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Reportajes internacionales

Schulden trotz Rohstoffreichtum

Die Staatsfinanzen der Mongolei

Das dünnbesiedelte Land zwischen China und Russland ist eines der rohstoffreichsten Länder der Welt und doch steht die Mongolei vor ernsten finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Finanzminister, B. Choijilsuren, äußerte sich im September 2016 ausführlich zur schwierigen finanziellen Situation seines Landes: der Staat sei zurzeit kaum in der Lage die Regierungsgehälter oder die Betriebskosten der Regierungsgebäude zu bezahlen.

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Von Dr. Daniel Schmücking und Isabell Köller

In dieser schwierigen Situation gibt der nachfolgende Länderbericht einen Überblick über die aktuelle finanzielle Situation der Mongolei. Zudem wird dargestellt, wie es zum Status Quo kam und welche Lösungsansätze derzeit in Regierungskreisen diskutiert werden.

Aktueller Zustand des mongolischen Staatshaushalts

Nach Hochrechnungen der mongolischen Regierung vom September 2016 werden sich die Staatsschulden am Ende dieses Jahres auf 23,5 Milliarden USD belaufen. Das sind 6,2 Milliarden USD mehr als ursprünglich erwartet. Sieht man diese Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), ist dies eine Belastung des jährlichen BIP von bis zu 200 Prozent.

Auch die Wachstumserwartungen der Mongolei bereiten der Regierung Sorgen. Im Jahr 2011 brachten ausländische Investoren einen Rekordwert von 4,6 Milliarden USD in das Land und das Wirtschaftswachstum lag bei über 17 Prozent. Die diesjährige Wachstumserwartung liegt bei knapp 1,3 Prozent und im ersten halben Jahr 2016 wurden nur etwa 35 Millionen USD in die mongolische Wirtschaft investiert.

Durch die hohen Schulden und die ausgebliebenen Investitionen im Jahr 2016 liegt das jährliche Haushaltsdefizit bei ca. 905 Millionen USD. Eine extrem hohe Summe, wenn man dies mit dem gesamten Jahreshaushalt der Mongolei vergleicht, der sich auf 3 Milliarden USD beläuft. Auch die internationalen Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s reagierten auf die finanzielle Lage des Landes. Sie setzten die Kreditwürdigkeit des Staates herab und wiesen darauf hin, dass das Haushaltsdefizit deutlich höher sei, als bislang angenommen.

Durch die Folgen der schwachen Wirtschaftsleistung und der hohen Verschuldung leidet auch die mongolische Währung (MNT) massiv. Vom Anfang des Jahres bis November 2016 hat die Währung bereits 19 Prozent an Wert verloren und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Um die Währung zu schützen, erhöhte die Zentralbank den Leitzins um weitere 4,5 Prozent auf nun insgesamt 15 Prozent. Der hohe Leitzins erschwert zusätzlich die wirtschaftliche Erholung.

Hinzu kommt, dass der Vorrat an ausländischen Devisen immer kleiner wird. Nach Angaben des Magazins Mongolian Economy besaß die Mongolei im Juni 2016 nur noch Reserven von 1,2 Milliarden USD. Das entspricht einem Warenimport von nur 3 Monaten. Wenn man dies mit den Zahlen aus dem Jahr 2011 vergleicht, sind die Reserven in den letzten vier Jahren um 2,9 Milliarden USD gesunken.

Die mongolische Regierung wird noch vor weitere große Herausforderungen gestellt. Zum einen muss die staatliche Entwicklungsbank der Mongolei im März 2017 einen internationalen Kredit von ca. 580 Millionen USD zurückzahlen, zum anderen verkaufte der mongolische Staat im Jahr 2012 Staatsanleihen im Wert von 1,5 Milliarden USD. Die erste Rate des sogenannten Chinggis Bond wird im Januar 2018 fällig und beläuft sich auf 500 Millionen USD. Im Jahr 2022 muss eine Milliarde USD zurückgezahlt werden. Die Rückzahlung dieser Kredite wird die finanzielle Lage des Landes erneut verschlechtern und die Aufnahme von neuen Darlehen weiter erschweren. Die bereits erwähnte Inflation der mongolischen Währung und der schlechte Wechselkurs zum amerikanischen Dollar machen die Situation noch komplizierter, da die Schulden in USD beglichen werden müssen.

