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Steffen Roth

Interviews

„Das Regime fühlt sich im Inneren unter Druck“

Norbert Röttgen im Gepräch zur Lage im Iran mit der Konrad-Adenauer-Stiftung

Norbert Röttgen (CDU) erklärt im Gespräch bei uns: Die Aufmerksamkeit auf die revolutionäre Bewegung darf nicht abnehmen, ein deutlicher Ausdruck der Bundesregierung, wäre die Revolutionsgarden endlich auf die EU-Terrorliste zu setzen.

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Sie sind einer der wenigen deutschen Bundestagsabgeordneten, die sich von Anfang an sehr engagiert für die Unterstützung der landesweiten Proteste im Iran eingesetzt haben. Haben Sie Hoffnung auf einen Wandel im Iran?

Ja, ich habe Hoffnung. Das Regime ist seit Monaten so unter Druck wie noch nie seit der Islamischen Revolution 1979. Die Proteste finden in Wellen im ganzen Land statt. Alle Bevölkerungsschichten sind dabei und das Ziel ist ganz klar: Der Sturz der Regierung, weil diese der großen Mehrheit im Land die Lebensperspektive und Freiheit raubt. Wenn man als Regierung erst einmal die Ablehnung des ganzen Volkes so entschieden gegen sich hat, dann wird es eng. Für mich ist daher die eigentliche Frage, wie lange der revolutionäre Prozess dauern wird, bis die Revolution Erfolg hat.

Seit Beginn der Proteste sind Hunderte von Menschen im Iran hingerichtet worden. Zuletzt wurde auch das Todesurteil gegen den deutschen Staatsbürger Jamshid Sharmahd vom Obersten Gericht im Iran bestätigt. Wie geht man mit einem solchen Regime um?

Zwei Entwicklungen kommen hier gerade zusammen: Das Regime fühlt sich im Inneren unter Druck. Es ist durch die anhaltenden Proteste verunsichert und reagiert darauf mit brutalster Gewalt. Die Hinrichtungen dienen der Einschüchterung des Volkes. Gleichzeitig erfährt das Regime kaum Widerstand aus dem Westen. In Europa wurde über Wochen hinweg zur Hinrichtungswelle geschwiegen. Auf 220 Hinrichtungen, die in diesem Jahr schon stattgefunden haben, Dutzende allein in den letzten Wochen, hat die EU mit der Sanktionierung von fünf Personen und zwei Organisationen reagiert. Man braucht sich nicht zu wundern, dass die Hinrichtungen weitergehen, wenn sie im Westen kaum eine Notiz finden. Diesem Regime ist sein Ansehen in der Welt nicht egal. Darum wäre es so wichtig, dass Außenministerin Baerbock und ihre Amtskollegen für den Horror, der im Iran passiert, klare Worte der Verurteilung fänden. Das Regime muss wissen, dass wir ganz genau hinschauen und dann auch Konsequenzen ziehen. Deutschland ist noch immer, wenngleich auf einem niedrigen Niveau, wichtigster Handelspartner in der EU und auch die EU-Terrorlistung kommt nicht voran. Das Regime nimmt das selbstverständlich zur Kenntnis und speichert ab: Europa will den Bruch mit uns nicht, also können wir mit dem Atomprogramm als Druckmittel weitermachen wie bisher. Das ist als Botschaft an das Regime fatal.

Sie haben in einem Interview gesagt, Deutschland und Europa stünden in der Iran-Frage "in beschämender Weise auf der falschen Seite der Geschichte". Wie müsste die Bundesregierung reagieren?

Es fängt damit an, dass die Bundesregierung und insbesondere die Außenministerin, die für sich eine feministische Außenpolitik in Anspruch nimmt, viel mehr tun müsste, damit die Aufmerksamkeit für die revolutionäre Bewegung im Iran nicht abnimmt. Frau Baerbock weiß, dass jede Äußerung von ihr von der Presse aufgegriffen wird. Trotzdem hat sie wochenlang zu den Hinrichtungen geschwiegen. Mit feministischer Außenpolitik hat das für mich nichts zu tun. Es gib hier nur A oder B. Stehen wir auf der Seite der Freiheit oder für den Fortbestand eines Terrorregimes? Wenn wir auf der Seite der Freiheit sind, dann braucht es eine klare Parteinahme. Nichts würde dies deutlicher zum Ausdruck bringen, als die Revolutionsgarden endlich auf die EU-Terrorliste zu setzen. Die Voraussetzungen dafür sind zwar längst erfüllt, aber mit der Anklage des Generalbundesanwalts gegen Babak J., der von einem Mittelsmann im Iran mit dem Anschlag auf eine Synagoge in Nordrhein-Westfalen beauftragt worden sein soll, sind wirklich alle Zweifel hinfällig.

Welche Schlussfolgerungen sind für den Umgang mit dem Iran zu ziehen, auch im Hinblick auf das Atomabkommen?

Ich war auch lange für das JCPoA. Aber aller spätestens seitdem die Vorschläge der EU im vergangenen Sommer durch das Regime abgelehnt wurden und die Uran-Anreicherung in großen Schritten vorangeht, ist klar, dass sich die Realität verändert hat. Das Regime möchte dieses Abkommen nicht mehr. Stattdessen spielt es mit der EU und diese geht den Mullahs voll auf den Leim. Ich kann nicht erkennen, dass die Bundesregierung irgendeinen Plan B zum Atomabkommen hat. Weil ich davon ausgehe, dass das Regime das JCPoA nicht mehr will, ist mein Vorschlag, auf einen neuen Plan A zu setzen und der heißt: Volle Unterstützung der Menschen im Iran, die dieses Regime stürzen wollen. Sie müssen das selbst schaffen, aber wir können ihnen dabei helfen, indem wir dem Regime das Leben durch Sanktionen und Isolation so schwer wie möglich machen.

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