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Über den Wert der Mitbestimmung in der Sozialen Marktwirtschaft

Bericht zur Veranstaltung vom 7. Oktober 2021

Vor dem Hintergrund des 70-jährigen Jubiläums des Montan-Mitbestimmungsgesetzes von 1951 fand am 7. Oktober 2021 die Kooperationsveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung mit dem Thema „Über den Wert der Mitbestimmung in der Sozialen Marktwirtschaft: gestern, heute und morgen“ statt.

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„Über die Bedeutung der Mitbestimmung nachzudenken, macht nicht nur Sinn, wenn es ein Jubiläumsjahr ist, aber es ist dennoch ein willkommener Anlass“ betonte Professor Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, in seiner Einführung. Schließlich könne keine der großen Herausforderungen ohne intelligente Partizipation gelöst werden.

Die Veranstaltung fand in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen statt, wo die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von dem stellvertretenden Dienststellenleiter der Landesvertretung, Dr. Dominik Fanatico, von dem Wissenschaftlichen Direktor des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung Dr. Daniel Hay und von Dr. Michael Borchard, Leiter Wissenschaftliche Dienste / Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung, begrüßt wurden.

Der historische Blick: Das Mitbestimmungsgesetz für die Montanindustrie von 1951 aus historischer Perspektive – im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext

Das erste Panel näherte sich dem Montan-Mitbestimmungsgesetz aus historischer Perspektive und widmete sich seinem politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext. Der Bildungsreferent des DGB Bildungswerks Ulf Teichmann betonte, dass die soziale Demokratie ein Leitmotiv gesellschaftlicher Ordnung sei. Politische Rechte blieben wirkungslos, wenn sie nicht in die Wirtschaft umgesetzt würden. Daher trage die Mitbestimmung ganz wesentlich zum Demokratieverständnis bei. Im historischen Verlauf hätte das Verständnis der Montan-Mitbestimmung jedoch mehrere „Konjunkturen“ erfahren: von der Wahrnehmung als die überlegende Form der Mitbestimmung in den 1950er Jahren, über die Montan-Mitbestimmung als begleitendes Element des Strukturwandels in der Eisen- und Stahl erzeugenden Industrie, hin zu einem schleichenden Bedeutungsverlust in den 1970er Jahren. Mitbestimmung gelte über die Zeit hinweg jedoch als Teil der demokratischen Ordnung und sei ein Erfolgsmodell für Deutschland.

Prof. Dr. Wolfgang Schroeder, Politikwissenschaftler an der Universität Kassel, beschrieb den Ausgangspunkt für die Mitbestimmung in der Polarität von Demokratie und Kapitalismus. Mitbestimmung stelle das Bemühen dar, die konkurrierenden Konzepte von Gleichheit und Ungleichheit in Einklang zu bringen. Die junge Bundesrepublik Deutschland habe sich von dem Nationalsozialismus, aber auch der Weimarer Republik abgrenzen wollen und in Parteien, Gewerkschaften, Genossenschaften, aber auch philanthropischen Unternehmungen der Arbeitgeberseite unterschiedliche Väter und Mütter gefunden. Die Mitbestimmung sei über den historischen Verlauf – trotz des ständigen Ringens um das richtige Maß der Mitbestimmung – sehr leistungsstark gewesen. Die digitalisierte Welt erfordere dennoch eine Neuformulierung der Mitbestimmung.
 

Der prüfende Blick: Der Einfluss auf das Wirtschaftsleben – Bereicherung oder Hemmnis? Eine Evaluation der Evolution der Mitbestimmung

Das zweite Panel warf einen prüfenden Blick auf die Mitbestimmung, mit dem Ziel die Evolution der Mitbestimmung zu evaluieren und die Frage zu beantworten, worin der Wert der Mitbestimmung heute bestünde.