Wie konnte es soweit kommen?

Die Ursachen sind vielschichtig. Einen großen Beitrag leistete aber das nicht nachhaltige Finanzmanagement des mongolischen Staats. Es fehlten Kapazitäten im Haushaltssektor: externe Finanzexperten konnten bspw. nicht beraten. Darüber hinaus haben auch private wirtschaftliche Interessen der Entscheidungsträger einen Einfluss auf die Staatshaushalte. Aus diesem Grund wurden sehr optimistische Vorhersagen über den Staatshaushalt gemacht. Im Durchschnitt waren deshalb die realen Ausgaben 20 Prozent höher als die Einnahmen. Zudem wurde nicht berücksichtigt, inwieweit die Exporteinnahmen des Landes fallen oder steigen.

Des Weiteren sind die Entwicklungsbank und die mongolische Zentralbank keine politisch unabhängigen Organisationen. Die Geschäftsführung der Zentralbank wird durch die Mehrheit im Parlament gewählt, wenn ein Regierungswechsel vollzogen wird, werden auch Änderungen in den Führungspositionen vorgenommen. Ähnlich ist es auch bei der Entwicklungsbank. Die Aktivitäten des Geldinstitutes werden durch die Regierung und das Parlament gesteuert. Deswegen fehlen dem Staat wichtige unabhängige Finanzinstitute.

Das Land besitzt zwar viele wertvolle Rohstoffe, wie z.B. Gold, Kupfer, Kohle und Uran, durch die eine vielversprechende Entwicklung gesichert sein könnte. Jedoch konnte die

Mongolei besonders in den Großprojekten, wie in der Kohlemine Tawan Tolgoi und in der Kupfer- und Goldmine Oyu Tolgoi, keine einheitliche und kontinuierliche Wirtschaftspolitik im Rohstoffsektor durchsetzen. Am Beispiel von Tawan Tolgoi kann man dies besonders deutlich erkennen. Die Mine zählt zu den größten Kohlelagerstätten der Welt und ist wirtschaftlich enorm wichtig für die Mongolei und ihre Bevölkerung. Um den Ausbau der Mine voranzutreiben, mussten ausländische Investoren gesucht werden. Allerdings konnten die gefundenen Investoren ihre Arbeit nicht aufnehmen, da sich die Regierung kurz vor der Unterzeichnung der Verträge, gegen die Zusammenarbeit aussprach. Seitdem liegt der Ausbau der Mine auf Eis, obwohl dies mehr als notwendig wäre, um den angeschlagenen Staatsfinanzen wieder auf die Beine zu helfen.

Zudem wird die Instabilität der mongolischen Wirtschaft durch die Abhängigkeit von den weltweiten Rohstoffpreisen gefördert. Seit Beginn der Rohstoffkrise im Jahr 2013 ist die Mongolei eines der am schlimmsten betroffenen Länder. Während der Rohstoffmarkt boomte, finanzierte sich die mongolische Volkswirtschaft hauptsächlich über sehr hohe Auslandskredite. Bezifferten sich die Schulden 2010 auf insgesamt 5,9 Milliarden USD, sind sie heute viermal so hoch. Diese Kredite, die damals aufgenommen wurden, um das Wachstum zu finanzieren, müssen jetzt zurückgezahlt werden. Durch die niedrigen Rohstoffpreise ist jedoch kein Geld für die Rückzahlung der Kredite vorhanden. Hinzu kommt, dass auch die Wirtschaft des Nachbarn China schwächelt, die der Mongolei 90 Prozent seiner Exporte abnimmt.

Wie kann es weitergehen?

Um einen Staatsbankrott der Mongolei doch noch verhindern zu können, müssen neue Geldgeber gefunden werden, mit deren Hilfe das Land seine internationalen Schulden in den kommenden Jahren begleichen kann.

