde, laufen mehrere Gerichtsverfahren.

 

Interessenausgleich Handel und Sicherheit

Der Umgang mit Präsident Trump stellt besonders die Verbündeten der USA vor große Herausforderungen, wie das andauernde Ringen um die transatlantische Sicherheitskooperation, die NATO und vor allem die gemeinsame Ukraine-Politik zeigen. Trump hat immer wieder deutlich gemacht, dass Handelspolitik nicht isoliert zu betrachten, sondern enger Bestandteil seiner nationalen Sicherheits- und Interessenpolitik sei. So war der Fentanyl-Schmuggel in die USA eine zentrale Begründung, Mexiko und Kanada mit Zöllen zu belegen, trotz eines gültigen Freihandelsabkom­mens. Brasilien muss sich auf Zölle in Höhe von 50 Prozent einstellen – dahingehende Befürchtungen leiten sich ab aus der mehrfach geäußerten Kritik Trumps am laufenden Prozess gegen den früheren brasilianischen Staatspräsidenten Jair Bolsonaro.
EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič sagte, es gehe um mehr als Handel, „es geht um Sicherheit, es geht um die Ukraine, es geht um die aktuelle geopolitische Volatilität.“[9] Damit beschreibt er die politische Realität im Umgang mit Präsident Trump: Es geht nicht um langfristige Partnerschaften, wertebasierte Beziehungen, komplexe Interessen. Es geht um den Deal, darum, die empfundene Zurücksetzung der USA zu überwinden und amerikanische Interessen – so wie sie von Donald Trump definiert werden – zu priorisieren. Solange die Europäer darauf angewiesen sind, dass sich die USA in der gemeinsamen Sicherheits­architek­tur engagieren, müssen sie entsprechende Zugeständnisse an den US-Präsidenten machen. Das Handelsabkommen ist dabei nur ein Baustein von vielen.

 

 


 

[1] https://apnews.com/article/trump-tariffs-europe-eu-trade-win-b702e8a29505f700a7462078d4d4535d

[2] https://subscriber.politicopro.com/article/2025/07/eu-to-lower-car-tariffs-to-zero-percent-in-trade-deal-00479751

[3]https://subscriber.politicopro.com/article/2025/07/white-house-trade-deal-with-europe-runs-into-energy-market-realities-00480027

[4] https://nypost.com/2025/07/27/opinion/the-eu-trade-agreement-with-its-favorable-terms-for-us-proves-trumps-a-great-dealmaker/

[5] https://www.wsj.com/opinion/trump-and-the-eu-dodge-a-trade-war-tariffs-policy-economy-0064e989?mod=hp_opin_pos_2

[6] https://www.atlanticcouncil.org/content-series/fastthinking/how-big-a-deal-is-the-new-us-eu-trade-announcement/

[7]https://www.nytimes.com/2025/07/28/world/europe/europe-trade-deal-trump.html

[8] https://www.axios.com/2025/07/28/tariff-revenue-investors-automakers

[9] https://www.politico.eu/article/eu-trade-deal-donald-trump-tariffs-us-ursula-von-der-leyen-maros-sefcovic-imports-lobby/

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Contacto Dr. Hardy Ostry
Dr. Hardy Ostry
Leiter des Auslandsbüros Washington, D.C.
hardy.ostry@kas.de

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Sobre esta serie

La Fundación Konrad Adenauer está representada con oficina propia en unos 70 países en cinco continentes . Los empleados del extranjero pueden informar in situ de primera mano sobre acontecimientos actuales y desarrollos a largo plazo en su país de emplazamiento. En los "informes de países", ellos ofrecen de forma exclusiva a los usuarios de la página web de la fundación Konrad Adenauer análisis, informaciones de trasfondo y evaluaciones.