Heike Göbel, Ressortleiterin Wirtschaft der Frankfurter Allgemeine Zeitung, stellte die provokative Gegenfrage, ob die Mitbestimmung nicht eher als ein Hemmnis zu betrachten sei. Das grundsätzliche Ziel der Mitbestimmung läge in ihrer ausgleichenden Funktion, dennoch sei die Mitbestimmung für Nachbarländer offensichtlich nicht sehr attraktiv und auch in Deutschland fände eine Erosion des Systems statt. Die Montan-Mitbestimmung sei daher zu Recht ein Auslaufmodell – nicht zuletzt, weil sie den Strukturwandel eher gehemmt habe und manche ihrer Errungenschaften zu Lasten des Steuerzahlers gegangen seien. Das Recht, gehört zu werden, sei selbstverständlich notwendig. Dennoch müsste diskutiert werden, wie die gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungswege gestaltet werden müssten, um das Tempo der Entscheidungen nicht allzu sehr zu verzögern. Sie könne sich den Forderungen nach „mehr Mitbestimmung“ nicht anschließen, wohl aber dem Ruf nach einer besseren Mitbestimmung.

Die Arbeitsdirektorin und Mitglied des Vorstands der Audi AG, Dr. Sabine Maaßen, ging zunächst darauf ein, dass die Automobilindustrie durch besonders starke Transformationsprozesse gefordert sei und sich in Zukunft digital und elektrisch aufstellen müsse. Die Audi AG sei dabei technologieklar und habe sich zum Ziel gesetzt, ab 2033 keine Verbrenner mehr zu produzieren. Um diese Veränderungsprozesse zu begleiten, gehe man diesen Weg gemeinsam mit der Gewerkschaft. Sie sei davon überzeugt, dass die Transformation nur mit den Menschen zu gestalten sei und sei begeistert, wie viele Menschen sich weiterentwickelten und Qualifizierungsangebote annähmen. Da die Transformation Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zumutungen aussetze, gebe es natürlich auch Konflikte. Um die Prozesse langfristig zu gestalten, gehe man daher Schritt für Schritt vor. Mit diesem Kulturwandel ließe sich die Transformation erfolgreich gestalten.

Birgit Steinborn, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats der Siemens AG, bedankte sich für den Einwand von Frau Göbel und nutze ihr Statement, um Gegenthesen zu entwerfen. Mitbestimmung sei ein Treiber von Fortschritt und Innovation. Um Zeitverzögerung zu verhindern, sei es essenziell, Mitbestimmungsprozesse früh in dem Entscheidungsprozess einzubinden. So würde Mitbestimmung schneller und besser. Mitbestimmung sei dabei keine Formalie, sondern eine Kultur. Als Beispiel nannte sie die Aufspaltungen und Ausgliederungen der Siemens AG in den letzten Jahren sowie das dreiseitige Abkommen von Radolfzell, in dem betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen ausgeschlossen sind. Durch Mitbestimmung sei es gelungen, Beschäftigungsbedingungen und Tarifverträge abzusichern und den Beschäftigten Halt zu geben.

Abschließend warf Prof. Dr. Dr. H.c. Dieter Sadowksi vom Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union einen Blick auf die empirischen Ergebnisse. Es sei notwendig zu untersuchen, ob die Mitbestimmung nur mit dem Erfolg der deutschen Wirtschaft korreliere oder aber kausal sei, also ursächlich für den Erfolg der Wirtschaft. Wissenschaftler hätten zeigen können, dass die Mitbestimmung kausal zu einer höheren Wertschöpfung und einer leicht steigenden Kapitalquote bei gleichbleibenden Löhnen beigetragen habe. In Deutschland, wo die Konzentration des Eigentums sehr viel höher liege als beispielsweise in den USA, seien die Investitionszeiträume zudem sehr viel höher. In Summe seien durch die Mitbestimmung keine negativen Ergebnisse eingetreten.
 

Der Zukunftsblick: Mitbestimmung im digitalen Zeitalter und über nationale Grenzen – Kontinuität der klassischen Arbeitnehmerpartizipation oder Einführung neuer Formate?

Die Abendveranstaltung fokussierte sich auf die Zukunft der Mitbestimmung im digitalen Zeitalter und über nationale Grenzen. Zu Beginn des Panels verwies Norbert Lammert auf den internationalen Kontext der Montan-Mitbestimmung. In ihrer Vergangenheit hätten neben innenpolitischen Erwägungen auch eine außen- und europapolitische Dimension zur Entstehung der Montan-Mitbestimmung beigetragen. Die Erfahrung des Nationalsozialismus habe nach dem Zweiten Weltkrieg, unterstützt von den alliierten Kräften, zu der Entstehung der Montan-Mitbestimmung beigetragen. Dabei sei die Mitbestimmung auch heute eine der Säulen der Sozialen Marktwirtschaft. Mit Blick auf die aktuellen Transformationsprozesse, wie beispielsweise die Digitalisierung, warf er die Frage auf, ob wir uns aktuell nicht in einer ähnlichen Neugründungsphase der europäischen Wirtschaftsordnung befänden, wie zu Zeiten der Montan-Mitbestimmung. Abschließend würdigte Norbert Lammert ausdrücklich den kürzlich verstorbenen Vorsitzenden der Mitbestimmungskommission Kurt Biedenkopf. Er könne nur jedem die aufschlussreiche Lektüre der Biedenkopf-Kommission ans Herz legen.