Doch diese Suche erweist sich als Herausforderung. Einige Länder, wie z.B. Russland und Indien, die ein strategisches Interesse an der Mongolei haben, fallen aus unterschiedlichen Gründen als Kreditgeber aus. Russland befindet sich zurzeit ebenfalls in einer schweren wirtschaftlichen Lage, da das Land auch von der Rohstoffkrise betroffen ist und zusätzlich unter den Wirtschaftssanktionen leidet. Der indische Premierminister Modi versprach auf einem Staatsbesuch im Jahr 2015 der Mongolei bereits einen Kredit von einer Milliarde USD. Diese finanzielle Unterstützung sollte dem Land helfen, trotz großer Haushaltsdefizite die Wirtschaftskapazität zu erhöhen und die Infrastruktur zu verbessern. Das Darlehen muss nach acht Jahren zurückgezahlt werden, mit einem Zinssatz von 1,5 Prozent. Aus diesem Grund kann die Mongolei mit keinem weiteren Kredit aus Indien rechnen.

Somit sind die Möglichkeiten der mongolischen Regierung begrenzt. Es gibt im Grunde nur zwei mögliche Kreditgeber. Zum einen den Internationalen Währungsfond (IWF) und zum anderen China.

Bereits in der Wirtschaftskrise 2009 bat die Mongolei den IWF um finanzielle Unterstützung und bekam 232 Millionen USD. Diesen Kredit konnte das Land, dank der boomenden Rohstoffpreise, in den letzten Jahren bereits zurückzahlen. In der derzeitigen Finanzsituation muss die Regierung sich wieder mit der Frage auseinander setzten, ob sie den IWF erneut um Hilfe bittet und das Hilfsprogramm IMF’s Stand-By Arrangement (SBA) in Anspruch nimmt.

Nach nicht offiziell bestätigten Angaben plant die Regierung einen Kredit über 1,5 Milliarden USD beim IWF zu beantragen. Der Kredit würde über zwei Jahre laufen und wäre an strenge Kriterien und Bedingungen geknüpft, wie z.B. deutliche Kürzungen der Staatsausgaben und Auflagen zur Erhöhung der Staatseinnahmen. Allerdings würde dieses Darlehen möglicherweise ausländische Investoren beruhigen, das Vertrauen der Anleger stärken und der Kredit könnte der mongolischen Wirtschaft deutlich mehr Luft verschaffen.

Es gibt aber auch Stimmen in der mongolischen Regierung, die China als Kreditgeber der Mongolei bevorzugen. Denn das Land wäre bereit, dem nördlichen Nachbarn vier Milliarden USD zu einem Zinssatz von 2 Prozent auf 20 Jahre zu gewährleisten. Mit Hilfe der Chinesen könnten die Mongolen versuchen, die strengen Auflagen des IWFs zu umgehen und so einfacher und günstiger an Geld zu gelangen. Die Auflagen der chinesischen Seite dürften weniger streng sein, allerdings würde die ohnehin schon hohe wirtschaftliche Abhängigkeit weiter steigen und somit auch der politische Einfluss zunehmen.

Noch hat sich die mongolische Regierung für keinen der möglichen Kreditgeber entschieden, denn weder der IWF noch China bieten der Mongolei eine optimale Lösung für ihr Dilemma. Dennoch steht eine Entscheidung kurz bevor und muss bis Ende 2016 oder zu Beginn 2017 gefällt werden. Durch den Besuch des Dalai Lama im November 2016 deuten einige Indizien darauf hin, dass China das Interesse an der Rolle als Geldgeber verliert. Die chinesische Regierung kritisierte den Besuch scharf und verschob bereits angesetzte Termine zur Verhandlung der Kreditlinie auf unbestimmte Zeit. Das Ob und Wie einer kurzfristigen Lösung bleibt deshalb weiter ungewiss.

