In der ersten Phase des Projekts, bis Ende 2021, stand die Analyse der Indo-Pazifik-Strategien einzelner europäischer Staaten sowie der Europäischen Union im Mittelpunkt. Ziel war es, die jeweiligen Schwerpunkte und Zielsetzungen herauszuarbeiten. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere die EU-Strategie versuchte, eine neue Grundlage in der internationalen Politik zu schaffen. Zum ersten Mal stellte die EU den Anspruch, sich in einem zentralen geopolitischen Raum ein eigenständiges außenpolitisches Profil zu geben jenseits der partikularen Interessen ihrer Mitgliedstaaten und jenseits der zunehmenden Polarisierung zwischen den USA und der Volksrepublik China. Gleichzeitig zeigte sich, dass auch Deutschland, Frankreich und die Niederlande, die bis Ende 2021 jeweils eigene Strategien vorgelegt hatten, nicht bloß ihren bisherigen außenpolitischen Linien folgten, sondern ebenfalls neue Akzente setzten.
EU’s and its Members’ Cooperation Strategy in the Indo-Pacific Region Perception of Important Actors
In der zweiten Phase des Projekts, bis Ende 2022, lag der Fokus auf den Reaktionen wichtiger Akteure im Indo-Pazifik und auf den Einschätzungen maßgeblicher Expertinnen und Experten. Grundlage bildete ein umfangreicher Projektbericht, der teilweise online von der KAS veröffentlicht wurde. Die daraus hervorgegangenen Beiträge beleuchten die EU-Indo-Pazifik-Initiative aus der Perspektive der USA, Japans, Südkoreas, Chinas, Indiens, der ASEAN, Indonesiens, Thailands und Australiens.
Aus den Auswertungen lassen sich vier zentrale Beobachtungen ableiten, die zudem durch neue Entwicklungen im Jahr 2022, insbesondere durch den Ukrainekrieg, geprägt wurden:
- Es wird auf erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen internationalen Ordnung hingewiesen.
- Viele Staaten betonen ihren Widerstand dagegen, in die neue globale Polarisierung zwischen den USA und China hineingezogen zu werden.
- Es besteht ein breiter Konsens, dass eine erneute Vertiefung des europäisch-amerikanischen Bündnisses und dessen Ausweitung auf den Indo-Pazifik die Spannungen mit China und seinen Verbündeten eher verstärken wird – etwas, das in der Region wenig Anklang findet.
- Gleichzeitig gilt als wahrscheinlich, dass die weit verbreitete Zurückhaltung, in den Ukrainekonflikt einbezogen zu werden, bestehen bleibt, sofern sich die internationale Lage nicht drastisch verschärft.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich der Kontext der europäischen Indo-Pazifik-Initiative vor allem für die EU und einzelne europäische Staaten verändert hat nicht jedoch für die Staaten des Indo-Pazifik, deren grundlegende Haltung weitgehend stabil geblieben ist.
In Phase 3 zeigt sich weiterhin ein grundsätzlich positiver Blick der beteiligten Autorinnen und Autoren auf die EU-Initiative. Zugleich gehen die Meinungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung auseinander. Diskutiert wird zum Beispiel, ob die EU ihr Engagement im Indo-Pazifik oder in bestimmten Subregionen wie dem Indischen Ozean oder ASEAN aufgrund deren strategischer Bedeutung verstärken wird. Ebenso steht die Möglichkeit im Raum, dass sich die EU angesichts begrenzter Ressourcen stärker auf Herausforderungen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft insbesondere Russland, den Nahen Osten oder Afrika konzentrieren muss.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die EU ihre charakteristische Verbindung von außenwirtschaftlicher Politik und wertegeleiteter Außenpolitik fortsetzt oder ob sich eine stärker realistisch orientierte außenpolitische Linie herausbildet.
Die vollständigen Forschungsergebnisse der dritten Projektphase stehen zum Download bereit.