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Reportajes internacionales

Neuer Präsident mit absoluter Mehrheit

Senegal hat große Erwartungen an Bassirou Diomaye Faye

Mit einem Monat Verspätung wählte Senegal am Sonntag, den 24.03.2024, den fünften Präsidenten seit der Unabhängigkeit. Eine schwere innenpolitische Krise hatte das Land über Wochen in Atem gehalten. Auslöser waren die Verschiebung des ursprünglichen Wahltermins durch den Präsidenten sowie Korruptionsvorwürfe gegen führende Repräsentanten der Republik. Die Zivilgesellschaft ging auf die Straße. Der Verfassungsrat erklärte die Verschiebung der Wahlen für nichtig und stellte die Konformität des Wahlverfahrens wieder her. Mit der jetzigen klaren Entscheidung im ersten Wahlgang scheint sogar eine Machtübergabe zum Ende der regulären Amtszeit des am 02.04.2024 scheidenden Präsidenten Macky Sall möglich.

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Die Bevölkerung Senegals verfolgte mit Spannung den knapp 12 Tage dauernden, turbulenten Wahlkampf der 19 Kandidaten[1]. Bis auf ein paar Handgemenge zwischen Anhängern rivalisierender Lager sind die Kampagnen insgesamt friedlich verlaufen. Auch der Wahltag selbst am vergangenen Sonntag verlief friedlich[2]. Alleine EU, ECOWAS und die Afrikanische Union hatten 889 Beobachter[3] entsandt; 1568 weitere Beobachter wurden von nationalen Organisationen gestellt. Von den etwa 7,3 Mio Wählern gingen rund 60% zu den Urnen.

Neuer Präsident des Senegal wird Bassirou Diomaye Faye. Er ist der bisher jüngste Präsident des Landes[4]. Er war der große Favorit dieser Wahl und konnte nach vorläufigen Zahlen 57 % aller Wählerstimmen auf sich vereinigen. Amadou Ba, der Kandidat der Regierungskoalition und bis vor kurzem Premierminister des Landes, konnte hingegen nur etwa 31 % der Stimmen für sich verbuchen. Khalifa Sall kam auf 3 %, Mamadou Dia auf 2,6 %. Alle anderen 15 Kandidaten bekamen jeweils weniger als 1 %[5].

Mit diesem Wahlergebnis ist ein Traum vor allem der Jugend wahr geworden. Einem Mann aus dem Volk, ohne die möglicherweise belastende Vita eines erfahrenen Politikers, werden die Geschicke des Landes für die nächsten fünf Jahre anvertraut. Damit verbunden sind große Emotionen und eine immense Erwartungshaltung seitens der Bevölkerung. Der 44-jährige ehemalige Generalsekretär der 2023 nach gewaltsamen Ausschreitungen verbotenen Partei PASTEF war von Ousmane Sonko (Parteiführer) als Kandidat ernannt worden. Sonko selbst konnte aufgrund verschiedener Verurteilungen nicht antreten und saß zwischenzeitlich gemeinsam mit Faye[6] in Untersuchungshaft; letzterer war der politischen Diffamierung angeklagt. Durch ein von der Regierung überraschend eingereichtes und von der Mehrheit im Parlament angenommenes Amnestiegesetzes für Straftaten im Kontext der politischen Auseinandersetzungen zwischen 2023 und 2024 kamen beide Männer am 14.03.24 frei und stellten sich einem verkürzten Wahlkampf für Faye, was eine Zeitung zu folgender Überschrift veranlasste: „Vom Gefängnis in den Regierungspalast“[7]. Insbesondere die Jugend bereitete dem Kandidaten Faye und seinem Schatten Sonko in verschiedenen Regionen des Landes einen jubelnden Empfang. Dabei ist anzumerken, dass es der Kampagnenleitung der Bewegung „DiomayePrésident“ erfolgreich gelang, alle medialen Register zu ziehen: sie beherrschten die sozialen Medien wie niemand anderes und nutzen sehr geschickt die Narrative ihres Programms.