Die im Juli neugewählte Regierung muss aber auch langfristige Lösungsansätze diskutieren. Der Finanzminister, B. Choijilsuren, machte mit der Veröffentlichung über die aktuelle Situation den ersten Schritt. Denn um die finanzielle Lage des Landes dauerhaft zu verbessern, darf man sich nicht mehr hinter verschönerten Prognosen verstecken. Transparenz ist der erste Schritt, um das Haushaltsbudget, die Zahlungsbalance und die Staatsverschuldung wieder in den Griff zu bekommen.

Um diesen Themen gerecht zu werden, kündigte die Regierung bereits an, Staatsausgaben einzusparen, die Verbrauchs- und Einkommenssteuer zu erhöhen und Sozialausgaben zu kürzen. Um die Staatsausgaben zu verringern, stoppte die Regierung bereits die monatlichen Stipendien für die Studenten. Des Weiteren wurde angedacht Gehälter von hochrangingen Beamten um 30 Prozent zu kürzen und 20.000 Beamte aus dem Staatsdienst zu entlassen.

Neben den Kürzungen sollen aber auch Wege gefunden werden die Staatseinnahmen zu erhöhen. Aus diesem Grund wurde angekündigt sechs staatliche Unternehmen zu privatisieren, darunter sind z.B. die Mongolische Post und die Mongolische Börse. Zudem hat sich die neu gewählte Regierung zum Ziel gesetzt, stillgelegte Infrastruktur- und Bergbauprojekte wieder zu mobilisieren, um die Entwicklung des Landes voranzutreiben. Zu diesen Projekten gehört auch, die bereits erwähnte, Kohlelagerstätte Tawan Tolgoi. Die Regierung möchte die Gespräche mit den Investoren wieder aufnehmen, damit die im letzten Jahr geplanten Ausbaupläne doch noch realisiert werden. Die Pläne beinhalten eine Erweiterung des Eisenbahnnetzes um ca. 240 Kilometer, diese soll von der Mine bis zur chinesischen Grenze reichen, um den Abtransport der Rohstoffe zu beschleunigen. Außerdem wurde geplant, die Energie- und Wasserversorgung der Mine weiter auszubauen.

Der Bergbausektor ist zwar die bedeutendste Einnahmequelle, weshalb die weitere Entwicklung des Sektors sehr wichtig ist. Angesichts der damit verbundenen Abhängigkeit von den globalen Rohstoffpreisen, wäre eine Diversifizierung der Wirtschaft notwendig. Dementsprechend äußerte sich die Regierung bereits dazu, auch die Landwirtschaft und den Manufakturbereich zu unterstützen und auszubauen.

Darüber hinaus soll in den kommenden Wochen darüber entschieden werden, mit welchen Maßnahmen die Inflation der mongolischen Währung gestoppt werden kann. Teil dieser Diskussion ist die Frage inwieweit es Beschränkungen über den Verkauf und Kauf von USD geben wird, um die heimische Währung weiter zu schützen.

Fazit

Die aktuelle Situation ist schwierig. Nicht nur, dass die aktuellen Haushaltszahlen wenig vielversprechend sind, auch die in den kommenden Jahren zurückzuzahlenden Darlehen sind eine kaum zu überwindende Herausforderung für den Staat. Vieles wird davon abhängen, ob es eine kurzfristige Lösung gibt oder das Land den beschwerlichen Weg des Staatsbankrotts gehen muss.

Die langfristigen Aussichten sind aber vielversprechend. Die Weltbank geht zwar davon aus, dass die Rohstoffkrise noch weitere zwei bis drei Jahre andauert. Aber wenn die geplanten Ausbauten um die Kohlelagerstätte Twan Tolgoi und um die Kuper- und Goldmine Oyu Tolgoi tatsächlich realisiert werden, dann wird der mongolischen Wirtschaft 2018 ein Wachstum um 7 Prozent und 2019 sogar im zweistelligen Bereich des BIP vorhergesagt. Allerdings benötigt die Mongolei dafür ein funktionierendes und stabiles wirtschaftspolitisches Management.

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Auslandsbüro Mongolei

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