Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 16. Dezember 2021 den Gesetzgeber verpflichtet, Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit Behinderung für den Fall einer pandemiebedingt auftretenden Triage zu treffen.
Unter Triage ist die Auswahlentscheidung zu verstehen, die von ärztlicher Seite getroffen werden muss, wenn im Falle erschöpfter Intensivkapazitäten nicht mehr alle Patientinnen und Patienten ausreichend versorgt werden können. Nach den beiden Entscheidungen zur Bundesnotbremse vom November 2021 erschien damit der dritte Beschluss, in dem sich das höchste deutsche Gericht zu Fragestellungen rund um die Corona-Thematik äußerte.
Wie ist die Entscheidung des Gerichts zu bewerten? Welche Auswahlkriterien könnten Eingang in das Gesetz finden? Und: Bietet das Gesetz für die Praxis einen tatsächlichen Mehrwert? Im Gespräch mit Prof. Dr. Steffen Augsberg, Inhaber der Professur für Öffentliches Recht an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitglied des Deutschen Ethikrates, soll diesen und weiteren Fragen auf den Grund gegangen und der Beschluss auf seine konkreten Aussagen hin untersucht werden.
Der Beschluss sei zu begrüßen, soweit er Aufmerksamkeit auf versteckte Diskriminierungen von und Fehlvorstellungen über Menschen mit Behinderung lenke, so Augsberg. Er beinhalte aber Defizite mit Blick auf seine Begründung wie Folgenorientierung, die sich in der mittlerweile vorliegenden „Formulierungshilfe“ zu einem entsprechenden Gesetz fortsetzten. Sorge bereite zudem die fehlende Konsistenz in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
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