Fayes Programm steht für eine Ablösung des Establishments. Es geht um, wie sie es nennen, „Rehabilitierung der Institutionen“ mit dem Ziel, den „Hyperpräsidialismus“ einzudämmern. Dem Umbau der Wirtschaft zu mehr sozialer Inklusion, gerechter Verteilung und vor allem Unabhängigkeit z.B. im Ernährungssektor, soll anscheinend große Priorität zugeschrieben werden. Pläne für eine Währungsreform[8] wurden während der Kampagne aufgrund massiver Kritik von senegalesischen Finanzexperten erst einmal zurückgenommen. Faye strebt wohl eine Neuverhandlung internationaler Verträge an, wie beispielsweise der Erdöl- und Gasverträge, deren Einnahmen ab diesem Jahr erwartet werden. Allerdings dürfte das schwierig werden, denn zahlreiche nationale und internationale Partner sind bereits Verpflichtungen eingegangen und haben Investitionen für Erschließungsarbeiten getätigt. Eine Reform des Bildungssektors soll nach dem Wahlprogramm ebenfalls angestrebt werden, um vor allem die grassierende Jugendarbeitslosigkeit im Land zu bekämpfen. Dies war eines der prominentesten Wahlversprechen Fayes. Nach der Wahl wird die Vision nun aber erst einmal auf die politische Realität treffen, denn um all diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, bräuchte es umfangreiche und langwierige Reformen und massive Investitionen in den Bildungssektor und die Berufsausbildung – Veränderungen, die sich nicht über Nacht umsetzen lassen.

Die offiziellen Ergebnisse werden gegen Ende der Woche erwartet. Es wird eine Weile dauern, bis Faye sein neues Kabinett aufgestellt hat; aufgrund seiner politischen Unerfahrenheit wird er gute Berater benötigen. Hier könnte eine besondere Frau eine wichtige Rolle spielen: Aminata Touré hatte sich nach den letzten Parlamentswahlen 2022 enttäuscht aus der Regierungskoalition zurückgezogen. Sie gilt mittlerweile als Unterstützerin Fayes, ist eine Kennerin des Establishments und blickt auf eine lange politische Karriere zurück. Mit der Auflösung des Parlaments ist zu rechnen, damit die neue Regierung die Mehrheiten zu ihren Gunsten verändern kann.

Für die internationale Gemeinschaft ändert sich erst einmal nichts. Sie wird beobachten müssen, welche Teile des Kampagnenprogramms es tatsächlich in das Regierungsprogramm schaffen. Allerdings müssen sich etablierte Partner wie Frankreich auf mehr Konkurrenz einstellen, zu der u.a. sicherlich auch Russland gehören wird. Moskaus Angebote werden allerdings genauso kritisch beäugt werden wie die anderer potentieller Partner. Die bisherige Regierung war sich der Gefährdung durch Desinformation sehr bewusst und es ist davon auszugehen, dass die Sicherheitskräfte dies auch der neuen Regierung mit an die Hand geben werden. Andere Partner wie die Golfstaaten, die Türkei, China, Indien und Marokko machen schon lange Geschäfte mit Senegal. Deutschland waren bislang Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung im Land ein großes Anliegen und die daraufhin ausgerichtete Zusammenarbeit wird weiter fortgeführt werden, sofern Senegal daran interessiert ist.

Vor allem die Zivilgesellschaft geht gestärkt aus diesen Wahlen und der vorangegangen Krise hervor. Dem durch sie ausgeübten Druck (neben dem Funktionieren der demokratischen Strukturen – insbesondere der Justiz) ist es zu verdanken, dass die Wahlen noch vor Mandatsende von Macky Sall abgehalten werden konnten. Sie ist hellwach und selbstbewusst. Es ist ihr zu wünschen, dass sie auch die neue Regierung im Auge behalten wird.

 

[1] https://fr.wikipedia.org/wiki/%C3%89lection_pr%C3%A9sidentielle_s%C3%A9n%C3%A9galaise_de_2024

[2] https://www.senenews.com/actualites/presidentielle-le-nombre-impressionnant-dobservateurs-accredites-pour-le-vote-de-demain_488790.html

[3] https://www.senenews.com/actualites/presidentielle-le-nombre-impressionnant-dobservateurs-accredites-pour-le-vote-de-demain_488790.html

[4] https://www.seneweb.com/news/Politique/bassirou-diomaye-faye-nouveau-president-_n_436651.html

[5] Dies sind vorläufige Ergebnisse, publiziert von TFM, 25.03.2024

[6] https://www.sudquotidien.sn/bassirou-diomaye-faye-secretaire-general-de-pastef-les-patriotes-arrete-medias/

[7] Walfquotidien, S. 3, Résultats provisoires, De la prison au palais de la République

[8] https://www.sudquotidien.sn/attaque-de-tout-bord-pour-sa-proposition-de-monnaie-locale-a-ziguinchor-sonko-peut-compter-sur-la-conference-des-leaders-de-yaw/

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