In ihrem Vortrag „Freiheit und Soziale Verantwortung im 21. Jahrhundert“ stellte Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer zunächst fest, dass die christliche Sozialethik und die Mitbestimmung inhärent miteinander verbunden seien. Die christliche Sozialethik trete für eine Gesellschaftsordnung ein, in der Freiheit, Verantwortung und die Orientierung am Menschen im Zentrum stünden. Dies seien zugleich zentrale Parameter der Mitbestimmung. Die Mitbestimmung sei dabei durch drei zentrale Werte gekennzeichnet. Erstens bestehe in der Mitbestimmung die Realisierung von Freiheit, die die Grundlage jedweden gesellschaftlichen Handelns darstelle. Daher gelte die Mitbestimmung als logische Konsequenz einer ethischen Grundüberzeugung. Zweitens sei die Mitbestimmung Ausdruck partizipativer Gerechtigkeit, die die Rahmenbedingungen für Wirtschaftsprozesse gestalte und Freiheit im marktwirtschaftlichen Agieren ermögliche. Drittens trage Mitbestimmung auch zum Gemeinwohl bei und sichere den gesellschaftlichen Frieden.

In der Podiumsdiskussion sprachen Reiner Hoffmann, Carsten Linnemann und Dennis Radtke über die Herausforderungen und Chancen der Mitbestimmung im digitalen Zeitalter. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Hans-Böckler-Stiftung Reiner Hoffmann betonte, dass sich der Wert der Mitbestimmung im Rahmen der Corona-Pandemie deutlich gezeigt habe. Die Kooperation zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern habe aber insbesondere da gut funktioniert, wo bereits ausreichende Regelungen vorhanden waren. Er forderte in diesem Zusammenhang insbesondere ein digitales Zugangsrecht der Betriebsräte zu den Betrieben, um Sozialpartnerschaft auf Augenhöhe zu ermöglichen. Carsten Linnemann, Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der Union, entgegnete, die Wirtschaft brauche angesichts der fortschreitenden Globalisierung mehr Flexibilität. Man müsse anstatt eine Schablone anzulegen flexible Lösungen, wie beispielsweise eine Wochenarbeitszeit, ermöglichen, um auf die Bedarfe der Unternehmen und Mitarbeitenden zu reagieren. Der Vorsitzende der CDA Nordrhein-Westfalens und Mitglied des Europäischen Parlaments Dennis Radke hob mit Blick auf die letzten vier Jahre die Erfolge des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes hervor, das einen wichtigen Beitrag geleistet habe. Er sehe in der abnehmenden Tarifbindung und betrieblichen Vertretung die zentralen Gefahren für die Mitbestimmung und setze sich zudem dafür ein, Vermeidungsstrategien, wie beispielsweise das SE-Gesellschaftsrecht, zu verhindern.

In ihrem abschließenden Statement würdigte Elke Hannack, stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds und Vorsitzende des Kuratoriums der Hans-Böckler-Stiftung, die Mitbestimmung als gelebte Demokratie, intelligente Partizipation und Instrument zur Erhöhung der Arbeitsmarktbeteiligung. Mitbestimmung sei Gestaltungsinstrument und trage zum Wert der Arbeit bei. Daher sei sie aktuell wie eh und je, und wert gewahrt zu werden. Um ihre Erosion und mögliche Schlupflöcher zu stoppen, brauche die Mitbestimmung aber einen neuen Anfang.

 

Hinweis:

Die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Hans-Böckler-Stiftung haben im Rahmen der Kooperationsveranstaltung das Thesenpapier „3x3 Thesen über den Wert der Mitbestimmung in der Sozialen Marktwirtschaft“ verfasst. Sie finden das Thesenpapier oben rechts in der Marginalspalte.

 

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden vor Veranstaltungsbeginn gemäß der 3G-Regel überprüft.

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